25. Kapitel
Makuc beugte sich über den Hals seines Hengstes, während er durch die Wüste galoppierte. Er hatte sich davon geschlichen, als die dritte Sonne gerade unter gegangen war. Wenn er die ganze Nacht durchritt, sollte er in zwei Tagen in seiner Heimatstadt ankommen.
Eloc hechelte ihm hinterher. Er hatte tief geschlafen, aber sobald Makuc davon geritten war, hatte er Eloc neben sich bemerkt.
Eloc schien die Hitze des Tages nichts auszumachen. Egal wo Makuc sich aufhielt, war auch Eloc zu finden. Es war genauso wie im Norden. Es gab nur seltene Momente, in der der Wolf nicht an seiner Seite war.
Auf einmal stoppte Eloc und setzte sich hin.
Makuc hielt seinen Hengst an.
„Was ist los, Eloc?"
Der Wolf hob seine Schnauze in die Höhe und schnüffelte, bevor er seinen mächtigen Kopf nach hinten legte und heulte.
Es dauerte nicht lange und Makuc hörte, wie das Heulen erwidert wurde.
Verdammt.
Das war Uleb. Und wenn Uleb hier war, dann war auch Orrav nicht weit.
Makuc wollte gerade wieder los reiten, als er eine Staubwolke bemerkte. Orrav kam im halsbrecherischen Tempo auf ihn zu galoppiert.
Makuc seufzte.
Er wollte alleine los reiten und keinen Nordler in Gefahr bringen. Es war auch nicht ganz so, dass er im Alleingang gegen Sumek kämpfen wollte. Soviel Verstand hatte er noch. Aber er wollte sich selbst überzeugen, dass er willkommen war.
Orrav kam immer näher und als er ihn erkannte, grinste er sein typisches unbekümmertes Grinsen.
Er zügelte seinen Hengst und blieb neben Makuc stehen.
„Wo wollen wir denn hin? Mitten in der Nacht? Und ohne Begleitung?"
Makuc schnaubte.
„Ich habe nichts Dummes vor!"
Orrav hob eine Augenbraue.
„Das sehe ich etwas anders! Also! Was hast du vor?"
Makuc schnalzte mit der Zunge und sein Hengst lief langsam weiter.
„Ich kann Sumek und seine Armee immer noch nicht einschätzen und wenn ich ehrlich sein soll, macht mir das Sorgen!"
Orrav nickte und ritt neben ihn her.
„Ich verstehe. Destraw ist auch immer noch nicht da und keiner dieses sogenannten Widerstandes. Du hast also keine Informationen. Aber warum musst du sie dir selbst holen, hm?"
Makuc zuckte mit den Schultern.
„Es ist meine Heimatstadt. Ich sollte mich am besten dort auskennen!"
Orrav lachte leise.
„Eigentlich bin ich derjenige, der sich durch solche impulsiven Aktionen in Gefahr bringt und Gemecker von euch deswegen einheimst. Und ich glaube jetzt nicht ganz, dass ich das sagen werde! Aber hast du den Verstand verloren? Dich erkennt doch sofort jeder!"
Makuc sah an sich hinunter.
„Das glaube ich weniger. Ich sehe nicht mehr so aus wie früher! Ich sehe jetzt wie ein Nordler aus. Ich hatte nie einen Bart oder längere Haare. Außerdem war ich schlank und kein so Muskelberg!"
Orrav bekam sich nicht mehr ein vor Lachen.
„Bilde dir mal nicht so viel ein! Gegen mich bist du immer noch ein Hänfling, aber du hast Recht. Du siehst anders aus, als damals, als du bei uns angekommen bist! Trotzdem werde ich dich begleiten. Wer weiß, was passiert!"
Makuc schnaubte leise.
„Wie sollen wir erklären, dass wir...zwei Nordler...auf einmal in Solimar auftauchen?"
Orrav riss gespielt entsetzt die Augen auf.
„Jetzt zweifle ich wirklich an deinem Verstand. Die Hitze bekommt dir nicht gut. Sehe uns doch einmal an. Zwei Nordler, Krieger! Wir wurden verbannt, weil wir Risac als König anerkennen! Wir verlangen Asyl bei der Wache oder so in der Art!"
Makuc blickte zweifelnd auf die zwei Wölfe, die friedlich hinter ihnen her trabten.
„Und wie erklären wir Eloc und Uleb?"
Orrav stöhnte leise auf.
„Du bist wirklich dämlich! Was ist nur los mit dir? Kein Südler kennt die Geschichte! Vor allem, wenn wir erzählen, dass jeder Nordler einen Eiswolf hat! Als Haustier sozusagen. Aber es wird gar nicht so weit kommen, dass wir es erklären müssen! Wir wollen nur in die Stadt, richtig? Du holst deine Informationen und dann verschwinden wir wieder!"
Makuc nickte.
„So hatte ich es geplant!"
Edisin schloss die Augen.
Sie würde sterben.
Bald!
Ihre Hände waren an einem Pfahl befestigt worden, der mitten auf dem Marktplatz stand. Die Sonnen schienen unbarmherzig auf ihren nackten Rücken, der von den Peitschenschlägen schon in Mitleidenschaft gezogen worden war.
Keiner half ihr. Es konnte ihr niemand helfen.
Sumek hatte es verboten!
Er hatte sie wieder gefragt, ob sie gewillt war, seine Zweitfrau zu werden und wieder hatte sie abgelehnt. Immer und immer wieder hatte er gefragt und sie hatte dieselbe Antwort gegeben. Das letzte Aufeinandertreffen war dann eskaliert.
Edisin wusste, dass sie nichts mehr zu verlieren hatte, als Sumeks Gesichtsausdruck sich verändert hatte. Schon vorher war er wütend geworden, doch nun konnte sie den Wahnsinn erkennen, den sie heraufbeschworen hatte.
Auf seinen Befehl hin war sie auf den Marktplatz gebracht worden und man hatte sie an den Schandpfahl angebunden.
Sie hatte alles hinaus geschrien, was sie über Sumek erfahren hatte. Dass er nicht der richtige König war. Dass er das Volk unterdrücken würde! Und das Makuc der einzig wahre König sei, der Solimar regieren dürfte
Das hatte ihr die Schläge eingebracht.
Sobald sie den Mund aufgemacht hatte, wurde sie ausgepeitscht. Einige Leute wollten ihr wenigstens Wasser reichen, doch auch das hatte man verboten.
Nun hing sie schon seit zwei Tagen hier. Sie wusste genau, was Sumek damit bezwecken wollte. Dasselbe wie immer! Er wollte sie brechen, ihr seinen Willen aufzwingen. Und wenn das nicht funktionierte, dann würde sie eben sterben!
Doch Edisin nahm lieber den Tod in Kauf, als sich Sumek zu unterwerfen.
Langsam lehnte sie ihren Kopf an den Pfahl. Die Schmerzen hielt sie aus, aber nicht diesen Durst! In der Nacht hatte sie sogar den Pfahl abgeleckt, doch durch die Hitze bildete sich kaum Tau. Ihre Zunge war angeschwollen und ihr Hals schmerzte.
Es dauerte bestimmt nicht mehr lange und dann...
Wasser befeuchteten ihre Lippen. Sie schluckte und versuchte die Tropfen abzulecken. Dann spürte sie eine Schale, die an ihren Mund gehalten wurde.
Hektisch trank sie einige Schlucke und begann dann zu husten.
„Langsam, Mädchen! Ich habe genug Wasser hier!"
Die tiefe Stimme war leise.
Sie versuchte ihre Augen zu öffnen, doch er hielt ihr wieder die Schale an den Mund und sie trank lieber.
„Was macht ihr hier! Es ist verboten dieser Hure etwas zu trinken zu geben!"
Sie hörte ein Knurren und eine andere Stimme. Nun hob sie doch den Kopf und sah zwei riesige Wölfe, die sich vor den Pfahl gestellt hatten. Ein Riese von Mann stand zwischen ihnen und hatte die Arme vor der Brust gekreuzt.
„Was wollt ihr dagegen tun, hm? Verschwindet schnell! Euch an wehrlosen Frauen auslassen. Das ist die Südler-Art, was?"
Edisin lächelte, als die Wache zurück wich.
„Wir haben unsere Befehle! Sie hat Strafe verdient!", versuchten sie zu erklären.
Der Riese stampfte einmal mit dem Fuß auf und sie sprangen zur Seite.
Wieder hielt man ihr die Schale an den Mund und endlich sah sie den Mann, der sie gerettet hatte. Sie riss die Augen auf, als sie die eisblauen Augen erkannte. Sie hatte ihn nur einmal gesehen, aber sie war sich sicher, dass es der wahre König war, der sie gerettet hatte.
Sie ließ den Kopf fallen.
„Eure Hoheit...wie...wenn ich..."
Er legte einen Finger auf den Mund.
„Ruhig, Mädchen. Noch hat mich kein anderer erkannt!"
Das konnte Edisin sich vorstellen. Vom Weiten sah er bestimmt aus wie ein gewöhnlicher Nordler. Doch wenn man seine Augen und sein Gesicht sehen konnte, dann musste es jedem klar werden, dass es Makuc war!
Der andere Mann kam zu ihnen.
„Wir müssen gehen, Vetter! Sie holen bestimmt Verstärkung und wir wollen keine Aufmerksamkeit erregen!"
Makuc nickte ihm zu, dann drehte er den Kopf zu ihr.
„Wir werden dich holen. Heute Nacht!"
Sie schüttelte den Kopf.
„Nein, Hoheit. Bringt euch nicht wegen mir in Gefahr! Ich bin ein Niemand!"
Der Riese lachte leise.
„Da haben wir etwas anderes gehört! Du bist sehr wichtig für uns."
Makuc gab ihr noch etwas zu trinken.
„Wir werden dich befreien. Keine Sorge! Heute Nacht bist du frei!"
Sie lächelte ihn an.
„Das ist mir egal! Ich habe den wahren König gesehen und weiß, dass sich alles zum Guten wenden wird! Das genügt mir!"
Der Riese beugte sich zu ihr!
„Du bist genügsam, Frau. Aber es reicht uns nicht! Warte auf uns! Wir holen dich!"
Sie bekam noch einige Schlucke und dann verließen sie Edisin.
Sie lehnte sich wieder an den Pfahl und lächelte.
Er war hier!
Endlich!
Meridea öffnete die Fenster und starrte auf die Armee, die sich vor ihr auf dem Hof versammelt hatte. Lamure trat neben sie und lächelte stolz.
„Wann habt ihr angefangen, eure Männer zusammen zu holen? Ich bin doch gerade einen Tag hier!"
Lamure winkte den Männern, die ihr zujubelten.
„Korath hat erwähnt, dass er schon vor einiger Zeit wusste, dass du zu uns kommst. Es bleibt nicht viel verborgen vor uns musst du wissen. Wir haben auch von den Armeen des Nordens gehört, auch wenn sie nicht auf unserem Land sind. Er hat sich gedacht, dass irgendjemand mit so einer Bitte zu ihm kommt und hat angefangen Männer zu rekrutieren."
Meri war beeindruckt.
Sie schloss das Fenster wieder und drehte sich zu Salea um.
„Ich sollte mich auch fertig machen! Es sieht so aus, als ob sie bald abrücken!"
Lamure schüttelte den Kopf.
„Nein. Ich denke nicht, dass du auch mit reiten solltest."
Meri hob eine Augenbraue.
„Aber es geht um meinen Mann!"
Salea schnalzte mit der Zunge.
„Makuc wird sicher hocherfreut sein, wenn er dich mit einer Armee mitreiten sieht! Sei vernünftig, mein Täubchen! Er ist im Stande alles abzubrechen, nur um dich wieder in den Norden zu schaffen!"
Meri nickte traurig.
Ja, sie konnte sich wirklich vorstellen, dass Makuc alle Männer stehen lassen würde, nur um sie persönlich in Sicherheit zu bringen.
Lamure legte einen Arm um ihre Schulter.
„Jetzt sei nicht so enttäuscht. Du wirst bei mir bleiben und wir werden uns verwöhnen lassen!"
Meri starrte sie einen Moment an.
Sie sollte sich verwöhnen lassen, während ihr Mann in den Krieg zog? Meri hatte ja jetzt schon ein schlechtes Gewissen, weil sie ihrer Meinung nach Makuc im Stich ließ.
Aber nun gut. Sie wollte es sich mit Lamure nicht verscherzen.
Sie lächelte sie an.
„Dann werde ich hier warten!"
„Es ist um einiges schlimmer geworden, seit dieser Nordler hier ist." Der Wirt, bei dem Makuc und Orrav unter gekommen waren, schenkte den beiden Bier in die Krüge.
Sie waren am Mittag durch die Straßen gelaufen und der Wirt hatte ihn gleich erkannt. Dabei war Makuc vorher nie in seinem Gasthaus gewesen. Der Wirt, der Ibero hieß, hatte sie zu sich gerufen und gleich in das Gasthaus gezogen. Erst hatten sie befürchtet, dass er die Krieger von Sumek holen würde, doch Ibero hatte ihnen erklärt, dass sein Gasthaus im Moment der sicherste Ort wäre. Sumek hatte alle Gasthäuser schließen lassen, weil es dort seiner Meinung nach zu Versammlungen kommen könnte.
„Aber Steuern darf ich immer noch so viel bezahlen, als ob ich noch Gäste hätte. Ich habe noch Glück, weil ich in guten Zeiten gespart habe, aber anderen Wirten geht es schlecht. Und nun fangen sie an, die Männer und jungen Burschen von der Straße auf zu sammeln. Es gibt Gerüchte!"
Makuc trank einen Schluck.
„Was für Gerüchte? Hat es etwas mit mir zu tun?"
Der Wirt schüttelte den Kopf.
„Verzeiht, eure Hoheit, aber von euch spricht man nicht mehr so viel. Aber von einem gewissen Orrav, den man bekämpfen muss!"
Orrav verschluckte sich beinahe an seinem Bier. Er hustete ein paar Mal, bevor er sich fragend an den Wirt wandte.
„Was habe ich denn getan?"
Der Wirt riss erschrocken die Augen auf.
„Ihr seid Orrav? Dann frage ich mich das aber auch! Ich sage euch ja, es ist schlimmer, seid die zwei Nordler hier sind."
Makuc hob eine Augenbraue.
„Wer soll das sein?"
Orrav schnaubte.
„Ich kann mir schon denken, wer es ist. Side und Risac. Oder Ravley!" Er wandte sich an den Wirt. „Eine Frau und ein Mann? Oder zwei Frauen!"
Der Wirt nahm selbst einen Schluck.
„Eine Frau und ein Mann. Es sollen Mutter und Sohn sein! Und der Sohn will Großkönig des Nordens werden. Und ihr scheint ihm im Weg zu stehen!"
Orrav knallte den Krug auf den Tisch.
„Risac! Der Idiot glaubt wirklich, dass er damit durchkommt! Wahrscheinlich erzählt er überall, dass ich ein Hitzkopf bin, der zu nichts zu Nutze ist!"
Man merkte, dass er sich schwer zusammenriss, um seine Wut nicht hinaus zu brüllen. Ja, er hatte sich wirklich verändert. Makuc wusste nicht, ob es an dem Eiswolf lag, aber seit Uleb bei ihnen war, wurde Orrav sich wohl bewusst, was für eine Verantwortung auf ihn lag. Und er nahm es sehr ernst! Wäre Orrav früher vor lauter Wut gegen die Wand gerannt, so blieb er jetzt ruhig und dachte erst nach, bevor er handelte.
„Du solltest dich beruhigen! Noch haben sie die Armee nicht zusammen, sonst hätten wir nicht so viele Krieger hier in der Stadt gesehen!"
Orrav nickte und schaute aus dem Fenster.
„Es wird endlich dunkel! Ich glaube, es ist besser, wenn ich diese Frau hole. Dann kann ich mich abreagieren!"
Makuc nickte und Orrav ging mit Uleb hinaus.
Der Wirt sah ihm hinterher.
„Dann beherberge ich also im Moment zwei zukünftige Großkönige hier? Ich hoffe, ihr nehmt mir nicht übel, was ich euch gleich beichten werde!"
Makuc wurde misstrauisch. Erzählte der Wirt nun, dass er die Krieger informiert hatte?
„Hast du uns verraten?"
Der Wirt hob beide Hände.
„Mitnichten! Das würde ich nie wagen! Nein, es ist etwas anderes. Vielleicht habt ihr schon gehört, dass es hier einen Widerstand gibt. Nun...meistens treffen die Leute sich bei mir und ich habe auch schon einige...nun ja...kleinere Attentate verübt!" Er wedelte hektisch mit den Händen, als Makuc kritisch eine Augenbraue erhob. „Nichts Schlimmes, eure Hoheit. Und ich würde es nie wagen, mich gegen euch zu stellen! Aber ich habe schon mal den einen oder anderen Krieger verprügelt, wenn er sich an einen Wehrlosen vergriffen hatte. Bisher wurde ich nie erkannt! Aber ich kann kämpfen. Das wollte ich euch nur sagen. Es gibt viele wie mich, die nur darauf warten, dass ihr uns endlich von dem Tyrannen befreit."
Er holte tief Luft.
„Ich habe den Heiler gerufen. Er soll sich das Mädchen anschauen. Er ist auch einer der Gründer des Widerstandes. Er hat auch Destraw befreit!"
Makuc hob den Kopf.
„Du hast Kazur rufen lassen? Das ist brillant. Ich suche ihn. Destraw hat mir von ihm erzählt und mir versichert, dass ich die meisten Informationen von ihm bekommen könnte."
Er stand auf und legte seinen Umhang auf den Boden. Der Wirt beobachtete ihn.
„Was macht ihr denn?"
Makuc zuckte mit den Schultern.
„Ich richte mein Nachtlager!"
Der Wirt schüttelte den Kopf.
„Nein, mein Herr! Ihr bekommt ein Bett! Mein Bett um genau zu sein!"
Makuc lachte.
„Mann, ich schlafe seit vielen Tagen auf dem harten Boden. Es macht mir nichts aus. Außerdem sollten wir dem Mädchen das Bett geben. Sie sieht schlimm aus!"
Ibero zeterte noch etwas, aber gab dann nach. Beide trafen Vorbereitungen für die Frau, als die Tür aufgerissen wurde und Orrav mit einem Mann und der Frau hinein kamen!
Orrav zeigte mit dem Daumen auf den Mann.
„Er wollte unbedingt mitkommen! Wenn er ein Feind ist...ich habe kaum kämpfen müssen! Ich kann ihn erledigen!"
Der Mann wurde blass.
„Ich bin kein Feind. Ich bin Kazur der Heiler!"
Makuc grinste.
„Der Mann, den ich suche! Komm herein, Freund! Kümmere dich erst um die Frau und danach unterhalten wir uns!"
Kazur starrte Makuc an, dann fiel er auf die Knie.
„Mein König...ich...ich!", stammelte er.
Makuc hob die Hand.
„Hör auf damit. Noch bin ich kein König. Es muss noch viel geschehen, bevor ich es werde!"
„Wölfe? Du willst mir also sagen, dass zwei Männer bei Edisin waren und ihr geholfen haben? Und sie hatten Wölfe bei sich? Und du bist der Meinung, dass diese Männer euch auch zusammen geschlagen haben und Edisin mit sich nahmen?"
Der Krieger nickte.
Sumek schnaubte.
„Ich glaube eher, dass du zu tief ins Glas geschaut hast. Wölfe gibt es bei uns nicht!"
Risac hatte sich erhoben. Er war sehr blass geworden.
„Was ist mit dir?"
Risac nahm rasch einen Schluck Wein.
„Es gibt keine Wölfe hier! Das ist richtig! Aber wenn die Wölfe den Männern gefolgt sind, dann bedeutet es, dass zwei zukünftige Großkönige hier in der Stadt sind!"
Er erzählte Sumek die Geschichte, die sich hinter den Eiswölfen verbarg. Dieser lachte schallend.
„Ihr Nordler seid wirklich ein seltsames Volk! Ihr wählt also euren Großkönig nur weil ein Wolf bei ihm ist?"
Risac schnaubte.
„Nein! Aber es ist nun mal eine Tatsache, dass sich die stärksten Wölfe den besten Mann heraussuchen, um bei ihm zu bleiben! Mein Großvater hat einen Eiswolf und auch Makuc hat seinen Eloc!"
Sumek brummte.
„Soll das etwa heißen, dass Makuc der beste Mann ist?"
Risac schnaubte.
„Das macht dir nun Sorgen? Mir würde eher die Tatsache verunsichern, dass zwei Nordler hier sind und sie beide einen Eiswolf haben! Mein Großvater kann es nicht sein. Er wird sich auf keinen Krieg mit dir einlassen. Einer von den Männern wird Makuc sein. Aber wer ist der andere? Es kann nur einer meiner Vettern sein!"
Sumek schnaubte.
„Und wenn es andere sind?"
Risac schüttelte den Kopf.
„Nein! Die Brüder von Karosh stehen fest hinter ihm. Die Söhne des Großkönigs werden es auch nicht sein! Sie haben sich bisher nicht für den Süden interessiert und das wird sich auch so schnell nicht ändern."
Sumek setzte sich auf den Thron.
„Also ist Makuc in der Stadt! Was will er hier?"
Risac sah ihn entgeistert an.
„Was glaubst du denn? Sogar in den Norden ist es durchgedrungen, dass du ein Scheißherrscher bist!"
Sumeks Augen zogen sich zu Schlitzen zusammen.
„Ich glaube, es geht dich nicht das Geringste an, wie ich mein Volk führe!"
Risac zog die Nase kraus.
„Führen? Du führst nicht! Du unterdrückst! Aber es geht mich wirklich nichts an, wie du das handhabst! Aber das Volk schreit nach Makuc und du merkst es nicht einmal!"
Sumek stand langsam auf.
„Makuc hat sie aber im Stich gelassen! Selbst wenn er wieder hier ist, was kann er gegen meine Armee ausrichten? Du hast Angst! So wie mein Volk. Es hat auch Angst und fürchtet mich! Aber so bin ich mir sicher, dass es mir gehorcht!"
Risac lachte spöttisch und merkte nicht, wie Sumek einen Dolch vom Tisch nahm und ihn unauffällig in seiner Tunika versteckte.
„Du bist also wirklich der Meinung, dass Angst ein gutes Mittel ist? Das ist nicht dein Ernst!"
Sumek lächelte und kam näher zu Risac.
„Du willst mir doch nicht etwa erzählen, dass du dein Volk anders führen wirst. Immerhin bist du nicht der richtige Erbe. Du wurdest verbannt! Da frage ich dich, ob dich das Volk so wohlwollend aufnehmen wird, wenn du diesen Orrav vernichtet hast!"
Risac hob arrogant das Kinn, während Sumek weiter auf ihn zukam.
„Orrav ist nicht beliebt beim Volk."
Sumek zuckte mit den Schultern.
„Vielleicht ist er es, der den Eiswolf hat!"
Risac lachte lauthals!
„Nie im Leben hat Orrav den Eiswolf. Er eignet sich weder zum Prinz, noch zum König und schon gar nicht zum Großkönig!"
Sumek lächelte leicht.
„Und deine anderen Vetter?"
Risac wurde nachdenklich.
„Notuk ist zu verbissen. Außerdem ist er der Jüngste von uns und sein Gesicht ist verunstaltet. Das macht ihn zwar nicht zu einem schlechten König, aber er sieht dadurch immer schlecht gelaunt aus. Und Nevo...nun, er hat Makuc einen Eid geleistet. Er wird immer an seiner Seite sein. Er ist Rückgratlos. Du siehst also, wer sich am besten von uns zum König eignet!"
Sumek stand nun direkt vor ihm.
„Aber mich hast du gerade kritisiert. Dabei kommst du ohne meine Hilfe nicht einmal in die Nähe des Nordens."
Risac lachte.
„Bilde dir nicht zu viel ein, Sumek! Ich denke, du hast genug Probleme. Und wenn die anderen Könige des Südens mir ihre Truppen schicken...UMPF!"
Sumek hatte blitzschnell zugestochen.
Risac sah ihn mit schreckgeweiteten Augen an.
„Was...was..?"
Er sackte zusammen und Sumek hielt ihn auf. Noch einmal stach er in die Seite.
Risac öffnete den Mund, aber es kam nur ein Schwall Blut hinaus.
„Weißt du, Risac, ich war doch wirklich nett zu dir und deiner Mutter. Mir war von Anfang an klar, dass die Geschichte, die ihr mir erzählt habt, nicht stimmen kann."
Er sprach ruhig, während er Risac in seinen Armen hielt.
„Ich habe nichts gesagt, weil ich wusste, dass Makuc im Norden ist und ich eine Möglichkeit sah, ihn zu vernichten. Aber jetzt... nun ja...er ist hier und ich brauche dich und dein Geschwätz nicht mehr. Mir ist es egal, welcher Hohlkopf auf den nordischen Thron sitzt. Ich hatte noch nie etwas für den Norden übrig."
Risac schloss die Augen und hustete.
Sumek nahm den Dolch und schnitt ihm langsam die Kehle durch.
„Du warst so dumm, wie jeder Nordler! Keiner kann ungestraft versuchen, mich zu manipulieren. Und du hast es versucht!"
Das Blut floss über seine Kleidung und Sumek schubste den leblosen Körper angeekelt von sich. Dann wischte er sich die Hände an seiner Tunika ab und starrte Risac an.
„Es war aber ein netter Versuch!"
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