6. Kapitel
Alekto setzte sich schlaftrunken und verwirrt in ihrem Bett auf. Angestrengt lauschte sie in die nächtliche Stille hinein, bevor sie die schwere Decke zurückschlug und die samtigen Vorhänge auseinanderzog. Es war noch mitten in der Nacht und der Schlafsaal lag fast schon wie magisch in einem tiefen Schlaf, nur das leise Plätschern des großen Sees war zu hören. Es wirkte fast schon idyllisch, aber irgendetwas hatte sie geweckt.
Nach zwei weiteren Sekunden wurden auch bei einem der anderen beiden Betten die Vorhänge auseinandergezogen. Im Schatten der Nacht sahen sich die zwei Mädchen verwirrt an. . . dann rüttelte die Erde und irgendwoher konnte man einen gedämpften Knall hören. Alekto duckte sich instinktiv in ihre Matratze und sah erschrocken zu Helen im anderen Bett.
"Was war das?! Ein Erdbeben?!", rief das letzte Mädchen im Schlafsaal, das nun auch erwacht war. Erneut knallte es und die Mädchen zuckten zusammen.
Der Knall schien gedämpft aus der Ferne zu kommen, doch er zerriss die Stille der Nacht. Eilig sprangen sie aus ihren Betten und griffen nach den Zauberstäben und Morgenmänteln. Alekto packte Bellona vom Fußende ihres Bettes und drückte sie ohne anzuhalten Lea in die Arme, damit sie sich den Morgenmantel überziehen konnte, während Helen ihre Kröte in die Tasche ihres Morgenmantels stopfte.
Sie rannten so eilig den Flur entlang in den Gemeinschaftsraum, dass Alekto fast ihre Pantoffel verloren hätte. Sie waren nicht die Einzigen, schon viele Schüler mit verwuschelten Haaren und verschlafenen Gesichtsausdrücken hatten sie versammelt und mehr kamen noch aus ihren Schlafsälen. Einige hatten ihre Tiere mit sich, andere ihre Zauberstäbe griffbereit, wiederum andere hatten sich nicht einmal die Mühe gemacht, einen Morgenmantel anzuziehen. Immer weiter füllte sich der Gemeinschaftsraum mit aufgeregten Schülern, und der Lärmpegel schwoll jede Sekunde weiter an.
Die drei Mädchen stießen zu einigen der Jungen aus ihrem Jahrgang, die schon vor ihnen dagewesen waren.
"Severus, was ist los?", rief Lea dem Jungen über den Lärm zu, doch er zuckte nur mit den Schultern.
"Bitte beleibt alle ruhig", rief ein Vertrauensschüler aus der Siebten, doch es war schwer für ihn, gegen die vielen aufgebrachten Schüler anzukommen.
"Sollten wir in die Große Halle?", rief ein Fünftklässler über die Menge, der eine lautere Stimme hatte als der Vertrauensschüler.
"Ja, gehen wir in die Große Halle", rief ein Anderer.
"Hier sind wir sicherer", kam es von einer Siebtklässlerin, neben Alektos Gruppe, die ihren kleinen Bruder an sich drückte.
"Hast du den Knall gehört? Wir befinden uns direkt beim See, wenn das hier zusammenkracht, haben wir größere Probleme."
"Das ist Hogwarts, die Gemäuer haben schon schlimmere. . .-" versuchte es der Vertrauensschüler nochmals, wurde aber unterbrochen von einem Schüler, der die Tür zum Gemeinschaftsraum aufriss.
"Leute, andere haben sich in der Großen Halle eingefunden", brüllte er über die Menge hinweg.
"Vorerst müssen wir einfach ruhig bleiben und auf Anweisungen warten", rief der Vertrauensschüler nochmals, doch die ersten Schüler hatten den Gemeinschaftsraum bereits verlassen und weitere folgten ihnen, bis es zu einem Fluss von verschlafenen Schülern kam. Angeführt von ein paar Fünftklässlern verließen viele Slytherins den Kerker und nur einzelne kleine Gruppen blieben zurück.
Auch von den anderen Häusern strömten immer mehr Schüler in die Halle. Die große Aufregung blieb bestehen, während Schüler von allen vier Häusern überall in der Großen Halle herumstanden.
Alekto drückte Bellona an sich, um sie bei dem Gedränge nicht zu verlieren, während sie sich mit den anderen einen Ort für sich suchte.
Immer weiter füllte sich die Halle mit Schülern in Pyjamas und Morgenröcken. Leonhard Wayne versuchte mit seiner Schulsprecher-Kameradin Ruhe und Ordnung in die aufgeregte Masse zu bringen, was aber nur mäßig funktionierte. Lehrer konnte Alekto keine sehen.
"Das war ein Riese, ich habe ihn vom Ravenclaw Turm aus gesehen", rief ein Schüler.
"Das sind sicher Todesser", kreischte eine andere. Der Vorfall in Hogsmeade war vor ein paar Tagen gewesen und noch immer war keine Klarheit, was vorgefallen war und die Hintergründe davon.
"Ein Erdbeben und ein Flur im Westflügel ist eingestürzt", kam die nächste Theorie. Weitere Vermutungen wurden hin und her geworfen, bis man an der Decke der Großen Halle rosa Streifen am Himmel erkennen konnte und die Sterne anfingen zu verblassen.
Es war immer noch ein Geschnatter, aber die Schulsprecher konnten zusammen mit den Vertrauensschülern etwas Ordnung hineinbringen. Hin und wieder war ein Lehrer hereingekommen und hatte kurze Worte mit den Schulsprechern gewechselt. Die Schüler saßen bunt gemischt an den Tischen oder auf dem Boden und sprachen mit Freunden. Niemand trug Uniform und in diesem Moment war es egal, wo man saß, Hauptsache mit Freunden. Ältere Vertrauensschüler waren losgeschickt worden, alle noch in den Schlafsälen und Gemeinschaftsräumen verbliebenen Schüler zu holen.
Alekto saß alleine an die Wand gelehnt im Schneidersitz auf dem Boden und beobachtete, wie sich der Himmel über ihr veränderte. Lea musste als Vertrauensschülerin ein paar Erstklässler beruhigen, und Helen hatte ihre Kröte verloren und war nun auf der Suche. Bellona lag nicht weit von ihr, mit einer anderen Katze unter einem Tisch und putzte sich. Die Slytherin fuhr sich durch das offene Haar, während sie sich fragte, wie lange sie noch hier sein mussten.
"Das ist zu auffällig", konnte sie Remus Lupin sagen hören. Er und die anderen Rumtreiber standen nicht weit von ihr in einer Ecke und unterhielten sich leise.
"Er ist gleich wieder zurück", versicherte ihm Potter und Alekto bemerkte, dass sie nur zu dritt waren. "Die Lehrer lassen uns absichtlich im Dunklen. Außerdem würden sie Tatze eh nicht erkennen."
"Das ist gefährlich, was, wenn ihm etwas passiert?", zischte Lupin. Wo war Black? Sprachen sie von ihm?
Lily Evans stapfte in ihren Pantoffeln zu ihnen und verschränkte die Arme von der Brust. Ihre grünen Augen blitzten, als sie die drei Unruhestifter prüfend ansah. Ihr rotes Haar war zu einem losen Zopf gebunden, aus dem sich schon mehrere Strähnen gelöst hatten.
"Ihr habt nichts damit zu tun, oder?"
"Lily, das geht selbst für uns zu weit", beteuerte Lupin. Evans nickte, doch man konnte die Sorge in ihrem Gesicht sehen.
"Wo ist Black?", fragte sie scharf und sah sich nach dem vierten Rumtreiber um.
"Musste auf die Toilette."
Sie sah Pettigrew an. "Alle Schüler sollen in der Großen Halle bleiben, bis wir genauere Informationen haben!"
"Hätte er demnach wie ein Hund irgendwo in die Ecke pinkeln sollen?", fragte Potter und Lupin schien mit der Hand seinen Mund zu bedecken, um ein Schmunzeln zu verstecken. "Außerdem, hier ist er schon." Er deutete auf die Tür, wo tatsächlich Black gerade wieder in die Große Halle schlüpfte.
Evans schüttelte nur den Kopf und murmelte etwas, das Alekto von ihrer Position nicht verstehen konnte und wechselte noch ein paar Worte mit Lupin, was ihre Aufgaben als Vertrauensschüler anbelangte.
"Hast du dir Sorgen um mich gemacht?", neckte Black sie, als er bei der Gruppe ankam.
Evans verdrehte nur die Augen und wandte sich wieder zum Gehen ab.
"Übriges, dein Morgenmantel steht dir, die pinken Blumen passen zu deinem Haar", rief ihr Potter hinterher. Sie drehte sich nicht um und ging determiniert zu ihren Freundinnen.
"Hat dir keinen Blick gewürdigt, Krone", grinste Sirius und lachte leise.
"Dieses Mal hat sie mich nicht beleidigt, sie scheint mir gegenüber langsam aufzuwärmen", erwiderte er zwinkernd. "Was hast du herausgefunden?", fragte der Junge wieder ernst.
Sirius deutete ihnen an, näherzukommen, und sie steckten die Köpfe zusammen. Alekto hätte zu gerne gehört, was er zu erzählen hatte, aber sie waren zu leise.
Schließlich richteten sie sich wieder auf und sahen sich in der Halle um, als würden sie etwas oder jemanden suchen.
Auch die Slytherin warf einen Blick auf die Schüler, vielleicht fehlte einer. Ein Spion vielleicht oder tatsächlich ein Todesser... Als sie wieder zu den Rumtreibern schaute, sah Lupin sie direkt an und auch die anderen drehten sich zu ihr.
Alekto sah zwischen den vier Jungen hin und her, während diese sie anschauten. Hatten sie bemerkt, dass sie sie belauscht hatte? Es war nicht ihre Schuld, dass sie in der Nähe war, sie saß hier zuerst. Die Tür öffnete sich und McGonagall kam gefolgt von Professor Fraser herein. Sie blickte über die Schüler, Sorgenfalten waren in ihrem Gesicht zu sehen. Der Schulleiter erschien neben ihr und tätschelte ihren Arm, bevor sie nach vorne zum Lehrertisch liefen. Dabei hielt Dumbledore noch ein paar Mal an, um ein paar Worte mit einzelnen Schülern auf dem Weg zu tauschen. Weitere Lehrer tauchten in der Tür auf und selbst der Wildhüter Hagrid war da.
"Liebe Schüler", begann der Schulleiter, als er sich vor den Kindern positioniert hatte. "Heute Nacht wurde Hogwarts angegriffen." Die Halle war bereits still gewesen, aber nun fühlte es sich an, als würde jeder einzelne Schüler die Luft anhalten. "Die Verteidigungsmaßnahmen von Hogwarts haben gehalten, kein Angreifer hat es auf das Schulgelände geschafft. Hogwarts ist nach wie vor sicher, es bestand und besteht keine Gefahr."
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