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Mum strich mir schon wieder über das Haar. Sie kannte mich jetzt schon dreizehn Jahre und war immer noch fasziniert davon. Nur, weil es ihrem so ähnlich war.
"Mum!", rief ich leicht genervt aus.
"Ja, Schatz?", fragte sie, aber da hatte ich ihre Hand schon ab geschüttelt.
"Ich hab eich lieb!", sagte ich und nahm sie und meinen Dad in den Arm.
"Wir sehen uns im Sommer", sagte Dad zum Abschied und Mum bat Hugo und mich: "Jede Woche mindestens ein Brief, habt ihr verstanden?"
Ich nickte und Hugo zappelte verlegen in ihren Armen herum. Dann stieg ich, gefolgt von meinem Bruder, in der Hogwarts-Express. Er machte sich sofort auf die Suche nach seinem besten Freund Milo Thomas, während ich nicht so recht wusste, wo ich mich hinsetzen sollte. Zu den Finnigan-Zwillingen Tiffany und Kelly; zu June McLaggen, Ling Chang oder vielleicht doch zu meiner Familie?
Die Entscheidung wurde mir durch Scorpius Malfoy erheblich erleichtert.
"Rose! Rose!", rief er, so laut, dass der ganze Zug nun meinen Namen kennen musste.
"Malfoy?", gab ich zurück und versuchte dabei möglichst kalt zu klingen, so wie mein Cousin James. Dieser Versuch misslang allerdings kläglich. Zum Troll mit der Nettigkeit! Na ja, manchmal hatte ich da so meine Probleme mit meinem Charakter. Es war nämlich so, dass mir einfach nichts über die Lippen kommen wollte, was einen anderen verletzen könnte.
"Sag mal, möchtest du vielleicht bei mir und Albus sitzen?", fragte er und die Nervosität stand ihm ins Gesicht geschrieben, so dass ich einfach nicht Nein sagen konnte. Zum Glück hatte Hugo das nicht gesehen. Der hätte sich jetzt nur so vor lachen geschüttelt.
Ich wollte meinen Koffer (übrigens mit wunderschönen Gryffindor-Aufklebern verziert) anheben und in das Abteil tragen aus dem Scorpius gekommen war, da streiften mich arme weiche Finger. seine Finger. Bei Merlin... Wie peinlich! Er lief puterrot an, brachte aber trotzdem ein "Ich mach das schon" heraus.
"Süß, der Kleine", hörte ich plötzlich die Stimme meiner Cousine Victoire Weasley dicht an meinem Ohr.
"Bei Merlin!", stieß ich total erschrocken hervor.
"Und sieht gar nicht so schlecht aus", meinte Vicy.
"Was redest du denn schon wieder für Drachenmist?"
Okay, okay, ich gebe zu, dass Scorpius mit seinem wuscheligem hellblondem Haar und den eisblauen Augen wirklich kein schlechtes Äußeres hatte.
Meine Cousine ignorierte mich und ging stattdessen weiter auf die Toiletten zu, während Scorpius Malfoy mich erwartungsvoll ansah. Am liebsten hätte ich theatralisch geseufzt. Wieso musste sich ausgerechnet der beste Freund meines Cousins in mich verlieben? Und dann auch noch ein Slytherin!
Trotzdem trat ich in das, so gut wie leere, Abteil. Nur mein Cousin Albus Severus Potter saß reglos da und starrte auf den immer leerer werdenden Bahnsteig. Mum und dad unterhielten sich mit Onkel Harry und Tante Ginny. Albus', James' und Lilys Eltern.
"Hey Al!", begrüßte ich meinen Cousin.
"Ich heiße Albus. Dich nennt ja auch niemand Ro", erwiderte er nur.
Da musste man ihm wohl oder übel Recht geben.
"Hey Albus!", wiederholte ich und fragte mich in Stillen, warum ich es tat.
"Setz' dich doch, Cousinchen", bot er dann an und ich ließ mich neben ihn auf den Sitz fallen.
Peinliches Schweigen.
"Ähm... Was habt ihr den so in den Ferien gemacht?", fragte ich, um die Atmosphäre ein wenig zu lockern.
"Nicht viel. Wir haben nur meinen Großvater besucht", antwortete Scorpius, froh zu wissen, was er sagen sollte.
"In Askaban?", rief Albus ungläubig aus.
Scorpius nickte. "Ja, aber es war wirklich schrecklich dort. Überall Dementoren. Unbeschreiblich, unter welchen Bedingungen die Gefangenen dort leben müssen." Die kleinen, fast unsichtbaren Häärchen an seinen unterarmen stellten sich auf. Auch ich schauderte.
Plötzlich wurde die Abteiltür aufgestoßen und ein Mädchen fragte: "Ist hier noch frei?"
Ich kannte die große Slytherin vom sehen und mochte sie nicht. Mein Dad hatte mir immer von Scorpius' Vater Draco Malfoy erzählt, der diesem Mädchen sehr ähnlich gewesen zu sein schien. "Zu mindest in den ersten vier Jahren", fügte Onkel Harry an dieser Stelle immer hinzu.
Ohne eine Antwort abzuwarten ließ sich das Mädchen auf dem Platz neben Scorpius nieder, wobei ihr dunkler Pferdeschwanz auf und ab wippte.
"Hi Cristyna", grüßte Scorpius sie wenig begeistert.
"Wie waren die Ferien, Cristyna?", fragte Albus dafür um so freudiger.
"Ach, ganz okay", meinte Cristyna, während sie mich mit ihren kalten, fast schwarzen Augen fixierte. "Was macht denn dich kleine Blutsverräterin hier?"
"Das ist doch nur Albus' Cousine, Rose Granger Weasley", stellte Scorpius mich vor. "Und das Rose, ist Cristyna Zabini. Die Tochter von Blaise und Pansy Zabini."
"Natürlich weiß ich wer das ist", schnauzte Zabini nun Scorpius an. "Aber sie ist immer noch eine Blutsverräterin. Und ein dreckiges Halbblut. Ihre Vorfahren haben den dunklen Lord gestürzt! Deinen Grandpa und so viele andere nach Askaban gebracht. Wie kannst du mit ihr zusammen sitzen ohne an all das zu denken?!"
Cristyna schien mir ein bisschen hysterisch. Trotzdem wartete ich gespannt, was Scorpius wohl darauf antworten würde.
"Albus Vater persönlich hat Voldemort umgebracht. Trotzdem macht es dir nichts aus mit ihm zusammen im Gemeinschaftsraum Zaubererschach zu spielen oder zu lernen. Ich war bei ihm Zuhause. Harry Potter ist vollkommen in Ordnung und seine Frau kann ganz fantastisch kochen!" Wenn Tante Ginny das nicht von Grandma Molly hatte...
"Albus ist auf der richtigen Seite! Anders als diese-" Sie verzog das Gesicht zu einer angeekelten Grimasse. "-Granger-Weasley."
Langsam ging mir Cristyna Zabini mächtig auf den Geist.
"Was will denn die richtige Seite?", fragte ich dennoch vorsichtig nach.
"Reinblüter an die Macht!"
Laaaaaaaaaaaaaaangweilig! Das hatten wird doch schon!
"Cristyna, das mit den Reinblütern ist schon mehrfach gescheitert und mittlerweile gibt es auch nur noch sehr, sehr wenige. Du kannst stolz auf dein reines Blut sein, aber verurteile die anderen nicht wegen ihrer Vorfahren!" Wow! Dass nenne ich mal eine Ansprache! Aber: Wer saß da neben mir? Das war doch nicht Albus, oder?
Trotzdem zog sich diese Diskussion endlos! Deshalb hier mal die Zusammenfassung:
Cristyna: Reinblüter an die Macht!
Albus: Sei stolz auf dein Blut, aber respektiere den anderen!
Scorpius: Alle sind gleich! Auch Muggel!
Bei Merlin! Vielleicht sollte man in Hogwarts einen Debattier-Klub gründen.
Dann - endlich - hielt der Zug am Bahnhof von Hogsmead.
Ich (von uns vieren als einzige in einem roten Gryffindor-Umhang) sprang als erste erleichtert aus dem Hogwarts-Express. Während Cristyna Albus immer noch mit ihren Reinblüter an die Macht-Sprüchen nervte (ich hoffe mal das er davon langsam genervt war. Oder er war ein verliebtes Schaf. Beides möglich...), trat Scorpius zu mir.
"Hat dir deine Mum schon von dem Ball erzählt?", fragte er und wurde sofort wieder feuerrot.
"Welcher Ball?", gab ich zurück und hielt ausschau nach meiner besten Freundin June. Hoffentlich war sie nicht sauer auf mich, dass ich nicht bei ihr gesessen hatte.
"Das deute ich mal als Nein."
"Nun sag schon, Malfoy!" Er lächelte mich scheu an. Als würde er sich darüber freuen, dass ich seinen Namen kannte. Aber wer kannte ihn nicht. Ich meine, hallo, die Erstklässler hielten ihn immer noch für Voldemorts Sohn und die älteren Schüler fanden, dass er ein kleiner Absteiger war. Also, bitte.
"Dem Weihnachtsball in Gedenken an Cedric Diggnory."
"Ach, Cedric. Mein Onkel hat so viel von ihm erzählt, es ist, als würde ich ihn persönlich kennen." Das stimmte tatsächlich. Als ich noch klein war, war Cedric mein Idol gewesen. Na ja, da hatte ich noch nicht gewusst, dass er am Ende gestorben war.
"Genau. Und Cedric Diggnory ist beim Trimagischen Turnier vor genau 25 Jahren gestorben. Jetzt möchte Professor McGonagall mit einem Ball an ihn erinnern. Genau wie vor 25 Jahren, beim Weihnachsball. Davon hat mir mein Dad eine ganze Menge erzählt. Deine Mum hat mit dem Ex-Quidditch-Champion getanzt und muss dabei wunderschön ausgesehen haben. Genau wie d- ähm, ja..."
Ähm... ja genau.
"Komm, Scorpius, wir verpassen noch die Kutschen!", sagte ich und rannte los.
Scorpius blieb wie angewurzelt stehen. Diese verliebten Schafe...
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