22. Kapitel
„Natürlich werde ich es tun. Damals ist mir die Hochzeit des Großkönigs verwehrt worden. Es scheint so, als ob mir die Götter nun endlich gewogen wären!"
Der alte Druide lachte und zog Meridea mit sich. trotz seines Alters hatte ereinen erstaunlich festen Griff und die Aussicht, endlich einen zukünftigen Großkönig vermählen zu können, ließ sein mit Altersfalten überzogenes Gesicht erhellen und er wirkte gleich jünger.
„Du kannst dich noch etwas ausruhen, Kind! Ich werde alles vorbereiten und die Männer helfen mir dabei. Es soll doch schließlich eine schöne Hochzeit werden, oder nicht?"
Er drehte sich grinsend zu ihr um und lächelte sie verschwörerisch an.
„Du kennst doch die andere Tradition, ja?"
Sie musste nun selbst grinsen.
„Ja, ich kenne sie und werde sie fortführen!"
Er tätschelte ihre Wange und verließ sie dann.
Sie wusch sich das Gesicht und setzte sich dann in den Sessel vor dem Kamin.
Ein Lächeln huschte über ihr Gesicht.
Sie hätte es sich eigentlich denken können, dass Orrav und Nevo sie hier her führen würden. Schließlich kannte sie auch die Geschichte der Hochzeit von Karosh und Tori. Und wie es der Zufall wollte, war der Druide hier derjenige, der sie damals hätte im Palast trauen sollen. Sie fragte sich, was Nana zu dieser Geschichte sagen würde.
Die Tür schwang auf, aber keiner der Männer kam hinein, sondern Eloc, der Makuc kaum aus den Augen ließ. Doch nun legte er sich neben sie ab und es schien beinahe so, als ob er seufzen würde.
„Eloc! Seit wann kommst du zu mir? Freiwillig?"
Er hob kurz den Kopf und stupste sanft ihre Hand an. Sie ließ ihre Hand vorsichtig über seinen mächtigen Kopf gleiten. Eigentlich durfte ihn außer Makuc niemand berühren, aber er schien zu wissen, dass sie zu Makuc gehörte. Oder zumindest bald.
„Wir haben uns den richtigen Mann ausgesucht, was Eloc? Egal, was noch kommen mag!"
Eloc brummte leise.
Sie hörte die Männer draußen fluchen und lachen und den Druiden, der sie immer wieder ermahnte, dass hier eine Stätte der Götter wäre und sie sich verdammt nochmal zusammenreißen sollten.
Sie musste grinsen.
Auch wenn sie eigentlich gestandene Männer waren...sobald sie zusammen saßen, wurden sie richtige Kindsköpfe.
Sie war froh, dass Makuc sich so gut mit ihren Brüdern und Vettern verstand. Sie hatte schon Bedenken gehabt, als ihre Erinnerungen wieder gekehrt waren, doch schon zwei Tage danach schien es so, als ob sich Makuc und Nevo schon ewig kannten. Und auch Notuk konnte ihn gut leiden. Schließlich war er es gewesen, der Makuc aus dieser brenzligen Situation gerettet hatte. Und Orrav...er war einfach liebenswert und es gab niemanden, der sich seinem Charme entziehen konnte.
Die Tür öffnete sich erneut und Nevos Kopf erschien.
„Bist du so weit, Neva? Makuc wartet auf dich!"
Sie stand auf und auch Eloc trabte in die kleine Halle.
„Ja. Ich bin so weit!"
Endlich war sie die seine!
Makuc nahm Meri in seine Arme und küsste sie. Sie seufzte leise, dann hob sie die Hand und schlug ihm leicht auf die Wange.
Nevo und Orrav grölten und selbst der Druide konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen.
Makuc sah sie grinsend an, dann hob er sie auf seine Schulter und ging mit ihr nach draußen. Dort wartete schon sein Hengst und Eloc auf die beiden.
„Makuc! Was machst du denn?"
Er setzte sie auf das Pferd und nahm hinter ihr Platz.
„Glaubst du wirklich, ich bleibe noch, wenn ich dich endlich meine Frau nennen darf."
Er schnalzte und ritt mit ihr davon. Eloc kam ihnen hinter her getrottet.
Sie kuschelte sich nahe an ihn.
„Ist dir kalt?"
Sie schüttelte den Kopf.
„Nein! Aber ich bin froh, dass ich es endlich machen darf, ohne dass ich Angst haben muss, dass mich jemand ausschimpft."
Makuc lachte leise.
„Das waren schlimme Wochen, oder?"
Sie nickte.
„Manchmal wünschte ich mir, unsere Eltern wären wirklich nur Bauern gewesen! Dann hätten wir gleich heiraten können und würden nun auf einem kleinen Hof leben. Wir hätten uns keine Sorgen machen brauchen, ob jemand es unschicklich findet oder ob die Verbindung unserem Rang entsprechen würde."
Sie sprach ihm aus der Seele.
„Das waren auch mal meine Gedanken! Aber nun sind wir endlich verheiratet!"
Sie seufzte und legte ihren Kopf an seine Schulter.
Lange Zeit ritten sie schweigend.
Dann hob sie den Kopf.
„Wie wird es weiter gehen?"
Er wusste genau, was sie meinte. Aber er wollte jetzt nicht an den Süden denken. Bisher hatte er noch keine Nachricht vernommen, dass es dem Volk schlecht gehen sollte oder nach ihm verlangte. Auch wenn er den Süden vermisste, so hatte er das Gefühl, dass er hier im Norden auch zu Hause war. Und vor allem waren Meri und er in Sicherheit. Sumeks Macht reichte nicht bis hier her. Warum sollte er sich also wieder auf den Weg in den Süden machen, wo er jederzeit gefangen genommen werden und als Verräter hingerichtet werden konnte? Nein, es war für beide am sichersten, wenn sie hier blieben.
„Wir bleiben hier im Norden.", meinte er bestimmt.
Sie nickte nur, sagte aber nichts. Allerdings konnte er spüren, dass ihr etwas am Herzen lag.
„Du bist nicht damit einverstanden?", fragte er deshalb.
Sie zuckte mit der Schulter.
„Du bist immer noch der rechtmäßige Erbe von Solimar. Und du weißt, dass der falsche König auf dem Thron sitzt!"
Er lachte.
„Meri! Niemand scheint mich zu vermissen."
Sie wirkte nicht überzeugt.
„Willst du unbedingt Großkönigin werden?", fragte er sie lachend.
Sie schüttelte bestimmt ihren Kopf.
„Nein! Aber du wärst ein weitaus besserer Herrscher als Sumek!"
Makuc konnte dies nicht bestätigen. Er war kein König! Deswegen hatte er auch das Erbe seines Großvaters nicht angenommen. Vielleicht war er auch einfach nur feige. Er wusste es nicht.
Hier im Norden hatte er nun gerade eine Aufgabe, die er beherrschte. Er jagte mit Notuk die Sklavenhändler und verjagte sie. Das konnte er. Er war ein Soldat und hatte das gelernt. Als König musste er so viel mehr können. Diplomatie, Rechtsprechung und all das, womit er sich noch nie beschäftigt hatte.
Er seufzte leise.
Vor ihm war die Scheune und er steuerte das Pferd direkt darauf zu.
„Meri! Ich verspreche dir nun etwas. Ich bin nicht zum König geboren. Aber wenn der Süden nach mir verlangt, werde ich bereit sein. Ich werde mit Großvater, deinem Vater und Teslak sprechen und sie sollen mich darauf vorbereiten. Aber ich glaube nicht, dass jemand kommt!"
Er hielt vor der Scheune. Rauch stieg auf und er wusste, dass schon jemand hier gewesen war, um alles vor zubereiten. Er nahm an, dass es Notuk gewesen war.
Er stieg vom Pferd und streckte seine Arme aus. Meri sprang direkt hinein und kuschelte sich wieder an ihn.
„Aber nicht gleich, oder?"
Er schüttelte grinsend den Kopf.
„Nein, nicht gleich!"
Der Sturm war überraschend gekommen. Nicht einmal Localm hatte die Zeichen vorher erkannt. Sie waren in einen Wald geritten und hatten unter einem großen, hohlen Baum Schutz gesucht.
Destraw nahm Salea in seine Arme und legte über sie beide eine Plane, um wenigstens etwas Schutz zu bekommen.
Localm hatte sich auf die andere Seite gesetzt und eine zweite Plane über die Pferde gelegt.
„Verdammter Sturm!", brülle Destraw. „Hat das nie ein Ende?"
Es war schon der dritte Sturm, den sie miterlebten, aber bisher hatten sie vorher wenigstens einen Schutz aufbauen können.
Salea zitterte in seinen Armen. Er wusste nicht, ob es vor Kälte oder Furcht war.
Localm lachte.
„Ihr seid nichts gewohnt, Südler! Es ist eben Winter bei uns! Aber ich kann euch beruhigen. Solche Stürme kenne ich zu genüge. Meist kommen sie schnell und verschwinden wieder. Ich kann nur hoffen, dass die Aushöhlung ausreicht und die Pferde nicht verschwinden."
Das konnte Destraw auch nur hoffen.
Localm hatte am Anfang ihrer Reise davon gesprochen, dass sie etwa zwei Wochen unterwegs wären. Er hatte mehrere Pausen eingeplant aus Rücksicht zu Salea. Doch durch die Stürme und den Zusammenbruch einer Brücke und der sich daraus ergebene Umweg waren mittlerweile über vier Wochen vergangen. Am Morgen hatte Localm noch gedacht, dass sie in zwei Tagen in Edoc ankommen würden, doch das war wieder in weiter Ferne gerückt.
Sie hörten ein Heulen, was die Pferde wild auf schnauben ließ.
Localm zischte.
„Verfluchter Mist! Eiswölfe! Die haben uns gerade noch gefehlt."
Wieder rückten sie näher zusammen, als sie eines der Pferde davon galoppieren hörten.
„Verdammt!", brüllte Destraw.
Er beobachtete, wie Localm einen Dolch heraus holte und tat es ihm gleich.
„Wenn die Eiswölfe hier her kommen sollten, dann verhaltet euch ruhig. Bleibt hinter mir und versucht keine Angst zu haben. Wenn man nichts macht, hat man vielleicht eine Chance, dass sie einen uninteressant finden! Aber wirklich nur vielleicht!"
Localm horchte nach draußen.
Der Sturm legte sich langsam.
„Wir warten noch einige Minuten und dann machen wir uns auf den Weg. Wenn wir ein Pferd verloren haben, dann dauert es länger!"
Destraw nickte.
Er fragte sich, wie Makuc das alles erlebt hatte. Er hatte keinen Führer gehabt, nur eine kleine Frau, die sich nicht an den Norden erinnern konnte. Aber wenn er es geschafft hatte, dann würde Destraw es bestimmt auch schaffen.
Salea war ungewöhnlich still.
Er sah auf sie hinunter.
Sie hatte die Augen geschlossen, aber ihr Gesicht war unnatürlich rot.
„Salea? Was ist mit dir?"
Sie antwortete ihm nicht, aber ihr Kopf rutsche auf seine Schulter!
Localm zog einen Handschuh aus und befühlte ihr Gesicht.
Seine Miene versprach nichts Gutes.
„Sie ist krank. Ich denke, die Anstrengung und das ungewohnte Klima! Es hat mich gewundert, dass sie es so lange ausgehalten hat."
Destraw nahm die Plane weg.
Der Sturm hatte sich nun vollends gelegt und es schien sogar die Sonne. Es war wirklich so, wie Localm es voraus gesagt hatte. Doch Destraw sorgte sich um die alte Frau.
„Salea! Tu mir das nicht an! Wir haben es doch beinahe geschafft!"
Er hörte hinter sich ein Knurren.
„Verflucht! Bewege dich nicht und sei leise!", flüsterte Localm.
Er blieb regungslos sitzen, als eine riesige Schnauze an ihm vorbei kam und an Salea schnüffelte. Wieder hörte man ein Knurren. Destraw wagte es seinen Blick zu heben. Ein riesiger weißer Wolf sah ihn mit hellblauen Augen an. Er hatte seine Lefzen hochgezogen und wirkte sehr bedrohlich.
„Eloc?"
Destraw hörte Localm verwundert aufrufen.
„Du kennst den Namen des Viehs?"
Localm lachte.
„Ich kenne sogar seinen Besitzer!"
Langsam ging Localm in die Hocke.
„Eloc! Wo ist dein Herr? Du weichst ihm doch sonst nie von der Seite?"
Der Ausdruck des Wolfes änderte sich, als er seinen Namen hörte. Er ließ die Zunge heraushängen und trippelte aufgeregt auf der Stelle.
„Haben wir hier etwa Sklavenhändler? Dreht euch langsam um und hebt eure Hände!"
Destraw erkannte die Stimme.
Langsam hob er seine Hände und drehte sich nach der Stimme um.
„Ich grüße euch, mein König!"
Makuc erstarrte, als er Destraw erkannte.
„Destraw? Was machst du hier?"
Er stieg vom Pferd und umarmte seinen Freund.
„Meine Güte. Es tut so gut dich zu sehen!" Destraw ging etwas zurück. „Verflixt, du siehst aus wie ein Nordler! Seit wann hast du einen Bart? Und wieso siehst du aus, als ob du einem Mann mit bloßen Händen das Genick brechen könntest?"
Makuc lachte.
„Das kommt vielleicht daher, dass ich es mittlerweile könnte. Aber sag, was machst du hier?"
Destraws Miene veränderte sich.
„Wir müssen reden! Aber erst sollten wir Salea irgendwo hinbringen, wo es warm ist!"
Makuc starrte auf das Bündel, dass immer noch halb in der Aushöhlung des Baumes lag. Ohne zu Zögern lief er auf das Bündel zu und nahm Salea in seine Arme.
„Salea!" Sie lag still in seinen Armen. Man erkannte sofort, dass sie Fieber hatte. Er starrte zu Destraw. „Warum hast du sie mitgenommen? Ich habe die erste Zeit schon schwer ausgehalten! Aber sie ist alt und ist das Klima hier nicht gewöhnt!"
Destraw schnaubte.
„Glaubst du wirklich, ich hätte es getan, wenn sie noch sicher in Solimar wäre? Aber ich gab Humar das Versprechen, dass ich sie wie meine Mutter behandeln würde. Und das habe ich getan!"
Makuc drückte Salea an sich.
„Humar ist tot?"
Destraw nickte.
„Ja, er ist im Kerker gestorben! Durch seinen Tod konnte ich gerettet werden!"
Makuc überkam eine nie gekannte Wut! Sie waren im Kerker gewesen? Sumek hatte ein paar alte Leute einsperren lassen, nur um ihn zu schaden? Er sah Destraw genauer an und bemerkte, dass auch er verändert war. Sein Bein schien er nach zu ziehen und seine Nase war wohl gebrochen gewesen. Verdammt! Und es war seine Schuld!
Er packte Salea in seine Arme und brachte sie zu seinem Pferd.
„Orrav, hilf mir mal!"
Orrav stieg vom Pferd und nahm ihm Salea ab, während Makuc aufstieg.
„Was hast du vor?", fragte er leise.
„Ich bringe sie zu Nana! Ich bin schneller, wenn ich alleine reite. Du bringst Localm und Destraw nach Edoc!"
Er nahm Salea in seine Arme und sah noch einmal zu Destraw.
„Mein Vetter bringt dich nach Edoc. Dort werden wir uns unterhalten!"
Destraw nickte nur und Makuc ritt los, nachdem er nach Eloc gepfiffen hatte.
Er musste sich beeilen.
Salea musste so schnell wie möglich behandelt werden.
Er hörte sie leise stöhnen und sah zu ihr hinunter.
Sie hatte die Augen geöffnet und starrte ihn an. Er lächelte.
„Du scheinst mich doch sehr vermisst zu haben, wenn du in den Norden gehst, um mich zu suchen!"
Salea hob ihre Hand und fuhr ihm durch den Bart.
„Makuc? Du bist ein richtiger Mann geworden!", seufzte sie verwundert.
Er lachte.
„Das kann ich nicht sagen. Mein Großvater meint, dass ich ab und zu doch noch ein Kindskopf bin. Aber nun schlafe. Ich bringe dich zu Nana. Sie ist meine Großmutter und kann dir helfen!"
Salea lächelte.
„Du hast also deine Familie gefunden? Das freut mich! Und hast du das Mädchen endlich geheiratet? Oder muss ich dir die Ohren lang ziehen!"
Er lachte dröhnend.
„Immer noch die Alte! Ja, ich habe Meri vor einer Woche geheiratet. Mach dir keine Sorgen. Es ist alles gut!"
Sie sank mehr in seine Arme.
„Nein! Nichts ist gut!"
Stöhnend schloss sie die Augen.
„Gar nichts ist gut!"
Makuc fluchte und gab seinem Pferd die Sporen.
Destraw sah Makuc hinterher. Er konnte es immer noch nicht fassen, wie sehr er sich verändert hatte. Zumindest äußerlich.
Der andere Kerl, den Makuc Orrav genannt hatte, stellte sich neben ihn. Seine mächtigen Arme hatte er vor die Brust gekreuzt. Destraw schüttelte sich leicht. Es war kalt und der Kerl hatte eine ärmellose Tunika an. Froren die Nordler eigentlich nicht?
Orrav sah ihn nicht an, sondern sah auch in Makucs Richtung.
„Du willst ihn wieder in den Süden holen, habe ich Recht?"
Destraw holte tief Luft.
„Er muss endlich seinen Platz einnehmen. Es geht nicht anders. Das Volk leidet und er ist der rechtmäßige König! Er muss sich endlich seinem Bruder entgegen stellen, damit das Volk zur Ruhe kommt."
Orrav schnaubte.
„Das wird nicht leicht werden! Makuc hat seine Bedenken und Zweifel!"
Localm hatte die Pferde geholt und nickte zustimmend, als er Orravs letzten Satz gehört hatte.
„Er hat ja nicht einmal das Erbe hier angenommen. Und er steht eigentlich an erster Stelle. Noch vor deinem Vater!"
Destraw hob seine Augenbraue.
„Makuc soll hier auch König werden? Verdammt! Was ist er? Auch noch ein nordischer Prinz?"
Localm lachte leise.
„Er ist der Enkel des Großkönigs. Seine Mutter hätte eigentlich den Thron nach ihm besteigen sollen, aber da sie tot ist, ging es automatisch an Makuc. Aber er will nicht!"
Orrav lachte.
„Ich dachte eigentlich, ich hätte dann meine Ruhe. Aber der Scheißkerl lehnt einfach ab und mein Vater nimmt mich nun härter ran als vorher!"
Localm lachte.
„Er kennt nun Makuc! Und wenn man es genau sieht, bist du nicht annähernd so ernsthaft wie er! Du säufst nur und prügelst dich am liebsten!"
Orrav zuckte mit den Schultern. Er schien keineswegs beleidigt zu sein.
„Nun ja, ich habe ja auch einen Ruf zu wahren. Aber Makuc...er ist ein guter Mann. Schade, dass er bald wieder in den Süden zieht!" Er sah nun zu Destraw. „Was hat er da zu erwarten? Hat er Unterstützung?"
Destraw schüttelte den Kopf.
„Nicht so viel, wie ich es ihm gerne gönnen würde. Das Volk hat Angst vor Sumek. Und der hat jedem von Makucs Männern einen Eid abverlangt, der ihm absolute Treue zusichert. Ich weiß, dass die Südler bei euch nicht hoch angesehen sind, aber die meisten haben so etwas wie Ehre in sich. Sie werden sich an den Schwur halten. Aber das wäre vielleicht auch nicht unbedingt das Problem."
Orrav hob eine Augenbraue.
„Nein? Er hat keine Männer, die für ihn kämpfen werden wegen so einem Schwur! Was kann denn noch schlimmer sein?"
Destraw zuckte mit den Schultern.
„Wir wurden ersetzt. Durch Lumpen und Halsabschneider. Sie wissen, wenn Makuc an die Macht kommt, wird er sie wieder einsperren lassen. Und glaube mir, es sind einige, die eine große Wut auf Makuc haben. Schließlich hatte er dafür gesorgt, dass sie eingesperrt wurden."
Orrav pfiff durch die Zähne.
„Da wird er es sich zweimal überlegen, ob er seinen sogenannten Bruder stürzt. Das sind verdammt schlechte Voraussetzungen!"
Destraw war das auch klar!
„Aber er muss es irgendwie schaffen. Wenn ich Sumek nicht schon vorher gekannt hätte, würde ich sagen, er ist wahnsinnig."
Localm schüttelte den Kopf.
„Er ist machtbesessen. Das habe ich zumindest heraus bekommen, als ich im Süden war. Er wird alles tun, damit er König bleibt. Sogar über Leichen geht er. Und er hat dabei kein schlechtes Gewissen! Er tut es alles damit ab, dass er ja der König ist!"
Orrav spuckte aus.
„Wir sollten das nicht hier besprechen. Meine Eier frieren so langsam ab. Ich bringe euch erst mal in das nächste Dorf!"
Er zeigte auf Destraw.
„Und ich hoffe, dass du im Saufen kein so Versager bist wie dein zukünftiger König!"
Makuc ritt in Edoc ein. Er war ohne Pause geritten und hatte die Strecke an einem Tag geschafft, statt zwei Tage dafür zu brauchen. Die Wachen hatten ihn erkannt und ihm die Tore geöffnet. Er drosselte etwas das Tempo und ritt zu dem Haus seines Großvaters. Eloc kam ihm hinterher.
Vor dem Haus seines Großvaters hielt er an und reichte Salea einem der Stallknechte, der angerannt kam. Dann stieg er selbst ab und nahm Salea wieder in seine Arme.
„Füttere ihn gut!", rief er dem Stallknecht zu und ging in das Haus.
„Nana! Ich brauche deine Hilfe!"
Sie kam sofort und mit ihr auch Meri. Sie schlug die Hand vor dem Mund zusammen.
„Ist das Salea?"
Makuc nickte.
„Wir haben sie und Destraw gefunden. Sie ist krank!"
Nana kam zu ihm und befühlte Saleas Stirn.
„Bringe sie in das Gästezimmer neben dem Wohnbereich. Schnell. Neva, hole ein Hemd und Pelze. Und Wasser! Schnell!"
Makuc brachte Salea in das Gästezimmer und wollte sich zu ihr ans Bett setzen. Doch seine Großmutter schüttelte entschieden den Kopf.
„Nein, mein Junge! Ich muss sie entkleiden und waschen. Ich denke, dass es ihr nicht Recht sein wird, wenn du dabei bist! Gehe nach draußen und warte!"
Alles in Makuc wehrte sich dagegen, doch er gehorchte. Man widersprach Nana nicht, wenn sie so bestimmt war.
Vor der Tür traf er wieder auf Meri. Sie hob die Hand und strich ihm über die Wange.
„Wir werden sie gesund pflegen. Sie hat mir damals geholfen und das vergesse ich nicht."
Er küsste sie zärtlich.
„Das weiß ich. Aber du weißt, was es bedeutet, wenn sie hier ist!"
Meri nickte und seufzte.
„Schade! Ich wäre gerne länger mit dir hier geblieben. Aber jetzt konzentriere ich mich erst auf Salea."
Sie lief an ihm vorbei. Bevor sie die Tür schloss, sah sie ihn noch einmal lächelnd an.
Makuc blieb unschlüssig vor dem Raum stehen.
„Würdest du mich begleiten, Makuc? Ich möchte dir etwas zeigen!"
Sein Großvater war aufgetaucht.
Makuc nickte und folgte dem Großkönig. Der ging nach draußen und sie gingen schweigend ein paar Schritte, bis sie vor einem kleinen Haus stehen blieben.
Sein Großvater seufzte.
„Dieses Haus wollte ich dir und Neva eigentlich schenken."
Makuc starrte verblüfft auf seinen Großvater. Dann seufze er.
„Ich werde nicht mehr lange hier sein, mein König!"
Sein Großvater nickte.
„Ich wusste, dass dieser Tag einmal kommen würde. Ich hatte nur gehofft, dass es noch etwas dauern würde. Aber die Götter haben andere Pläne mit dir."
Makuc schnaubte laut auf.
„Ich weiß nicht, ob mir die Götter so gewogen sind."
Karosh nickte ernst.
„Es wird sehr schwierig, aber es ist der Wille deines Vaters, dass du den Thron übernimmst! Der falsche Sohn hat kein Recht auf ihn. Nicht einmal von Geburt her. Ich denke, das war dir von Anfang an klar. Ich hatte es im Gefühl, als du meinen Platz abgelehnt hast. Und als du vor einer Woche mich gebeten hast, dich über königliche Pflichten auf zu klären, war es auch mir klar. Du wolltest nie hier im Norden bleiben. Der Süden ist in deinem Herzen!"
Makuc schüttelte den Kopf.
„Aber auch der Norden!"
Karosh nickte.
„Ja, auch der Norden! Es wird wie ein lang ersehntes Geschenk sein! Du wirst ein Bindeglied zwischen dem Norden und dem Süden sein. Wir werden nicht mehr vom Süden abgeschnitten und werden nicht mehr als so herablassend behandelt. Ich denke, es hat alles einen Grund gehabt. Die Entführung deiner Mutter, die Liebe zwischen deinen Eltern und deine Geburt. Sogar dein Zusammentreffen mit Neva und eure Flucht hierher. Alles hat einen Sinn!"
Er seufzte leise.
„Ich betrauere immer noch den Tod meiner Tochter. Aber da ich weiß, dass sie deinen Vater geliebt hat, macht es mir etwas leichter. Es ist nur traurig, dass wir uns nicht von ihr verabschieden konnten."
Makuc schnaubte.
„Das konnte niemand. Euch wurde die Tochter genommen, meinem Vater die Frau und das Kind und mir die Mutter. Und alles nur wegen Hass und die Gier nach Macht!"
Sein Großvater legte ihm eine Hand auf die Schulter.
„Das ist wahr. Aber auch das wirst du ändern. Du hast schon angefangen, mein Junge. Indem du mit Notuk die Sklavenhändler gejagt hast, hast du unserem Volk ein Zeichen gegeben. Du wirst das nicht dulden, auch wenn du König im Süden wirst. Das haben sie gesehen! Das sollte dir immer bewusst sein. Auch wenn du anders als sie aussiehst, haben sie dich aufgenommen und in ihr Herz geschlossen. Das ist nicht selbstverständlich, wie du sehr wohl weißt!"
Makuc nickte.
„Dem Volk des Nordens wurde viel Leid zugefügt. Selbst vor dem Großkönig machten diese Verbrecher nicht Halt. Wenn ich etwas zu sagen hätte, würde ich sie mit aller Härte verfolgen lassen!"
Sein Großvater grinste ihn an.
„Oh, ich bin mir sehr sicher, dass du bald etwas zu sagen hast! Du hast königliches Blut in dir! Du wirst ein Herrscher werden! Es ist in dir, auch wenn du immer noch Zweifel hast!"
Makuc seufzte.
„Ich werde es lernen müssen, Großvater!"
Der lache laut und dröhnend.
„Jeder muss es lernen. Bei dir habe ich keine Zweifel. Nur Orrav bringt mich immer noch der Verzweiflung nahe, aber der Junge wird es auch lernen! Das hoffe ich zumindest!"
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So, meine Lieben. Gestern habe ich nun inoffiziell Meridea fertig gestellt. Es sind 28 Kapitel geworden. Dazu kommen noch der Epilog und das versprochene Zusatzkapitel.
Zur Feier des Tages werde ich gleich noch ein Kapitel online stellen!
Danke, dass ihr meine Geschichte lest und sie euch offenbar auch gefällt.
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