30.
"Oh Mann...die Keksche schind escht gut geworschen", murmelte Hae mit vollem Mund. Schokoladengeschmack machte sich auf ihrer Zunge breit und sie beobachtete wachsam Leonards Gesicht.
Zwei Stunden hatten sie sich mit einem Rezept abgemüht, dass Leon aus einen der Küchenregale geholt hatte und jetzt waren sie endlich beim besten Teil angelangt. Essen.
Hae musste zwar zu geben, sie war froh dass es jemanden gab, der mehr Ahnung in der Küche bewies, als sie und es war nicht wenig sexy, einen Mann beim Kochen zu beobachten, insbesondere wenn er sich Mühe gab. Und er hatte sich so viel Mühe gegeben, dass die Kekse Minute für Minute nicht nur leckerer aussahen, sondern Hae auch begann Hoffnung auf einen echten Kuss zu schöpfen.
Leonard bedachte sie mit einem schiefen Grinsen, sichtlich amüsiert über ihre Freude, über so etwas einfaches, wie Keksen, aber Hae und ihre Mum hatten nie viel Zeit zum Kekse backen gehabt. Sie hatte nie jemanden gehabt, mit dem sie so gut klar kam und bei dem sie sich wohl fühlte.
"Ich will auch welche!", quengelte Leonard und schnappte sich die nächsten noch heißen vom Blech, um Hae zuvor zu kommen. Mit einem Fluchen musste er sich anscheinend doch eingestehen, dass es viel zu heiß war und ließ den Keks fallen.
Hae grinste über sein schmerzverzerrtes Gesicht, als er die Finger vorsichtig sich in den Mund steckte und sie streckte eine Hand nach seinen Haaren aus, die ganz zufälligerweise voller Mehl waren.
Er wich ihr aus und stieß mit einem Ellebogen gegen die Küchentresen, was ihn jammernd aufstöhnen ließ.
"Lass mich das Mehl weg machen!"
Sie streckte ihre Hände nach seinem Haar aus und begann sie unauffällig aus seiner Frisur zubringen. Schon wieder standen sie sich unglaublich nah, aber Hae konzentrierte sich auf ihr mühevolles Unterfangen, ihre Hände durch die mehlbestäubten, blond braunen Haare zu ziehen.
"Das tut weh!", beklagte sich Leon zwischen ihren Armen und versuchte sich aus ihrem Griff zu befreien, aber Hae lehnte sich etwas vor um sich mit ihrem Beinen gegen seine zu lehnen und ihn am Spülbecken festzunageln.
"Du hast auch Knoten! Kämmst du die dir überhaupt?"
"Sehe ich aus wie ein Mädchen?", rief Leon mit hoher Stimme.
"Auch Jungs kämmen ihre Haare", erwiederte Hae trocken. Seine Haare waren weich und schmiegten sich in ihre Hände. Sie liebte das Gefühl und fragte sich instinktiv, ob seine Freundin seine Haare flechten dürfte. Der alberne Wunsch ihm eine Elbenfrisur zu verpassen stieg in ihr auf und ließ ihr Gesicht durch einen Grinsen erstrahlen.
Und nach einer Weile Zappeln gab Leon nach und lehnte seinen Kopf in ihre Hände, um sie aufzuhalten weiter seinen Scheitel durcheinander zubringen.
"Das reicht. Außerdem brennen die Kekse noch an", versuchte Leon sie zu überzeugen. Aber ganz überzeugt klang nicht einmal er selbst-eher rauchig und wieder lag der verheißungsvolle Schimmer in seinen Augen.
"Warum ist das immer ein Déja-vu?", wisperte Hae gegen seine Lippen. Ein einfaches Lächeln haftete auf der Unterlippe ihres Gegenübers. Aber er antwortete nicht und dieses eine Mal fand sie es sogar passend. Dieser Moment brauchte keine Antwort. Kein Wort.
Seine Hände legten sich um ihr Gesicht und seine Daumen lagen unter ihren Augen. Sie hielten die ganze Zeit Blickkontakt und sein Atem strich gegen ihren Mund, der begierig war, endlich das um zu empfangen, wofür sie die ganze Zeit gearbeitet hatte. Sie bewegte sich ein wenig hinter und er folgte ihr Schritt für Schritt, bis sie gegen den Herd stieß und mit bedauern ihre Hand aus seinem Haar nahm, um den Herd auszuschalten. Scheiß auf die Kekse. Scheiß auf die Welt. Das war ihr Moment.
Leonards Blick blieb immer wieder bei ihrem Mund hängen. Er wollte sie küssen. Einfach um des schönen Moments willen. Und ihrer Beziehung oder was auch immer dieser unordentliche Haufen aus Schicksalsschlägen und Zufall war...er beugte sich zu ihr vor und Hae hatte ihre Augen geschlossen, als er das Klicken von dem Schlüssel im Schloss hörte. Nicht jetzt. Für einen Moment betrachtete er lange ihr Gesicht voller Sommersprossen und die rosigen, leicht geöffnete Lippen. Heute trug sie leichten Lippenbalsam, der im Licht der Februarsonne glänzte, die ihre Strahlen über Haes Gesicht wandern ließ, dann legte er ihr rasch die Hände auf die Schultern und das in der Tat keine Sekunde zu spät.
Sein Vater kam mit den Einkäufen in die Küche. Im Schlepptau seine kleinen Geschwister, die wie eingefroren auf der Türschwelle verblieben.
Zwei der Anwesenden wurde puterrot, zwei verdrehten die Augen und die letzte Person brach in taktloses Kichern aus. Leon gehörte genauso wie sein Vater in die erste Gruppe, das Blut war ihm binnen Sekunden in die Wangen geschossen und sein Gesicht brannte, wie nach einem schmerzhaften Sonnenbrand.
Svenni grinste verhalten in ihre Faust und Tris verdrehte so sehr die Augen, sodass Leon ihm am liebsten einen sarkastischen Spruch ins Gesicht geworfen hätte, wäre die Situation ihm nicht so furchtbar peinlich gewesen.
Hae hatte leider genauso wie Tris die Augen verdreht und das nahm Leon selbst als absoluter Frauen-nicht-kenner, als sehr schlechtes Zeichen.
Sie nahm einen Keks vom Blech und hielt es Svenja hin, die begierig nach den Keksen geschaut hatte. "Leon und ich sind ohnehin fertig geworden"
"Achja fertig geworden", merkte sein Dad an und hob eine Augenbraue, während Leon Geschirr spülte und sein Vater ihm dabei half. Er hörte Hae mit seinen Geschwistern im Wohnzimmer "Wer bin ich" spielen und sogar Tris Lachen tönte in die Küche.
"Jaaaaa...", dehnte Leon das Wort. Er war sich selbst nicht ganz sicher gewesen, auf was um Himmels Willen Hae diesen Satz bezogen hatte, aber darüber hätte er sich am Abend in seinem Bett nachgegrübelt.
"Ja?"
"Ja"
"Mir ist es eigentlich ziemlich egal von wem du dir die nächsten, neusten und trendigsten Geschlechtskrankheiten holst, aber..."
"Aber? Hast du irgendetwas an Hae einzuwenden?", fuhr Leonard seinen Vater scharf an. Dieser trocknete einen Teller ab und warf seinem Sohn einen kurzen Blick zu: "Nein. Ich will bloß nicht, dass du auf dieser Liste von ihr endest"
"Hat Tris dir davon erzählt?", zischte Leon zwischen zusammengebissenen Zähnen. Er würde diese kleine Petze erwürgen...
"Desmond Carlton hat es mir erzählt."
"Und dem Arsch vertraust du?"
"Na, du hast die Vermutung bestätigt. Hae küsst wahllos Jungen"
"Seit diesen Oktober nicht mehr!" Leonard warf seine Hände in die Luft und wedelte hektisch mit ihnen herum. Warum sah niemand ein, dass Haes Ruf nicht ganz so schwarz und weiß war, wie er schien. Außerdem ging es seinen Vater ohnehin nicht an, mit wem er was anbandelte.
"Ich verstehe ja, dass du als langsam erwachsen werdender Jugendlicher diese typisch pubertären Ideen hast...ich hatte die ja auch, ich will die dir nicht ausreden, aber hattest du mal darüber nachgedacht, wie sie dich sehen könnte?"
"Was muss sie denn in mir sehen, damit sie die nächste Schwiegertochter werden kann?", spöttelte Leon und knallte den nächsten Teller so heftig auf die Antrichte, dass er es für einen winzigen Moment bereute. Für einen minimal winzigen aber auch nur.
"Ich will sie dir nicht ausreden..."
"Tust du. Versuchst du doch gerade!" Leons Stimme wurde lauter. Erst Tris dann sein Vater. Waren eigentlich alle hier zu hause verklemmt oder intolerant und zurückgeblieben? Es war doch egal, wen sie zuvor geküsst hatte. Vielleicht würde es ja bei ihnen mehr werden. Vielleicht wollte er ja nicht einmal mehr!
Bei diesem Gedanken wurde ihm klar, dass er sich selbst anlog. Er wollte mehr als nur einen Kuss. Er hatte Hae sehr gerne, für weitere solche prickelnde Nachmittage und aufregende Momente...
"Leon, es ist doch nur ein Ratschlag. Warum sollte sie dich anders sehen, als die anderen Jungen oder Shawn mit dem sie schließlich auch geküsst hatte oder?"
Nein, sie hatte sogar mit ihm geschlafen.
"Nur weil sie einen Haufen andere Jungen geküsst hat, bedeutet das nicht, dass sie nicht liebensfähig oder nicht liebenswert ist."
"Das ist in den ersten Wochen immer so, Leon, aber sieh klar. Sieht Hae wirklich so aus, als würde sie mit dir eine Beziehung anfangen wollen? Als wäre sie bereit für so etwas?"
"Bist du neuerdings Beziehungsberater? Wusste nicht, dass du deinen Job gewechselt hast.", murmelte Leon mit unterdrückten Zorn.
"Mach die Augen auf"
"Scheiß mache ich! Ich mag Hae, so wie sie ist. Wenn ich deinen Segen für eine Hochzeit brauche, melde ich mich schon!" Leon knallte das Glas aus dem Hae und er Kaffee getrunken hatte so hart auf die Trese, sodass es zerbarste und er einen scharfen Schmerz in seiner Hand spürte.
Augenblicklich wurde es im Nebenzimmer leise und Leon hörte nur seinen erregten Atem in seinen Ohren. Er war so wütend, dass er am liebsten weitere Gläser gepackt hätte und ihnen dasselbe Schicksal, wie das in seiner zusammengeballten Hand.
Die Tür ging auf und Hae streckte zögerlich den Kopf rein. Sie hatte nichts gehört, das sah er ihr an und Erleichertung erfüllte seinen Brustkorb und kühlte sein hitziges Gemüt ab. Seine Hand blutete wie ein absgestochenes Schwein, ihm war übel und doch musste er nur Haes besorgtes sommersprossiges Gesicht sehen und alle Sorgen lösten sich wie Rauch auf.
"Alles in Ordnung? Klang wie ein zersplitterndes Glas-warte, Leon! Du solltest dir das verarzten lassen!"
Er ließ sich von ihr aus der Küche führen und dich spürte er den wachsamen Blick seines Vaters in seinem Rücken. Scheiß drauf, dachte er sich, als er Hae ansah. Scheiß drauf.
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