32. Kapitel
Wütend starrte Alekto den Gryffindor-Tisch beim Frühstück am nächsten Morgen an. Die Rumtreiber schienen in ein lockeres Gespräch vertieft zu sein, mit Potter und Black auf einer Seite und Lupin und Pettigrew auf der anderen Seite. Potter erzählte gerade etwas, das die anderen zum Lachen brachte, nur Black schien zu beschäftigt zu sein, Lupin anzustarren.
Da sie Wochenende hatten, mussten sie ihre Schuluniform nicht tragen, was Black ausnutzte und nun ein schwarzes Tshirt mit einem weißen Dreieck und einem Regenbogen trug, auf dem groß Pink Floyd stand.
Sie konnte es immer noch nicht fassen, dass sie das einzige Bild des Schlüssels hatten und Alekto ihnen sogar damit behilflich gewesen war. Sie fragte sich auch, woher die Anderen das Bild aus dem Haus der Myrddin hatten. War es Taliesin gewesen? Hat er ihnen die Zeichnung beschafft?
Das Bild der Beerdigung schlich sich wieder in ihr Bewusstsein, wie sein Körper im Sarg gebettet war, als würde er nur schlafen. Ein saurer Geschmack breitete sich in ihrem Mund aus, als sie sich erinnerte, wie sie den Ärmel seines weißen Hemdes hochgeschoben hatte.
Sie kniff die Augen zusammen und die Erinnerung wieder verdrängte. Wieso hatte Taliesin ihr nie von all dem erzählt? Sie waren sich so nahe gestanden, was war nur passiert?
Sie sah wieder zu Black, er konnte etwas erleben bei ihrer nächsten Nachhilfe!
Für eine Sekunde spielte sie mit dem Gedanken wieder zu Morwenna zu gehen und zu fragen, ob diese sich an den Schlüssel erinnern konnte, aber dann fiel ihr wieder ein, was sie gesagt hatte. Alekto soll Merlins Geheimnis und seiner Magie nicht würdig sein, Morwenna hatte wohl auch das Gefühl, sie sei selbst dem Blut Merlins nicht würdig.
Wütend schnaubte sie auf und zog Helens Aufmerksamkeit auf sich.
"Was starrst du so finster an?", fragte diese.
Die nächste Woche startete mit einem sonnigen Tag, aber es dauerte nicht lange, bevor das Wetter bemerkte, dass es immer noch Mitte Februar war und der Regen wieder kam.
Mittlerweile hatte Alekto auch die anderen Bücher und Schriften durchgelesen, aber nichts weiter gefunden.
Sie überlegte, wie viel wohl schon die Rumtreiber herausgefunden hatten. Wie nahe waren sie daran, Merlins Geheimnis zu finden, jetzt, da sie eine Abbildung des Schlüssels hatten?
Das ganze Nachdenken machte ihr Kopfschmerzen, als sie Nachts in ihrem Bett lag. Die Hände hatte sie über dem Bauch gefaltet, während sie an die Decke ihres Himmelbettes starrte.
Irgendwann driftete sie in einen unruhigen Schlaf, doch ihre Gedanken kamen nicht zur Ruhe.
Sie fand sich wieder in einer alten Kirche, die neben dem Friedhof stand, auf der ihre Familie schon seit Generationen begraben wurde. Eine dicke Holztür vor ihr trennte den Vorraum vom Rest der Kirche. Alekto sah sich um, es hörte sich an, als würde ein scharfer Wind um das Gebäude pfeifen, während sie ganz alleine in dem kleinen Raum stand. Eine einzige Lampe hing über ihrem Kopf und tauchte die Umgebung in ein gelbliches Licht. Es flackerte und Alekto sah hoch, aber als sie wieder zu der Tür vor sich blickte, war diese ein Spalt offen. Langsam streckte sie die Hand danach aus und drückte die schwere Tür etwas weiter auf.
Das Innere der Kirche war komplett leer, bis auf die Bänke und den aufgestellten Sarg. Wieder konnte sie das Pfeifen des Windes hören. Ihre Schritte hallten von den Wänden, als sie sich durch die Tür zwängte und langsam den Mittelgang entlang lief, die Augen fest auf den Sarg gerichtet. So sollte es nicht aussehen, damals waren Blumen da und es hatte nicht gewindet, stattdessen hatte man die Stimme der Leute draußen gehört. Doch nun war neben dem Wind nur das Klackern ihrer Schuhe auf dem steinernen Boden zu hören.
Alekto trat an den Sarg ihres Bruders. Seine grünen Augen waren geschlossen und von seinen dunkelbraunen Locken wirkte keine, wo sie nicht sein sollte. Aber sein Gesichtsausdruck wirkte unzufrieden, als hätte er einen unschönen Traum. Am liebsten hätte sie ihre Hand nach ihr ausgestreckt, aber sie erinnerte sich nur noch zu gut daran, wie sich seine kalte Haut angefühlt hatte. Er trug auch das makellos weiße Hemd mit den Perlmuttknöpfen, aber seine Hände waren nicht auf seiner Brust gebettet, sondern umklammerten ein Buch, dessen schwarzen Lederumschlag Alekto auch ohne Titel erkannte: Das Grimoire der Cyhyraeth.
"Wieso hast du es getan?", fragte ihr Bruder, als er neben ihr an den Sarg trat und auf seinen toten Körper hinab sah.
"Weil ich nun der Erbe der Familie Myrddin bin."
"Und der muss mächtig sein?", fragte er nach einer kurzen Pause.
"Wir stammen von einer mächtigen Blutlinie, Tal." Sie schluckte, sie getraute sich nicht ihn anzusehen.
"War es das wert?", fragte Taliesin weiter. Aus den Augenwinkeln konnte sie sehen, wie er sich zu ihr wandte.
Alekto überlegte ein paar Sekunden. "Ja", sagte sie schließlich, "aber ich erwarte nicht von dir, das zu verstehen." Endlich drehte sie sich zu ihrem Bruder, der nur fragen, die Augenbrauen hob. "Du warst immer das goldene Kind, das alles konnte und von jedem gemocht wurde. Du hast immer alle Anforderungen der Familie erfüllt."
Er musterte sie einen Moment. "Und du denkst, ich habe nie den Druck des Familiennamens gespürt? Vielleicht ist es an der Zeit, den Namen in den Geschichtsbüchern zu lassen."
"Nein!", rief Alekto und ihre Stimme hallte von den Wänden. "Du bist tot, du hast nichts mehr zu melden. DU hast mich alleine gelassen und mich in diese Position gebracht." Wütend drehte sie sich um und stapfte den Korridor entlang. "Du hast kein Recht, über meine Entscheidungen zu urteilen. Das Ganze ist eigentlich deine Schuld, du musstest ja unbedingt sterben!", rief sie aufgebracht.
"Natürlich, es ist immer jemand anders schuld bei dir", wurde ihr hinterhergerufen, aber es war nicht die Stimme ihres Bruders. Sie fuhr herum zu Lea, die nun am Ort stand, wo eben noch ihr Bruder gewesen war. "Die Muggels sind schuld an deiner Magie, dein Bruder ist schuld an deiner Familie. Bin ich auch an etwas schuld, oder zähle ich zu den Muggels, die die Magie zerstören, was interessanterweise nicht Muggelstämmige und Halbblute beeinträchtigt?" Ihre blauen Augen blitzen auf.
Es war nicht das erste Mal, dass dieser Streit Alekto in ihren Träumen heimsuchte. "Du weißt nicht, was für ein Gewicht der Name Myrddin trägt", gab diese wütend von sich, während Lea vom Sarg zurücktrat und einen Schritt auf sie zu machte.
"Der Name ist auch das absolut Einzige, das du vorzuweisen hast. Aber was tust du, wenn die Zeit der Myrddin ist vorbei?", fragte sie. "Der letzte Erbe des Merlins, aber was genau ist dein Erbe? Muggels zu hassen? Die Magie kann es schließlich nicht sein."
Auch Alekto machte einen Schritt auf sie zu. "Ich stamme einer mächtigen Blutlinie ab, mein Blut alleine ist mehr wert als das von dutzenden Schlammblüter zusammen!"
"Ist es das?", fragte Lea. "Was macht es denn so speziell? Du musstest dein Leben aufs Spiel setzen und schwarze Magie anwenden, um den kleinsten Zauberspruch zu schaffen."
Die beiden Mädchen standen nun nur noch ein paar Schritte voneinander entfernt.
"Ohne das Blut Merlins in meinen Adern hätte der Spruch nie so gut funktioniert. Du bist neidisch, weil du nur ein Halbblut bist."
Lea lachte auf. "Worauf bin ich denn neidisch? Deinen Gesellschaftskreis, der trotz deines Namens auf dich hinunterschaut? Deine Vorfahrin, die dich selbst mit schwarzer Magie als nicht gut genug ansieht? Deine Eltern, die sich wünschen, du wärst anstelle deines Bruders gestorben? Du kannst nicht einmal deine Magie kontrollieren und suchst nach Merlins Geheimnis?"
Alekto machte einen Schritt zurück, während sie nach einem Argument suchte. Doch Lea stürzte nach vorne, aber plötzlich war es nicht mehr die, sondern der Werwolf, der mit rasiermesserscharfen Zähnen nach ihr schnappte. Er setzte zu einem Sprung an, das Maul weit aufgerissen, als Alekto endlich aus ihrem Alptraum aufwachte.
Mit zitternden Händen rieb sie sich über das erhitzte Gesicht, während sich ihr Brustkorb weiter schnell hob und senkte. Es war alles nur ein Traum gewesen, jedoch musste sie zugeben, ihr Unterbewusstsein hatte Lea und Taliesin recht gut getroffen. Aber wieso konnte es nie auf ihrer Seite sein?
Das Zimmer war ganz still, als sie die Decke zurückschlug und die nackten Füße auf den Boden stellte. Sie hatte das Gefühl, es war so stickig, dass sie kaum noch Luft kriegte, aber ein Fenster konnte sie wegen der Lage des Slytherin-Hauses nicht öffnen. Also schlich sie sich auf Zehenspitzen aus dem Schlafsaal und ließ sich müde auf eines der Sofas vor dem Kamin fallen. Im Gemeinschaftsraum hatte sie das Gefühl wieder atmen zu können und trotz des Feuers war es auch kälter.
Alekto ließ sich auf die Seite kippen und legte den erhitzen Kopf auf das kühle Leder, während sie die Flammen beobachtete. Sie versuchte in ihrem Hirn den Traum zu verarbeiten, ohne wirklich daran denken zu müssen.
Irgendwann döste sie wieder ein. Sie wusste nicht, wie lange sie weg war, bevor das Geräusch einer Tür sie weckte. Zuerst dachte sie, Helen oder Lea hätten ihre Abwesenheit bemerkt, aber als sie sich aufrichtete, bemerkte sie, dass die Gestalt nicht von den Mädchenschlafsälen kam.
"Verzeihung, ich wusste nicht, dass dieser Platz schon besetzt ist", sagte die Person und Alekto erkannte die Stimme, bevor sie das Gesicht sah.
Wer da wohl kommt?
Alekto schlägt recht um sich im Traum und was Traum-Lea über sie gesagt hat ist nicht gelogen (immerhin kommt sie auch aus ihrem Unterbewusstsein).
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