11.) - Rei
Mit einem Ruck hob ich den Kopf, als sich die Tür leise quietschend aufschob.
"Wie geht es ihm?", fragte Furoko den Arzt mit ruhiger Stimme, welcher aus dem Krankenzimmer trat.
"Besser", meinte dieser bloß und hob nicht einmal den Kopf um von seinem Klemmbrett aufzusehen, "er wird's überstehen."
Erleichtert atmete ich aus und schloss kurz die Augen. Gott sei Dank.
"Allerdings", fügte der Mann hinzu und begegnete nun dem Blick meines Senseis, "war es wirklich knapp. Ich würde ihnen raten, auf so gefährliche Missionen einen Medi-Nin mitzunehmen, um vor Ort bessere erste Hilfe leisten zu können."
Ich erstarrte und meine Finger verkrampften sich ineinander. Während der Arzt sich noch weiter mit Furoku unterhielt, hörte ich nicht mehr zu und senkte deprimiert den Kopf.
Wozu hatte ich denn bitte so lange medizinische Jutsus gelernt, wenn nicht das geringste damit bewirken konnte? Die Worte des Doktors trafen mich ziemlich heftig, auch wenn ich wusste, dass es ja eigentlich keine Beleidigung hatte sein sollen.
"Gut, vielen Dank", Furoku neigte leicht den Kopf und die beiden verabschiedeten sich, woraufhin er sich Kabuki und mir zuwandte.
"Shenzi schläft wohl noch, aber ihr dürft zu ihm, wenn ihr wollt."
Kabuki nickte schweigend und verschwand ohne zu Zögern in dem Zimmer, während ich reglos stehen blieb.
"Was ist?", fragte Furoku und musterte mich mit seinem üblichen undeutbaren Blick, "Willst du nicht auch rein?"
Stumm schüttelte ich den Kopf.
Es fühlte sich an, als hätte ich nicht das Recht dazu, meinen Freund zu besuchen nachdem ich ihn fast hatte sterben lassen.
Mein Sensei seufzte leise, sagte aber nichts weiter sondern legte mir nur kurz die Hand auf die Schulter, bevor er ebenfalls in Shenzis Zimmer trottete.
Ich lehnte mich rittlings gegen die Wand des schmalen Flurs, legte den Kopf in den Nacken und schloss erneut die Augen.
Immer wieder spielte sich die Szene in meinem Kopf ab und noch immer konnte ich Shenzis Blut an meinen Händen kleben spüren, obwohl ich es schon längst abgewaschen hatte. Bei dieser Vorstellung drehte sich mir der Magen um. Seufzend nahm ich die Brille ab und rieb mir die vor Müdigkeit brennenden Augen um diesen Gedanken loszuwerden. Eine Weile lang blieb ich so auf dem menschenleeren Gang stehen und versuchte, die auf mich einstürzenden Selbstzweifel unter Kontrolle zu kriegen, bis mich eine familiäre Stimme aus meiner Abwesenheit riss.
"Na", Furoku lehnte sich neben mir gegen die Wand und schaute mit monotonem Blick an die Gegenüberliegende.
"Wie geht es ihm?", fragte ich nach einigen Minuten des Schweigens mit leiser Stimme.
"Er ist grade aufgewacht, seine Schmerzen scheinen nicht mehr ganz so schlimm zu sein. Ich hab ihn ein wenig mit Kabuki allein gelassen. Und wie geht es dir?", fügte er hinzu und blinzelte mich von der Seite an.
"Weiß nicht", antwortete ich wahrheitsgemäß und starrte an die Decke.
"Du solltest dir nicht zu viele Vorwürfe machen, Rei. Es ist okay, wenn man so etwas hat, da kannst du schließlich nichts dafür. Manchmal ist es einfach angeboren, dass man kein Blut sehen kann, weißt du. Es gibt genug andere Dinge, die-"
"So ist es aber nicht", unterbrach ich ihn etwas lauter als beabsichtigt und senkte dann den Blick.
"Das... daran liegt es nicht..."
"Ach ja? Und woran dann?"
Darauf konnte ich keine Antwort finden. Wortlos verschränkte ich die Arme vor der Brust.
"Ich kannte mal jemanden, dem es ähnlich ging wie dir. Wie gesagt", seine Stimme klang erstaunlich verständnisvoll, "es ist nicht schlimm. Du hast genug andere Möglichkeiten, etwas Gutes für Konoha zu tun."
"Es ist wirklich nett, dass du mich aufmuntern willst", erwiderte ich und schluckte den Kloß in meinem Hals herunter, bevor ich weitersprach, "aber auch wenn es vielleicht andere Möglichkeiten gibt; wir sind im Krieg. Jeder, dem es irgendwie möglich ist zu kämpfen, wird benötigt, vor allem Medizin-Ninja und ich... ich möchte..."
Mir fehlte die Kraft weiterzusprechen, als sich Tränen in meinen Augen zu sammeln begannen. Schnell wischte ich sie mit dem Handrücken weg und setzte meine Brille wieder auf.
Furoku setzte grade dazu an, etwas zu sagen, als sich die Tür des Krankenzimmers erneut öffnete.
Kabuki bedachte erst unseren Sensei, dann mich mit einem kurzen Blick und ein Schatten schien auf ihrem Gesicht zu liegen.
"Shenzi möchte dich sehen", meinte sie nur knapp und ich blinzelte überrascht.
"Aber..."
Ich sah zu Furoku, aber er schaute nur mit fragenden Blick zu mir hinab. Schließlich seufzte ich, stieß mich von der Wand ab und schlurfte zu dem Zimmer, während meine Beine sich lahm und schwer anfühlten.
Als ich eintrat, guckte ich erst vorsichtig um die Ecke, bevor ich die Tür hinter mir schloss. Bei dem Geräusch wandte Shenzi den Kopf und als er mich entdeckte, leuchteten seine Augen auf.
"Hey! Da bist du ja. Ich dachte schon, du wolltest mich nicht sehen", meinte er und grinste. Ich lächelte zaghaft und setzte mich auf den Stuhl, der neben seinem Bett stand, vermied dabei jedoch, nach seinen Verletzungen zu schauen.
"Sag mal, hast du dich mit Kabuki gestritten?", fragte Shenzi und ich hob verdattert den Kopf.
"Eigentlich nicht... wieso?"
"Als ich gefragt habe wo du bist, wirkte sie auf einmal, naja... irgendwie sauer."
Ich runzelte die Stirn und zuckte dann mit den Schultern.
"Vielleicht... ist sie wütend, weil ich dir nicht helfen konnte", murmelte ich leise und blickte zu Boden.
Ein unangenehmes Schweigen trat ein, dann lachte Shenzi kurz auf und ich hob den Kopf, um in seine freundlichen Augen zu sehen.
"Wehe, du fängst jetzt an, dir selbst die Schuld zu geben. Ich war unvorsichtig und hab mich erwischen lassen, wir sind alle noch unerfahren und sowas passiert nun mal. Kein Grund, dich deswegen fertig zu machen, okay?"
Ich blinzelte ihn überrascht an, dann rang ich mir ein leichtes Lächeln ab.
"Okay... tut mir leid."
"Entschuldige dich doch nicht immer für alles", meinte Shenzi schnippisch und ich seufzte gespielt genervt.
"Dir kann man's aber auch nicht rechtmachen."
Und als Shenzi anfing zu Lachen, könnte auch ich ein Grinsen nicht unterdrücken.
-
Das leise Surren der Shuriken endete abrupt als die drei Waffen knapp hintereinander in das abgenutzte Holz einschlugen. Langsam ließ ich die Arme sinken und kniff die Augen zusammen, um zu erkennen, wo ich die Zielscheibe getroffen hatte, gab es aber mit einem Seufzen auf. Vielleicht sollte ich mir mal wieder neue Brillengläser anschaffen. Also überquerte ich den Trainingsplatz und ein Lächeln schlich sich auf meine Lippen. Üben schien sich tatsächlich auszuzahlen.
Mit einem kräftigen Ruck zog ich die Wurfsterne aus dem Klotz und wollte mich grade wieder zurück auf meine Position begeben, als ich bemerkte, dass dort bereits eine andere Person stand und mich beobachtete.
Überrascht runzelte ich die Stirn, als ich den Jungen erkannte, der dort mit den Händen in den Hosentaschen wartete, bis ich vor ihm stehen blieb.
"Rei."
"Hallo Kakashi", begrüßte ich ihn freundlich und zwang mir ein Lächeln auf, als sein Blick mich traf. Dabei fiel mir sofort auf, dass etwas mit seinem linken Auge nicht zu stimmen schien, entschied mich jedoch dazu, ihn nicht gleich danach zu fragen.
"Ich hab gehört du bist Jounin geworden."
Er nickte bloß und ich verkrampfte meine Finger in der Hoffnung, dass diese unangenehme Situation bald vorbei war.
"Was machst du hier? Obito hatte neulich erzählt, ihr würdet auf eine längere Mission gehen. Ist die schon vorbei?"
Kakashi blinzte mich an und sah fast schon erschrocken dabei aus, bevor er sich abwandte.
"Rei... ich muss dir etwas sagen."
Erstaunt legte ich den Kopf ein wenig zur Seite. Kakashi und ich waren jetzt wirklich nicht die besten Freunde und irgendwie hatte ich ein ungutes Gefühl bei der Sache.
"Es ist wegen Obito, er... er ist tot."
Stille legte sich über die kleine Lichtung. Verständnislos glotzte ich Kakashi ein paar Sekunden lang an, bevor ich realisierte, was er da eigentlich grade gesagt hatte.
"Ähm", brachte ich heraus und verzsuchte zu lachen, doch es klang selbst in meinen Ohren falsch.
"Was, äh... warum sagst du..."
Weiter konnte ich nicht sprechen, als ich Kakashis Blick begegnete. Obwohl sich alles in mir dagegen wehrte, war mir klar, dass er über so etwas keine Witze machen würde. Und der Ausdruck auf seinem Gesicht war eindeutig.
Ohne dass ich es bemerkte, begannen Tränen sich in meinen Augen zu sammeln während meine Finger anfingen, wie wild zu zittern.
"Nein...", schnell schlug ich mir die Hände vor den Mund um das laute Schluchzen zu unterdrücken und schüttelte den Kopf, "nein, nein... das kann doch... das kann doch nicht..."
"Es tut mir leid."
Kakashis Stimme war so leise, dass ich sie kaum hörte, als ich, von Weinkrämpfen geschüttelt, auf die Knie sank.
"Obito..."
Verzweifelt kniff ich die Augen zu, als das Bild von dem scheinbar dauerfröhlichen Uchiha in meinem Kopf erschien.
"Warum... verlass mich nicht... bitte, verlass mich nicht... Obito."
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