
Lektion 12 (Part 1)
"Hey.
"Hallo."
Unsere Begrüßung fiel heute nicht sehr ausführlich aus. Es war eine sehr seltsame Atmosphäre zwischen uns und wir wussten beide, woran es lag: Heute stand Lektion 12 an, das letzte geplante Treffen. Keine Ahnung, ob Pamina wusste, wie es danach weitergehen würde, ich jedenfalls nicht.
Wir saßen im Bulli und schwiegen. Natürlich, wir hatten uns geküsst und da war etwas zwischen uns, aber keiner sprach es an. Es herrschte peinliche Stille.
Als ich einen kurzen Seitenblick zu Pamina warf, bemerkte ich, dass sie heute anders aussah: Nicht von der Kleidung oder den Make-up-Schatten her, ich hatte das Gefühl, dass der Glanz in ihren Augen fehlte. Auch wenn ich heute wahrscheinlich schon nicht sonderlich gut gelaunt aussah, sie wirkte richtig betrübt.
Gerade, als ich fragen wollte, was los war, drehte Pamina den Schlüssel in Zündschloss und der Bulli sprang an. Wir fuhren aus der Feuerwehreinfahrt vor unserem Haus heraus und kurvten durch das Wohngebiet in Richtung Landstraße.
Immer wieder schwirrte der Gedanke in meinem Kopf herum, dass ich heute wahrscheinlich zum letzten Mal hier sitzen würde. Dabei zog sich mein Herz ein Stück zusammen und ich presste die Lippen aufeinander.
Im selben Moment schnellte Paminas Arm zur Seite und sie griff sich Handy aus der Mittelkonsole. Während sie fahrig darauf herumtippte, schwankte das Lenkrad zwischen ihren Fingern gefährlich, sodass ich kurzzeitig die Luft anhielt. Jedoch ertönte schon bald eine Melodie aus dem Lautsprecher und Pamina konzentrierte sich wieder auf die Straße.
Midnight City, schoss es mir sofort durch meinen Kopf, als die Töne an mein Ohr drangen.
Die Musik durchbrach das Schweigen und die dicke Luft, die man mittlerweile problemlos mit einem Messer hätte zerschneiden können.
Ich hatte plötzlich den Drang, das Seitenfenster zu öffnen und meinen Kopf heraus zu lehnen, um mir den eiskalten Fahrwind über die Kopfhaut wehen zu lassen. Nur, um irgendetwas zu spüren und mich vergessen zu lassen, dass das hier Lektion 12 war.
Heute wirkte seltsamerweise alles so monoton und abgestumpft. Es war kaum erträglich.
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Nach einer Weile brachte Pamina schließlich den Bulli dort zum Stehen, wo auch Lektion eine stattgefunden hatte: auf dem Parkplatz.
Fast schon fluchtartig schnallten wir uns beide ab und sprangen aus dem Auto, als würde die Sille drinnen drohen, uns zu ersticken. Draußen atmete ich erst einmal erleichtert die frische Luft ein und aus.
Endlich fühlte ich mich wieder... am Leben. Ich stand auf dem Parkplatz, die Nacht war sternenklar- es war alles so wie immer. Langsam konnte ich mich entspannen.
Pamina schien es ähnlich wie mir zu gehen, denn sie breitete die Arme aus, als wolle sie die Kälte mit jeder Stelle ihres Körpers in sich aufnehmen. Dann drehte die sich zu mir um und ich stellte mit Freude fest, dass wieder ein wenig Glanz zurück in ihre Augen getreten war. Sie kam ein paar Schritte auf mich zu, bis sie ganz nah vor mir stand und gab mir einen kurzen Kuss. Als sich unsere Lippen voneinander lösten, wollte ich es erst nicht dabei belassen, aber Pamina zog schnell ihren Kopf zurück, sodass mein Kuss ins Leere ging.
Irritiert sah ich sie an.
Pamina spielte nervös mit dem Saum ihrer Cargo Jacke. "Ich.. Naja... wir müssen mit der Lektion beginnen", murmelte sie schließlich und sah mir dabei nicht in die Augen.
Mir entging nicht, dass heute etwas anders war. Das war ja schon im Auto so gewesen. Aber vielleicht lag es einfach nur daran, dass das hier Lektion 12 war, die letzte Lektion. Ich sollte mir wahrscheinlich nicht so viele Gedanken machen und einfach die Nacht genießen. Und so zuckte ich nur mit den Schultern und sah dabei zu, wie Pamina eine Tasche aus dem Bulli zog, noch die Polaroid-Kamera und den Folienstift hineinsteckte und dann in Richtung Feld loslief. Ich folgte ihr.
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Nach einer Weile blieben wir mitten auf dem riesigen, zugefrorenen Acker stehen und Pamina stellte alles, was sich in ihrer Hand befand, ab. Dann wühlte sie in ihrer Tasche herum und ich schaltete vorsichtshalber die Taschenlampenfunktion meines Handys ein. Mit dieser Beleuchtung konnte ich schließlich sehen, was Pamina hervorholte: zwei kleine Quadrate aus Pappe, einen Stift, ein Feuerzeug und zwei unbenutzte Teebeutel. Was sollte das denn jetzt?!
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