Türchen 16
Zwei Wochen ist es jetzt her, dass Marinette mit ihrer Mutter nach Paris zog. Ihr Vater hatte vor einem Jahr eine Bäckerei eröffnet, welche so gut lief, dass seine Familie von Shanghai nach Frankreich kommen konnten. Zwar war dies bereits länger geplant, immerhin war Marinettes Vater Franzose, jedoch wollte das Ehepaar erst einmal schauen, ob man sich den Umzug auch leisten konnte. Sie wollten Marinette etwas bieten können und das Geld für ihr späteres Studium Zusammensparen. Hätten beide nicht gedacht, das die Bäckerei zu einen der beliebtesten der Stadt werden würde. Dementsprechend war Sabine auch froh, dass sie aus Shanghai weg sind, nach dem Schicksalsschlag, welchen ihre Tochter vor kurzem erleiden musste. Der Teenager war nicht mehr dieselbe, nach dem tragischen Unfall, wobei sie auch ihr herzliches Lachen verloren hatte. Zwar lächelte sie ab und zu, jedoch sahen ihre Eltern, dass dies nicht echt war. Zu verkrampft und gestellt sah sie dabei aus. Hofften jedoch beide, dass die neue Umgebung und die neue Schule, auch neue Freunde mit sich bringt und sie wieder ihre Lebensfreude zurückerhält.
„Maman, Papa, ich gehe dann mal, bis heute Nachmittag."
Marinette gab ihren Eltern ein Kuss auf die Wange, ehe sie sich ihr Lunchpaket nahm und loslief. Weit hatte es die Schülerin nicht, musste sie lediglich über die Straße und schon wäre sie da. Vor dem Gebäude angekommen, betrachtete sie dies, wobei sie bereits die neugierigen Blicke einiger Schüler auf sich spürte. Seufzend ging sie in das Gebäude, hasste sie es, irgendwo neu zu sein. Sie kam sich vor wie ein Tier im Zoo, welches staunend betrachtet wurde. Weiterhin sah sie sich um, musste sie erst einmal das Sekretariat finden, wo sie sich melden sollte. Dadurch jedoch achtete sie nicht auf den Weg und prallte mit jemanden zusammen, wobei dessen Tasche herunterfiel.
„Oh Entschuldigung, ich habe nicht auf den Weg geachtet."
Schnell kniete sie sich hin, wollte sie wenigstens die Utensilien einsammeln, welche auf dem Fußboden verstreut lagen. Jedoch tat der andere es ihr gleich, wobei beide Köpfe zusammenprallten und Marinette sich diesen rieb, hoffte sie, dass der Schmerz dadurch schneller nachließ. Entschuldigend sah sie zu dem jungen vor sich, welcher gerade etwas sagen wollte, als Marinette bereits Schmerzhaft an einem ihrer Zöpfe hochgezogen wurde.
„Au, sag mal geht's noch?"
Wütend sah sie zu einem blondhaarigen Mädchen mit Pferdeschwanz, welche die Halbchinesin mit einem Blick ansah, der hätte töten können.
„Das könnte ich dich fragen! Einfach meinen Adriecherie anrempeln und seine Sachen im Schulgebäude verstreuen."
„Du hast sie doch nicht mehr alle, das war ein Versehen!"
Marinette wurde es gerade echt zu doof. Ihr erster Tag und sie begegnete allem Anschein nach der Schulzicke. Da sie keine Lust auf weitere Diskussionen hatte, wollte sie gerade gehen, als sie jemand am Handgelenk packte.
„Wo willst du hin? Ich bin noch nicht fertig mit dir."
Ihren Arm aus dem Griff befreiend, ging Marinette auf diese zu, welche sich plötzlich hinter den Jungen versteckte, welchen sie angerempelt hatte.
„Aber ich bin fertig mit dir, also behalte deine Zicken Allüren für dich und lass mich mit dem Scheiß in Ruhe."
Die Halbchinesin drehte sich um, als sie weiterhin das Sekretariat suchte, wobei ihr plötzlich ein braunhaariges Mädchen entgegenkam.
„Hey du musst Neu hier sein! Klasse wie du gerade mit Chloé umgesprungen bist. Ich bin übrigens Alya und du?"
Lächelnd reichte die Brillenträgerin der Blauäugigen die Hand, welche diese mit einem gestellten Lächeln schüttelte.
„Marinette, aber du kannst mich Mari nennen, ist mir eh lieber. Sag mal Alya, könntest du mir das Sekretariat zeigen? Ich soll mich heute dort melden."
„Na klar, das mache ich gerne. Übrigens, ein Tipp am Rande, halte dich von Chloé und Adrien fern. Beide haben Reiche Eltern und denken dadurch, dass sie etwas Besseres sind. Total eingebildet die zwei."
Marinette nickte und nachdem Alya ihr gezeigt hatte, wohin die Halbchinesin musste, verabschiedete sie sich auch schon.
Die Zeit verging, wobei Marinette gerade vor der Tür zu ihrer neuen Klasse stand. Der Unterricht hatte bereits vor fünfzehn Minuten begonnen, jedoch wurde ihr noch die Schule vom Direktor gezeigt, wobei die Zeit schnell verging. Zitternd klopfte sie an, als sie auch schon von drinnen jemand hereinbat.
Im Klassenzimmer angekommen, ging sie auf die Lehrerin zu, wobei sie einen Zettel vom Direktor überreichte.
„Stimmt, Monsieur Damocles hatte bereits etwas erwähnt. Dann würde ich sagen, stellst du dich kurz der Klasse vor. Ich bin übrigens Madame Bustier, deine neue Klassenlehrerin."
Marinette nickte, als sie sich zur Klasse drehte, wobei sie sich wieder wie ein Tier im Zoo vorkam. Aller Aufmerksamkeit galt im Moment ihr, worunter sie zu ihrem Leidwesen auch diese Chloé entdeckte. Jedoch freute sie sich auch, als sie Alya sah, welche ihr freudestrahlend zulächelte.
„Ja, Hallo erstmal, mein Name ist Marinette, bin fünfzehn Jahre alt und komme Ursprünglich aus Shanghai, bin jedoch vor zwei Wochen nach Paris gezogen."
Das wäre geschafft, dachte sich jedenfalls die Halbchinesin, wobei sie allerdings nicht mit der Neugier ihrer neuen Klassenkameraden gerechnet hatte.
„Wie kommt es, dass du so gut unsere Sprache sprichst?"
Ein Mädchen mit Rastazöpfen fragte dies, war Marinette klar, dass diese kommen musste.
„Mein Vater ist Franzose, daher bin ich mehrsprachig aufgewachsen. Neben Chinesisch und Französisch, beherrsche ich auch noch Englisch."
Als Nächstes war es Rosé, welche eine Frage an ihre neue Klassenkameradin hatte.
„Wie kommt es, dass du hergezogen bist? Hat es dir in Shanghai nicht mehr gefallen?"
„Dadurch das mein Vater aus Paris kommt, war es vor langer Zeit bereits beschlossen, das wir eines Tages wieder zurückkommen. In Paris habe ich bessere Chancen, auf ein Studium als in meiner alten Heimat."
„So Kinder, ich würde auch sagen, wir machen mit dem Unterricht weiter. Ihr könnt euch ja in der Pause noch weiter unterhalten. Marinette suche dir ein Platz aus. Neben Adrien und Alya wäre ja noch einer frei."
„Mari du kommst natürlich zu mir, immerhin willst du sicher nicht neben dem verwöhnten Blondie sitzen."
Die Klasse bis auf Chloé und Adrien lachte, wobei Madame Bustier erst einmal um Ruhe bat. Mit gemischten Gefühlen setzte sich Marinette, als auch schon der Unterricht fortgeführt wurde. Die zwei Stunden Mathematik gingen relativ schnell vorbei und die Pause nutze das Mädchen aus, sich noch etwas mit ihrer Klassenlehrerin zu unterhalten, welche ihr die Themen gab, welche gerade im Unterricht besprochen wurden. Vieles war ihr relativ neu, wobei sie bereits wusste, dass sie das restliche Schuljahr sicher Probleme haben würde.
„Dann bedanke ich mich schon mal Madame Bustier, jedoch hätte ich noch eine Frage. Wo ist der Ku..."
„Sorry wenn ich Störe, aber ich habe mein Buch liegen lassen."
Überrascht drehte sich Marinette um, als Adrien zu seinem Platz hechte.
„Mari, du wolltest mich etwas fragen?"
„Ähm, ja. Der Kunstraum, können Sie mir sagen, wo dieser ist?"
„Adrien kann dich sicher mitnehmen, oder?"
Fragend schaute die Lehrerin zu dem Model, welcher nur nickte.
„Wunderbar und wärst du so lieb, Marinette nach dem Unterricht, noch die Schule zu zeigen?"
„Klar, das ist kein Problem. Komm Marinette, bevor wir noch zu spät kommen."
Erst wollte Mari etwas sagen, wurde ihr immerhin bereits vom Direktor die Schule gezeigt. Jedoch ließ sie es bleiben, würde sie dadurch Adrien vielleicht besser kennenlernen.
Freundlich lächelte der Junge seine neue Klassenkameradin an, welche nur nickte und beide zusammen zu nächsten Stunde liefen. Adrien kam ihr in keinerlei Hinsicht so vor, als würde er denken, etwas Besseres zu sein. Ob Alya womöglich schlechte Erfahrungen gemacht hatte? Aber der Spruch vorhin hat die ganze Klasse lachen lassen. Am besten fragt sie die brünette noch einmal.
„Hey wo willst du denn hin?"
Überrascht blieb Marinette stehen, als sie sich umdrehte und in Adriens belustigtes Gesicht sah.
„Du bist gerade voll dran vorbeigelaufen."
„Oh Sorry, ich war in Gedanken."
Verlegen kratzte sich Marinette im Nacken, als ihr Adrien auch schon andeutete, vor ihm den Raum zu betreten.
„Nach der Dame."
„Merci Monsieur."
Marinette kicherte, als sie auch schon in den Kunstraum ging, wobei sie von allen angestarrt wurde, nachdem Adrien hinter ihr hereinkam. Da Alya hier neben Nino saß, entschied sie sich, an den freien Tisch hinter beiden zu gehen, wollte sie nicht vor Chloé sitzen, nachdem diese ihr einen wütenden Blick zugeworfen hatte.
Sofort drehte sich die Brillenträgerin um, wobei ihr Blick nichts Gutes verhieß.
„Mari, an deiner Stelle würde ich mich vor zu Nathaniel setzen."
„Warum?"
Fragend sah sie zu ihrer Klassenkameradin, als jedoch jemand anderes für sie Antwortete.
„Weil ich auch hier sitze, deswegen."
Die Halbchinesin sah zu Adrien, welcher gerade Rechts von ihr Platz nahm.
„Blondie du bist mal leise, mit dir hat keiner gesprochen."
Nino sah genervt zu dem Model, als sein Blick wieder zu dem Mädchen ging.
„Alya hat recht, geh lieber vor zu Nath, da musst du Den hier, wenigstens nicht ertragen."
Abfällig sah Nino zu Adrien, welcher genervt die Augen verdrehte.
„Nino hat recht, komm vor zu mir, ich beiße auch nicht."
Marinette zu zwinkern, klopfte er auf den leeren Platz neben sich, wobei es Marinette langsam zu blöd wurde.
„Danke, aber Nein danke. Ich bleibe hier sitzen und ich weiß echt nicht, wo euer Problem liegt, das ihr so abfällig über Adrien redet."
Ihr Blick durch die Klasse schweifend, erhoffte sie auf Antworten, welche jedoch ausblieben.
„Verstehe, ihr wisst es also selber nicht! Wahnsinn, wirklich erwachsen von euch."
„Mari ich habe dir doch gesagt das er denkt etwas Besseres zu sein."
Alya sah zu Marinette, welche jedoch ihren Blick auswich. Sie nervte das alles. Ihre neue Klasse tat Adrien unrecht und machten ihn wahrscheinlich täglich fertig mit diesen Anschuldigungen und Beleidigungen. Die Wissen gar nicht zu was solch ein Verhalten führen kann. Für sie grenzt das schon an Mobbing, wobei sie hoffte, dass es nur bei dem Verbalen blieb und die Schüler nicht noch handgreiflich wurden.
Der Kunstlehrer betrat den Raum, wobei die Köpfe auch wieder nach vorne schauten.
„Danke."
Sich zu ihrem Sitznachbarn gedreht, sah sie ihn erst fragend an, als sie verstanden hatte, wofür er sich gerade bedankte.
„Keine Ursache."
Marinette war froh, als die letzte Stunde begann, wobei sie Biologie bei Madame Bustier hatte. Mit dem Ende dieser Stunde, wäre es auch endlich Wochenende, wobei sie sich fragte, warum sie an einem Freitag in ihrer neuen Schule anfangen sollte.
In den letzten Pausen, sprachen auch ihre Klassenkameraden die ganze Zeit, warum sie Adrien so behandelten. Er war mit Chloé befreundet, welche ihren Status gerne mal ausnutze und deswegen war Adrien halt auch so. Reiche Eltern, großes Haus, mehrere Autos und deswegen sei er abgehoben. Jedoch glaubte Marinette eher, dass sich die Klasse dies nur zu Recht legte. Sicher hatte nie einer Versucht, sich mit Adrien zu unterhalten, was ihr mehr als leidtat.
„So liebe Schüler, ich habe eine kleine Überraschung für euch. Nächste Woche startet eine Projektwoche, wobei ihr in verschiedenen Fächern mehrere Experimente, Referate oder Fragebögen ausarbeitet. Zu diesen Fächern gehören Biologie, Physik, Chemie, Mathematik, Kunst, Naturwissenschaft und Geschichte. Ihr werdet die ganze Woche in Zweierteams arbeiten, wobei ihr auch benotet werdet. Jeder von dem Team erhält einen Ordner, mit verschiedenen Aufgaben, welche ihr lösen müsst. Am Freitag wird dann jeder in Naturwissenschaften, Geschichte und Physik ein Referat vortragen, wobei ihr die Themen ebenfalls im Ordner findet. Jeder sucht sich bitte einen Partner und gebt mir dann Bescheid."
Und schon hatte Marinette ihre Antwort, weshalb sie bereits Freitag herkommen musste.
„Hey Alya, wollen wir beide ein Team bilden?"
Nino beugte sich vor zu seiner Freundin, welche jedoch fragend in meine Richtung schaute.
„Wäre es für dich in Ordnung? Du kannst ja mit Nathaniel ein Team bilden!"
Weniger eine Frage, mehr eine bereits gefällte Antwort seitens seiner Klassenkameradin, worauf Marinette jedoch keine Lust hatte. Alleine wie er ihr in Kunst zu gezwinkert hatte und dann noch der blöde Spruch mit dem beißen, hielt Marinette davon ab, mit dem Rothaarigen ein Team zu bilden.
„Madame Bustier, Sabrina und ich bilden das erste Team."
Skeptisch hob Marinette eine Augenbraue, hätte sie eher vermutet das Chloé mit Adrien zusammenarbeitet.
„Sag mal Alya, warum geht sie nicht mit Adrien in ein Team?"
Interessiert beugte sie sich zu ihrer Sitznachbarin, welche belustigt ihre Brille zu recht schob.
„Ganz einfach, weil sie bei Sabrina nicht einen Handschlag machen muss. Chloé ist so faul, dass sie nicht einmal die einfachsten Hausaufgaben selber macht."
Verstehen nickte sie, als ihr auch schon jemand auf die Schulter pikste und sie sich zu Nathaniel umdrehte.
„Also wie sieht es mit uns zwei hübschen aus? Lust die ganze Woche mit mir zusammenzuarbeiten?"
Schelmisch grinste er Marinette an, welche eher angewidert ihren Mundwinkel hob. Augen verdrehend wandte sie ihren Blick nach vorne, als sie sich auch schon im nächsten Moment vorbeugte und Adrien auf die Schulter tippte, welcher sich zu ihr umdrehte.
„Wollen wir beide ein Team bilden?"
„Mari spinnst du?"
Aufgebracht sah Alya zu ihrer neuen Freundin, wobei auch Chloé Protest einlegte.
„Mensch Alya lass doch mal gut sein. Adrien hat dir nichts getan."
„Ruhe bitte. Also haben jetzt alle einen Teampartner?"
Fragend sah Madame Bustier durch die Klasse, während Marinette noch einmal zu Adrien sah, welcher nicht wusste, was er jetzt sagen sollte.
„Madame, Adrien und ich bilden ein Team."
Marinette wartete nicht länger, war es für sie bereits beschlossene Sache.
Wobei Nathaniel Schlussendlich mit Max ein Team bildete.
Jeder bekam sein Ordner, woraufhin die Schüler ins Wochenende entlassen wurden.
Marinette wollte gerade aus dem Raum gehen, als sich plötzlich Nathaniel, Nino und Alya vor sie stellten.
„Mari was sollte das gerade? Ich habe dich heute Morgen doch vor beiden gewarnt!"
„Ernsthaft jetzt? Leute, ich finde es echt scheiße, was ihr abzieht. Okay, Chloé scheint so eingebildet zu sein, aber Adrien ist sicher nicht so und wenn ihr ihn nur einmal eine Möglichkeit geben würdet, ihn besser kennenzulernen, wüsstet ihr das auch. Was ihr macht, nennt man übrigens Mobbing, googelt es mal nach und jetzt entschuldigt mich, ich habe echt besseres zu tun."
Sie drückte die drei weg, wobei sie genervt aus der Schule lief. Was sie jedoch als Nächstes sehen musste, brachte das Fass zum Überlaufen. Kim, Ivan, Juleka und Alix hatten Adrien förmlich eingekreist, wobei ersterer gerade auf den blonden einschlug, welcher zu Boden ging. Grob wurde dieser von Ivan wieder auf die Beine gezogen, als Kim bereits zum nächsten Schlag ausholte, welcher dieses Mal in Adriens Magengrube ging. Hustend hielt er sich schützend seine Hände davor, während die anderen nur lachten.
Erneut wollte der Sportler zuschlagen, als jemand sein Handgelenk packte und den Arm so verdrehte, das Kim kurz aufschrie.
„Sag mal spinnt ihr? Wie Feige ist es bitte, jemanden zu schlagen und dann auch noch vier gegen ein."
„Mensch Mari lass meinen Arm los, der Schnösel hat es nicht anders verdient."
Wütend sah sie zu ihrem Klassenkameraden, ließ jedoch von seinem Arm ab und schubste ihn weg.
„Jetzt sag ich euch mal was, niemand hat es verdient, so behandelt zu werden und wenn ihr euch mal die Mühe machen würdet, Adrien besser kennenzulernen, wüsstet ihr, dass er das genaue Gegenteil ist, von dem, was ihr denkt. Komm Adrien wir gehen."
Marinette nahm seine Hand, als sie ihn auch schon mit zu sich nahm. Beide gingen in die Wohnung, wobei sie Adrien bat, kurz im Zimmer zu warten. Marinette sagte schnell ihren Eltern Bescheid, dass sie mit einem Klassenkameraden etwas für die Schule ausarbeiten würde, wobei Madame Cheng ihrer Tochter noch einen Teller mit verschiedenem Gebäck mitgab. Im Zimmer angekommen, nahm sie ihr Verbandskasten, wobei sie Adriens aufgeplatzte Lippe versorgte.
Hoffte sie am Morgen noch, dass es nur bei dem verbalen Mobbing blieb, wurde sie zu ihrem Leidwesen eines Besseren belehrt.
„Sag mal, wie lange geht das schon, das die anderen so mit dir Umspringen?"
Mitleidig sah sie zu Adrien, welcher jedoch ihren Blick auswich.
„Seit ich vor zwei Jahren an die Schule kam."
Geschockt sah sie zu ihm, hätte sie nie gedacht, dass er dies bereits so lange ertragen musste.
„Aber warum machen sie das? Nur weil du mit Chloé befreundet bist?"
„Weißt du, ich wurde immer zu Hause unterrichtet, bis ich meine Eltern schließlich überreden konnte, dass ich an eine öffentliche Schule durfte. Chloé freute sich damals natürlich, wobei ich hoffte, neben ihr auch andere Freunde zu finden. Aber bereits am ersten Tag, als jeder sah, dass ich mit ihr befreundet bin, wandte sich jeder von mir ab. Die Beleidigungen konnte ich ja noch ertragen, aber irgendwann wurden mir dann immer wieder Streiche gespielt, Schläge angedroht oder wie heute, welche zugefügt. Ich hatte nicht mal eine Chance, überhaupt jemanden neues richtig kennenzulernen. Darum wäre es besser, wenn du dich von mir fernhältst, sonst ergeht es dir am Ende noch genauso. Es ist auch besser, wenn ich jetzt gehe, danke noch mal wegen dem verarzten."
Adrien stand auf und wollte gerade das Zimmer verlassen, als Marinette ihn davon abhielt.
„Adrien, hör mal, ich weiß, dass du mich nur schützen willst, aber mir ist es egal was andere von dir denken. Ich mag dich, sonst hätte ich dich sicher nicht gefragt, ob du mein Partner in der Projektwoche sein möchtest. Ich hoffe doch, dass es okay für dich war, immerhin habe ich es mehr oder weniger beschlossen?"
Entschuldigend sah sie zu Adrien, welcher lächelnd nickte, ehe er sich verlegen im Nacken kratzte.
„Ja, das war kein Problem, um ehrlich zu sein, habe ich mich sogar gefreut, als du mich gefragt hast."
Ein zarter Rotton legte sich auf Adrien Wangen, musste er zugeben, dass er seine neue Mitschülerin irgendwie süß fand.
„Warum hilfst du mir eigentlich? Ich meine, hast du nicht Angst, das die anderen dann auch so mit dir umspringen?"
Ihre Beine angewinkelt, saß Marinette auf ihrer Ottomane und schaute traurig aus dem Fenster. Sollte sie sich Adrien wirklich anvertrauen? Bis jetzt wusste niemand die Wahrheit, über das was vor wenigen Wochen in Shanghai passierte. Adrien, welcher ihren plötzlichen Gefühlswechsel bemerkte, setzte sich zu ihr, wobei er ihre Hand, in die seine nahm.
„Sorry, wenn ich irgendetwas falsches gesagt habe."
Traurig schüttelte Marinette ihren Kopf, als sie mit ihrem Ärmel über ihre Augen wischte.
„Adrien du hast nichts Falsches gesagt, ich...also...die letzte Zeit war einfach nur schwierig für mich. Du musst wissen das...also..."
Ein Seufzer entwich ihren Lippen, würde sie alles am liebsten verdrängen.
„Marinette ich weiß, dass wir uns noch nicht lange kennen, eigentlich kennen wir uns gar nicht, aber egal was passiert ist, du kannst mit mir über alles reden. Manchmal soll das ja sogar helfen, damit man sich besser fühlt."
Kurz überlegte die Halbchinesin, wusste sie nicht, ob sie sich Adrien wirklich anvertrauen sollte. Jedoch würde es sicher einmal guttun, jemanden die ganze Wahrheit zu sagen.
„Adrien du musst mir aber versprechen, niemanden davon zu erzählen! Nicht einmal meine Eltern kennen die Wahrheit, über das, was wirklich vor sieben Wochen geschah."
Aufmunternd sah er sie an, als er nickte. Niemals würde er ein Geheimnis weitererzählen.
„Siehst du das Bild, was drüben auf meinem Schreibtisch steht?"
Adrien sah in die Richtung, welche Marinette andeutete, als er ein eingerahmtes Bild sah, welches sie und ein braunhaariges Mädchen zeigte. Beide lachten in die Kamera und hielten sich fest im Arm. Was ihn jedoch stutzig machte, war das schwarze Band, welches schräg um das Bild hing.
„Wer ist das und ist sie etwa..."
„Das ist Leyla, meine beste Freundin. Wir haben uns im Kindergarten kennengelernt und waren seitdem unzertrennlich. Sie ist...also sie war meine beste Freundin."
Mit Tränen verschleierten Augen sah Marinette raus in den Wolken bedeckten Himmel. Sie hoffte nur, dass es ihr jetzt besser geht, jetzt wo sie oben bei den Engeln ist.
„Darf ich fragen...also nur, wenn du willst...also willst du mir sagen, was passiert ist?"
„Alles fing vor drei Jahren an, als wir von der Grundschule in die Sekundarstufe kamen. Ich habe ziemlich schnell Anhang gefunden, jedoch war Leyla immer etwas Schüchtern, tja und das haben die Schüler dort auch sofort ausgenutzt. Die erste Zeit hat man sie nur beschimpft, ihre Klamotten versteckt oder sie gezwungen, dass sie die Hausaufgaben der anderen machen musste. Ich habe die erste Zeit davon nichts mitbekommen, immerhin behandelten sie meine Freundin normal, wenn ich dabei war. Jedoch bemerkte ich schnell, dass irgendetwas nicht stimmte. Leyla meinte nur, das sie sich erst einmal mit den neuen Themen anfreunden musste und obwohl ich wusste, dass dies gelogen war, hackte ich nicht weiter nach. Du musst wissen, dass sie sich dadurch nur mehr abgewandt hätte, daher wollte ich warten. Nach einem Jahr ging es auch, sie war wieder wie vorher und obwohl ich nachfragte, was wirklich los war, winkte sie nur ab. Ich hätte es besser wissen müssen, immerhin war ich ihre beste Freundin. Jedoch hielt die Ruhe nicht wirklich lange. Vor über einem Jahr fing es erneut an und dieses Mal war es viel schlimmer. Egal ob ich bei ihr war oder nicht, ständig wurde sie beschimpft, ihr Beine gestellt, die Klamotten zerschnitten. Man hat sogar in ihre Schultasche Limo geschüttet oder ihren Spind mit Scheiße beschmiert. Es verging nicht ein Tag, in dem sie nicht weinend Nachhause gerannt ist. Ich habe so oft mit den Schülern geredet, sie sollten sie doch einfach nur in Ruhe lassen, aber das haben sie nicht annähernd interessiert. Richtig schlimm wurde es jedoch, als ich einmal eine Woche zu Hause war, da ich eine Erkältung hatte. Unsere Mitschüler haben ihr aufgelauert und sie Krankenhausreif geschlagen. Ich flehte sie an, es endlich ihren Eltern oder der Direktorin zu sagen, aber sie meinte nur, dass dies alles schlimmer machte. Ich weiß nicht, was noch hätte schlimmer werden sollen? Sie wurde Tagtäglich gequält und hat dies alles für sich behalten. Leyla vertraute sich nur mir an, bat mich jedoch, niemanden von all dem zu erzählen. Auch wenn ich am liebsten die Leute bei der Polizei angezeigt hätte, schworen wir uns einst, niemals etwas zu erzählen, wenn wir darum gebeten werden. Ich meine, sie haben sie sogar...sie haben sie..."
Marinette brach ab und fing bitterlich an zu heulen. Alle Erinnerungen kamen plötzlich wieder hoch, wobei sie sich einfach nur schlecht fühlte, konnte sie immerhin nichts für ihre beste Freundin tun.
Sofort nahm Adrien sie in seine Arme, wobei er ihr beruhigend über ihren Rücken strich. Sich in sein Shirt gekrallt, bebte ihr Körper, welcher sich erst nach einigen Minuten langsam wieder beruhigte.
„Mari hör mal, du musst nicht weitererzählen. Ich sehe doch, wie sehr es dich belastet."
„Nein, du hast recht, irgendwie tut es gut, sich jemanden anzuvertrauen."
Schnell schnappte sie sich ein Taschentuch, wischte sich die Tränen weg und schnaubte aus, ehe sie weitererzählte.
„Einige Schüler aus der Oberstufe, haben sie mehrmals Vergewaltigt, wodurch Leyla auch noch anfing sich zu Ritzen. Ich wunderte mich immer wieder, wie sie das alles nur aushielt. Sie war gerade einmal 16 Jahre und musste bereits so viel ertragen. Ihre Eltern waren fast nur auf Arbeit, daher bemerkten sie nicht einmal, dass es ihrer Tochter dermaßen schlecht ging. Aber weißt du, was das schlimmste daran war? Leyla meinte, dass sie das alles für mich durchsteht. Ohne mich, hätte sie sich bereits nach dem ersten Jahr umgebracht, aber wir haben uns immer geschworen, für einander da zu sein und ich habe dieses Versprechen gebrochen. Ich bin daran schuld, dass sich meine beste Freundin vor kurzem vor einen Zug geschmissen hat. Ich alleine trage die Verantwortung für ihren Tod."
Marinette konnte nicht mehr und brach zusammen, während Adrien nicht fassen konnte, dass sie so etwas denken konnte. Erneut nahm er sie in seine Arme, drückte sie so nah zu sich, wie es nur ging, während Marinettes gesamter Körper zitterte. Das Shirt des Models war bereits nass geweint, was ihm jedoch völlig egal war.
„Marinette hör auf dir die Schuld daran zu geben, wenn jemand an dieser Situation Schuld hat, dann die Leute, welche sie über Jahre hinweg gemobbt haben."
Sie löste sich aus seiner Umarmung, wobei sie ihn mit geröteten Augen ansah.
„Adrien du verstehst nicht, ich bin an ihrem Tod Schuld. Als ich ihr gesagt habe, das ich bald nach Paris ziehen werde, hatte sie solche Angst, dass sie keinen anderen Ausweg mehr sah. Sie schrieb mir noch, dass ich für sie die allerbeste Freundin sei und sie mich über alles lieb hat, aber ohne mich es keinen Sinn mehr gibt weiterzuleben. Darum hatte sie sich vor den Zug geschmissen."
Traurig sah Adrien zu dem Mädchen, wobei er ihre Tränen mit seinem Daumen wegwischte.
Aufmunternd lächelte er sie an, als er ihr einen Kuss auf die Stirn gab.
„Bitte hör auf dies zu sagen. Leyla würde das sicher nicht wollen. Es ist schlimm was passiert ist, aber sich daran die Schuld geben, ist der völlig falsche weg. Mari, du hättest es nicht verhindern können, das deine Eltern nach Paris kamen. Wahrscheinlich wäre auch alles anders gekommen, wenn sich deine Freundin einem Lehrer anvertraut hätte oder ihren Eltern. Sie hätte vielleicht die Schule wechseln können. Aber sie hat am Ende den einfachen Weg gewählt."
Ihren Blick abgewandt, drehte Adrien ihren Kopf so, dass sie ihn erneut ansehen musste. Blaue Augen trafen grüne, wobei Marinettes Wangen anfingen zu glühen, als er sie so sanft anlächelte.
„Geht's wieder?"
Marinette nickte, fühlte sie sich tatsächlich etwas besser.
„Wie sieht es aus, wollen wir noch etwas spazieren gehen?"
„Irgendwie habe ich darauf keine wirkliche Lust. Aber ich habe meiner Maman gesagt, dass wir für ein Schulprojekt lernen, wollen wir uns mal die Themen ansehen?"
Die Halbchinesin stand auf, holte den Ordner aus ihrem Rucksack, wobei sich beide etwas über die Themen erkundigten und sich einige Notizen machten.
Die Zeit verging und gegen sieben sah Madame Cheng nach den beiden, wollte sie Marinette immerhin zum Abendessen rufen.
„Marinette Schatz, das Abendessen ist fertig, hat dein Freund vielleicht Lust, mit uns zu essen? Ich habe Sushi gemacht."
Fragend sah die blau-schwarzhaarige zu Adrien, hoffte sie, dass er zusagen würde.
„Ich würde nur mal meine Eltern anrufen und nachfragen. Sicher wundern sich beide allgemein wo ich heute bleibe."
Verlegen kicherte Adrien, als er auch schon Zuhause anrief, um nachzufragen, wobei das Gespräch nach wenigen Sätzen beendet wurde.
„Meine Eltern haben nichts dagegen, wenn ich bei Ihnen mit zu Abend esse. Ich soll mich dann nur melden, damit mich mein Chauffeur abholen kann."
„Wunderbar, dann decke ich für vier Personen den Tisch."
Sabine verschwand wieder, während Marinette und Adrien alles zusammenpackten.
„Sag mal Mari, hast du morgen vielleicht Zeit? Wenn du willst, kann ich dir die Stadt zeigen?"
„Gerne, viel habe ich leider noch nicht gesehen. Wollen wir uns gegen zehn beim Eiffelturm treffen? Ich bringe auch etwas Leckeres mit."
Marinette lächelte Adrien an, welcher heute das erste Mal sah, wie das Mädchen glücklich ist.
Die Wochen vergingen, wobei Marinette und Adrien unzertrennlich wurden. Auch fand die Halbchinesin ihre Lebensfreude wieder, was sie vor allem Adrien zu verdanken hatte. Chloé sah dies alles andere als gerne, als Adrien ihr jedoch die Meinung geigte, waren selbst die anderen Mitschüler erstaunt, wobei sie dem Model eine Chance gaben und feststellen mussten, dass sie ihm alle gegenüber unrecht taten. Nino und Alya entschuldigten sich auch bei Marinette für ihr verhalten, wobei aus den vieren eine enge Freundschaft entstanden ist.
Adrien genoss diese Zeit, hatte er endlich neue Freunde kennenlernen dürfen, wobei Marinette jedoch seine beste Freundin war und wer weiß, vielleicht würde er ihr bald sagen, was er für sie empfand.
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