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21. Kapitel - Stück von mir

Und dann wird ein Stück von dir

ein Teil von mir

Doch zu zweit

Passen wir durch keine Tür

Und jeder Raum wird sofort zu klein

Und wir wissen beide was nicht sein soll, soll nicht sein

Nur manchmal

kann ich dich nicht verschmerzen

Und dann

Find ich dich in deinem Herzen

-„Stück von dir", Wolfgang Müller

Montag

08. Oktober

06:02 Uhr

Ich wache früh auf am nächsten Morgen. Ich kann nicht mehr schlafen. Mir tut alles weh.

Mein Körper zittert, aber ich zittere nicht mit. Ich spüre, dass ich wund bin, überall, an jeder Stelle meiner Haut. Aber nichts davon, nicht die dunklen Flecken an meinem Kiefer, nicht das Ziehen zwischen meinen Schenkeln, schmerzt so sehr wie der Stich in meiner Brust, ganz tief, als mir die Geschehnisse des vergangenen Abends wieder einfallen. Bilder zucken durch meinen Kopf. Nicolas, wie er regungslos und desinteressiert in seinem Türrahmen steht, als ich gerade oben angekommen bin. Nicolas, wie er mich ansieht, als würde ich ihm nichts bedeuten, und nicht meine Hilfe in der Nacht zuvor. Nicolas, wie er mich anbrüllt, Nicolas, wie er den Kuss erwidert, den Kuss, den ich begonnen habe. Nicolas, wie er in mir ist. Habe ich angefangen? Habe ich ihn zuerst geküsst? Mir tut alles weh.

Ich drehe mich in meinem Bett auf die andere Seite, versuche, wenigstens noch eine, vielleicht zwei Stunden weiter zu schlafen, doch vor meinen geschlossenen Lidern werden die Erinnerungen von letzter Nacht wieder real. Alles an mir wiegt tonnenschwer, doch die Augen offenzuhalten verlangt weniger Kraft, als mich wieder und wieder in Gedanken unter Nicolas zu befinden. Mir tut alles weh.

Ich kann keinen klaren Gedanken fassen. Mein Kopf ist überflutet, wie Wassermassen jagen Gedanken durch meinen Geist und erinnern mich an Details, an Worte und Berührungen. Nicolas zischende Stimme, seine Erzählungen, seine Zunge, seine Hände, sein Körper, sein Unterleib, an mir, auf mir, in mir. Mir tut alles weh.

Mein Kopf rauscht wie ein Wasserfall, geflutet mit Bildern und Gedanken, die ich nicht ordnen kann, weil ich nicht weiß, was ich wovon halten soll. Von mir, von Nicolas, von uns. Mir tut alles weh und ich kann nicht mehr denken, nur noch hören. Nicolas Worte in meinen Ohren, zischend, brüllend, schreiend, stöhnend, fordernd.

Du bist nicht die einzige, die Erfahrungen mit zerbrochenen Bierflaschen gemacht hat.

Willst du hören, dass mein Vater meine Mutter umgebracht hat?

Dass er sie geschlagen hat und mich, als ich mit meinen sechs verdammten Jahren versucht habe, sie zu beschützen?

Dass er sie vor meinen Augen vergewaltigt und so zurückgelassen hat, dass sie sich nicht mehr erholt hat?

Das ist gut, nicht wahr, Baby?

Berühr mich, jetzt!

Hör auf zu weinen und zieh dich an, Leah. Du solltest jetzt gehen.

Das Zittern wird stärker mit jedem Wort, das durch meinen Kopf in mein Innerstes dringt. So wie Nicolas. Ich fühle mich zusammengesetzt, aus Scherben, die nicht zusammenpassen, wie ein verzerrtes Spiegelbild, ich fühle mich zerbrochen, zerrissen, in Stücke, tausende und nur in zwei. Das Stück, dem Nicolas leid tut und das Stück, dem ich leid tue. Keins davon überwiegt und das macht mich wütend.

Irgendwann stehe ich auf und gehe raus auf die Straße, laufe um die Häuser, ohne Ziel, lasse mich von meinen Füßen tragen, irgendwo entlang, um Häuserecken und durch kleine Straßen, geistesgegenwärtig und höre nicht zu, als der weiße Kittel in der Apotheke die Wirkung der Pille danach erklärt. Meine Füße tragen mich wie von selbst fremde Hausfassaden entlang und dann wieder zurück nach Hause und zurück ins Bett, wo ich an die Decke starre.

„Keine Uni heute?" Ich weiß nicht, wie lange ich einfach nur da liege, aber irgendwann steht Mo in der Tür. Ich sehe ihn nicht an, die Angst ist zu groß, dass er etwas in meinen Augen erkennt. „Nein", sage ich und meine Stimme klingt hohl. Nicht leer, nicht kraftlos, einfach nur dumpf. „Bin krank."

Mo nimmt das hin und dafür bin ich ihm dankbar. Er fragt nicht weiter nach, drängt sich nicht weiter auf und holt auch nicht den halben Badschrank mit Globuli und irgendwelchen Kräutertropfen, wie meine Mutter es getan hatte. Er kommt noch einmal kurz rein, mit einer vollen Tasse Tee, die er auf meinem Nachttisch abstellt, bevor ich wenig später die Wohnungstür ins Schloss fallen höre. Meine Hände zittern als ich nach der Tasse greife und der altbekannte Geruch nach Kamille in meine Nase steigt, sich in meinem Kopf ausbreitet, wie ein Gift. Ich nehme einen Schluck aus voller Absicht und ich spüre, wie mein Magen noch im Augenblick, in dem sich der Tee in meiner Mundhöhle ausbreitet, zu rumoren beginnt. Ein Würgen stößt in mir auf, doch es ist blank und leer.

Dann vibriert mein Handy und instinktiv weiß ich, dass die Nachricht, die auf meinem Display erscheint, nicht von Mo oder meinen Eltern oder sonstwem ist. WhatsApp zeigt mir seinen Namen an und dem kleine gelben Blüte daneben, von der wir uns einig waren, dass sie von allen Emojis am ehesten wie die einer Kamille aussieht. Das war an dem Abend, als wir uns das erste Mal seit damals wieder begegnet sind, der Abend, die Nacht, kurz bevor wir – ich nackt – draußen auf dem Balkon gestanden und in einen neuen Morgen gesehen haben. Ein paar Tage her, doch es fühlt sich an, wie eine Ewigkeit.

Können wir reden?

Ich sehe die drei Worte an, vierzehn Buchstaben und ein Sonderzeichen. Mittelmäßiges Passwort, rufen meine Gedanken mir zu, auch wenn es gar nichts damit zu tun hat. Ich fühle mich wirr und nicht im Stande zu antworten. Es ist, als hätte mir die Nachricht bewusst gemacht, erst jetzt, dass Gestern wirklich passiert ist. Es ist, als hätte ich erst jetzt begriffen, was real ist, was die Wahrheit. Es ist, als habe ich erst jetzt realisiert, dass Nicolas in mir war, als ich es nicht gewollt habe. Die Erkenntnis trifft mich wie ein Schlag.

Ich renne ins Bad und drehe den Duschhahn auf, stelle mich darunter und lasse den Tränen freien Lauf ohne, dass ich spüre, dass ich wirklich weine. Die Tränen mischen sich mit dem Duschwasser und mein Shirt und die Stoffhosen, die ich trage, saugen bereitwillig auf mit allem, was ich ihnen gebe. Mein Kopf ist überflutet mit Gedankenrinnsalen, die über meinen Körper rinnen und dort zu Wasser werden bis sie im Abfluss verschwinden und ich wünschte für immer.

Are you crying in the shower like a freak, or is it just me, kommt mir in den Sinn, die eine Zeile aus dem Lied von Emily Burns und ich frage mich, ob Nicolas auch gerade weint. Um mich, um ihn, um uns.

Denn ich tue es: Ich weine lange und ausgiebig. Um mich, um Nicolas, um uns. Um Nicolas als Kind, um seine Mutter, um ihn jetzt, und um uns, um die letzte Woche und alles, was wir hatten.

Und dann weine ich noch ein bisschen mehr, einfach so, um nichts. Und vielleicht um alles.

Als ich aus der Dusche steige, bildet sich eine große Pfütze auf dem Badezimmerboden und ich streife meine Klamotten ab und lasse sie hineinfallen. Ich trockne mich ab, jeden Zentimeter meines Körpers, rubble über meine Haut, fest und fester, bis ich sicher bin, eine ganze Schicht losgeworden zu sein, die Schicht, die Nicolas gekannt hat. Danach fühle ich mich besser.

Ich mache mir Musik an. Beth Crowley singt Battle Cry aus Mos kleiner Musikbox und ich entschließe, zu frühstücken, schmiere dick Nutella mit Butter auf ein Brötchen, das so hart ist, dass es mit Sicherheit schon länger im improvisierten Brotkorb liegt. Da vibriert mein Handy noch einmal. Bitte, erscheint auf meinem Display und ich ignoriere es, kann es aber nicht in Gedanken.

Irgendwann stehe ich auf, wasche mir die übrige Nutella aus dem Gesicht und laufe zur nächsten U-Bahn Station. Ich fahre durch, mit der U3 in Richtung Hafen. Den Hafen, den Mo mir gezeigt hat, einen Tag nachdem ich das erste Mal Nicolas hier begegnet bin. Ein seltsames Gefühl. Ich laufe über die Brücke, die aus dem kleinen Bahnhof über die Straße und in Richtung Wasser führt und laufe ein paar Meter, dann bleibe ich stehen, inmitten der Leute.

Touristen mit zu Fotos erhobenen Handys, Menschenmassen, die Kinderwägen, Hunde und schreiende Kinder vor und hinter sich her schieben und ziehen umgeben mich. Eine raue Stimme mit gefälschtem Seemannsdialekt kündigt die nächste Hafenrundfahrt an und ein Mann mit lauter Musikbox besänftigt schreiende Kinder mit überdimensionalen Seifenblasen. Es ist kalt, doch die Oktobersonne glänzt mit der ruhigen Wasseroberfläche der dunklen Elbe um die Wette und reflektiert in den runden bulläugigen Fenstern der Büroräume auf der anderen Straßenseite. Der Geruch nach frischen Pommes und nicht mehr ganz so frischen Fischbrötchen zieht an mir vorbei und ich laufe über den hellen Stein und die Kreideparolen einer Demo-Gruppe in Richtung des großen grünen Schiffes, das mir schon beim ersten Mal hier aufgefallen ist.

Ich denke an den Sonntag zurück, an dem ich das letzte Mal hier gewesen bin – ist das wirklich erst eine Woche her? Es fühlt sich an wie vor einer halben Ewigkeit, vielleicht sogar eine ganze. Keine vierundzwanzig Stunden nachdem Mo mir die Landungsbrücken und die Elphi gezeigt hat, stand Nicolas auf dem Uni-Campus vor mir, sichtlich amüsiert über meine Forderung, mir doch bitte nicht zu folgen, nur, um noch am selben Nachmittag mich – nur mit einem Handtuch bekleidet – in meiner Wohnung zu überraschen. Ein Grinsen schleicht sich auf meine Lippen, als ich an den Abend denke, mit Mo an unserem Küchentisch, Mo, der zu dem Zeitpunkt noch nichts von uns gewusst und auch dann nichts geahnt hat, als Nicolas mich zu König der Löwen eingeladen hat – noch so ein Abend, an den ich nicht anders, als mit einem kleinen Lächeln zurück denken kann. Rote Rücklichter, Sonnenuntergang und dicke Luft - zwischen uns und wetterbedingt – die in einem Regenbruch und verschwitzten Gesichtern endete. Und dann selbstgekochtes Chilli, Dirty Dancing und das erste Gespräch über seine Familie und... meine Panik, auf die er ganz anders reagiert hat, als ich erwartet habe. Es ist komisch daran zurück zu denken. Alle Erinnerungen, die ich an die vergangene Woche habe, sind... überwiegend schön. Geradezu perfekt. Fast... glücklich. So wie ich es lange nicht mehr war, so verdammt lange.

Doch so schön die Erinnerungen aus den letzten Tagen auch sind: Jetzt, heute, nach gestern fühlen sie sich schwerer an, wie überschattet. Wie eine schwere Wolke, dick und grau, die über einen sonniggoldenen Tag zieht, der dann – ganz plötzlich – nicht mehr sonniggolden ist.

Ich setze mich auf eine Bank und denke an Nicolas. An die gemeinsame Zeit, die wir miteinander verbracht haben, an die schönen Momente. Daran, wie richtig alles war. Und ich denke an gestern, an gestern Abend und das Kamille-Wort auf meinen Lippen. Daran, wie falsch alles war.

Die Stücke von mir, die zwei aus denen ich bestehe, sind sich uneinig, die Zerrissenheit in mir im Streit mit meinem Kopf, meinem Geist und... und dem, was ich mein Herz nenne. Mir tut alles weh, aber dort, wo ich das Klopfen meines Herzens spüre, wo Nicolas das Klopfen meines Herzens gehört hat, das Klopfen, das für ihn Sicherheit war, genau dort tut es am meisten weh. Ich weiß nicht, was ich davon halte, von mir, von Nicolas, von uns. Und ich weiß, dass Kamilleetwas ist, dass er hätte hören müssen. Ich weiß, dass ich Schmerzen habe, in den Beinen, dazwischen und tief in meiner Brust. Ich weiß, dass ich Angst habe, vor mir, vor Nicolas, vor uns. Ich weiß, dass ich nicht weiß, was ich tun soll.

Also nehme ich mein Handy aus der Tasche meines Trenchcoats und öffne WhatsApp.

Ich tippe eine kurze Nachricht und schaue sie eine Weile an, dann sende ich sie.

Ich sitze bei den Landungsbrücken auf einer Bank bis die Sonne untergeht. Also beeil dich.

Die Antwort kommt so schnell, dass ich mir fast sicher bin, dass er sie gar nicht ganz gelesen haben kann. Ich lasse mein Handy sinken und schaue auf die gegenüberliegende Elbseite, wo die Musicalarenen liegen und wo Nicolas und ich bei Regen auf einem der Parkplätze Sex hatten. Jetzt fädeln sich irgendwo dahinter rote Bänder aus Sonnenlicht in- und umeinander, zeichnen die Landungsbrücken, die vorüberziehenden Gesichter und meine Gedanken weich. Kündigen das Ende eines viel zu langen Tages an. Nicolas Nachricht schwebt vor meinem Blick und überdeckt das helle Licht der Abendsonne.

Bin in zwanzig Minuten da. Ich find dich schon. 

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