Kennt ihr dieses Gefühl ...
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Ist Euch dieses Gefühl präsent, dass Körper und Geist überrollt, kurz bevor Schlaf nach einem anstrengenden oder aufregenden Tag Besitz von Euch ergreift?
Fühlt Ihr diese eigenartige Schwere, die langsam von den Beinen aufsteigt, sich auf Eure Brust legt, die Augenlider niederdrückt und von den Armen bis hinunter zu den Fingerspitzen ausbreitet?
Lasst Ihr zu, dass die Gedanken fortgeführt werden, alles unwichtig wird, um schnellstmöglich in die herrliche Welt der Träume einzutauchen, die mit der Erfüllung geheimster Wünsche lockt?
Bemerkt Ihr wie Euch Eure Sinne entschwinden, Ihr nichts mehr hört, riecht oder schmeckt, nur noch Schwärze seht und das gleichmäßige Strömen der Luft in Eure Lungen wie eine Meeresbrise Ruhe in Euch trägt?
Alles wird dämmrig und weich und wohlig warm und so friedlich ...
... und dann plötzlich ... fallt Ihr ... tief und immer tiefer ... schrecklich ist der Aufprall und vergangen alles Schöne.
Dennoch sogleich gelingt es Euch, dieses Erlebnis zu verbannen und unerwartet schnell nach dem Schreckensmoment kommt sie über Euch, die Dumpfheit der Nacht, mit Erholung und Träumen und Gedankenlosigkeit.
Das Sterben ... fühlt sich ähnlich an. Nur, dass dieser Moment des Fallens Ewigkeiten zu dauern scheint. Man spürt, wie das Herz stoppt, das Blut nicht mehr fließt, es im Kopf immer schwärzer und jeglicher Gedanke vergessen wird. In ein Tal voller Schrecken stürzt man und Angst ergreift von einem Besitz. Einen Moment aber noch, da verweilt etwas in dem leblosen Körper, das immer schwerer und schwerer wird, alles in sich vereinigt, was den Verstorbenen ausmachte. Erinnerungen, Gefühle, verspürte und gegebene Liebe, Andenken an Augenblicke und waren sie auch noch so kurz, dennoch tief berührten sie einen im Herzen. All dies entschwindet schließlich. Löst sich und dann ist man plötzlich befreit von allen Ängsten, allem Schmerz, allen Schuldgefühlen, aller Traurigkeit. Wundervoll fühlt es sich an, diese Schwerelosigkeit, dieses Treiben durch Raum und Zeit.
Und dann findet man sich wieder an einem Ort, der Träumen entsprungen zu sein scheint. Weißer, von der Sonne gewärmter Sand rieselt unter meinen Füßen. Wellen mit schäumenden Kronen brausen heran, nehmen den Untergrund mit sich, sobald sie sich wieder zurückziehen, sodass ich tiefer hinein sinke. Der Himmel über mir ist blau und erfüllt von kreischenden Vögeln, die ich noch niemals sah. Weit geht der Blick zum in der Ferne wolkenweiß verschwommenen Horizont. Der Wind, der meine offenen Haare durcheinanderwirbelt, riecht nach feuchtem Salz und Algen.
Oh Aman du unsterbliches Land, wie viel las ich über dich, wie untertrieben sind doch die Schilderungen über deine Herrlichkeit, selbst von jenen, die dich einst bewohnten. Für die Ewigkeit wurdest du geschaffen. Rein bist du. Schmerz, Bosheit, Missgunst, keine dieser Dinge existiert in dir. Die die auf deinen grünen Wiesen und durch die dichten Wälder wandeln, sind gesegnet mit Unsterblichkeit und unvergänglicher Freude.
Warum aber verweile ich nicht in den Hallen des Totenwächters, der mich holte?! Ist die Behauptung, dass auch wir Zwerge in ihnen unseren Platz für die Ewigkeit finden falsch, stehen wir nicht bis zum Ende aller Tage unter seinem Schutz und können verweilen in den Schatten unserer Gedanken und Erinnerungen?! Angst und Verzweiflung ergreift mich. Wie tröstete doch diese Vorstellung, dass ich einst im Tod zu Seiten derer die ich liebte, sitzen werde. Tränen perlen aus meinen Augen. Sie brennen auf der Haut und plötzlich wurde diesem Ort alle Schönheit beraubt.
Dann aber sehe ich mich um, denn eine Bewegung weit entfernt im sich endlos erstreckenden Strand bemerkte ich. Und plötzlich erklingt leise, kaum vernehmbar, eine Melodie. Wunderschön ist sie, friedlich und dennoch kraftvoll. Hell wie Silber und freudig wie das Lachen eines Kindes, wenn sie auch unverkennbar aus den zarten Tonzungen, die von den Stiften einer Spieluhrwalze angestimmt werden, entspringt.
Eine Gestalt kommt rasch näher. Golden glänzt sein Haar in der Sonne. Ein Zwergling, ein Junge, erkenne ich schließlich. Gekleidet in prächtige, dunkelblaue Gewänder, die mit stilisierten Raben aus glänzenden Silberfäden verziert wurden. Noch nie sah ich ihn, aber dennoch beschwört sein Erscheinen ein Gefühl in meinem Herzen herauf, dass eine andere Art von Tränen hervorbringt. Stolz und bislang unbekannte Liebe in sich bergend. Jung ist er noch, dennoch trägt er ein allzu vertrautes Schwert an der Seite und seine Augen sind braun wie köstlich-süße Trinkschokolade.
Ich will ihn fragen, wer er ist, aber kein Laut dringt über meine Lippen. Dennoch lächelt er, greift zart, liebevoll, Urvertrauen bekundend nach meiner Hand und führt mich entlang der brandenden Wellen hin zu einer nahen Lagune. Still liegt das untiefe Wasser in ihr, kleine bunte Fische schwimmen umher, verstecken sich zwischen Seetang und in Muschelbänken. Ich lächle ob des Anblicks, denn friedlich stimmt er das Herz.
Aber plötzlich verschwinden sie und alles um mich herum verbleicht zu undurchsichtigem Nebel. „Traue niemals Illusionen", sagt eine Stimme neben mir und noch bevor ich mir dessen gewahr werden kann, löse auch ich mich auf.
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POV Thorin
Nein. Nein. Das darf nicht sein! Ich möchte schreien und fluchen. Alles erschlagen, was sich in meiner Näher befindet. Die Grausamkeit der Welt und die der doch als so gütig geltenden Valar verwünschen. Aber stattdessen starre ich stumm und zitternd auf ihren Körper, aus dem alles Leben, all die Freude entwich, die dies nach Jahren in Trauer und Schuld verbracht in mir wiedererwachen ließ. Grau ist ihre weiche Haut, noch immer bezaubernd, wenn auch über Unbekanntes trauervoll lächelndes verzogen, die erschreckend blassblauen Lippen. Das Gold der Haare ergießt sich aus der Bändigung der Frisur gelöst wie ein kostbarer Strom über meinen Arm und den schmutzigen Boden. Von Rot durchweicht verbirgt das Tuch, mit dem Oin mit aller ihm eigenen Fähigkeit versuchte es zu stoppen, die in der Brust klaffende Wunde. Leer sind ihre Augen, das Feld voller zarter Kornblumen verblüht in der Kälte des grausamen Todes. Oh wie schmerzlich vermisse ich bereits jetzt den Glanz, der sich über sie legte, sobald etwas sie begeisterte. Wie das helle Lachen, wie den Klang ihrer Stimme, wie ihr besonderes Wesen, mit dem sie mich so oft befreien konnte aus Kummer und Verzweiflung. Oh mein Herz, qualvoll wirst du vergehen ob der Trauer über ihren viel zu frühen und viel zu grausamen Tod.
Ich drücke den langsam erkaltenden Körper fester an mich, vergrabe das Gesicht in dem blutklebrigen Stoff, schreie und weine letztendlich doch, verzweifelnd wie noch niemals zuvor an einem Verlust. Warum Mahal, warum nur nahmt Ihr mir die einzige Freude, die mein von Schmerz und Leid überfülltes Leben endlich wieder erträglich werden ließ. Ich flehe Euch an, bitte ... bitte gebt sie mir zurück ...
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POV Dwalin
Schmerz überfüllt meine Brust. Qualvoller als der jeder bislang erlittenen Wunde, und war sie noch so grässlich. Leidvoller als der jedes bislang erlittenen Verlusts, und war er noch so grausam. Es brennt wie Feuer, das mich umschließt. Sticht wie eiskaltes Wasser, indem ich versinke. Reißt an meinen Eingeweiden und bohrt sich tief hinein in das Herz.
Fassungslos, es nicht wahrhaben wollend, starre ich auf ihren Körper hinab, verzweifelt suchend nach einem Lebenszeichen. Ein Heben des Brustkorbes, der rot glänzt von ihrem Blut. So viel Blut. Zu viel Blut. Nach dem Schimmer in den geliebten Augen, die starr sind und tränenfeucht. Hoffend auf ein Zucken der Lippen, deren Süße ich noch immer auf den meinen schmecke, aber die zunehmend verblasst in der Erkenntnis, dass sie tatsächlich tot ist.
Thorin drückt sie an sich und bettet das bereits tränenüberströmte Gesicht an ihre Brust. Er schreit, verflucht sich dafür sie nicht beschützt zu haben und fleht zu unserem Schöpfer. Noch nie ließ er der Trauer um einen Verlust den Erfolg so enthemmt und qualvoll herauszubrechen. Nicht ertragen kann ich sie zusätzlich zu der meinen, die beginnt dumpf und herzzerreißend von mir Besitz zu ergreifen.
Ich drehe mich um und fliehe. Vor dem Anblick, dem Schmerz, all diesen Gefühlen, die aufflammen und unerträglich sind. Hart trifft meine geballte Faust den Stamm einer alten Eiche, die letztendlich meinen Weg versperrt. Gespalten von der Wucht bröckelt die Rinde auf den von dunkelgrünem Moos bedeckten Boden. Tief graben sich Splitter in die Haut, wird sie aufgerissen von scharfen Borken, blutet es heiß aus den Wunden. Aber keinerlei Erleichterung bringt mir der Ausbruch.
Ich liebte sie, leidenschaftlicher als ich sollte, inniglich wie sie es ohne Zweifel verdiente. Aufgegeben hätte ich alles für sie. Opferwillig mich für sie in jedwede Gefahr gebracht. Und nun ... ein tiefes, schwarzes Loch hinterlässt ihr Verlust in mir und niemals wieder werde ich Freude und Liebe empfinden können. Mahal ich flehe Euch an, bitte ... bitte gebt sie mir zurück ...
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Kaum schmerzhaft ist die Rückkehr der entschwundenen Seele in den Körper. Wie ein unangenehmes Prickeln, das sich schnell ausbreitet in alle Glieder, fühlt es sich an. Kleine Blitze, die über die Haut zucken. Ein dumpfes Pochen im Kopf, voller baldigst vergessener Eindrücke von einem Ort, den kein lebender Mensch oder Zwerg jemals betrat. Dennoch quälend ist der erste tiefe Atemzug und die Helligkeit, die nach der plötzlich schwindenden Dunkelheit die weit geöffneten Augen blendet, brennt unerträglich.
Schrecken ob der Erinnerungen an das, was vordem geschah, durchfährt den Körper und ich will mich aufrichten, aber etwas Schweres, dass auf meiner Brust liegt, unterbindet es. Schwarze Haare behindern die Sicht, kitzeln mein glühendes Gesicht und Feuchtigkeit sickerte durch den dicken Stoff meiner Tunika kalt bis auf die warme Haut. Arme halten mich zitternd umschlungen, drücken den langsam zu sich kommenden Leib fest an einen anderen, dessen anhaftender Geruch und ausströmende Wärme mir dadurch nur allzu gewahr wird. Wohltuend ist das Gefühl seiner Nähe, gänzlich vermag sie mich zurückzubringen. Wie danke ich Mahal ihn nicht verlassen zu müssen. Die Möglichkeit bekommen zu haben, weiterhin in seiner Herrlichkeit zu wandeln. Das mit zu erleben, was ich ihm von ganzem Herzen wünsche.
Das Strömen der Luft in die Lungen und das Zucken des Körpers muss Thorin unausweichlich wahrgenommen haben, denn er richtet sich auf, blickt fassungslos, erschüttert, verwirrt, ängstlich gar, als würde er wahrhaftig einen Geist ins Angesicht sehen, was gewissermaßen sogar stimmen mag. Denn auch wenn jegliche Erinnerung daran nicht mehr existiert, so erkenne ich doch an der Tränennässe, die noch immer seine Augen füllt und klebrig-glänzende Spuren auf den Wangen zeichnete, dass etwas Schreckliches geschah.
„Das ist nicht möglich", flüstert er, tastet in Unglaube nach meiner Wange, fühlt die Wärme, berührt mit rauen Fingerspitzen die Lippen, nimmt den Luftstrom des regelmäßig austretenden Atems wahr, bettet sie an meinen Hals, genießt das Pulsieren des Blutes ... begreift langsam das Unbegreifliche. Von der Erkenntnis überrollt schließt er mich erneut in eine Umarmung, murmelt Worte, die ich nicht verstehe, denn tief vergraben hat er das Gesicht in dem Fell meines Mantels.
Ich sehe über seine Schulter hinweg zu den anderen. In Oins und Balins Gesichtern spiegelt sich die gleiche Verwunderung über das Unwirkliche wieder und übertüncht die Schwärze der Trauer. „Seht nur", sagt Oin plötzlich und entfernt das bereits verrutschte Tuch, dass die einst in der Brust klaffende Wunde überdeckte, als mich Thorin spürbar widerwillig loslässt. Nichts ist mehr zu sehen von der todbringenden Zerstörung. Kein zerrissener Stoff, kein Blut, kein tiefes Loch das klaffte bis zum Herzen. „Es war eine Illusion, eine Täuschung wie die lebendig gewordenen Ranken, die uns versuchten an der Flucht zu hindern und sich wieder zurückverwandelten, sobald wir sie entzweischlugen." Ich richte mich auf, taste unsicher nach der Stelle. Ein kaltes Brennen ist dennoch dort spürbar, eine machtlose Nachwirkung der grässlichen Gefühlsleere, die mein Herz umschloss. „Aber dennoch fühlte sie sich real an", sage ich und erschaudere bei der Erinnerung an die erlittenen Schmerzen. Eine Gewalt ergriff von mir besitz, die schrecklich war, aber sich Augenwischerei bediente, um noch grauenerregender zu werden, ganz so, als würde sie selber Furcht davor haben entdeckt zu werden, bevor sie zu ganzer Stärke gelangte.
Aber dann plötzlich wird mir gewahr, dass jemand Wichtiges fehlt. „Wo ist Dwalin?", will ich wissen und Angst überkommt mich. Angst davor er könnte etwas Unvernünftiges getan haben, als Trauer und Wut ihn heimsuchten. Ich will aufstehen, als keiner mir Auskunft geben kann, sie alle selbst erstaunt darüber scheinen, dass er unbemerkt verschwand, stemme mich mit aller erschreckend kärglichen Kraft nach oben und schäme mich dennoch die bereitwillig helfenden Hände von Thorin annehmen zu müssen. Fest halten sie den schwankenden Körper, als Schwindel und Übelkeit mich überkommt. „Du solltest noch etwas liegen bleiben", mahnt Oin, aber ich schüttle den schmerzenden Kopf, was eine dumme Idee war, denn sofort verschwimmt alles vor den Augen. „Wir müssen ihn finden", entgegne ich, blinzle verzweifelt, um die Schlieren zu vertreiben, und Thorin, der meine Angst um ihn nur allzu deutlich spüren wird, nickt zustimmend.
Aber als unnötig erweist sich das Vorhaben, denn unerwartet kommt er aus dem Schatten der Bäume hervorgetreten. Noch sehr viel mehr von Unglauben ob des unverhofften und eigentlich unmöglichen Anblicks gezeichnet ist sein Antlitz. Er zwinkert mehrmals und beinahe scheint es mir, er wolle sich gerne kneifen oder ohrfeigen, um auszuforschen, ob sein Hirn ihm kein klebriges Gespinst bereitet, in dem sich alle Hoffnungen trügerisch verfangen können.
Ich trete einen Schritt nach vorne, schwanke kurz, suche verzweifelt nach Festigkeit, finde sie in seinem Anblick. Thorins Hand gleitet von meinem Arm und dann beginne ich zu rennen. Dwalin kommt mir entgegen, nun auch ohne schmerzliche Prüfung davon überzeugt, dass dies kein Traum ist und schließt mich fest in seine Arme, nachdem ich mich in diese stürzte.
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