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Ich schlage ein paar Mal mit den Fingerknöcheln gegen die Tür zu meiner Englischklasse und trete dann, ohne auf ein „Herein" zu warten, ein. Den Blick halte ich gesenkt und meine Hände haben es sich wieder an ihrem üblichen Platz gemütlich gemacht, wo sie auch verweilen, während ich mich auf meinen Stuhl in der letzten Reihe am Fenster, etwas abseits von meinen Mitschülern, fallen lasse.

"Miss Cavendar?", ruft mein Englischlehrer streng. Er ist ein unglaublich junger Kerl, gerade mit dem Bachelorstudium fertig und erst seit diesem Jahr an unserer Schule. Ich habe absolut keine Idee, wie er heißt. Ich schätze, ich habe in Gedanken versunken aus dem Fenster geguckt, als er sich dem Kurs vorgestellt hat - oder ich habe geschwänzt. Über kurz oder lang läuft das sowieso auf dasselbe hinaus.

Ich tue so, als würde ich ihn nicht hören, schaue einfach weiter nach draußen. Vielleicht vergisst er mich dann ja. Als er zum zweiten Mal meinen Namen sagt, strenger, lege ich die Hände auf den Tisch und starre auf meine nervös auf die in die Jahre gekommene Platte trippelnden Finger. „Ja?"

In solchen Momenten wünsche ich mir, ich wüsste, wie er heißt.

„Warum sind Sie zu spät?"

„Ist doch egal."

„Ist es nicht. Sie stören meinen Unterricht, wenn Sie mittendrin reinplatzen."

„Ich bin nicht 'mittendrin reingeplatzt'"

„Wie bitte?", fragt er und ich beiße mir auf die Lippe.

Ich habe das Gefühl, zu weit gegangen zu sein. Die Stille im Raum und das ungenierte Gaffen meiner Mitschüler sind Bestätigung genug. Ich bin mir sicher, dass sie in der Pause reden werden. Aber ich kann auch nicht einfach aufhören, nicht jetzt so mitten im Satz. Auch wenn ich es gerne tun würde und wenn es vermutlich das Beste wäre, ich kann mich nicht einfach ergeben. Das konnte ich noch nie.

Ich werfe einen Blick auf die große Digitaluhr über der Tafel, der mir das, was ich eigentlich schon von vornherein wusste, bestätigt.

Dann seufze ich betont gelangweilt. „Ich bin nicht mittendrin reingeplatzt. Eine Stunde dauert 55 Minuten. 'Mittendrin', wie Sie sagen, wäre es gewesen, wenn ich nach 27 einhalb Minuten hier aufgekreuzt wäre. Bin ich aber nicht, es waren zehn." Ich zucke mit den Schultern und sehe wieder auf meine Finger, die sich nach wie vor hektisch bewegen.

Als wäre ich ein verrückter Pianist, der die irre Melodie, die ihm seit Tagen im Kopf herumschwirrt, endlich rauslässt - was für ihn wohltuend und befreiend ist, während alle anderen sich vor Schmerzen die Ohren zuhalten. Allerdings kann ich kein Klavier spielen, im Gegensatz zu Rose, die seit ihrem vierten Lebensjahr zur Musikschule ging. Gezwungenermaßen war ich auch ein paar Mal dort, habe mich in einen kleinen, ekelig gelb gestrichenen Raum gehockt, mir gegenüber einer Frau mittleren Alters mit langen, von grauen Strähnen durchzogenen Zöpfen eine Gitarre auf den Schoß gelegt und versucht, ein paar Akkorde zu spielen. Aber irgendwie war Musik immer Rose' Sache und, um ehrlich zu sein, war sie auch um einiges begabter als ich. Also habe ich wieder aufgehört.

"Warten Sie bitte am Ende der Stunde", meint er und macht einfach mit dem Unterrichtsstoff weiter, ohne auf meine Reaktion zu achten.

Ich seufze stumm. Vermutlich will er mir Nachsitzen oder so etwas aufbrummen. Selbst die Aussicht aus dem Fenster ist interessanter, als das Geschehen im Unterricht. Und das soll schon etwas heißen. Von hier aus habe ich einen guten Blick auf den Schulhof, oder zumindest auf einen kleinen Teil davon. Dort steht ein winziger, kümmerlicher Eichenbaum, hinter dem die Jungs früher versucht haben, die Mädchen zu küssen. Daneben ist ein halb verrostetes Schaukelgestell, an dem nur noch eine Sitzgelegenheit hängt und auch die nur noch mit Ach und Krach. Der Rasen ist frisch gemäht und strahlend grün, seit wir einen neuen Hausmeister haben.

Ich bin froh, wenn ich mit der Schule fertig bin, auch, wenn ich noch nicht weiß, was ich danach machen werde. Hauptsache raus.

Am Ende der Stunde warte ich auf meinem Platz, bis alle meine Mitschüler den Raum verlassen haben. Am Rande meines Bewusstseins bekomme ich mit, wie der Lehrer ihnen die Klausuren von letzter Woche austeilt, zusammen mit knappen Kommentaren. Ich wünsche mir, ich hätte irgendwelche Sachen auf den Tisch gepackt, die ich jetzt ganz langsam wieder einräumen könnte, um eine Beschäftigung zu haben. Aber Tatsache ist, dass in meiner Schultasche nur ein Kugelschreiber, ein Füller und ein paar Tintenpatronen, der Großteil davon leer, sind, und ein vollgekritzelter Block, den ich sowieso niemals auf einen Tisch legen werde, wenn andere Leute im Raum sind. Es stehen einfach zu viele private Dinge darin. Gedankenfetzen, Satzsplitter - Dinge, die ich loswerden muss, weil mein Kopf sonst platzt, aber die niemand anderen etwas angehen.

Schließlich stehe ich auf und laufe langsam auf das Lehrerpult zu, setze mich kurz davor auf eine Tischplatte. Ich gestatte mir einen Blick auf den Englischlehrer. Er lehnt noch an der Tür, einen Arm am Rahmen entlang nach oben ausgestreckt, was unterstützt, wie groß er ist. Er trägt die üblichen Klamotten, die junge Lehrer tragen, wenn sie Autorität ausstrahlen wollen aber in Wahrheit einfach zu viele alte Schwarz-Weiß Schulfilme gesehen haben; Sakko und eine dunkle Hose. Ich vermute, darunter trägt er noch ein Hemd, wahrscheinlich sogar mit Krawatte oder, noch besser, mit Fliege. Das kann ich allerdings nicht klar sagen, weil ich ihn nur von hinten sehe und den Blick rasch wieder senke, als er sich umdreht.

Ich höre, wie er das Rollo an der Tür herunterzischen lässt und dann dringt seine Stimme verschwörerisch an mein Ohr. „Das ist ein Gespräch unter uns beiden. Das ist mir sehr wichtig, deshalb habe ich darauf geachtet, dass deine Mitschüler alle weit weg gegangen sind."

„Wer sagt Ihnen, dass sie nicht doch wieder vor der Tür lauschen? Ich meine, sehen können wir sie immerhin nicht durch das heruntergezogene Rollo", stelle ich fest, woraufhin ich sehe, wie seine Schuhe - braune Ledertreter; tagsüber trägt Mann braun, abends schwarz (der Kerl achtet aber auch auf jeden Mist) - sich wieder entfernen und dann höre, wie das Rollo wieder nach oben wandert.

„Besser?", fragt er.

„Eigentlich ist mir das ziemlich egal. Ich wollte Sie nur auf Ihren Logikfehler hinweisen."

„Tut mir leid, heute ist irgendwie Klugscheißer-Tag bei mir, kommt nicht wieder vor", plappere ich weiter, weil er nichts erwidert.

„Sage?", sagt er. Fragt er. Ich bin mir da nie sicher, wenn Leute einfach so meinen Namen aussprechen. Glücklicherweise redet er unbeirrt weiter. „So viel habe ich dich in diesem ganzen Schuljahr, in dem ich dich jetzt habe, noch nie reden gehört."

Ich zucke mit den Schultern - kann er sich ja einrahmen oder in seinem Kalender markieren. Dann fällt mir auf, dass er mich auf einmal duzt. Er ist dieser typische, motivierte Neupädagoge, der denkt, er könnte noch wirklich was bewegen. Der meint, dass er einen Draht zu seinen Schülern hat und der sich hip genug fühlt, sie zu duzen, wenn er alleine mit ihnen ist. Er meint, er ist der große Weltverbesserer und weiß, was ich denke, nur weil er selber vor wenigen Jahren noch so alt war wie ich.

Als könnte man Leute über einen Kamm scheren, nur weil sie biologisch gesehen in etwa gleich alt sind. Bei dem Gedanken, dass jemand auf die Idee kommt, jemand wie Johanna Mason und ich hätten auch nur ansatzweise etwas außer den Chromosomen gemeinsam, wird mir ein wenig mulmig zu Mute, um nicht zu sagen kotzeschlecht.

Als ich ihm nicht widerspreche, redet er einfach weiter. „Du sitzt hier in meinem Unterricht und guckst aus dem Fenster. Die ganze Zeit, jede Stunde. Normalerweise erscheinst du pünktlich mit dem Klingeln und verschwindest pünktlich mit ihm wieder - wenn du es denn mal erübrigst, überhaupt aufzutauchen. Du machst dir nie Notizen und falls du dir eine der Lektüren, die wir über das Jahr gelesen haben, gekauft hast, habe ich sie zumindest nicht auf deinem Tisch gesehen. Ich habe nicht das Gefühl, dass du es auch nur versuchst dem Unterricht zu folgen, geschweige denn, dass du überhaupt weißt, was wir machen. Und trotzdem sind deine Klausuren um ein vielfaches besser, als die deiner Mitschüler."

Gut zusammengefasst, auch wenn das Ende fragwürdig ist, denke ich, als er mir die meine Arbeit reicht. Ich habe ein A. Ich hebe den Blick und starre in seine fragenden Augen. Sie sind überraschend grün und hinter einer Hornbrille, mit der er vermutlich versucht, etwas Gebildetes auszustrahlen, versteckt - kann mir gut vorstellen, dass die Gläser nicht einmal Sehstärke haben. Ich habe mitbekommen, dass viele meiner Mitschüler*innen für ihn schwärmen, und wenn ich ihn so aus der Nähe betrachte, kann ich durchaus nachvollziehen, was sie an ihm anzieht. Er sieht gut aus mit den unordentlichen braunen Locken, den Sommersprossen auf der schiefen Nase und dem kantigen Kinn, mit seinem jugendlichen Gesicht und dem Hemd, dass ihm tatsächlich auf einer Seite unachtsam aus der Hose rutscht und das unheimlich schlecht sitzt, weil er so schmal ist. Dass er attraktiv ist, kann man nicht bestreiten. Aber für meinen Geschmack ist er ein bisschen zu bemüht - als ob er versucht, eine Autorität auszustrahlen, etwas Erwachsenes, das eigentlich gar nicht wirklich zu ihm passt.

Vielleicht verurteile ich ihn - gerade ich. Das ist mehr als nur ein paar Steinchen im Glashaus rumzuschmeißen. Vielmehr ist es, als würde man dort ein Maschinengewehr testen - und vielleicht kümmert er sich tatsächlich nicht darum, wie er wirkt. Aber auf mich macht er den Eindruck, als gibt er sich zu viel Mühe irgendwie jugendlich und gleichzeitig wie ein Lehrer zu wirken. Als ob er um jeden Preis cool sein will.

Früher hätte ich ein wenig mit ihm geflirtet, nur um zu sehen, wie er rot wird, wie er sich unwohl fühlt, weil ich seine Schülerin bin und er mein Lehrer und um meine Mitschüler zu ärgern. Aber so bin ich nicht mehr. Also lasse ich das.

Stattdessen versuche ich seinem Blick standzuhalten. „Ich hab' das Buch schon mal gelesen."

„Das dachte ich mir schon. Aber das meine ich gar nicht. Wach auf, Sage! Du hast Talent! Deine Aufsätze sind toll, du traust dich an Themen heran, bei denen ich bezweifle, dass einige deiner Mitschüler je von ihnen gehört haben. Da steckt etwas in dir, vergeude das nicht."

Ich nicke.

„Kann ich jetzt gehen?", frage ich.

Talent, ich. Alles klar. Das würde bedeuten, dass all die anderen, erfahreneren Lehrer vor ihm, die mich schlecht bewertet haben, keine Ahnung hatten.

Ich schreibe gerne, einfach, weil Papier ein besserer Zuhörer ist, als die meisten Menschen, weil es nicht urteilt und nichts verrät und ich würde auch nicht behaupten, dass ich total schlecht darin bin. Aber eben auch nicht besonders gut.

„Danke", sage ich trotzdem, weil er, schätze ich, versucht hat, nett zu sein und gehe, die Arbeit dicht an meine Seite gepresst, aus dem Raum.

Ich habe das Gefühl da sind noch unausgesprochene Worte zwischen uns, nicht von meiner Seite aus, aber von seiner, aber ich habe nicht das Bedürfnis, sie jemals zu hören.

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