49. Kapitel
In den nächsten Tagen blickte Sirius nicht einmal in ihre Richtung, wenn sie zusammen Unterricht hatten. Remus war auch wieder im Unterricht, aber er wirkte erschöpft.
Professor Fraser ließ die Klasse wie immer den neuesten Spruch üben und kontrollierte dabei die Schüler.
"Halten Sie den Zauberstab tiefer, Miss McKinnon. Aye, Mr Pettigrew, das passiert, wenn man die Bewegung nicht richtig macht. Miss Evans. . ." seine laute Stimme mit dem schottischen Akzent donnerte wie immer durch den ganzen Raum.
Aus den Augenwinkeln sah Alekto wieder zu den Rumtreibern. So ungern sie es zugeben wollte, ohne die Jungen würde sie Merlins Geheimnis wohl nicht finden und sie wusste, dass sie sich augenblicklich von ihr abwenden würden, wenn es zu einer Frage zwischen ihr und Sirius wurde. Das nahm sie ihnen nicht übel, sie würde dasselbe tun. Sie blickte zur anderen Seite, wo Lea und Helen standen.
"Träumen Sie nicht herum, Miss Myrddin." Alekto zuckte zusammen. Für seine Größe und Statur konnte der Professor sich verdammt leise bewegen.
Sie hob ihren Zauberstab und versuchte, die Bewegung so genau wie möglich auszuführen.
"Noch nicht perfekt, aber Sie machen deutliche Fortschritte, zehn Punkte für Slytherin." Sie drehte sich zu ihm um, das war wohl das größte Kompliment, dass sie je von ihm kriegen würde. "Aber Sie brauchen immer noch zu viel Vorbereitungszeit", fügte er hinzu, bevor er weiterging. "Mr Snape, Miss Harris, die Betonung liegt auf der ersten Silbe!"
Alekto sah auf die verschiedenen Holzstücke, die vor ihr ausgelegt auf ihrer Bettdecke lagen. Sie packte Bellona, die gerade auf ihr Bett gesprungen war, bevor die Siamkatze etwas durcheinanderbringen konnte. Dafür, dass es so eine simple Schmuckschatulle war, war das Zusammensetzen der Bruchstücke gar nicht so einfach.
Sie dachte daran, wie sie sich gar nicht getraut hatte, ihrem Bruder von Queen zu erzählen, immerhin war es eine Muggel Rock-Band mit teilweise seltsamen Liedern. Er hatte sie irgendwann erwischt, wie sie in Cardiff das ausgestellte neuste Album im Schaufenster eines Musikladens angestarrt hatte und dann hatte sie ihm gestanden, ein Fan zu sein. Mittlerweile wirkte es lächerlich, wenn sie zurückdachte. Auch wenn ihr Bruder nur ein Jahr älter als sie gewesen war, so wirkte er für sie immer viel erfahrener.
Sie richtete den Zauberstab auf die Bruchstücke. "Reparo!" Magisch setzten sie sich zusammen und die Schatulle lag vor ihr auf dem Bett, als wäre sie nie kaputt gewesen, doch als Alekto sie genauer anschaute, bemerkte sie die Risse und Unebenheiten, wo das Holz auseinandergebrochen war.
Sie legte die Hand auf den Deckel. Egal, wie talentiert und erfolgreich, es musste auch für ihren Bruder nicht einfach gewesen sein. Merlin war wohl der größte Zauberer, der je gelebt hat, solche Schuhe konnte niemand ausfüllen. . . es sei denn, man hatte selbst Merlins Kräfte. . .
Ruckartig öffnete sie den Deckel aus Angst, dass die Magie nicht mehr funktionierte. Eine Sekunde war es komplett still, bevor Freddie Mercurys Stimme sie umfing.
Behutsam stellte sie die Schatulle auf ihr Nachttisch, bevor sie Bellona auf den Schoß zog. Die Katze begann zu schnurren über die ersehnte Aufmerksamkeit.
Lea kam von ihrer Nachmittagsstunde Pflege magischer Geschöpfe zurück. Einer ihrer Ärmel war zerrissen und sie hatte einen langen Kratzer im Gesicht.
"Ich will nicht darüber sprechen", meinte sie knapp, drehte sich dann verwundert zu Alekto um. "Was ist das?"
"Eine Schmuckschatulle, die Musik spielt, wenn sie offen ist", antwortete Alekto und Lea lauschte kurz dem Lied.
"Gibt es einen Grund, wieso deine Schmuckschatulle ein Lied über jemand spielt, der in sein Auto verliebt ist?"
"Das nennt sich Kunst", erwiderte Alekto lachend, als Helen von ihrer Stunde zurückkam.
"Kann das Ding auch Billy Joel spielen? Oder Elvis?"
Alekto schüttelte grinsend den Kopf. "Nein, nur Queen." Sie sah zu Helen. "Wollen wir nach dem Nachtessen noch unsere Astronomie-Hausaufgaben machen?"
Die Slytherin sah zwischen ihren Freundinnen hin und her und alle drei wussten, was jetzt kommen würde. "Sorry", sagte sie, "aber seine ZAGs kommen immer näher und dann habt ihr mich voll und ganz für euch bis zum Ende des Schuljahres.
Alekto lag in ihrem Bett wach und starrte den grünen Samt an. Sie wollte Merlins Geheimnis finden, koste es, was es wolle, und wenn sie sich dafür bei Sirius entschuldigen musste. Selbst eine Entschuldigung würde sie von ihm wohl nie kriegen. . . in ihrem Inneren musste sie zugeben, dass er irgendwie recht hatte, aber ihre Gedanken wanderten wieder mal zu Lea. Hätte sie ihre Meinung geändert, wäre sie nicht mit Lea oder einem anderen Halbblut befreundet? Lea war eine ihrer besten Freundinnen gewesen für sechs Jahre und erst jetzt änderte Alekto ihre Meinung.
Sie setzte sich in ihrem Bett auf. Wenn sie schon eine Entschuldigungstour machen musste, dann konnte sie gleich hier beginnen.
"Lea?", flüsterte Alekto. "LEA?", flüsterte sie lauter, während sie vor dem Bett ihrer Freundin stand. Endlich zog diese die Vorhänge auseinander, die braunen Locken standen in alle Richtungen und sie blinzelte müde in das Licht von Alektos Zauberstab.
"Es ist zwei Uhr morgens, was ist?"
"Können wir kurz reden?" Ohne auf ein weiteres Wort zu warten, kroch Alekto zu Lea aufs Bett und zog wieder die Vorhänge zu.
Lea schirmte ihre Augen von Licht ab, runzelte fragend die Stirn. "Ist bei dir alles in Ordnung?"
"Ja, alles gut. . ." Alekto holte tief Luft. "Es tut mir leid."
Lea sah immer noch zu müde aus, um zu verstehen, was vor sich ging. "Dass du mich geweckt hast?"
Alekto schüttelte den Kopf. "Es tut mir leid, sollte ich dir das Gefühl gegeben zu haben, du seist nicht genug, weil du ein Halbblut bist." Jetzt wirkte Lea plötzlich wach. "Es tut mir leid, was ich über Muggelgeborene gesagt habe und über Muggels. Du hattest recht, meine schwachen magischen Kräfte haben nichts mit einer Verschmutzung des Blutes zu tun. Ich habe mir in letzter Zeit viele Gedanken darüber gemacht, auch mit dem Krieg da draußen und. . ."
Ohne ein Wort zu sagen, lehnte sich Lea vor und schlang ihre Arme um Alektos Hals. Sie drückte sie fest an sich und vergrub ihr Gesicht in Alektos Schulter. Diese löste sich aus ihrer Starre und erwiderte die Umarmung, bis sie die leisen Geräusche bemerkte.
"Weinst du?", fragte sie vorsichtig und Lea ließ sie los. Ihre nassen Augen glänzten im Licht des Zauberstabes.
"Es tut mir auch Leid, ich kann den Druck deiner Familie nicht nachvollziehen und es muss grauenvoll sein ein Geschwister zu verlieren", sagte sie weinerlich und unterdrückte ein Aufschluchzen. "Du hast dich so normal verhalten und das Thema immer wieder abgeblockt. Helen und ich haben beschlossen, einfach so zu tun, als wäre nichts passiert, weil wir nicht wussten, wie wir dir helfen sollten." Alekto strich ihr über den Arm, nicht sicher, wie sie auf den emotionalen Ausbruch reagieren sollte, während Lea sich mit dem Handrücken über die Augen rieb. "Ich hatte solche Angst, euch zu verlieren, ich habe sogar mit Lily Evans darüber gesprochen."
"Worüber hast du mit Lily Evans gesprochen?", fragte Alekto, die es nun war, die dem Gespräch nicht mehr ganz folgen konnte.
Lea räusperte sich, um mit einer festen Stimme weitersprechen zu können, was aber nur beginnt funktionierte. "Du erinnerst dich, letztes Jahr nach den Prüfungen den Vorfall beim See zwischen ihr und Severus?" Alekto nickte, sie war selbst nicht da gewesen, aber so etwas sprach sich herum im Jahrgang. "Er hat sie ein Schlammblut genannt und sie hat daraufhin die langjährige Freundschaft beendet, und ich dachte, dass ich das vielleicht auch tun muss mit euch." Sie begann wieder zu weinen, während Alekto sie geschockt ansah. Lea hatte überlegt, die Freundschaft zu beenden? "Als du uns erzählt hast, dass du schwarze Magie verwendest, habe ich gedacht, dich verloren zu haben." Ihre Stimme wurde immer weinerlich. "Ich habe gedacht, du schließt dich gleich Charles verdammten Freunden an, mit denen Helen mittlerweile so viel beschissene Zeit verbringt."
Alekto packte sie an den Schultern und versuchte sie leiser zu kriegen, damit sie nicht Helen aufweckte. "Alles gut", sagte sie und trocknete mit ihrem Ärmel die Tränen ihrer Freundin. "Das mit der schwarzen Magie war etwas ganz anderes, ich hätte mich nie dieser Gruppe angeschlossen. Manche unserer Meinungen haben übereingestimmt, aber nicht mehr, das verspreche ich dir."
Lea brachte ein kleines Lächeln zu Stande. "Das glaube ich dir, wenn du sogar mit Sirius Black abhängst."
"Es läuft nichts zwischen uns", verteidigte sie sich schnell, wurde aber wieder ernst. "Ich weiß, was du mit Helen meinst. Letztens hat Irina mich angesprochen über Dinge, die sie gesagt hat, die auch von Mulciber oder Avery stammen könnten."
"Wieso hast du mir nichts davon erzählt?", fragte Lea.
"Weil ich weiß, wie du reagiert hättest, es tut mir leid."
"Wir müssen mit Helen sprechen", stellte Lea fest und Alekto stimmte ihr zu, aber dafür war jetzt nicht der Zeitpunkt.
"Ich muss dir erzählen, was ich bis jetzt für ein verrücktes Schuljahr hatte", sagte sie schließlich und machte es sich auf dem Bett bequem, während Lea immer noch ihre Tränen trocknete und schniefte.
"Wir verbringen doch die meiste Zeit zusammen, was kann dir da sonst noch passiert sein?"
Alekto grinste. Im Licht konnte man die letzten Spuren von Leas Tränen auf ihrer Wange sehen. "Unter anderem wurde ich von einem Werwolf angegriffen, Black hat mich gerettet und einen knappen Monat später habe ich Black fast umgebracht, dann hatten wir eigentlich eine echt gute Zeit aber jetzt spricht er nicht mehr mit mir und ich habe ein Portrait meiner Vorfahrin zerstört, das bis jetzt noch niemand vermisst hat. . ."
Lea sah sie entgeistert an. "Was zum Teufel, Alekto!"
Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro