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NARZISSAS POV
Als ich dort stand und meinen Mann in Ketten sah, tobte ein Sturm der Gefühle in mir. So oft hatte ich Lucius gebeten, es einfach sein zu lassen. Wir hatten die Chance gehabt, auszusteigen, und er hatte sie nicht genutzt. Ich hatte Angst, die vier Worte auszusprechen, die mir seit Monaten auf der Zunge lagen.
"Du siehst umwerfend aus. Das Kleid steht dir." Mein einst so stolzer und mächtiger Mann wirkte kränklich und schwach.
"Dein Sohn ist heute hier. Er hat solche Angst um dich und benimmt sich in der Schule ständig daneben, weil er nicht weiß, wie er mit all diesen Gefühlen umgehen soll. Er hat sogar dieses Granger-Mädchen in einem Wutanfall verletzt." Versuchte ich ihm ruhig zu erklären. Draco brauchte seinen Vater jetzt mehr als zuvor. Er brauchte das Verständnis seines Vaters und vielleicht ein helfendes Wort von Mann zu Mann.
"Dieser dumme Junge! Ich habe ihm schon so oft gesagt, dass er sich zurückhalten soll. Unser Name liegt schon im Dreck und er hat nichts Besseres zu tun, als ein Schlammblut anzugreifen? Was, wenn das die Presse mitbekommt?" Meine Hand schnellte nach vorne, und ich verpasste meinem Mann zum ersten Mal eine Ohrfeige. Sein Gesichtsausdruck war eine Mischung aus Schock und Wut und für einen Moment herrschte eine Totenstille in dem kleinen Zimmer.
"Wage es nie wieder, meinen Sohn für deine Fehler verantwortlich zu machen! Draco hat ein ganz schönes Temperament - dein Temperament. Er zeigt niemandem mehr seine Gefühle, so als hätte er gar keine. Das ist nicht normal für einen Jungen in seinem Alter. Er sollte betrunken mit irgendeinem Mädchen am Arm nach Hause kommen und sich darum sorgen, sie vielleicht geschwängert zu haben. Nicht ob er jeden Moment getötet werden könnte! Es ist schon so weit gekommen, dass sie ihn—" Meine Brust hob sich bei jedem Wort, und meine Tränen hinterließen saure Spuren auf meinen Wangen.
"Wenn Draco dieses schmutzige Mal bekommt, dann möge der Herr dir gnädig sein. Ich schwöre bei Himmel und Erde, dass ich dich verfolgen und quälen werde wie der Tod selbst. Du wirst es bereuen, mir je begegnet zu sein." Ich trat einen Schritt auf ihn zu und stieß ihm bei jedem weiteren drohenden Wort den Zeigefinger in die Brust.
"Wenn du Draco jetzt das Leben schwer machst und dich nicht wie ein liebevoller, fürsorglicher Vater verhältst und er weinend zu mir kommt, dann hast du ihn zum letzten Mal gesehen, und ich werde die Scheidung einreichen und den Jungen mitnehmen! Also ändere dich besser so, als hättest du die drei Geister der Weihnacht gesehen. Ich bin um deinetwillen zum Todesser geworden, und ich werde nicht zulassen, dass mein Kind in dieses Messer läuft. Sind wir uns einig, Liebster?" Lucius war für einen Moment verblüfft, doch er begegnete meinem Blick mit einer Mischung aus Reue und Resignation. Wenn er eines wusste, dann, dass mit mir nicht zu spaßen war. Schon gar nicht nach allem, was wir für dieses eine Kind durchgemacht hatten. Draco war ein Geschenk, und Lucius wusste das.
DRACOS POV
Ich fühlte mich so unsagbar einsam in diesem kahlen, lieblosen Zimmer. Ich wusste immer noch nicht, wie ich reagieren sollte, wenn mein Vater zur Tür hereinkommen würde. Ich wusste auch nicht, was ich ihm sagen sollte, denn schon morgens am Frühstückstisch hatte immer ein seltsames Schweigen zwischen uns geherrscht. Ich konnte mir nicht erklären, warum es so schwer war, mit ihm zu reden. Schließlich war er mein Vater und ich wollte mit ihm über alles reden, aber sein Interesse zu wecken, war mir manchmal wie eine Aufgabe im Trimagischen Turnier vorgekommen. Wie um alles in der Welt sollte ich also jetzt mit ihm reden?
Mir war zum Weinen zumute und ich hasste es. Meine Mutter und ich durften meinen Vater nur getrennt sehen. Die Auroren wollten so verhindern, dass wir uns vor dem Prozess absprechen und ich für ihn aussagen könnte, wenn sie meine Meinung brauchten. Immerhin war ich nicht als Zeuge geladen.
Ich saß auf dem harten Holzstuhl und drehte den Ring an meinem Finger. Ich atmete tief ein und aus und versuchte, mit meinen Gedanken woanders zu sein. An einen Ort, an dem es keine Fesseln gab, keine Presse und schon gar keine Anhörungen. Nichts von all dem Wahnsinn. Nur Stille und Frieden. Das Gewicht auf meiner Brust fühlte sich erdrückend an, fast wie ein unsichtbarer Elefant. Ich wusste, dass ich jederzeit gehen konnte, dass meine Mutter eine Ausrede finden würde, aber der Gedanke, zurückzugehen, kam mir feige vor. Vor allem, wenn Potter da war und mich auf Schritt und Tritt beobachtete.
Dieser verdammte Narbenkopf würde es seinem rothaarigen Schwachkopf erzählen, und der würde der ganzen Schule erzählen, dass ich eine Szene gemacht und mich dann verpisst habe. Diese Genugtuung wollte ich den beiden nicht gönnen. Außerdem hätte mich das Vogelnest nur noch mehr mitleidige Blicke zugeworfen. In den letzten Wochen hatten die beiden in Alufolie eingewickelten Spinner ihre größte Schwäche offenbart. Die kleine Löwin brauchte soziale Kontakte und jemanden, mit dem sie reden konnte. Niemand hatte wirklich Lust dazu, da sie alle nur belehrte und korrigierte. Selbst ich musste nicht genau hinsehen, um zu erkennen, dass das Mädchen sich einsam fühlte. Die Tatsache, dass sie es in Betracht zog, mit mir zu sprechen, anstatt gar nicht zu sprechen, war eine nützliche Erkenntnis.
Im Flur hatten Ketten über den dunklen Holzboden gerasselt. Die Tür schwang auf, und ein Auror trat ein.
"Gefangener 537 wird in wenigen Minuten hier sein. Sie haben dann fünf Minuten Zeit. Ich muss sie darauf hinweisen, dass dieses Gespräch aufgezeichnet wird und wir ..." Der Mann mit dem orangegrauen Bart und dem milchigen linken Auge hatte in Richtung einer schwarzen Wand gestikuliert, seine Stimme streng und professionell.
"Wir werden sie beobachten. Wenn einer von ihnen einen Trick versucht, werden wir es sehen." Am liebsten wäre ich dem Kerl ins Gesicht gesprungen, weil er mich wie einen Idioten behandelte. Seit dem Tag, an dem mein Vater verhaftet worden war, wusste ich, wohin die Reise gehen würde. Er war nicht der Erste aus unserer Familie, den sie mitgenommen hatten. Trotzdem wünschte ich mir, dass das alles nicht wahr wäre. So viele unbeantwortete Fragen gingen mir durch den Kopf.
Mein Herz sank, als mein Vater das Zimmer betrat. In meinem Magen bildete sich nun ein Knoten, der sich wie eine Schlinge um all meine Organe gelegt hatte. Instinktiv wollte ich ihm in die Arme fallen, doch stattdessen trat ich noch einen Schritt zurück und verbarg meine Gefühle hinter einer stoischen Fassade.
"Vater" Sein Gesicht, einst vornehm und gepflegt, wirkte jetzt blass und unrasiert. Auch sein Haar schien seinen Glanz verloren zu haben. Von seiner früheren Eleganz war nichts mehr zu sehen. Seine Augen waren leerer denn je.
"Junge." Er warf mir einen kurzen Blick zu, bevor er sich auf die beiden Wachen konzentrierte, die seine Ketten am Tisch befestigten. Mein Herzschlag wurde schwächer, und ich fühlte mich wie eine klaffende Wunde. Ich reckte das Kinn und kämpfte wieder mit den Tränen. Ich biss mir auf die Wangen, entschlossen, diesem schändlichen, schwächenden Drang zu widerstehen. Die beiden Wächter verließen das Zimmer.
"Und wie läuft's mit Quidditch?" Die Worte meines Vaters trafen mich wie ein Schlag ins Gesicht, meine Welt zerbrach in unzählige Scherben. Hatte er ernsthaft nach Quidditch gefragt? Kein "Ich habe dich vermisst"? Kein Ausdruck von Sorge? Nur Quidditch? Er war seit Monaten im Gefängnis, und das war das Erste, was er wissen wollte?
"Hat Mama es dir nicht erzählt?", erwiderte ich mit Blut auf der Zunge.
"Hat sie. Aber ich will es von dir hören." Sein Ton war fordernd.
"Nun, ... ich habe vielleicht Mist gebaut, aber ich konnte nicht ..." Bevor ich aussprechen konnte, schlug seine Hand auf den Tisch und verursachte einen lauten Knall, der mich zusammenzucken ließ, und mein Blick senkte sich, als seine Ketten rasselten.
"Du hast mehr als nur Mist gebaut, Draco! Ich hatte nur eine Forderung an dich. Reiß dich zusammen und halte dich klein. So habe ich dich nicht erzogen! Ich bin enttäuscht. Du bist jetzt der Mann in unserem Haus, also fang endlich an, dich auch so zu benehmen. Du bist schließlich kein Fünfjähriger mehr. Ich habe keine Lust, nach meiner Entlassung deinen Dreck wegzumachen." Er hatte mich so laut angeschrien, dass die Tür hinter ihm aufging und einer der Auroren hereinkam. Ich hielt den Kopf gesenkt und fühlte mich wie ein gescholtenes Lamm.
"Leise! Oder dieses Gespräch ist beendet." Dann war der halb blinde Mann auch schon wieder verschwunden,
"das war nicht meine Schuld", murmelte ich leise und versuchte zu verstehen, warum das plötzlich so wichtig war und warum gerade jetzt.
"Werde jetzt nicht übermütig, mein Sohn. Ich bin immer noch dein Vater. Es ist meine Pflicht, dich zurechtzuweisen, wenn du Mist baust, und das hast du getan. Du bist gut erzogen und weißt, dass man gegen eine Frau nicht die Hand erhebt. Schon gar nicht gegen ein Schlammblut. Was meinst du, wie das ausgesehen hätte, wenn die Presse Wind davon bekommen hätte? Wenn du so weitermachst, hole ich dich von Hogwarts und schicke dich nach Ilvermorny. Dann gibt es nichts mehr! Hast du das verstanden?" Ich nickte und wich seinem Blick aus, weil ich fürchtete, dass er sonst das verdächtige Glitzern in meinen Augen sehen würde. Wir saßen schweigend da, sein enttäuschter und wütender Blick brannte sich in meine Haut. Es war ein Fehler, hier her zu kommen.
"Das war deinem Großvater. Er bekam es am Tag seiner Geburt und hat es nie abgenommen." Ich sah ihn immer noch nicht an, wusste aber, dass er sein Armband meinte, das ich trug.
"Es ist ein Wunder, dass man ihn nicht mit diesem Ding beerdigt hat. Du siehst ihm sehr ähnlich. Eigentlich wollten wir dich Liam nennen. Liam Hyperion Malfoy. Dein Großvater lag nach deiner Geburt im Sterben. Wir brachten dich zu ihm, er nahm dich in die Arme, und du fingst an zu schreien wie am Spieß."
Mein Vater hielt inne, verloren in seinen Erinnerungen.
"Dein Großvater sah dich grimmig an und fing dann an zu lachen. Er hat dich einen kleinen Drachen genannt. Er fragte, wie du heißt, und ich sagte Liam. Er sagte wörtlich: 'Was für ein beschissener Name.' Kurz darauf hast du ihn gebissen. Mein Vater drehte sich zu mir um und sagte: Mit dem Namen tust du ihm keinen Gefallen. Dieser kleine Drache wird einmal etwas Besonderes sein. Er verdient einen besonderen Namen. Einen, der zu einem Erben passt. Nenn ihn Draco. Er sah dich wieder an und fragte dich, was du von Draco hältst. Dein Quengeln hat abrupt aufgehört. Wir haben lange über deinen Namen diskutiert."
"Deshalb nennt mich Mama einen kleinen Drachen?" Mein Vater nickte nur. Seine Gesichtszüge waren fast emotionslos, aber seine Augen waren das genaue Gegenteil. Ich würde diesen Mann nie verstehen.
"Du hast das Temperament eines solchen, und wenn dir etwas nicht passt, dann drehst du am Rad. Wir haben deinen Namen in Draco geändert. Ich wollte es ihm zeigen, aber als wir ankamen, sagte man mir, er sei in der Nacht zuvor gestorben. Ich möchte, dass du das Armband behältst, bis du jemanden findest, der es wert ist, es zu tragen. Egal wie es heute ausgeht ... Du kannst Angst haben, wütend sein oder was auch immer, aber lass es nicht an anderen aus." Dann wurde er abgeführt. Der Tod hatte seine Sense in mein Herz gestoßen und von dort aus in meine Rippen und alle anderen Glieder. Ich hatte mehr Angst als je zuvor.
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