6.) - Shimo
Mit einem langen Seufzen ließ ich mich auf die Knie fallen und schloss erleichtert die Augen. Es war ein so schönes Gefühl, wieder auf Boden zu stehen, welcher nicht ununterbrochen hin und her schaukelte oder sich anderweitig bewegte. Ich weiß nicht, wie lange wir mit diesem Schiff unterwegs gewesen waren, irgendwann hatte ich aufgehört die Tage zu zählen und im Endeffekt wollte ich es auch gar nicht wissen. Hauptsache wir waren endlich wieder auf festem Land angekommen.
"Du siehst ganz schön fertig aus", ertönte eine Stimme über mir und als ich aufsah, erblickte ich Kitsui, welcher vor mir stand und lächelnd seine Hand ausstreckte. "Nun, für eine erste Schiffsreise war das aber auch ziemlich lang..."
Schweigend hob ich den Arm und ließ mir von ihm aufhelfen, dann sah ich mich kurz um.
"Wir sind jetzt... in Iwagakure, richtig?"
Kitsui nickte und löste seine Finger von meinen, bevor er begann, gemächlich den kleinen Hafen entlangzutrotten.
Ich folgte ihm in knappem Abstand, etwas verwundert darüber, dass er die letzten paar Tage jetzt schon für seine Verhältnisse ziemlich ungesprächig gewesen war.
"Uhm... und wir müssen jetzt zu Fuß weiter nach Sunagakure?"
"Sieht so aus."
"Wie lange wird das dauern?"
"Zu Fuß? Ich denke mal ungefähr vier Tage."
"In Ordnung...", murmelte ich, während meine Gedanken schon wieder begannen, abzuschweifen.
Abwesend legte ich die Hand an den Haaransatz in meinem Nacken und ein ungewohnt trauriges Gefühl kam in mir auf.
Viel zu lange war ich schon auf der Suche, ohne Anhaltspunkte, ohne richtiges Ziel und eigentlich wusste ich ja noch nicht einmal , wonach ich genau suchte. Aber ich brauchte einfach eine Antwort, egal, wie lange es dauern würde, sie zu finden.
Meine Augen wanderte zu Kitsuis Hinterkopf. Viel zu selten wurde mir bewusst, was für ein Glück es für mich war, ihn bei mir zu haben. Einerseits, weil er immer wieder eine unheimliche Hilfe war und andererseits war mir tief im Inneren klar, dass ich in meinem Zustand allein vermutlich nicht einmal eine Woche überlebt hätte, auch wenn ich das natürlich nie zugeben würde.
Als hätte er meinen Blick bemerkt, wandte Kitsui ein wenig den Kopf und sah mich im Gehen über die Schulter hinweg an. Langsam ließ ich den Arm sinken, er lächelte, ließ sich ein Stück zurückfallen und trottete dann neben mir weiter. Und obwohl er kein Wort gesagt hatte, schlich sich für einen kurzen Moment ein Lächeln auf meine Lippen.
-
"Das ist... Sunagakure?"
"Ganz genau. Beeindruckend, huh?"
Ohne zu antworten legte ich den Kopf in den Nacken und spähte an den scheinbar unendlich hohen Mauern hinauf. Hier unten kam ich mir auf einmal noch kleiner vor als sonst und dieser gewaltige Anblick verschlug mir vorübergehend die Sprache. Doch schon nach wenigen Augenblicken wandte ich mich dem Stadttor zu, welches in den Steinwall eingelassen war und zog mir das Tuch vom Gesicht, welches ich mir beim Marsch durch die Wüste zum Schutz vor dem Sand umgebunden hatte.
Am Eingang zu der Hauptstadt des Windreiches befanden sich einige Wachninjas, von denen zwei, die auf einem in die Mauer eingelassenen Vorsprung saßen, den Kopf hoben, als wir bei Ihnen ankamen.
"Guten Tag", begrüßte Kitsui sie mit einem unheimlich freundlichen Lächeln, was auf seinem Gesicht irgendwie deplatziert wirkte und nickte den beiden zu. Der Ältere bedachte ihn mit einem durchdringenden Blick, während der andere uns anscheinend ignorierte und begann, in einem Stapel Papier zu blättern.
"Hallo. Haben sie eine Einreisegenehmigung?"
Wie ich schien Kitsui ebenfalls etwas überrascht über das deutlich spürbare Misstrauen zu sein und kramte schnell in seiner Tasche nach den kleinen zerknitterten Papieren, die er dem Suna-Nin überreichte. Auf diesen stand geschrieben, dass zwei Ninjas, mit anderen Namen als den unseren, eine Erlaubnis zum Betreten von Sunagakure hatten, wo oder wann auch immer Kitsui diese gefälschten Dinger nun wieder aufgetrieben hatte.
"Ihr seid aus Konoha, ja?", fragte der Ninja nach und ich zuckte kaum merklich zusammen, dann nickte ich knapp.
Er beäugte uns genau und kniff ein wenig die Augen zusammen.
"Und warum tragt ihr dann keine Stirnbänder?"
"Oh", meine Kitsui und kratzte sich mit einem verlegenen Lachen am Hinterkopf, "nun, wissen Sie, meine Freundin und ich, wir haben ein paar Tage frei und wollten eigentlich bloß Urlaub hier machen, da hab ich nicht daran gedacht, sie mitzunehmen... Schatz, du hast deins nicht zufällig dabei, oder?", fragte er und wandte sich zu mir um, wobei mir das schnippische Funkeln in seinen Augen nicht entging.
"Ah, ähm... nein, hab ich nicht...", entgegnete ich überfordert und mühte mir ebenfalls ein zwanghaftes Lächeln ab.
Er sah uns noch einen Moment lang skeptisch an, dann gab er uns mit einem resignierten Seufzen die Zettel zurück und bedeutete uns mit einer Geste, dass wir passieren durften, auch wenn es so wirkte, als hätte er einfach nur keine Lust mehr, weiter mit uns zu diskutieren.
"Vielen Dank. Einen schönen Tag noch", verabschiedet Kitsui sich noch, wurde jedoch ignoriert und ich musste mich zusammenreißen, um bei seinem übertriebenem Verhalten nicht die Nase rümpfen zu müssen.
"Als ich das letzte Mal hier war, waren diese Typen eindeutig netter und vor allem nicht so argwöhnisch gegenüber allem und jedem", bemerkte Kitsui, welcher jetzt anscheinend schlechte Laune hatte, mit gesenkter Stimme.
Ich antwortete ihm nicht gleich, sondern warf erst noch einmal einen Blick zurück zum Eingang.
"Vielleicht... ist ja irgendwas vorgefallen, weswegen sie jetzt so misstrauisch sind", spekulierte ich dann bloß trocken und zuckte mit den Schultern. Eigentlich interessierte es mich nicht sonderlich.
"Warst du eigentlich schon mal in Suna?", fragte Kitsui mich schließlich, nachdem wir eine Weile lang schweigend durch das Dorf gelaufen waren und ich tatsächlich sagen musste, dass ich es ausgesprochen schön fand. Von den wenigen Orten, die ich bisher gesehen hatte, gefiel es mir hier bisher wohl am besten. Auf Kitsuis Frage hin schüttelte ich bloß den Kopf und bekam ein amüsiertes Schnauben als Entgegnung.
"So langsam frage ich mich echt, womit du dein bisheriges Leben eigentlich verbracht hast..."
Mein Blick wurde finster und ich funkelte ihn aus dem Augenwinkel drohend an.
"Wir haben eine Abmachung. Vergiss das nicht."
"Ist ja gut, ruhig Blut", erwiderte er hastig und hob abwehrend die Hände, wobei seine Mundwinkel jedoch verrätersich zuckten, "ich würde doch nie im Leben auf die Idee kommen, dich nach irgendwas zu fragen. Trotzdem, es verwundert mich ein wenig."
"Die bessere Frage wäre wohl eher, warum du eigentlich alles kennst, weißt und anscheinend schon überall auf der Welt mal gewesen bist", konterte ich in humorlosem Ton und wandte mich wieder nach vorn. Kitsui lachte leise auf.
"Wir haben eine Abmachung, schon vergessen?"
Ich verdrehte bloß wortlos die Augen und sah mich weiter zwischen den hohen, steinernen Gebäuden Sunas um.
"Also, wo geht's als erstes hin?"
"Gibt es hier... eine Bibliothek oder so?", fragte ich knapp und Kitsui nickte.
"Es gibt eine offizielle für die Dorfbewohner, die im Turm des Kazekages soll angeblich größer sein, aber ich denke mal, dass die andere auch reichen wird."
Eine Weile lang wanderten wir einfach durch die verschlungenen Straßen und vielen Häuser. Als wir an einem kleinen Marktplatz vorbeikamen, besorgten wir uns dort noch etwas zu essen und kamen schon bald danach an einem großen, bauchigen Gebäude aus rotem Stein an.
Von innen wirkte die Bibliothek noch viel ausladender, als sie es von außen getan hatte und ich ich ließ den Blick beeindruckt über die unglaublich vielen Regale schweifen, die sich über mehrere Stockwerke erstreckten und auf denen sich tausende Bücher und Schriftrollen in allen möglichen Größen und Farben aneinander reihten.
Während Kitsui ein paar Worte mit der Verwalterin wechselte, schlenderte ich langsam die ersten Gänge entlang und las die Titel, welche auf die Buchrücken gedruckt waren. Verschiedenste Themen sprangen mir ins Auge, ebenso wie der teilweise große Altersunterschied. Einige Werke waren erst vor wenigen Jahren verfasst worden, während andere aussahen, als wären sie älter als das Dorf selbst.
"Die junge Dame hat mir geraten, mal im ersten Stock mit der Suche anzufangen", riss mich eine Stimme aus meinen Gedanken, doch ich nickte bloß langsam, ohne den Blick von den Schriftstücken zu heben.
"Ist gut", gab ich dann knapp zurück und folgte Kitsui die schiefe Treppe hinauf, zu einem etwas kleineren Raum, in welchem sich trotzdem mindestens so viele Bücherregale wie im Erdgeschoss befanden.
"Na dann", meinte Kitsui mit einem Seufzen und verschränkte die Arme hinter dem Kopf, "wir sollten uns wohl lieber ranhalten, sonst sitzen wir in drei Tagen noch hier."
"Ja", erwiderte ich bloß und ließ flüchtig den Blick schweifen, "das sollten wir wohl."
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