38. I Still Love You
Bevor ich zu Paul gehen konnte, zog mich John zu sich und gab mir einen leidenschaftlichen Kuss. Ich versuchte, mir nichts anzumerken und erwiderte. Die Pfiffe von Stu und Pete blieben dabei nicht ausgeschlossen. George schaute einfach weg und Paul verschwand im Badezimmer. Frech grinsend löste sich John von mir. Ich wusste, dass er Pauls Blick bemerkt und mich eigentlich nur deswegen geküsst hatte. Mit einem geknickten Blick ließ ich von ihm ab und ging zu George, der mich traurig anlächelte.
" Ihr habt euch wieder versöhnt?".
" Naja, nicht ganz. Ich bin immer noch etwas sauer auf ihn ".
" Okay ".
Schweigend standen wir uns gegenüber, während meine Mum Mittag zubereitete. Als Paul mit roten Augen aus dem Bad kam, wollte ich ihm entgegenkommen. Doch als sein Blick auf mich fiel, sprintete er die Treppe hinauf und schloss sich in meinem Zimmer ein. Ich blieb stehen und starrte auf die Treppe. Zuerst wollte ich hinauf und ihn ansprechen, wendete mich aber dann doch wieder ab. Außerdem kam John auf mich zu und zog mich in eine fette Umarmung. So hatte ich eh keine Chance mehr, zu Paul zu kommen. Mein Freund strich mir durchs Haar und beugte sich zu mir hinab. Sein Kuss war zärtlich, aber auch hartnäckig. Ich erwiderte nur halbwegs, war mit meinen Gedanken bei einer anderen Person. Als meine Mutter zum Essen rief, löste sich John von mir und zog mich an den Tisch. Jeder schien während des Essens in eigenen Gedanken zu sein. Johns freie Hand berührte des öfteren meine Oberschenkel und streichelte diese entlang. Mir war es ziemlich unangenehm. Was hatte er denn bitte für ein Touch Bedürfniss? Ich blickte auf den leeren Platz neben George und beschloss, Paul zu holen. Alle Blicke lagen auf mir, als ich mich vom Tisch erhob.
" Ich geh kurz nach Paul sehen ".
" Mach das, Dani. Er hatte noch gar nichts zu essen ".
Ich nickte Thomas zu und ohne John einen weiteren Blick zu schenken, lief ich die Treppe hinauf. Kurz vor der Zimmertür blieb ich stehen und klopfte leise. Es kam keine Reaktion von der anderen Seite. Etwas hartnäckiger klopfte ich ein zweites Mal und merkte, wie die Tür entriegelt wurde. Ich wartete einige Sekunden, bevor ich schließlich eintrat. Paul saß mit gesenktem Kopf auf der Matratze, die er mit George teilte. Seine Hände waren auf seinen Schoß gelegt und im Augenblick sah er für mich ziemlich hilflos aus. Mit einem Seufzen setzte ich mich neben ihm.
" Paul, wir essen alle schon. Komm doch runter ".
" Ich hab keinen Hunger ".
" Aber du musst etwas essen ".
" Verstehst du mich nicht?! Ich habe gesagt, ich will nichts!".
Erschrocken sah ich in seine hasserfüllten und gleichzeitig traurigen, großen Augen. Soweit ich mich entsinnen konnte, hatte Paul mich noch nie angeschrien. Einige Sekunden lang starrte ich in seine dunklen Pupilen, bevor ich schnell aufstand und nach der Tür griff. Eine Hand umschlang jedoch meine und zog mich zurück.
" Warte, es tut mir leid. Ich wollte dich nicht anschreien ".
Wir standen uns gegenüber. Mein Atem war flach. Etwas Angst hatte ich schon vor Paul ... wie damals. Ich kam mir vor, als wäre ich in der gleichen Situation. Mit Reue in den Augen sah er auf mich herab, seine Lippen zitterten leicht. Ich machte den ersten Schritt und legte meine Arme um seinen Nacken. Automatisch lagen seine auf meiner Hüfte. Wir schauten uns eine Ewigkeit an, bis mein Gesicht sich seinem näherte. Wie in Zeitlupe schloss ich meine Augen und wartete auf den Moment, als seine Lippen schließlich meine berührten. Es war ein normaler Kuss, nichts leidenschaftliches oder mit Zunge. Einfach nur ein Kuss. Und er war perfekt. Ich löste mich von ihm und wartete auf eine Antwort.
" Dani ... ich kann das nicht ".
" Was kannst du nicht, Paul?".
" Dich länger wie ein Kumpel behandeln. Meine Gefühle ... sie werden mit jedem Tag stärker. Und als ich gesehen habe, wie John dich unglücklich macht, da habe ich einfach meine Chance entdeckt. Jetzt, wo ihr euch wieder vertragen habt, muss ich mich erneut zurückhalten. Ich kann das aber nicht länger, Dani. Ich liebe dich ... immer noch ".
" ...Paul ".
Ich umarmte ihn und drückte seinen Kopf gegen meine Schulter. Wenn ich gewusste hätte, wie sehr Paul mich noch liebt. Ich weiß, wie es ist zu vergessen. Bei mir hat es ebenfalls lange gebraucht. Aber Paul kann nicht vergessen. Und jetzt, wo er mich und John jeden Tag sehen muss, wird es noch schlimmer für ihn. Kein Wunder, dass er irgendwann mit der Wahrheit rausplatzt. Jedoch wusste ich nicht, was ich tun sollte. Meine Gefühle für ihn ... Ich wusste nicht recht, was ich für ihn fühlte. Es war schon etwas da, das gab ich zu. Aber war es mehr als für John?
" Wie wärs, wenn ich mit dir und George heute alleine im Zimmer schlafe?".
" Und John?".
" Bei uns läuft der Arsch sowieso etwas auf Grundeis. Ich habe ihm zwar verziehen, aber irgendwie auch nicht. Und ich denke, er kann es verkraften, eine Nacht bei Stu und Pete zu schlafen ".
" Danke, luv. Für alles ".
Paul gab mir einen langen Kuss auf die Stirn. Ich kicherte und ging mit ihm nach unten. Johns eiskalter Blick blieb mir am Tisch nich verborgen und ich hatte das Gefühl, er würde weiter wegrücken von mir. Thomas fragte die Jungs wegen heute Abend aus, und uns fiel wieder ein, dass sie heute einen Auftritt im Top Ten Club haben. Für mich eigentlich viel zu spät, da ich nächsten Tag Schule hatte. Aber meine Mum versicherte mir, dass sie mich die Woche über krank geschrieben hat. Sie hat die Schule über die Umstände aufgeklärt und weitere Schritte werden von der Schulleitung eingeleitet. Jetzt konnte Stephan sich auf etwas gefasst machen. Ob er überhaupt ein schlechtes Gewissen hatte? Konnte ich mir bei ihm gar nicht vorstellen. Der Typ hat sowieso nur eine Sache im Kopf.
Nach dem Essen klingelte es überrascht an der Haustür. Unbesorgt machte ich auf und wurde sogleich von Julia umarmt. Sie schob sich selbst in die Wohnung und schnürte mir dabei bald die Luft ab. Ich nahm ihre Hände und löste sie von mich.
" Dani, wo warst du denn so lange? Ich hab mir Sorgen gemacht. Du bist seit zwei Tagen nicht in der Schule, und Montag warst du plötzlich verschwunden und...".
" Beruhig dich, Brauner. Ich erkläre dir alles oben in Ruhe. Hier ist nämlich gerade ... Besuch ".
Julia bemerkte anscheinend, dass ich rot werde. Auf ihren Lippen zeichnete sich ein fettes Grinsen. Sie flüsterte die Worte "Dein Freund", was ich mit einem schüchternen Nicken bestätigte. Im selben Moment kam John mitsamt dem Rest um die Ecke geschlendert. Er stellte sich neben mich und schlang einen Arm um meine Hüfte.
" Du bist also der John Lennon?".
" Höchstpersönlich und in Farbe. Du bist mit Sicherheit Julia, Danis Freundin ".
" Richtig geraten. Und wer seit ihr?".
Sie deutete mit einem Nicken zu den anderen Jungs, die etwas bedröppelt dastanden und nicht wirklich wussten, etwas mit sich anzufangen. Selbst Pete stand eher schüchtern da, was ich nun wirklich nicht von ihm gedacht hätte. John schüttelte den Kopf und stellte jeden einzelnd vor.
" Das sind Paul, George, Stuart und Pete. Man nennt uns auch die Beatles, falls du es noch nicht weißt. Wir sind ... geschäftlich hier ".
" Nur geschäftlich?".
" Und natürlich wegen meiner Dani. Ich will diesem Stephan nämlich persönlich eine verpassen ".
" Was ist eigentlich zwischen euch passiert?".
Julia schaute erneut zu mir und ich hatte mit den Tränen zu kämpfen. Ich nahm ihre Hand und führte sie hinauf in mein Zimmer. Als ich mir sicher war, dass niemand uns belauscht oder hinterhergegangen ist, begann ich ihr die ganze Geschichte zu erzählen.
[halbe Stunde später]
" Jetzt verstehe ich deine Lage. Dani, es tut mir so leid. Ich komme mir so dumm vor. Ich hätte dich nicht alleine mit diesem Typen gehen lassen sollen ".
" Es ist schon okay, Julia. Du wusstest nicht, wozu er in der Lage ist. Und jetzt habe ich ja die Jungs, die auf mich aufpassen ".
" Ja, das stimmt. Vorallem dein Johnny ".
Sie zwinkerte mir verstohlen zu. Von dem kleinen Zwischenfall hatte ich ihr nicht berichtet. Und das behielt ich auch besser für mich, vorerst. Als ich auf die Uhr schaute, war es inzwischen knapp 16 Uhr. Bald würde es zum Auftritt losgehen. Julia verabschiedete sich und ich begleitete sie noch zur Tür.
" Hast du vielleicht Lust, mit mir heute abend zum Top Ten Club zu gehen? Die Jungs haben heute Abend ihren ersten Auftritt dort. Und ich wollte nicht gerne alleine da sitzen ".
" Eigentlich liebend gerne. Aber du bist gerade die Einzige, die von der Schule befreit wurde. Ich werde sehen, was sich machen lässt. Wann fängt es denn an?".
" Circa 20 Uhr ".
" Vielleicht bin ich da. Lass dich überraschen!".
" Okay, bis später dann ".
Ich schloss die Tür und ging ins Wohnzimmer, wo sich alle vor dem Fernseher versammelt haben. George saß mit Teddy auf dem Boden und kraulte seine Ohren, während die anderen sich aufs Sofa gequetscht haben. John saß ganz außen und als er mich erblickte, hoben sich seine Mundwinkel und er schlenderte lässig auf mich zu. Ich verkreuzte meine Hände hinter dem Rücken und blickte in seine Augen. Wir schauten uns eine zeitlang an, bis er richtung Treppe nickte und ich ihm rauf in mein Zimmer folgte. Was hatte er vor?
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