Dec, 10th: Fucking Disgusting
Jeongguk
10.12, 23:23 Uhr
Dass ich nicht mal merkte, wo ich hinlief, bis ich da war, kotzte mich irgendwie an. Sowas war mir früher nie passiert. Doch jetzt war da dieser Junge und er zog mich magisch an. Ich glaubte nicht an Magie, zumindest hatte ich das nicht, aber ich war Händchen haltend mit einem Lich durch eine Mauer geteleportet, also gab ich dem ganzen vielleicht noch mal Chance für eine zweite Begutachtung.
Was war das mit ihm? Warum war ich automatisch zu seiner Wohnung gegangen? Das konnte doch nicht wahr sein. Ich hatte eigene Probleme. Ich hatte einen Streifschuss, den ich zwei Tage schon nicht verarzten konnte. Vielleicht auch drei. Was wusste ich schon? Ich musste mein eigenes Leben irgendwie auf die Reihe kriegen.
Wie sollte er da reinpassen?? Ich hasste, dass ich ihn brauchte, seit ich ihm das erste Mal in die Augen gesehen hatte. Schnee fiel in dicken Flocken vom schwarzen Himmel und ich fragte mich, so das vielleicht als eine Art Metapher für mein Leben sein sollte. Mit einem fahrigen Seufzen ging ich um das Haus herum und schaute mal, wie ganz das Fenster inzwischen war, welches ich bei meinem letzten Besuch eingeschlagen hatte. Es war provisorisch repariert worden, doch das war nichts, was ich nicht hätte nutzen können, um erneut in das Haus einzudringen. Man sollte meinen, dass ein Star, ein berühmter Pianist wie er, mehr wert auf Sicherheit geben würde, doch nein, ich war lächerlich schnell in seinem Haus.
Beim letzten Mal hatte ich mich hier nicht wirklich umsehen können. Auch jetzt zögerte ich, denn es war so anders als das, was ich hatte. Ich lebte in einem Verschlag, wenn man es so wollte. Ich hatte kaum Emotionen, doch selbst mein Verschlag war gemütlicher als dieses kalte, fast schon leere Haus. Da war ja sogar bei mir mehr persönliche Note, denn ich hatte immerhin meine Pflanzen rumstehen, die verrieten, dass auch wirklich da wohnte und Zeit verbrachte.
Taehyungs Haus hingegen hätte auch einfach aus einem Möbelkatalog herausgeschnitten worden sein können. Es war modern, schlicht, geschmackvoll, jedoch unpersönlich, als sei er nur auf den Sprung und würde gar nicht wirklich hier wohnen. Hier war einfach zu viel Platz, weswegen die Möbel verloren wirkten. Es hingen keine Fotos an den Wänden, es lag nichts herum, alles war sauber und steril, als sei das ein Musterhaus.
Ich fragte mich, ob er wohl einen Hideout hatte, so wie ich und wie diese dann wohl aussehen würde.
Natürlich hatte der Herr Pianist einen Flügel dastehen, scheinbar das einzige, was benutzt wurde. Ich fragte mich, welches Leben er wohl führte und auch die Frage, inwiefern wir zusammen hingen, brannte unter meinen Nägeln. Doch ich wusste auch, dass die Antwort mich wahrscheinlich stören würde. Ich hatte so oft von ihm geträumt. Ich kannte ihn eigentlich schon so lange. Jetzt nahm er sich raus, sich einfach in mein Leben zu schleichen, per Zufall, ohne sein Zutun und doch unvermeidlich.
Die Schmerzen dort, wo der Typ mich und ihn angeschossen hatte, machten plötzlich auf sich aufmerksam. Ich hatte sie die Tage bei den Lichs ignoriert und hatte mich in meine eigene Welt hineingedacht, um die Zeit zu überbrücken, die ich gefangen gewesen war. Doch jetzt signalisierte mir mein Körper, dass ich dringend mal schauen sollte, wie schlimm sich das ganze inzwischen entzündet hatte. Ich hatte dort nicht mal duschen können oder sonstiges. Leise lachte ich auf. Was war eigentlich los mit mir? Wäre das nicht das Erste, worum ich mir eigentlich Sorgen machen müsste?
Wieder nur ging mir auf, dass ich definitiv nicht normal im Kopf war und dass ich keinen Sinn ergab. Das Summen wollte sich auch melden, doch ich ignorierte es so gut ich das eben konnte. Ich suchte nach dem Bad und fand es auch recht bald. Zu meinem Erstaunen, aber auch zu meinem Vorteil befand sich in dem Bad eine ziemlich große Medikiste, die sogar Zeug zum Nähen und solchen Kram hatte. Warum hatte er hier einen derartigen Koffer? Es kam mir in den Sinn, dass er einfach zu viel Geld hatte und sich daher das Beste besorgt hatte, ohne weiter darüber zu philosophieren. Gut für mich.
Ich zog meine Jacke aus. Die hatte natürlich schon gelitten und ein Loch da, wo er mich getroffen hatte. Sogar die Jacke klebte schon ein wenig an meiner Wunde, was nichts Gutes vermuten ließ. Dann klebte sicher auch der provisorische Verband wundervoll daran. Das konnte weiterhin auch nichts Gutes für meinen Pullover bedeuten. RIP Pullover, er war natürlich ruiniert. Nicht nur, dass alles ekelhaft an der eitrigen, verkrusteten Wunde klebte, der ganze Ärmel war auch voll geblutet. Wahrscheinlich war das ganze zwischendurch mal ausgegangen und neu verkrustet, ohne dass ich es gemerkt hatte, denn ich tickte ja nicht richtig. Ich fluchte leise.
Wie konnte der Typ nur auf mich schießen, ohne mich umzubringen? Sowas machte man nicht! Ernsthaft! Ich machte das auch nicht. Ich erschoss die Leute oder schoss erst gar nicht auf sie, aber nicht so eine halbgare Scheiße hier. Das tat doch weh. Unverschämt.
Vorsichtig versuchte ich den Rest meines Pullovers von meinem Arm zu lösen. Ich zischte leise. Dann zog ich den Pullover erst über den Kopf und so gut es ging aus. Mit einem Ruck riss ich den Stoff weg und das Resultat war, dass das durchgesuppte Provisorium sich ebenfalls schmerzhaft löste und den Schorf mit weggeriss. Ich zischte und betrachtete das Elend im Spiegel. Eiter trat aus der Wunde und sie begann an anderen Stellen zu Bluten. Zusammen floss der zähflüssige Mix meinen Arm hinunter und es rocht auch schon irgendwie widerlich. Die Wunde schien zu puckern. Es wurde wirklich Zeit, sie zu behandeln. Eigentlich war sie nicht tief, doch sie war nicht wirklich behandelt worden und entsprechend hatte sie sich entzündet und war unschön.
So konnte aus einem Kratzer was verdammt Ekelhaftes werden.
Ich drückte schnell ein paar Kompressen auf die Wunde und seufzte. Dann beschloss ich erst mal duschen zu gehen. Viel schlimmer konnte die Wunde auch nicht mehr werden. Ich wollte erst sauber sein, bevor ich weiter machte, also zog ich mich umständlich aus, hüpfte in die Dusche und wusch erst die Wunde aus und suchte dann nach einem Duschgel, welches nach Mann roch. Ich fand aber keins. Tze, Künstler. (Oder so.) Nervig.
Nachdem ich die Dusche verlassen hatte, wickelte ich mir ein Handtuch um die Hüfte, klatschte mir eine weitere Kompresse auf die Wunde und machte mich erst mal auf dem Weg zum Schrank, um mir ein paar Klamotten zu leihen. Er war kleiner als ich, aber vielleicht fand ich ja dennoch was, dass ich halbwegs tragen konnte. Ich suchte mir eine Jeans heraus und einen Pulli. Beides sah aus, als sei es ihm zu groß und als würde es sich noch mal ein bisschen dehnen, also nahm ich das mit zurück ins Bad, schnappte mir auch den Koffer und ging ins Wohnzimmer, weil da war schließlich ein Esstisch, an dem ich wahrscheinlich besser würde arbeiten können.
Ich kam an einem eingeworfenem Fenster vorbei. Na hoppla, wer war das denn gewesen? Mit einem Seufzen machte ich das Fenster wieder so zu, dass man hier nicht umsonst heizte. Ich fragte mich, warum Taehyung es nicht hatte vernünftig reparieren lassen. Es war Winter, es schneite und war scheißkalt, man sollte meinen, wenn man sich hier aufhielt, dass störte das genug, um einen Eilauftrag auszulösen. Es sei denn natürlich, man hielt sich hier gar nicht auf.
Nachdem ich mich abgetrocknet hatte, hatte ich immerhin schon die Hose an. Den Pulli würde ich erst versuchen überzuziehen, wenn ich den Arm fertig verarztet hatte. Also setzte ich mich halbnackt in das kalte Wohnzimmer an den Esstisch und räumte die Sachen aus dem Koffer, die ich brauchen würde. Leben am Limit. Mit Jeongguk. Dem Auftragskiller ihres Vertrauens. Schnell, präzise, hart im Nehmen. Offensichtlich.
Das würde eklig werden. Ich bereute, dass ich nicht so einen Koffer bei mir zu Hause hatte. Dort hatte ich einfach gar nichts. Hätte es ursprünglich eigentlich gereicht, zu desinfizieren und ein Pflaster drauf zukleben, musste ich jetzt wohl oder übel entweder ausbrennen, oder die Wundränder hübsch machen und dann nähen. Ich nahm erst mal das Desinfektionsmittel und reinigte die Wunde gründlich, dann suchte ich nach einem geeigneten Werkzeug, um die Wunde auszuschaben und die Ränder zu glätten. Es tat weh. Dass ich es überhaupt fühlte, zeigte, wie weh eigentlich. Das war bedenklich, doch was sollte ich machen.
Als ich das hinter mir hatte, machte ich eine kurze Atempause, dann holte ich das Zeug zum Nähen. Aus Erfahrung wusste ich, dass der erste Strich immer der schwierigste war. Danach wurde es leichter. Als ich fertig war, betrachtete ich mein Werk zufrieden. Das würde so schon hinkommen. Wenn nicht, bekam ich eben doch eine Blutvergiftung und verreckte. Ich verband die Wunde und zog mir dann das Oberteil über, ehe ich mir die feuchten Haare noch mal ein bisschen trockener rubbelte. Die Klamotten waren irgendwie nicht mein Stil, doch sie saßen gut, wenn auch eng. Vielleicht sollte ich mal über einen Imagewechsel nachdenken. Ich könnte mordendes Model werden...
Den Gedanken verwerfend, setzte sich mich auf den Tisch. Ich wusste nicht wirklich, was ich hier wollte. Ich wusste nicht, was ich vorhatte... doch vielleicht würde ich es herausfinden, wenn der andere Teil von mir nach Hause kam.
Also blieb ich sitzen und wartete.
Ach, das merkt doch sowieso keiner
Ist doch eh keiner mehr :D
Morgen früh, wenn die drei Chapter da sind, werdet ihr nie erfahren, dass die zu spät gekommen sind :DDD Wer soll es euch denn sagen???
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