19. Kapitel
Weihnachten verlief ereignislos. Wie immer war Tante Carridwen gekommen und blieb nun als Gast bis zum Geburtstag von Alektos Mutter. Alekto hätte so oder so die meiste Zeit in ihrem Zimmer verbracht, aber Tante Carridwen hatte immer etwas an ihr auszusetzen und so vermied Alekto jegliches Zusammentreffen.
Sie trauerte dem Schmuckkästchen mit der Musik nach, das immer noch zerstört in dem Nachttisch in Hogwarts lag. Zu gerne hätte sie geschaut, ob Queen neue Hits herausgebracht hatte und ihre Lieblingslieder hinauf und hinunter gehört. Stattdessen konnte sie nur dem auf das Dach prasselnden Regen lauschen, während sie auf dem Bett saß und ein Weihnachtsgeschenk durchblätterte. Es war ein Buch über halluzinogene Pflanzen und wie diverse Kulturen sie gebraucht haben, um mit den Göttern in Kontakt zu treten. Alekto war sich ziemlich sicher, sie könnte einige dieser Pflanzen selber züchten, aber über das Kontaktieren den Göttern hatte sie Zweifel.
Ihr Vater klopfte an ihre geschlossene Zimmertür, bevor er eintrat, ohne auf eine Antwort zu warten. "Es gäbe gleich Tee", teilte er ihr mit.
Alekto sah von ihrem Buch auf. "Ich muss mich noch dringend um meine Zauberkunsthausaufgaben kümmern", meinte sie entschuldigend. "Ich habe leider nicht Mutters Begabung darin geerbt."
"Du lässt mich also alleine mit deiner Tante und deiner Mutter?" Die beiden teilten einen Blick. Keiner von ihnen war besonders Fan von Carridwen. Ihr Vater drehte sich zum Gehen um, bevor er stoppte. Alekto brauchte den Kopf nicht zu heben, um zu wissen, was er gerade ansah. Es war die geschlossene Tür auf der anderen Seite. Die geschlossene Tür zum Zimmer ihres Bruders.
"Wir können dir das Zimmer neben dem Musikzimmer herrichten lassen."
Alekto schloss langsam ihr Buch. "Ist okay", sagte sie. Wenn ihr Vater mit dem Tee trinken beschäftigt war, war die Bibliothek frei, in der er sich sonst vor Carridwen zurückzog. Nächste Woche würde sie schon wieder nach Hogwarts zurückkehren und sie musste noch unbedingt die Sache mit Merlins Geheimnis herausfinden.
Leise schlich sie sich die hölzerne Treppe hinunter, um nicht zum Tee trinken gerufen zu werden. Die Tür zur Bibliothek quietschte, als Alekto sie gerade genug aufdrückte, dass sie hineinschlüpfen konnte. Von unten konnte sie die Stimmen ihrer Familie hören.
"Sie nimmt es sehr ernst", sagte ihr Vater und ihre Tante antwortete nur mit einem Schnauben.
"Es ist ein Problem der Erziehung", sagte diese, was Alektos Mutter aufschnappen ließ. Aber es war ihr Vater, der antwortete.
"Ich denke, es gibt einen kleinen Unterschied zwischen der Erziehung von Kindern und von Corgis."
Alekto blieb bei der Tür stehen und lauschte dem Gespräch, das eindeutig um sie ging.
"Du verstehst es nicht, Orestes, du bist ein Greengrass, kein Myrddin. Wir sind die Nachfahren des mächtigsten Zauberers, der je gelebt hat. Der Name trägt um einiges mehr Gewicht, als du dir vorstellen kannst. Eine Myrddin mit so miserablen magischen Fähigkeiten ist inakzeptabel."
Alekto konnte spüren, wie die Magie in ihr aufkam, wie ein Sturm, der sich am Horizont zusammenbraute. Ihrer Tante würde sie es zeigen!
"Du vergisst, dass ich zu den Unantastbaren 28 gehöre, Carridwen", erwiderte ihr Vater und traf wohl wissend den wunden Punkt der Familie Myrrdin.
"Sehr wohl", sagte die Tante schnippisch, "aber von denen gibt es 28, Merlins Blutlinie gibt es nur einmal, aber wenn ihr nicht aufpasst, wird sie das Erbe zerstören."
"Wie kannst du es wagen?", kreischte ihre Mutter und etwas klirrte. Zu gerne wäre Alekto eine Fliege an der Wand gewesen, anstelle hier oben in der Bibliothek zu stehen.
"Morwenna!", wies ihr Vater seine Frau zurecht. "Alekto wird nicht das Ende dieser Familie sein."
Es schien wieder ruhiger zu werden und Alekto wollte sich gerade abwenden, da hörte sie ihre Tante erneut.
"Wir sind eh schon in der Unterzahl und während solchen Zeiten müssen wir Reinblüter stärker zusammenhalten denn je."
"Hast du gehört, die neue Leiterin für die Abteilung für magische Strafverfolgung soll ein Schlammblut sein", sagte nun ihre Mutter, was Tante Carridwen nur wieder schnauben ließ.
"Die haben das Ministerium schon lange in der Hand, man sollte sie umbringen."
"Schlammblüter machen ein knappes Drittel der magischen Bevölkerung aus, du kannst sie nicht einfach alle töten. Das ist keine Endlösung", erwiderte ihr Vater. "Sie sollen ihr Dinge machen und wir Reinblüter machen unser Ding."
"Aber sie machen nicht ihr Dinge, Orestes. Was würdest du sagen, wenn Alekto ein Schlammblut heiratet oder sogar ein Muggel?", fragte Carridwen und alleine von der Stille konnte Alekto erahnen, dass ihre Mutter gleich wieder mit dem Schreien anfing.
"Alekto weiß, was für einen Wert ihr Blut hat und wie die Zauberer Gesellschaft aussieht", kam Orestes ihrer Mutter zuvor. "Morwenna und ich haben ihr das durchaus beigebracht", presste er hervor.
Carridwen gab sich damit aber offensichtlich nicht zufrieden. "Das haben vermutlich auch Walburga und Orion gedacht und jetzt sie dir ihren Sohn an. Wenn ihr nicht aufpasst, wird sie so enden wie er." Sie war hartnäckig, das musste man ihr lassen.
"Der Junge ist in Gryffindor, wir wissen schon seit Jahren, dass etwas mit ihm nicht stimmt. Alekto ist absolut auf dem richtigen Pfad."
Damit schien das Thema abgeschlossen zu sein, da ihre Mutter anfing, etwas über das Silberbesteck zu sagen. Alekto war sich nicht ganz sicher, ob es darum ging, dass jemand das Alte seiner Familie verschenkt hatte oder um einen Polierzauber, aber es interessierte sie nicht weiter.
Sie entfernte sich von der Tür und machte sich auf die Suche nach dem Buch. Ihre Tante hatte Angst, sie könnte wie Sirius Black enden? Das war lächerlich, vorher lernt der Krake im großen See fliegen!
Sie wandte sich den Regalen zu und ihre Augen huschten über die Buchrücken. Es musste eines sein, dass sie aus ihrer Kindheit kannte, aber sie wusste nicht mehr welches. Einige waren über die Artus-Sage, andere über Merlin selbst. Manchmal zog sie eines hervor und blätterte es durch. Es war seltsam genug, dass Charles und die anderen über so etwas sprechen, aber auch die Rumtreiber? Eine Überlappung ihrer Interessen konnte nur schlechte Nachrichten sein.
Als sie das nächste Buch öffnete, wusste sie sofort, dass sie das richtige Buch gefunden hatte. Schon auf der ersten Seite erkannte sie eine Zeichnung im gleichen Stil wie die, die sie immer vor Augen hatte, wenn sie an Merlins Geheimnis dachte.
Sie ließ sich in einen der Sessel fallen und sah sich das Inhaltsverzeichnis an, doch fand nichts über Merlins Geheimnis. Enttäuscht blätterte sie durch das Buch und sah sich die einzelnen Zeichnungen an, die von Hand kunstvoll in das Buch gearbeitet wurden. Sie stoppte, als sie das Bild von der Herrin des Sees fand. Rasch sprang sie zurück zum Kapitelanfang. 'Merlins Rückkehr' stand da in der geschwungenen Schrift.
Die Geschichte basierte auf einer Legende, dass es Merlin gelungen war, uralte, mächtige Magie zu erlangen. Doch jede Magie hatte ihren Preis und die Magie lastete schwer auf ihm. Als alter Mann, lange schon nach Artus Tod, kehrte er zu der Herrin des Sees zurück. Er hatte die alte Magie versiegelt und wollte sie ihr zum Aufbewahren geben. Doch die Herrin des Sees verweigerte, er musste sie woanders verstecken. Jedoch schenkte sie ihm einen Schlüssel, gefertigt aus dem Metall Excaliburs, das nach Artus Tod wieder ihr übergeben wurde. Um den Schlüssel zu benutzen, musste man sich Merlins würdig erweisen. Damit zog Merlin los und versteckte die alte Magie an dem zweitsichersten Ort, den er kannte: Hogwarts. Bis heute noch soll tief irgendwo in Hogwarts diese Magie liegen, doch niemand weiß weder wo noch was einen genau erwartet, daher wird es Merlins Geheimnis genannt.
Alekto strich mit ihrem Finger über die Zeichnung, die einen alten Mann zeigte, der wohl Merlin sein sollte. Danach suchten also sowohl die Slytheringruppe, als auch die Rumtreiber. . . und möglicherweise auch die Todesser, die versucht hatten, nach Hogwarts zu kommen. Alle wollten Merlins Geheimnis, aber wie arrogant musste man sein, um zu glauben, Magie kontrollieren zu können, die selbst Merlin kaum kontrollieren konnte? Alekto schauderte, als sie erkannte, sie suchten alle, was auch Alekto suchte: Macht.
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