~•~ CHAPTER VI ~•~
Die Sonne ging an diesen Tagen schon früh unter, brachte die innere Uhr der meisten Menschen durcheinander.
Bubblegum betrat die Polizeizentrale, erreichte den Fahrstuhl und gelangte über eine Stunde zu früh in den Versammlungsraum. Kaeya saß lässig auf seinem Stuhl, um ihn herum standen zwei Laptops, die die Buchstaben L und N in altenglischer Schrift zeigten.
„Guten Abend“, grüßte Kaeya sie und erhob sich.
„Ein wenig zu früh, nicht?“
„Ich bin lieber etwas früher da“, erklärte sie sich. Anders war sie es aus der Stadtverwaltung nicht gewohnt, dort musste sie immer früher erscheinen als geplant.
„Sehr vorbildlich“, lobte L.
„Aber was willst du jetzt die verbliebene Zeit machen, bis dein Kollege da ist?“
Bubblegum zuckte mit den Schultern.
„Gute Frage, aber bei mir Zuhause hätte ich auch nichts zu tun gehabt.“
„Lass mich raten, du bist alleine zuhause?“, fragte Kaeya und näherte sich Bubblegum, hielt dennoch einen respektvollen Abstand ein.
Die Pinkhaarige nickte etwas niedergeschlagen.
„Ja, aktuell schon.“
Verstehend nickte Kaeya, er setzte ein charmantes Lächeln auf.
„Wie wär‘s, wenn wir gemeinsam einen Kaffee trinken gehen, bis Leonardo auftaucht?“, schlug er vor. Bubblegum willigte ein, dachte sich nichts dabei. Sie hatte sowieso Zeit und nichts Wichtiges zu tun, warum sollte sie dann diese Einladung ihres Vorgesetzten ablehnen?
~•~
Die Polizeistation erstreckte sich über das gesamte Hochhaus, sie hatte drei Aufzüge und ebenso viele Treppenhäuser. Im Erdgeschoss gab es neben der Rezeption auch eine Kantine, die sich bis hin zum ersten Stock erstreckte.
Zu so später Stunde befanden sich nicht mehr viele Polizisten auf dem Revier, die meisten hielten sich mit einem Kaffee in der Kantine bei Laune.
Kaeya hielt Bubblegum die gläserne Tür auf, ließ sie zuerst den großen Speisesaal betreten.
"Habt ihr in der Stadtverwaltung auch sowas?", fragte er prahlend. Bubblegum schüttelte den Kopf.
"Wir bringen alle unser eigenes Essen mit, aber wir müssen auch nicht die ganze Nacht bleiben", erklärte sie etwas beeindruckt.
Die Wände waren in einem hellgrünen Ton gestrichen, die Tische dagegen waren in tristen Grautönen gehalten.
"Das Essen hier ist vielleicht nur mittelmäßig, aber dafür ist der Kaffee von großer Qualität", meinte Kaeya und lenkte Bubblegum zu dem Tresen, wo eine nette, junge Frau die Nachtschicht einlegte.
"Schönen guten Abend, Oberkommissar Alberich", grüßte sie freundlich, ihr Blick wanderte zu Bubblegum.
"Auch Ihnen einen schönen Abend, Miss…"
"Bubblegum. Miss Bubblegum", fügte sie schnell hinzu, um die junge Frau nicht lange spekulieren zu lassen.
"Oho? Eine unverheiratete Seele also?", kommentierte Kaeya mit einem frechen Grinsen auf den Lippen, Bubblegum senkte jedoch nur ihren Kopf.
"Ach ja, ich hätte gerne einen Caffè Americano", bestellte der Blauhaarige.
"Für mich nur einen Latte Macchiato", lautete die Bestellung der Pinkhaarigen.
Die junge Frau bereitete zuerst den beliebten italienischen Milchkaffee zu, beim Caffè Americano zögerte sie jedoch.
"Sayu, Schätzchen, du machst zuerst einen Espresso, füllst ihn in eine größere Tasse, und reicherst ihn dann mit Wasser an", erklärte Kaeya ruhig und zwinkerte ihr zu.
Sayu errötete, peinlich berührt, rieb sie sich am Hinterkopf, wo ihr brauner Zopf hochgesteckt war, und machte sich dann an die Zubereitung.
Nachdem auch der Caffè Americano seinen Kunden erreichte, suchten sie sich einen Sitzplatz, unweit der Tür, für den Fall, Leonardo würde genauso früh auftauchen.
"Also, ledig bist du?", hakte Kaeya noch einmal neugierig nach.
"Ja, noch."
"Noch?"
Bubblegum nippte an ihrem Kaffee und seufzte tief auf.
"Weißt du, es ist gerade alles ein wenig kompliziert", meinte sie. Sie hatte Marceline bis jetzt nicht erreichen können, sie machte sich unglaubliche Sorgen und fühlte sich verletzt. Sie wusste nicht einmal, wie das von jetzt auf gleich passieren konnte, seit jenem Tag vor einem Jahr verhielt sich die Schwarzhaarige anders, und bis vor kurzem kam sie auch nicht mehr nach Hause. Im Prinzip wusste Bubblegum nicht einmal, ob sie überhaupt noch lebte.
"Bonnibel, lass mich dir einen Rat geben", durchbrach Kaeya ihre zweifelnden Gedanken.
"Wenn es auch nur ansatzweise kompliziert ist, oder du dich verletzt fühlst, lass es sein."
"So einfach ist das nicht-", warf Bubblegum ein, doch Kaeya unterbrach sie.
"Bonnibel, du bist eine wirklich attraktive, sympathische, junge Frau mit einem sicheren Job. Die Männerwelt würde sich um dich reißen. Glaub mir, wenn dein Liebster dich nicht behandelt, wie es dir gebührt, dann lass ihn los. Du verdienst viel besseres."
"Kaeya, hör mir doch zu-"
"Vertrau mir, es gibt so viele Männer, die dir die Welt zeigen würden."
Kaeya lehnte sich zurück, setzte sein charmantes Lächeln auf.
"Du solltest natürlich deinen Traummann aus ihnen wählen, aber ich würde mich natürlich freuen, wenn du mit mir mal ausgehen würdest. Hirascar hat eine feine kulinarische Welt, hab' ich gehört."
Ein Räuspern lenkte die Aufmerksamkeit des Oberkommissars von Bubblegum zu der humanoiden Schildkröte, die vor dem Tisch stand.
"Oh, guten Abend Leonardo, willst du dich kurz setzen, sodass wir den Einsatz durchgehen können?"
"Ähh, klar", antwortete Leonardo und setzte sich auf den dritten Stuhl.
~•~
Ein kalter Wind blies über den menschenleeren Marktplatz. Rotes Absperrband flatterte im Wind, die ersten Schneeflocken des Jahres rieselten still und leise auf die Erde hinab.
"Wir patrouillieren wirklich nur über den Marktplatz?", hakte Leonardo nach, der diese Aufgabe für viel zu einfach betrachtete.
"Nicht ganz, wir suchen nach Spuren, und wenn sie mit Arkham zu tun haben, leiten wir sie an die Zentrale weiter", erklärte Bubblegum mit zitternder Stimme, die Kälte kroch ihren Körper empor.
"Also… dürfen wir auch den Tatort besichtigen?"
Bubblegum zuckte mit den Schultern.
"Kaeya hat's nicht verboten, spricht also nichts dagegen."
Eine ganze Weile herrschte Schweigen zwischen ihnen, doch Leonardo lag definitiv etwas auf der Zunge.
"Sag' mal, bist du wirklich mit Sir Kaeya zusammen?", fragte er vorsichtig, wollte nicht zu aufdringlich wirken.
"Auf keinen Fall", antwortete Bubblegum mit Abneigung in der Stimme.
"Er lässt mich ja nicht einmal ausreden."
"Aber… stehst du denn auf ihn?"
"Leo, ich bin verlobt", Bubblegum funkelte die Schildkröte genervt an.
"Außerdem geht mir euer heteronormatives Denken enorm auf den Keks, für euch gibt es nur ein kleines, unterwürfiges Weiblein und ein großer, starker Mann. Alles andere tut eurer fragilen Männlichkeit weh, das ist doch peinlich. Deshalb bin ich in der Stadtverwaltung, damit ich in die Politik dieses verkorksten, heteronormativen Landes komme als erste Frau, die mit einer anderen Frau verheiratet ist!"
Leonardo zuckte zurück und traute sich nicht, Bubblegum in die Augen zu sehen.
"Also, verlobt. Ich weiß ja nicht einmal, ob sie noch lebt."
"Tut mir leid, ich wollte nicht so rüberkommen, als würde ich auf Kaeya's Seite stehen", entschuldigte Leonardo sich kleinlaut.
"Nein, mir tut's leid. Ich hätte meine privaten Probleme nicht bei dir abladen sollen", seufzte Bubblegum und fasste sich an die Schläfe.
"Es ist einfach nur schwierig gerade, ich habe Angst dass das ganze so endet wie bei der Verlobten meines zukünftigen Schwiegervaters, sie hat eine Spur zu Arkham gefunden und wurde dann ermordet."
"Das kann ich verstehen", versuchte Leonardo, sie zu trösten.
"Mir geht's da so ähnlich, nur mit mein Bruder."
Hellhörig sah Bubblegum auf.
"Ich meine, ja, er war heute morgen noch zu Besuch, aber ich weiß nicht wo er wohnt und was er macht. Er ist ein wenig unvernünftig, weißt du? Ich will nicht, dass er plötzlich dieser Mafia in die Arme läuft."
Tröstend legte Bubblegum ihre Hand auf seine Schulter. Sie empfanden also dasselbe, dieselben Ängste, nur ein wenig unterschiedlich.
Plötzlich blieb Bubblegum abrupt stehen. Sie hatte eine Silhouette aus dem Augenwinkel bemerkt.
"Hast du's auch gesehen?", wisperte sie etwas erschrocken.
"Hm?"
Wieder erblickte sie eine Gestalt, die sich in der Gasse, nahe des Marktplatzes, bewegte.
"Lass uns das näher anschauen", murmelte Leonardo fest entschlossen und übernahm die Führung, hielt Bubblegum hinter sich.
Ein groß gewachsener Mann hockte auf dem Boden, sah auf, als die zwei sich ihm näherten.
"Suchen Sie nach etwas?", fragte Leonardo streng, seine Augen waren verengt.
"Äh, ja", gab der Mann von sich.
"Ich suche einen Jungen, ungefähr 19 Jahre alt, der war hier in der Gegend vor ein paar Tagen unterwegs."
"Haben Sie schon eine Vermisstenanzeige aufgegeben?", hakte der Blaumaskierte nach, diesmal sanfter.
"Das ist nicht notwendig", der Mann streckte seine Hand aus und reichte sie Leonardo.
"Gestatten, Oberkommissar Creman vom CAPD."
"Ahja", antwortete Leonardo, er packte seine Hand und befestigte mit seiner anderen Handschellen um das Handgelenk des Fremden.
"Creman also? Habt ihr von Arkham ihn entführt oder gar ermordet?"
Der Fremde lachte auf.
"Arkham? Du denkst echt, ich bin von Arkham?"
"Habt ihr Laien schon etwas von den Fatui gehört?"
Eine weitere Gestalt gesellte sich zu ihnen, kesselte die beiden Polizisten ein, es gab kein Entkommen mehr.
Die weibliche Gestalt mit schneeweißen Haaren und roten Augen schüttelte den Kopf.
"Tartaglia, was zur Hölle machst du da? Lässt du dich mal wieder Hops nehmen?"
"Komm schon", jammerte Tartaglia, seine Hand gefangen in Handschellen.
Bubblegum drehte sich um, zeigte ihre Handfläche, kampfbereit.
"Beweg' dich nicht, Liebes. Eine Bewegung und du findest dich im Jenseits wieder. Wir sind überall."
Eingeschüchtert blickte Bubblegum sich um. Auf den Dächern thronten weitere Gestalten, blickten auf sie hinab.
"Ihr beide werdet unsere hübschen Fragen beantworten, habt ihr mich verstanden?"
Die Frau kam ihnen bedrohlich näher, sie strich über Bubblegum's Kinn und drückte ihren Kopf nach oben.
Die Pinkhaarigen schluckte schwer, sie waren umzingelt, und es gab keinen Ausweg.
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