Lektion 2 (Part 2)
"Also gut: hier, bitte". Ich breitete drei verschiedene Videospiele vor uns auf dem Couchtisch aus: Mario Kart, The Sims und World of Warcraft. Ein bisschen weh tat es schon, zu wissen, dass man die drei gleich unter der Erde verbuddeln würde- aber jetzt gab es kein Zurück mehr.
Pamina grinste zufrieden. "Super. Ich hab auch was von mir mitgebracht.".
Sie ging in den Flur, ich hörte kurz, wie sie sich an ihrer Jacke zu schaffen machte, dann kam sie wieder. In der Hand eine kleine Schachtel, wie man sie normalerweise beim Juwelier bekam, wenn man Schmuck kaufte.
"Hier", sagte sie, während sie mir das Kästchen in die Hand drückte. Ich öffnete es:
Zum Vorschein kam eine Kette. Es war eine dünne Schnur mit vielen kleinen, silbernen Perlen und ein Anhänger: Ein ebenfalls silbernes Dreieck mit zwei Querstrichen, sodass es fast aussah, als würden sie mit dem Dreieck den Buchstaben "K" bilden.
Ich hielt inne. Diesen Anhänger hatte ich schon mal gesehen: In Paminas Auto hing dieselbe Kette am Rückspiegel. Was hatte dieses Dreieck bloß zu bedeuten?
Ich überlegte, sie genau das zu fragen, ließ es dann aber sein. Vielleicht war diese Frage etwas zu persönlich...
"Also, was ist? Vergraben wir jetzt die Zeitkapsel?", riss Paminas Stimme mich plötzlich aus meinen Gedanken.
"Äh, ja, klar. Aber wo wollen wir den Inhalt eigentlich reintun?"
"Stimmt...", murmelte Pamina und verschwand wieder im Flur. Diesmal folgte ich ihr. Sie kramte in der Tasche herum, die sie mitgebracht hatte und hob eine kleine Plastikbox mit Deckel heraus. So eine, wie sie auch in ihrem Auto gelegen hatte. Dort bewahrte sie die Polaroid-Kamera auf. "Hier rein kommt alles. Plastik hält sich lange unter der Erde. Perfekt für eine Zeitkapsel." Sie grinste wieder breit. Offensichtlich hatte sie alles schon im Voraus geplant und war jetzt sehr stolz, mir ihr Werk zu zeigen.
Das fand ich irgendwie süß, weshalb ich schmunzeln musste.
Paminas Strahlen wiederum wuchs, als sie mich ansah und so standen wir eine Weile lang nur an Ort und Stelle und lächelten uns an...
Igendwann räusperte ich mich und ging zur Terassentür. Pamina trat neben mich und zeigte mit dem Finger auf ein Stück Rasen neben zwei Sträuchern, die im Sommer immer blühten.
"Dort vergraben wir die Zeitkapsel. Oder liegt da etwa schon irgendwas vergraben... oder irgendwer..."? Sie lachte kurz auf.
"Nein, der Platz ist noch frei", antwortete ich wieder schmunzelnd.
Im selben Moment öffnete Pamina die Terassentür und trat nach draußen. Sie schritt vorsichtig über den Rasen, so als hätte sie um jeden einzelnen Grashalm Angst. Als sie bei der besagten Stelle angekommen war, begutachtete sie diese. Wahrscheinlich, um zu prüfen, ob man dort von Platz her die Plastikbox vergraben konnte. Dann drehte sie sich zu mir um.
"Habt Ihr eine Schaufel?"
Ich überlrgte kurz, dann nickte ich.
---
"Warum zur Hölle muss ich das eigentlich machen?", entfuhr es mir genervt. Wir standen um das mittlerweile relativ tiefe Loch im Garten herum und ich hob es weiter mit dem Spaten aus. Nicht, dass das bei dieser Größe sonderlich anstrengend für mich wäre, aber ein bisschen was könnte diejenige auch machen, die überhaupt diese ganze Idee dazu hatte.
Pamina, die mir die ganze Zeit nur dabei zusah, zuckte mit den Schultern.
"Weil Du der Stärkere bist", meinte sie gleichgültig, als würde das alles erklären.
"Ah ja? Sagt wer?"
"Sage ich."
"Aha." Ich seufzte und trat einen Schritt zurück.
"Ich denke, das Loch ist groß genug, um die Box da drin zu vergraben, oder?"
Pamina nickte.
"Gut", murmelte ich und ließ mir von ihr die Zeitkapsel geben.
Sie passte perfekt in das Loch. Bei genauerer Betrachtung fiel mir auf, dass Pamina sogar mit Folienstift das Datum von heute auf den Deckel geschrieben hatte.
Als eine Weile lang nichts passierte, griff ich schließlich wieder zur Schaufel und begann, das Loch wieder zuzuschütten. Natürlich ich. War ja klar.
---
"Hier bitte!", rief Pamina euphorisch aus und drückte mir etwas in die Hand.
Ich hatte bis eben noch auf das wieder verschlossene Stück Rasen geblickt und war in Gedanken versunken gewesen, weshalb ich jetzt leicht aufschreckte.
Ein Poaroid-Bild. Darauf war wieder ich von hinten zu sehen, wie ich gerade das Loch grub. Ich hatte gar nicht bemerkt, dass Pamina das Foto geschossen hatte.
Mot schwarzem Edding stand darunter geschrieben:
Lektion 2: Loslassen und vergessen
"Lektion 2 bestanden!", trällerte Pamina fröhlich. "Du hast dich von Deinen Videospielen getrennt und wirst auch schon bald die Zeitkapsel vergessen! Loslassen und Vergessen sind zwei der wichtigsten Dinge, die mam im Leben beherrschen sollte. Deswegen auch die Zeitkapsel. Sie soll eine Art Metapher dafür sein."
Ich konnte nicht anders, als zu stammeln: "Äh, danke..."
---
"Yuru? Yuru!"
Och nö. Meine Eltern.
Nachdem Pamima gegangen war, hatte ich noch einige Zeit sturmfrei gehabt, jedoch war das jetzt wohl vorbei.
In selben Moment wurde meine Zimmertür geöffnet. Meine Mutter stand im Türrahmen. Sie sah irgendwie wütend aus.
"Sag mal, da im Garten ist so ein Loch zeischen meinen Sträuchern. Sieht, als hätte da jemand kürzlich was vergraben..."
Sie sah mich vorwurfsvoll an.
"Ähm, ja, ich hab da...eine Zeitkapsel eingegraben.."
Und noch während ich das sagte und sie die Miene meiner Mutter dramatisch verfinsterte, fiel es mir wieder ein...
Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro