13. Kapitel
Den Laden des Iarum als klein zu bezeichnen würde jedem, der einmal dort gewesen war zum Schmunzeln bringen.
Das Haus war zwei Stockwerke hoch gebaut und sehr geräumig. Trotzdem war es prall mit Ware gefüllt. Sie stapelte sich nicht nur in den Regalen, sondern auf dem Boden. Was man bei Iarum nicht fand, das gab es einfach nicht. Er bot sogar Waren aus dem Süden an, was Makuc sehr verwunderte. Meridea sah, wie er fassungslos einen Dolch aus dem Süden betrachtete. Er war nicht gestohlen, das konnte man sehen, aber er war an den Norden angepasst. Nicht so filigran wie die Dolche, die im Süden benutzt wurden. Also musste Iarum einen Schmied im Süden gefunden haben, der ihm extra solche Sachen anfertigte.
Die Kunden liefen durch die Regale, aber man sah auch, dass es ein Ort war, an dem Informationen ausgetauscht wurden. Die Menschen redeten und lachten miteinander und nach kurzer Zeit wusste Meridea schon über einige Bewohner von Kret Rats Geschichten, obwohl sie diese Leute noch nie gesehen hatte. In jeder Ecke standen dampfende Kessel, in der Tee warmgehalten wurde. Um diese Kessel hielten sich die meisten Menschen auf und man konnte sehen, dass sie nichts kaufen würden. Sie schwatzten nur und tranken ihren Tee. Über manche Geschichten musste selbst Meridea schmunzeln.
Makuc stand neben ihr und wirkte beinahe entsetzt, aber Meridea fand es toll. Ihr kam es so vor, als ob sie so etwas schon einmal erlebt hatte. Zwar waren ihr diese Stadt und auch der Laden völlig unbekannt, doch irgendwie kamen in ihr Erinnerungen hoch, dass sie schon in so einem Laden gewesen war. Am liebsten hätte sie sich zu den Leuten an den Kesseln gesellt und einfach ihren Tee genossen und zugehört.
Ein Mann sprach sie an. Er war jung, aber man sah an seiner Kleidung, dass er wohl hier arbeitete, denn einige Männer und Frauen trugen die gleiche Kleidung.
„Kann ich euch helfen?", fragte er lächelnd. "Ihr seht so aus, als ob ihr nie in einem Laden wie diesen hier gewesen seid."
Makuc nicke leicht verwirrt. Er hatte wohl wirklich mit etwas anderem gerechnet.
„Das wäre sehr nett. Wir sind auf die Empfehlung von Niloc, einem Bauern des Grenzlandes hier. Er meinte, wir sollten uns an Iarum wenden, weil wir weiter in den Norden wollen!"
Der Mann neigte leicht seinen Kopf.
„Der Meister ist leider beschäftigt, aber ich werde euch gerne weiterhelfen."
In dem Moment kam ein anderer Mann zu ihnen. Er sah gar nicht wie ein Kaufmann aus. Seine Gestalt war groß und kraftvoll. Er wirkte eher wie ein Krieger und sein prächtiges Messer, das er an der Seite seiner Hose befestigt hatte, verstärkten diesen Eindruck noch. Sein Bart war lang, aber sehr gepflegt. An den grauen Strähnen konnte man sehen, dass Iarum älter war. Meridea schätze ihn auf das Alter von Makucs Vater. Sein Gesichtsausdruck war jetzt neugierig, aber er hatte Lachfalten um die Augen. Meridea mochte ihn sofort!
„Niloc hat euch geschickt?"
Der Jüngere neigte ehrerbietig seinen Kopf.
„Meister!"
Das war also Iarum. Makuc und Meridea neigten ihre Köpfe, was Iarum zum Schmunzeln brachte.
„Ich sehe, das Niloc euch geraten hat, die nordischen Traditionen zu ehren. Das ist sehr gut!" Er wandte sich an seinen Gehilfen.
„Ich werde diese beiden selbst bedienen!"
Der Gehilfe verneigte sich noch einmal und wandte sich einem anderen Kunden zu.
Iarum machte eine einladende Handbewegung.
„Kommt! Unterhalten wir uns in meinen privaten Räumen."
Sie folgten ihm in einen angrenzenden Raum. Dieser war auch mit Waren voll gestellt, bot aber noch Sitzgelegenheiten vor einem großen Kamin.
Sie setzten sich und Iarum drückte ihnen Becher mit Tee in die Hand, bevor er sich ebenfalls setzte.
„Ihr wurdet also von Niloc geschickt. Ein guter Mann. Wie geht es ihm?"
Makuc stöhnte leise.
Er war es immer noch nicht gewöhnt, dass die Nordler nicht gleich zur Sache kamen. Deswegen antwortete Meridea.
„Es geht ihm sehr gut. Die Ernte wird reichlich ausfallen und er erfreut sich bester Gesundheit!"
Iarum nickte.
„Das ist sehr gut. Aber ich sehe, dass der junge Herr sehr ungeduldig ist!"
Iarum war nicht böse darüber. Es amüsierte ihn eher.
Meridea nickte.
„Meinem Mann sind die nordischen Gepflogenheiten noch nicht so sehr vertraut. Außerdem sind wir schon eine ganze Weile unterwegs!"
Iarum lehnte sich zurück.
„Das kann ich verstehen. Es ist für einen Südler nicht gerade einfach, sich hier im Norden zu Recht zu finden. Aber nun wollen wir zum Geschäftlichen kommen. Was führt euch hier zu mir?"
Makuc beugte sich nun vor.
„Wir wollen weiter in den Norden. Aber Niloc erklärte uns, dass wir die passende Ausrüstung dafür brauchen. Und er hat dich uns empfohlen. Leider muss ich zugeben, dass ich keine Ahnung habe, was wir alles benötigen werden, um sicher in den Norden zu kommen."
Iarum hatte ruhig zugehört.
Nun trank er einen Schluck. Auch Meridea nahm einen Schluck Tee und sofort kamen Erinnerungen in ihr hoch. Sie kannte dieses süße Getränk. Sie wusste, dass dies ein typisches Getränk im Norden war, obwohl sie es vorher nicht gekannt hatte. Zumindest war sie der Meinung gewesen. Doch nun war es ihr so, als ob sie es früher oft getrunken und gemocht hatte.
„Nun, ich kann euch einige Sachen zusammenstellen, die meiner Meinung nach notwendig sind. Ich habe Pelzschlafsäcke, die euch in der Nacht warmhalten. Ich werde euch auch Trockenfleisch und hartes Brot mitgeben. Allerdings auch Waffen, dass ihr selbst Wild schießen könnt."
Makuc hob verwundert den Kopf.
„Es ist erlaubt selbst Wild zu schießen?"
Iarum nickte ernst.
„Ich weiß, dass es im Süden verboten ist. Aber hier ist es lebensnotwendig und so lange es im Rahmen bleibt, hat niemand etwas dagegen. Gut. Ich werde euch also einiges zusammenstellen. Habt ihr Packpferde?"
Makuc nickte.
„Eines haben wir!"
Iarum schüttelte bedauernd den Kopf.
„Das wird nicht reichen! Was mich zu der Frage bringt, ob ihr genug Gold habt."
Makuc zog eine Börse aus der Tunika.
„Wird das reichen?"
Iarum öffnete die Börse und besah sich den Inhalt.
„Das ist mehr als reichlich. Ich werde dafür sorgen, dass ihr alles bekommt. Wo seid ihr unter gekommen? Oder habt ihr noch keinen Platz zum Schlafen?"
Meridea schüttelte den Kopf.
„Wir haben mit Ycrep gesprochen. Sie und ihr Mann sind so freundlich uns über Nacht bei sich auf zu nehmen!"
Iarum wirkte zufrieden.
„Sehr gut. Bei den beiden seid ihr gut aufgehoben. Ich denke, dass ich in zwei oder drei Tagen alles zusammen habe. Das restliche Geld werde ich euch zukommen lassen."
Makuc schüttelte den Kopf.
„Gebt es Ycrep. Mir ist nicht wohl bei dem Gedanken, dass sie Unkosten wegen uns hat!"
Iarum lachte.
„Ihr braucht euch keine Sorgen machen. Localm ist einer der reichsten Männer hier in der Stadt. Aber ich werde eurer Bitte entsprechen. Ycrep wird zetern, aber ich sage ihr, dass sie mit dem Gold machen kann, was sie will!"
Er stand auf.
„In zwei oder drei Tagen also. Ich wünsche euch bis dahin einen angenehmen Aufenthalt und es wäre freundlich, wenn ihr meinen Namen im Norden weiterempfehlen würdet."
Makuc nickte.
„Das ist selbstverständlich!"
Sie verabschiedeten sich von ihm und machten sich auf den Weg zu Ycrep und Localm.
Makuc musste zugeben, dass er sich bei den beiden Nordlern doch wohl fühlte.
Auch wenn Iarum behauptet hatte, Localm wäre der reichste Mann in der Stadt, so merkte man es ihm nicht an.
Er war hager und für sein Alter hatte er einen guten Körperbau, was dafür sprach, dass er sich körperlich betätigte. Während Ycrep andauernd redete, war er eher ruhig und beobachtete nur.
Makuc fiel auf, dass er ihn besonders beobachtete. Aber nicht kritisch, sondern eher neugierig und interessiert. Man musste ihm aber zugutehalten, dass er keine persönlichen Fragen stellte. Auch wenn er und Meri sich eine Geschichte über ihre Vergangenheit ausgedacht hatten, befürchtete er immer noch, dass man ihn erkennen würde. Und das wollte er nicht. Denn wenn es im Norden die Runde machte, dass sich ein Prinz des Südens hier aufhielt, würde es auch schnell Sumek mitbekommen.
Es wurde sehr früh dunkel und Makuc war schon froh, dass er doch eine anstrengende Reise hinter sich hatte. Er war sich zwar nicht sicher, welche Tageszeit es war, aber er wusste, dass im Süden die letzte Sonne noch scheinen würde. Und um diese Zeit war er nie ins Bett gegangen. Doch nun war er müde.
Ycrep brachte sie in ein Zimmer.
Ein großes Bett stand für sie bereit, dass mit Pelzen ausgelegt war. Auch hier war ein großer Kamin in dem schon ein Feuer brannte.
Er hörte Meridea leise seufzen und musste lächeln.
Ja, heute Nacht würden sie endlich wieder bequem schlafen können und nicht frieren.
Meri hatte sich hinter einem Paravent begeben. Die Reisekleidung warf sie darüber und er konnte leise Wasser plätschern hören.
Er selbst zog sich sein Hemd aus, als es klopfte und Ycrep ohne zu warten ins Zimmer kam. Sie starrte ihn an und murmelte eine Entschuldigung und legte einige Handtücher auf einen kleinen Tisch.
Makuc grinste leicht.
Offenbar hatte Ycrep nicht damit gerechnet, dass er sich schon halbwegs entkleidet hatte.
„Was war das?", hörte er Meri fragen.
„Die Herrin des Hauses hat mich mit nacktem Oberkörper erwischt. Das war ihr wohl peinlich!"
Meri streckte den Kopf über den Paravent.
„Oh Makuc, das ist nicht lustig. Was denkst du, wozu dieser Paravent da ist!"
Er lachte laut auf.
„Ach komm schon, Meri. So schlimm sehe ich nun wirklich nicht aus, dass man sich so erschrecken muss!"
Sie lachte mit ihm.
„Nein! Das kann man nun wirklich nicht behaupten."
Sie kam hinter dem Paravent hervor und Makuc musste sich beherrschen, dass er sie nicht sofort an sich riss. Dabei hatte sie ein bodenlanges Hemd an, das bestimmt nicht anziehend auf die Männer wirkte. Sie setzte sich vor den Kamin und kämmte ihr Haar.
„Das Wasser ist noch warm. Beeile dich, sonst ist es bald kalt!"
Makuc nickte und schluckte trocken.
Er konnte immer noch nicht glauben, dass diese Schönheit ihm gehören sollte. Er hoffte zumindest, dass es bald so sein würde.
Bevor er etwas Dummes anstellen konnte, ging er lieber zu der Waschschüssel und wusch sich gründlich. Als er fertig war, kam er wieder hervor und hielt ebenfalls ein Hemd in den Händen.
„Das werde ich nicht anziehen, Meri!"
Sie lachte laut auf.
„Ach, warum nicht? Du siehst bestimmt gut in diesem Schlafgewand aus."
Er schnaubte und warf das Hemd auf einen Stuhl. Da würde er lieber frieren, weil er nur in der Bruche schlief.
Meri hatte sich das Haar geflochten und lege sich nun ins Bett. Einladend klopfte sie auf den freien Platz neben sich.
„Komm schon! Ich werde dich wärmen."
Das ließ er sich nicht zweimal sagen. Er legte sich neben sie, deckte sich mit ihr zusammen zu und nahm sie in seine Arme. Zärtlich küsste er ihren Mund.
„Meri, auch wenn ich gerne endlich das fortsetzen würde, was wir damals im See angefangen haben, glaube ich nicht, dass ich es heute könnte."
Sie lachte wieder.
„Mir geht es genauso. Ich bin einfach zu müde, auch wenn dieses Bett sehr einladend ist!"
Sie legte den Kopf auf seine Brust und kuschelte sich nahe an ihn heran.
„Das muss genügen!", murmelte sie.
Er nickte und zog den Duft ihres Haares ein.
„Leider!"
Er hörte an ihrem Atem, dass sie schon eingeschlafen war und es dauerte auch nicht lange, dann war auch er eingeschlafen.
„Du hattest Recht, Localm."
Ycrep setzte sich zu ihrem Mann an den Tisch.
Localm nickte ernst.
„Die tiefe Stimme hätte ein Zufall sein können. Diese ungewöhnlichen blauen Augen ebenfalls. Aber ich hatte es im Gefühl! Er sieht ihm ähnlich. Hast du es auch richtig gesehen? Ich muss mir ganz sicher sein!"
Ycrep nickte.
„Ein Muttermal in der Form eines Eiswolfes direkt auf der rechten Brust! Das ist das Zeichen! Er gehört zu ihnen, auch wenn er es nicht weiß!"
Localm atmete tief ein.
„Ich muss ihn informieren. Er muss es wissen, dass Makuc auf dem Weg ist!"
Ycrep nickte bedauernd den Kopf.
„Dann werde ich dich wieder eine Weile nicht sehen! Ich kann nur hoffen, dass er dich dieses Mal nicht so lange bei sich behält. Er kann sehr egoistisch sein, wenn es um seine Belange geht!"
Localm lachte leise, damit er seine zwei Besucher nicht weckte.
„Du hast es gewusst, Weib! Du hast gewusst, auf was du dich einlässt, als ich dich gefragt habe, ob du mich willst."
Sie seufzte leise.
„Ja, das wusste ich! Aber damals dachte ich nicht, dass du so oft weg bist. Ich weiß, dass viele Frauen vor allem dein Gold haben wollten. Doch ich will dich bei mir haben und verzichte gerne auf das Gold, dass er dir zahlt! Außerdem sollte er sich mal einen jüngeren Mann für diese Aufgabe suchen! Vor allem, wenn es so ein heikles Thema ist."
Sie starrte in das Feuer des Kamins.
„Es wird gewaltige Wellen schlagen, wenn Makuc auftaucht und er ihn anerkennt!"
Localm nickte.
„Es wird einigen nicht gefallen. Aber Makuc muss seinen Platz einnehmen!"
Ycrep schnalzte mit der Zunge.
„Ich würde ihm das lieber ersparen, glaube mir. Denn ich mag die beiden!"
Localm lachte wieder, dieses Mal konnte er sich aber nicht zurück halten.
„Jetzt komm aber, Weib! So schlimm ist er nicht! Ich kenne Schlimmere. Und du tust gerade so, als ob ich Makuc in seinen Tod führen würde! Und was den Jüngeren Mann angeht, er weiß, dass ich der Beste bin! Deswegen wird er nie auf mich verzichten!"
Ycrep schnaube.
„Wer hat die zwei denn entdeckt, mh? Du nicht!"
Localm nahm ihre Hand und küsste ihren Handrücken.
„Dann sollte ich ihm sagen, dass dir dieses Mal die Belohnung zusteht."
Sie grinste.
„Sag ihm einfach, dass er einer Frau den Mann nicht so lange wegnehmen darf." Sie hob den Finger, als er etwas erwidern wollte. „Nein, auch er nicht!"
Zwei Tage später waren sie wieder unterwegs. Ycrep hatte sie überschwänglich verabschiedet und sogar Iarum war anwesend und erklärte ihnen Dinge, auf die sie achten sollten. Ycreps Mann war einen Tag zuvor zu seiner Arbeit gerufen worden und hatte sich entschuldigt.
Meridea saß wieder auf dem ruhigen Pferd, dass sie mittlerweile zu schätzen wusste. Das lag aber auch an der Ausrüstung von Iarum. Er hatte ihr einen anderen Sattel besorgt, der so gut ausgepolstert war, dass sie sich sicher war, keine Schwierigkeiten am Abend zu bekommen.
Sie hatten auch wieder neue Kleidung bekommen. Beide trugen nun Lederhosen und schwere Tuniken, die aus Wolle gemacht worden waren. Über den Umhängen trugen sie auch noch Pelzmäntel und der Kopf wurde von einer Art Mütze geschützt, die man so drapieren konnte, dass nur noch die Augen zu sehen waren.
Iarum war wirklich sehr sorgfältig gewesen, was die Ausrüstung betraf.
Er hatte ihnen genau erklärt, was sie wozu gebrauchen konnten. Im Moment schien es so, als ob er nichts Unnötiges eingepackt hätte, um mehr zu verkaufen.
Einige Nachbarn hatten ihnen Essen eingepackt und Meridea hatte sich gewundert, wie herzlich sie mit Makuc umgegangen waren.
Natürlich waren sie auch freundlich zu ihr, aber bei Makuc schien es so, als ob sie beinahe in Ehrfurcht versanken. Als ob sie irgendetwas ahnten, was Makuc und ihr verborgen blieb.
Beide konnten sich das nicht erklären und Makuc war es unangenehm gewesen.
Aber nun waren sie auf dem Weg mit einer neuen Karte. Wenn sie der Karte folgten, würden sie in acht Tagen beim Palast des Großkönigs ankommen.
„Wenn wir angekommen sind, meinst du, er wird uns empfangen?", fragte sie Makuc.
Der zuckte mit den Schultern.
„Das ist eher unwahrscheinlich. Wenn es kein hoher Besucher ist, werden wir wohl erst einem niederen Minister vorgestellt!"
Sie schnaubte.
„Du bist ein hoher Besucher, Makuc! Du bist der Prinz von Solimar!"
Er schüttelte den Kopf.
„Ein Prinz, der wohl in seinem Land als Verräter gilt. Ich kenne meinen Bruder. Er wird irgendeine Geschichte erzählt haben. Ich bin mir nicht einmal sicher, ob ich in meinem eigenen Land noch willkommen bin!"
Er streckte seine Hand aus und sie ergriff sie.
„Bei Sumek bestimmt nicht, aber beim einfachen Volk."
Makuc lachte.
„Mittlerweile ist es mir egal. Sie haben Sumek gewählt!"
Meridea holte tief Luft.
„Weil sie es nicht besser wussten! Dein Vater..."
Er schüttelte den Kopf.
„Mein Vater hätte früher reagieren müssen. Das hat er aber nicht. Aber wir kümmern uns jetzt nicht darum. Erst einmal werden wir den König oder eben seinen Minister nach Asyl fragen. Dann werde ich erst einmal dafür sorgen, dass wir deine Familie wieder finden. Dann werde ich meine suchen. Glaube mir, wir werden beschäftigt sein und das Volk im Süden wird mich vergessen."
Meridea glaubte nicht daran. Sie wusste durch die Gespräche mit Destraw, dass Makuc schon immer sehr beliebt gewesen war. Im Gegensatz zu seinem Bruder. Und das, was ihr Makuc über die Hinrichtung erzählt hatte, bestätigte das doch auch. Er hatte gefordert, wenn auch nicht mit Gewalt, aber sie haben ihn trotzdem erhört. Sie war sich sicher, dass Genia sehr lange gelitten hatte.
Sie wusste nicht warum, aber Makuc war es offenbar wirklich nicht bewusst, welche Macht er besaß. Er war nicht grausam wie sein Bruder, aber das Volk verehrte ihn trotzdem oder gerade deswegen.
Sie war sich sicher, dass er ein guter König gewesen wäre, aber er schien den Gedanken nie gehabt zu haben oder er hatte es verdrängt.
Einen Moment dachte sie an König Otek. Hätte er wirklich Makuc zum Nachfolger bestimmt, wenn er nicht am Abend vorher ermordet worden wäre? Wie hätte Sumek dann reagiert? Und wären sie dann überhaupt noch zusammen?
Meridea schauerte es, wenn sie daran dachte, dass er sie hätte verlassen müssen. Schließlich war sie nur eine Sklavin gewesen.
Auf einmal erhellte sich ihr Gesicht.
Der Gedanke war ihr noch gar nicht gekommen.
Sie war keine Sklavin mehr!
Sie war in dem Land, aus dem sie stammte.
Sie würde ihre Familie bald kennen lernen.
Sie hatte Makuc immer noch an ihrer Seite!
Und sie war frei!
Edisin ließ sich stöhnend in das warme Wasser gleiten.
Sie hasste es, wenn sie zu Sumek gerufen wurde. Denn das bedeutete, dass er wütend war und es an ihr ausließ. In der letzten Zeit war es leider immer wieder vorgekommen. Ihr Rücken war eine einzige Wunde und Lombo kam nicht mehr hinterher, sie zu versorgen.
Auch heute stand er wieder hinter ihr.
„Sieht es schlimm aus?", fragte sie vorsichtig und drehte sich zu ihm um, als er nicht antwortete.
Verwundert stellte sie fest, dass er weinte.
„Lombo! Du wirst auf deine alten Tage doch nicht etwa weich werden und Mitleid mit uns Frauen haben!"
Lombo schüttelte den Kopf und wischte sich die Tränen weg.
„Bis zum heutigen Tag habe ich meine Arbeit gerne gemacht. Ich war streng mit den aufsässigen Frauen, aber ich mochte jede einzelne von ihnen!"
Sie zwinkerte ihm zu.
„Auch Genia?"
Er schnaubte.
„Das du noch Witze reißen kannst in deinem Zustand...aber das zeigt mir, wie stark du in Wirklichkeit bist. In gewisser Weise erinnerst du mich an das Mädchen des Pri..."
Sie hob die Hand.
„Sei still, Lombo! Du weißt, dass du seinen Namen nicht erwähnen darfst. Wenn dir nur einer etwas Übles will, dann wirst du ausgepeitscht! Außerdem gleiche ich ihr nicht im Mindesten. Sie war eine kluge starke Frau und der Prinz hat sich in sie verliebt. Sumek liebt mich nicht. Er akzeptiert mich nur, weil ich nicht klein beigebe wie die anderen. Egal, wie oft er mich schlägt oder vergewaltigt, ich werde nicht aufgeben. Und eines Tages..."
Sie ließ den Rest des Satzes offen.
Lombo setzte sich neben sie.
„Ja, eines Tages..."
Er berührte ihre Schulter und sie zuckte vor Schmerzen zusammen.
Lombo zog zischend den Atem ein.
„Wir brauchen einen Heiler!"
Sie schüttelte den Kopf.
„Wie willst du das anstellen? Kein Mann, außer euch Eunuchen, ist es gestattet, den Harem zu betreten."
Lombo nickte.
„Er muss den Harem nicht betreten. Aber du musst in einen anderen Raum!"
Er stand schon auf, aber Edisin hielt ihn auf.
„Lombo! Wenn es möglich ist, kannst du dafür sorgen, dass Kazur der Heiler sein wird?"
Er starrte sie erst böse an, doch dann wurden seine Gesichtszüge weich.
„Ich vertraue dir, Mädchen. Und deswegen werde ich Kazur rufen lassen. Aber er darf dich nicht unsittlich berühren!"
Edisin lachte.
„Nein! Das wird er nicht. Was du für Gedanken hast, Lombo! Er ist nicht mein Liebhaber. Aber er ist ein wichtiger Mensch."
Lombo zweifelte etwas an dieser Aussage, doch er ließ sich erweichen.
„Ich werde ihn rufen lassen, aber ich werde bei dir bleiben!"
Sie hob eine Augenbraue.
„Selbst wenn du Dinge hörst, die an Hochverrat grenzen?"
Lombo zuckte mit den Schultern.
„Wer weiß? Vielleicht bin ich nicht so loyal, wie man vielleicht annehmen könnte!"
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Hallo meine Lieben,
danke, dass ihr bis jetzt durchgehalten habt. Ihr wundert euch bestimmt, dass ich zur Zeit täglich update. Aber das hat einen einfachen Grund. Ich bin zwar immer noch nicht fertig mit dieser Story, aber ich bin schon sehr weit. Außerdem fand ich, dass die letzten Kapitel etwas... naja...langweilig waren. Aber ich musste einen Übergang schaffen und auch viel erklären. (Beamen können sie sich leider nicht! Sonst wären sie schon längst im Norden!) Aber ich verspreche euch, dass es ab jetzt richtig interessant wird.
Deswegen (und weil morgen Wochenende ist) werde ich gleich noch ein Kapitel rein stellen.
Viel Spaß noch weiterhin!
LG Maike
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