25. New Home, New Persons
Danis POV
Das Geräusch der ratternden Räder ging durch meinen Ohren. Meine Augen musterten ein letztes Mal die Landschaft Englands, die an mir vorbeizog. In dem Abteil war es recht dunkel, sodass nur ein einzelnes Fenster uns Licht spendete. Neben mir saß meine Mutter, die ein Magazin las. Ihre Lippen waren zu einem kleinen Lächeln geformt und ihre Augen strahlten Fröhlichkeit aus. Es war das erste Mal, wo ich meine Mutter aufrichtig glücklich gesehen habe.
Ein Servicemitarbeiter des Zuges klopfte an unserer Tür und bot uns Getränke und Kuchen an. Ich bestellte mir einen Kakao, während meine Mutter sich einen Kaffee gönnte und dazu ein Stück Kuchen. Mir war nicht nach Essen zumute. Ich wusste nicht genau, wann ich das letzte Mal gegessen habe. Appetit war einfach nicht vorhanden. Meine Mutter bot mir Kuchen an, doch ich lehnte mit einem Kopfschütteln ab. Ständig musste ich an John denken. Was er wohl gerade macht? Innerlich hoffte ich, dass er und Paul sich wieder versöhnt haben. Was brachte es, sich weiter zu streiten? Ich musste zugeben, dass nicht nur John mir fehlte. Zwischen Paul und mir war weiterhin eine Vertrauensmauer aufgebaut. Egal, wie viele Fehler er gemacht hatte, ich vertraute ihm weiterhin. Und das machte unsere Freundschaft so besonders. Das er seine Gefühle für mich nicht abstellen konnte, war mir bewusst. Auch wenn John mein Freund war, etwas werde ich immer für Paul empfinden. Dafür war unsere Vergangenheit zu emotional, als das ich alles vergessen könne. George würde mir ebenfalls fehlen. Was anfangs nur eine flüchtige Bekanntschaft gewesen ist, hat sich zu einer tollen Freundschaft entpuppt. So begeistert war ich von seinen Gitarrenkünsten. Ich wusste, dass er es später mit John und Paul weit bringen würde. Wenn ich doch nur alle drei sehen könnte...
[ Time Flys]
Der Zug hielt in Hamburg an. Wir waren in Deutschland angekommen. Als ich den ersten Fuß auf deutschen Boden setzte, fühlte ich mich komisch. Hier war ich einst geboren, hier habe ich mein halbes Leben verbracht. Und jetzt sollte ich hier wieder Fuß fassen. Ich stellte mir es als sehr schwierig vor, neu anzufangen in einer alten Heimat. Meine Mutter griff nach meiner Hand und führte mich raus aus dem Bahnhof. Die Luft war ganz anders als in Liverpool. Ich konnte es selber nicht beschreiben. Es fühlte sich an, als würde hier anderer Sauerstoff eingeatmet werden. Wir gingen direkt auf einen Mann zu in einem alten Mercedes. Die Augen meiner Mutter strahlten, als er seine Arme nach ihr ausbreitet. Sie ließ mich los, um von ihm hochgehoben zu werden. Ich betrachtete das Spektakel mit zusammengekniffenen Augen. Wer war dieser Typ, und was hatte er meine Mutter anzufassen?
" Dani, das ist Thomas. Thomas, meine Tochter Dani ".
" Freut mich, dich endlich kennenzulernen. Deine Mutter hat mir schon soviel von dir erzählt. Du hattest einen englischen Freund in Liverpool?".
Er streckte mir die Hand entgegen, die ich etwas stockend annahm. Was wusste dieser Kerl eigentlich von mir? Ist meiner Mutter denn nicht bewusst, dass ich vor kurzer Zeit ein Scheidungskind geworden bin? Und jetzt soll ich meinen zukünftigen Stiefvater begrüßen. Ich wollte zurück nach Hause. Wir luden die Koffer in das Auto und ich machte es mir hinten etwas bequem. Meine Mutter erklärte mir, dass wir zu Thomas nach Hause fuhren. Er wohnte in der Nähe von der Reeperbahn. Ich hörte nur mit einem halben Ohr hin. Meine Gedanken hingen John nach. Die Zeit mit uns ist viel zu schnell rumgegangen. Mir kam es wie gestern vor, als wir das erste Mal zusammengekommen sind. Wir hatten eine schöne Zeit gehabt, auch wenn viel Unglück dazwischengekommen ist. Thomas versuchte mich mit Scherzen über die Tollpatschigkeit meiner Mutter aufzumuntern, ich achtete jedoch nicht wirklich drauf. Meine Mum schlug ihm gespielt beleidigt auf die Schulter und wurde rot wie eine Tomate. Das war also der neue Freund meiner Mutter.
Thomas Haus war nicht gerade das schönste Fleckchen Erde, aber für uns reichte es. Es war wie die Forthlin Road aufgebaut. Jedes Haus stand dicht an dicht zusammengeklebt aneinander. Die Seitenstraße hatte doch etwas von England abbekommen. Thomas nahm mir die Koffer ab und trug sie nach oben. Erleichtert seufzte meine Mum und nahm freudenstrahlend meine Hände.
" Warte ab, wie gut Thomas kochen kann. Du wirst begeistert sein!".
Sie zauberte mir auf ihre ganz eigene Art ein Lächeln auf den Lippen. Ich musste mich einfach für meine Mutter mitfreuen, auch wenn es nur wenig Freude war. Mit langsamen Schritten trat ich in die Wohnung ein und wurde sogleich von einem großen Hund beschnuppert, dessen Fell braun-schwarz gefleckt ist. Zaghaft strich ich über seinen Kopf, was er mit einem Hecheln quittierte. Thomas kam die Stufen hinab und schaute mich grinsend mit dem Hund an.
" Das ist Teddy. Er kennt mich von klein auf an. Ein deutscher Schäferhund ".
Ich nickte und schaute blindlings auf eine Fotocollage. Sie beinhaltete Bilder von Thomas Familie und von meiner Mum. Natürlich war auch Teddy mit dabei. Ich musste leicht lächeln bei dem Welpen Foto. Erneut blickte ich hinab auf den Schäferhund, der sich vor mir hingesetzt hat und mich mit einem schiefen Blick beäugte.
Thomas Lachen war im Hintergrund zu hören, als er sich schließlich in die Küche begab, um Mittag zu kochen. Ich entschloss mich, mein neues Zimmer zu begutachten. Der Hund tapste hinter mir her. Meine Mutter war gerade in dem Zimmer zugange und bezog das Bett. Von der Größe her war es nicht anders als in Liverpool, ich hatte nur ein kleineres Fenster.
" Ich hoffe, dir gefällt es hier, Liebes ".
" Mum?".
" Ja?".
" Werde ich John eines Tages wiedersehen?".
Meine Mutter schaute auf und sah meinen leeren Blick. Sie seufzte und legte das Bettlagen auf die Matratze. Mit einer Handbewegung bat sie mich, zu ihr zukommen. Sie legte eine Hand auf meine Schulter ab, als ich mich zu ihr gesetzt hatte.
" Liebes, ich weiß, dass es für dich alles neu ist und du dich an Thomas gewöhnen musst. Aber sieh es doch so, du bist wieder in deiner Heimat. Jetzt kannst du deutsch reden soviel du willst. Du hast deutsche Klassenkameraden und eine tolle Umgebung. Du wirst sehen, Hamburg kann ganz schön sein ".
Sie stand schließlich auf und ließ mich in meinem neuen Zimmer allein. Schweigend saß ich da und dachte über ihre Worte nach. Natürlich musste ich mich an Thomas gewöhnen. Es ging nicht von einem Tag auf den anderen. Ich hatte vorher nicht in Hamburg gelebt, sondern in einer kleineren Stadt, etwas abgelegen vom Zentrum. Hier lebte ich mittendrin im Stadttrubel. Ich hatte schon viel über die Reeperbahn gehört, vor allen was nachts passiert. Ich wusste nicht, ob ich mich den Menschen anpassen konnte. Normalerweise war ich kein Typ von Party und Feiern. Das mit dem Cavern Club hatte ich nur für John getan.
John ... I miss you!
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