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I'm still Iara from the block

Das Restaurant, das Tua im Sinn hatte, erinnert mich an unser Nicht-Date-Date, auf das er mich eingeladen hat, kurz bevor aus uns etwas Handfestes wurde. Alles scheint, als gehöre es zur gehobeneren Preisklasse, ist auf luxuriös getrimmt; bordeauxrote Wände und golddurchwirkte Tischdecken verraten es mir, um nur zwei herausstechende Beispiele zu nennen. Tua zieht einen schweren Stuhl aus Ebenholz für mich zurück und ich nehme Platz. Das Beste ist mit Abstand die Aussicht von hier oben. Da das Gasthaus direkt an die Seebrücke anschließt, verschwinden die Masten aus Holz, die das Gebäude tragen, in den Wellen der Ostsee, die heute ziemlich aufbrausend ist, für ein vergleichsweise so kleines Gewässer. Das Meerespanorama ist atemberaubend und durch die große Fensterfront fällt das Licht in grauen Kaskaden. Ich sehe mich staunend um. Den Bildern nach zu urteilen entstammen die beschäftigten Köche der belgischen Schule. Am liebsten würde ich ihn sofort darauf ansprechen, dass ich nie im Leben genügend Bargeld dabeihabe, um mir eine Gourmet-Mahlzeit zu gönnen, und wir definitiv in eine brenzlige Lage geraten werden, wenn ich nicht mit Karte zahlen kann. Wie viel plant Tua für sein Frühstück bitte zu blechen? Ein normaler Bäcker hätte es meiner Meinung nach für einen Snack am Morgen genauso getan. Dafür ist es allerdings zu spät. Ohne, dass es peinlich wird, verlassen wir den Ort sowieso nicht mehr. Die Bedienung nähert sich uns bereits. Bestimmt ein gestandener Mittvierziger samt vor Pomade triefender Frisur und Zornesfalten auf der Stirn, die noch vom letzten Mal herrühren, als sich jemand Rotwein zum Fisch bestellt hat. Ich gerate in Panik. Innerlich bereite ich mich schon auf einen unangenehmen Abgang vor, doch ich halte überrascht inne, als meine Neugier letztlich gewinnt und ich mich umdrehe, um auszukundschaften, wer uns aus dem Lokal werfen wird.

Eine sympathisch wirkende Kellnerin, die mich mit ihren bunten Haaren und dem Nasenpiercing gedanklich kurz zurück nach Berlin-Neukölln katapultiert, steuert raschen Schrittes auf uns zu. Ihre gesamte Erscheinung, die einen rauen Charme ausstrahlt, beruhigt mich. "Wissen Sie bereits, was Sie trinken wollen?" Sie fragt gänzlich vorurteilsfrei und reicht mir das Menü. Der unerwartet billige Preis von vier Euro für eine riesige Waffel mit Schlagsahne und Früchten leuchtet mir entgegen. Mich beschleicht die dumpfe Ahnung, dass ich einen völlig falschen Eindruck von unserer Frühstücks-Location habe. Möglichst unauffällig sehe ich mich ein zweites Mal um. Ich erkenne einen kleinen Fleck auf dem Tischläufer, Ahornsirup vermutlich. Der Garderobenständer, auf den Tua unsere Jacken gehängt hat, ist abgewetzt, an einigen Stellen blättert sogar die schwarze Farbe ab. Selbst der stilecht knarzende Dielenboden hat schon bessere Tage gesehen, überall Kratzer.
"Iara?" Tua mustert mich gespannt. Erst jetzt begreife ich, dass die Frage nach den Getränken an mich gerichtet war.
"Ähm", stottere ich. "Ich hätte gern einen schwarzen Tee, bitte", bestelle ich hektisch.
Die Kellnerin notiert es mit einem Lächeln. "Möchten Sie etwas dazu? Milch, Zucker, Honig oder Zitrone?"
"Zitrone", wiederhole ich stupide das letzte Wort ihrer Aufzählung.
"Sehr gern. Und für Sie?"
Tua versucht umständlich die Karte aufzuschlagen, dann entscheidet er sich spontan um: "Machen Sie einfach eine Kanne draus", sagt er.
"Natürlich." Die Kellnerin huscht davon.
Mein Gegenüber lächelt mich indes sanft an. "Dieses Restaurant ist nicht das hübscheste seiner Art, sorry."
"Machst du Witze? Der Ausblick ist der Hammer", erwidere ich.
Er grinst, sichtlich froh darüber, dass es mir dennoch gefällt. "Und die Waffeln erst." Tua zeigt mir seine früheren Favoriten. Nach einer Weile, in der er von Nutella und Apfelmus schwärmt, halte ich seine Hand fest. "Lass uns was bestellen, was du nicht kennst", schlage ich vor. Es ist süß, dass ihn Usedom sentimental werden lässt. Trotzdem möchte ich nicht, dass unser Urlaub bloß eine Reise in seine Kindheit bleibt. Warum auch ausschließlich in alten Erinnerungen schwelgen, wenn man genauso gut neue kreieren kann?

Wir entscheiden uns für zwei unterschiedliche Waffeln. Auf meiner thront, von Puderzucker berieselt und in gesalzene Karamellsoße getränkt, ein halber kandierter Apfel; das Winter-Special sieht exakt aus wie auf dem Foto in der Speisekarte. Auf Tuas Waffel wiederum hat jemand einen Berg heißer Kirschen mit beinah architektonischer Präzision aufgeschüttet. Der Sahneturm darauf schraubt sich spiralförmig in schwindelerregende Höhen.
"Wow."
Ich kann mich Tuas äußerst treffender Bemerkung über das essbare Kunstwerk nur anschließen. Gierig steche ich mit meiner Gabel in den fluffig ausgebackenen Waffelteig und wünsche ihm guten Hunger. Nachdem ich ein paar verdammt leckere Bissen hinuntergeschlungen habe, wische ich mir mit der Serviette den Mund ab, nehme einen Schluck Tee und räuspere mich. "Du hast mir noch nichts Konkretes von deiner Freundschaft Plus weitergeplaudert. Kenne ich die Frau?"
Skeptisch zieht Tua die Augenbrauen zusammen. "Hast du eine im Verdacht?", hakt er misstrauisch nach.
Bis jetzt nicht. "Tina wäre durchaus dein Typ", äußere ich eine vage Vermutung.
Tua spuckt ein Stück seiner Waffel auf den Teller und lacht sich scheckig, kippelt dabei auf dem Stuhl und fällt beinah hinten über vor lauter Vergnügen. "Du glaubst, ich hatte was mit Tina?", prustet er.
"Ey, rein optisch passt das ja wohl", grummle ich unzufrieden.
Er wischt sich eine Lachträne aus dem Augenwinkel. "Ich sag's mal so, ich habe ein einziges Mal darüber nachgedacht, dann hat sie ihren Mund aufgemacht hat; und danach habe ich das absolut und auf ewig ausgeschlossen."
Verständlich. Meine Ausbilderin hat auch eigentlich gar keine Freunde, die Arbeit bei Universal ist ihr Leben; und dass sie regelmäßig Sex hat, daran zweifle ich sowieso. Jedenfalls, wenn es nicht Tina ist ... „Wie hieß sie?"
"Heißt, meinst du", weicht Tua der Frage aus. "Nur weil wir nicht mehr miteinander schlafen, ist sie ja nicht gestorben", murmelt er.
"Wie heißt sie?", bohre ich tiefer, als er sich in Schweigen hüllt.
"Jessica", nennt er ihren Namen und ich presse perplex die Lippen aufeinander.
"Was ist?"
"Tut mir leid, unter einer Jessica stelle ich mir bloß automatisch dieses blonde Surfergirl vor, im Prinzip einen Betty-Verschnitt."
Tua schüttelt den Kopf. Davon abgesehen erhalte ich keine weitere Reaktion.
"Hallo? Kommt da noch was von dir?" Ungeduldig gestikuliere ich vor seinem Gesicht.
"Nein, da kommt nix mehr." Sein Tonfall klingt harsch. "Gönn mir zur Abwechslung mal 'ne Pause. Dir das zu erzählen ist nicht leicht."
Er hat Recht. "Entschuldige", meine ich beschämt. Zögerlich fahre ich mir durch die Locken. "Es ist nur ... Harvey hatte eine Freundin vor mir. Sie haben sich einvernehmlich getrennt, als sie für ihr Austauschjahr nach Amerika ging und er in Bielefeld blieb. Wir waren zusammen ... Und heute sind er und sie wieder ein Paar."
Tua sieht mich an. Erkenntnis blitzt in seinen Augen auf.
"Ich habe wirklich Angst, du könntest eines Tages zu einer von ihnen zurückkehren." Ich atme aus. War gar nicht so einfach, das auszusprechen.
"Du bist kein Lückenbüßer für mich, Iara", verspricht er. „Ich habe hundertmal Scheiße gebaut mit Frauen; die größte Scheiße immer mit denen, die sich auf eine Beziehung mit mir eingelassen haben. Das hat mit dir aufgehört, und daran bist du nicht ganz unschuldig."
"Was, wenn du damit aufgehört hast, weil die Zeit für dich reif war, das endlich zu lassen?"
Tua steht auf und beugt sich zu mir vor, über die Länge des Tisch hinweg, um mir eine Träne von der Wange zu wischen. Ich habe gar nicht gemerkt, dass ich angefangen habe zu weinen. Scheiß-Emotionen. "Du brauchst mich überhaupt nicht." Mit dem Schlucken tue ich mich schwer. Jede Faser meines Körpers schmerzt unerträglich.
"Das stimmt nicht", widerspricht Tua mir. "Wieso glaubst du das?"
Ich setze mich aufrecht hin, atme tief durch, sammle mich mühsam. "Als Papai uns verlassen hat, dachte ich, ich wäre eine schlechte Tochter. Ich habe mich nie getraut, das mit ihm aufzuarbeiten. Vermutlich ist das der Ursprung dieses dummen Gefühls, ich wäre nicht gut genug für dich."
"Wahrscheinlich. Du warst noch ein Kind, es klang total logisch für dich, dass er euch wegen dir verlassen hat, oder?"
Ich nicke. "Nach unserem Umzug in die Vorstadt schleifte meine große Schwester mich überall mit hin. Unser Vater war weg, unsere Mutter arbeitete ohne Unterlass: Carrie wollte wenigstens mich immer an ihrer Seite wissen und deswegen gab es sie nur im Doppelpack mit mir. Das hat die Jungs aus unserem Block natürlich genervt. Nichtsdestotrotz haben sie sie zu ihren Partys eingeladen und Carrie ging auf jede; mit mir im Schlepptau. Zu Beginn des Abends hat sie dann meist noch vorbildlich auf mich aufgepasst. Umso mehr Alkohol floss, desto unaufmerksamer wurde sie jedoch. Wenn sie an ihre Grenzen geriet und langsam die Kontrolle über sich verlor, wurde es regelrecht gruselig für mich, weil ich den anderen Leuten auf der Party hilflos ausgeliefert war. Einmal haben mich die älteren Kids in den Abstellraum gesperrt und ich habe stundenlang geweint, bis Carrie mich gefunden hat. Sie hat Jarvis, dem Gastgeber, eine saftige Ohrfeige verpasst und wir sind gegangen."
"Ehrenlose Bastarde."
"Unmittelbar nachdem meine Eltern sich getrennt hatten, lief mein Leben echt beschissen. Doch dann hat Carrie Marten und Benjamin kennengelernt und alles wurde so viel besser. Ich hatte ab da quasi zwei große Brüder. Sie haben sich zu dritt reingeteilt ins Babysitten, Carrie, Mar und Ben. Ich fing an, die Partys zu genießen und sie nicht mehr wirklich als solche zu sehen. Wenn Carrie nicht mehr mit mir rumalberte, waren Benjamin und ich draußen zu zweit spazieren oder Marten hat Karten mit mir gespielt. Einmal haben Marten und ich Zutaten aus dem Kühlschrank genommen und Brownies gebacken. Aus denen hat aber leider jemand Hasch-Brownies gemacht. Der kam einfach in die Küche und hat ein ganzes Tütchen Gras reingekippt. Marten hat mir dann natürlich verboten, was davon zu essen, nachdem wir sie zu Ende gebacken hatten. Er hat mir beim Späti Trostschokolade gekauft."
Tua lächelt.
"Es war schön, bis Carrie sich plötzlich auf ihr Abi konzentrierte und sich seltener mit Ben und Mar getroffen hat. Die kamen zwar noch ab und an zu uns, aber ich wusste trotzdem nichts mehr mit mir anzufangen. Meine Freizeit war immer an Carries Pläne geknüpft gewesen und jetzt, wo ihre Pläne darin bestanden, ungestört in ihrem Zimmer zu lernen, war meine Anwesenheit daheim für sie hinderlich. Fast einen ganzen Monat traf ich mich deswegen durchgängig mit Pari, aber bald zog sie nach Hamburg und ich war allein. Auf diese Episode meines Lebens bin ich nicht besonders stolz. Ich habe mich mit den Kleptomanen aus unserem Block angefreundet. Die waren netter als die Kiffer, die fürchterlich abgeklärt taten, und weniger gruselig als die Fixer. Ich mochte Aljoscha, den Anführer der Gang. Wir sind uns oft auf den Partys begegnet, auf denen ich mit Carrie war. Er hat mich dazugeholt. Wir haben für die Alkoholiker aus der Gegend Schnaps geklaut. Die kauften alle bei uns. Aljoscha hatte sich einen richtig fetten Kundenstamm aufgebaut. Sein Geschäftsmodell war simpel: Wir bekamen die Aufträge von ihm. Aljoscha schrieb uns auf Post-Its auf, was wir wo klauen sollten, und wer die Sachen bestellt hatte. Das Abliefern der Ware gehörte mit dazu. Weiterverkauft wurden die Flaschen von uns dann immer für dreiviertel des Originalpreises. Aljoscha bekam pauschal zwei Euro von uns für die Vermittlung des Auftrags und zehn Prozent vom Weiterverkaufspreis. Den Rest durften wir behalten. Ich habe unter anderem deswegen mitgemacht. Mama konnte uns nicht mal Taschengeld zahlen zu dem Zeitpunkt und ich wusste zwar, dass man nicht stehlen durfte, aber ich brauchte das Geld, um wenigstens nicht mehr in Klamotten aus dem Supermarkt rumrennen zu müssen. In der Schule haben sie da dauernd drauf rumgehackt und ich war viel zu unsicher. Carrie hat sich schnell bei den Leuten an unserem Gymnasium beliebt gemacht und sie war älter, sie hat es nicht gekümmert, wenn Leute was zu ihrer Kleidung gesagt haben. Es gab einen Vorfall damals, den ich nie vergessen werde. Weißt du, ich bin nie erwischt worden von der Polizei beim Klauen, aber ich habe einmal zu wenig bei einem alkoholkranken Kerl namens Bombay-Boris abgeliefert. Er hieß so, weil er immer Bombay-Sapphire wollte. Er hatte drei Flaschen bestellt. Aljoscha teilte den Auftrag auf. Ich sollte zwei Flaschen klauen und ein kleiner Junge, der neu in der Truppe war, eine. Der Junge hatte es aber nicht geschafft und als wir uns getroffen haben, hatte er den Gin nicht dabei. Ich sagte ihm, er solle zu Aljoscha gehen und das mit ihm bequatschen, und tauchte bloß mit zwei Flaschen allein bei Bombay-Boris auf. Der ist komplett ausgetickt. Er hat mich geschlagen und ich habe es irgendwie geschafft, aus seiner Wohnung zu flüchten. Olessia und Genia, die russichen Zwillinge, die bei uns mitgemacht haben, haben mir später erzählt, ihnen wäre das auch schon passiert und sie würden bei Bombay-Boris, wenn sie ihre Lieferungen abgaben, keinen Fuß mehr in die Wohnung setzen. Hätte ich das vorher gewusst, hätte ich mir garantiert kein blaues Auge eingefangen. Als ich nach Hause kam und Carrie meine Verletzung sah, fing sie an, mich auszufragen. Ich habe erst zugemacht, dann habe ich ihr aber doch alles erzählt. Wir haben uns schrecklich überworfen. Am nächsten Morgen stand sie mir in strafendem Stillschweigen im Bad gegenüber und hat mein blaues Auge mit Concealer abgedeckt. Man hat es noch ein bisschen gesehen, weil es angeschwollen war. Es reichte aber, damit Mama nichts mitkriegte. Nach ein paar Tagen kühlen war es dann verschwunden und alles ging seinen gewohnten Gang. Mit den Kleptomanen hing ich noch eine ganze Weile rum, aber eines Tages übergab Aljoscha seinem Bruder Lorenz die Leitung. Ich fand später raus, dass er uns nur verließ, weil er angefangen hatte zu dealen, dabei war Aljoscha eigentlich der Vernünftigere von den beiden Brüdern. Aljoscha wollte einmal sogar völlig verzweifelt Koks bei mir loswerden, weil er das Geld brauchte um bei den Leuten, von denen er sein Zeug bezog, nicht in Ungnade zu fallen. Er tat mir so leid; ich begann, ihn zu vermissen." Ich seufze. "Lorenz hat nämlich irgendwann körperliche Strafen eingeführt, wenn jemand bei einem Auftrag verschissen hatte oder die Kleptos verlassen wollte. Er hat mir fast die Hand gebrochen, als ich Genia vor ihm in Schutz nahm, die schon am Boden lag und brüllte vor Schmerzen, weil er ihr immer wieder mit voller Wucht in den Bauch trat. Das lief so, bis ich Carrie alles erzählt habe. Wir hatten einen einzigen Polizisten in Ausbildung in Marzahn, wo wir gewohnt haben. Er hieß Lasse, Carrie kannte ihn. Er ist zu Lorenz gegangen und meinte, er würde ihn ganz schnell ins Kittchen stecken, wenn er mich weiter nötigen würde, für ihn zu klauen. Die Erpressung hat gefruchtet, aber ich glaube, Carrie hat mir ein Opfer gebracht, dass ich nie von ihr verlangt habe. Sie ist abends zu ihm gegangen und hat mir gesagt, ich soll Marten und Benjamin zu Lasses Wohnung schicken, wenn sie in drei Stunden nicht zurück wäre. Ich hatte meinen Finger schon über dem Anrufsymbol, da stolperte sie leichenblass in den Flur und hat sich im Bad eingeschlossen. Sie hat eine ganze Stunde geduscht und ich glaube sie hat geweint. Sie hat mir nie gesagt, was bei Lasse mit ihr passiert ist."
"Glaubst du, er hat sie vergewaltigt?"
"Möglich. Ich weiß es nicht. Als Carrie mich mit dem Kokainklan bekannt machte, hatte der Spuk ein Ende. Nachdem die Jungs mich vollständig akzeptiert hatten, durfte ich öfter bei ihnen sein. Ich habe danach fast nie mehr als fünf Stunden zu Hause verbracht. Ich war höchstens zum Schlafen mal in Marzahn, weil das die einzige Regel war, die Mama dann doch irgendwann aufstellte: Zum Schlafen musste ich nach Hause kommen, und zur Schule musste ich auch gehen, also versuchte ich wenig zu schwänzen. Ich ging wieder auf Partys, diesmal tatsächlich um mit den Leuten zu feiern. Mir hat's Spaß gemacht, ein Teil der Szene zu sein. Parallel fand ich in der Schule meinen - na ja - normalen Freundeskreis. Unter Mikas strenger Aufsicht konnte ich meine ersten Erfahrungen mit Drogen sammeln. Es hat mich gereizt, ich war ja dauernd umgeben davon. Bis dato wollte ich nichts selbst konsumieren. Das hätte Carrie bloß enttäuscht; und mein Vater hat mir schon gereicht, noch mehr enttäuschte Familienmitglieder konnte ich nicht gebrauchen. In der Szene was auszuprobieren wäre naheliegender gewesen, aber als Minderjährige illegal auf Droge hätten die KKKs mich in ihrer Anwesenheit nie geduldet. Sie kannten mich als das unvermurkste Mädchen, dass ich in Wahrheit gar nicht war. Es hat so unbeschreiblich gut getan, dass es wenigstens diese paar Menschen gab, die an meine Unschuld geglaubt haben. Dadurch konnte sogar ich wieder an meine Unschuld glauben, an meine Jugend und an mich selbst. Hip Hop Deutschland hat mich davor bewahrt, in einen sehr tiefen Abgrund zu stürzen, aus dem ich wahrscheinlich nie wieder rausgeklettert wäre." Mit dieser Feststellung beende ich meinen Monolog. "Außer dir habe ich noch nie jemandem davon erzählt, nicht einmal Stean oder Tarik; oder Mika und Pari."
"Danke, dass du mir das anvertraust."
"Ich erwarte jetzt nichts von dir. Du sollst nur wissen, dass das, was du sagst, bei mir sicher ist. Ich behalte es für mich, darin bin ich besser als du vielleicht denkst."

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