Igribî
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Die Atmosphäre in der Halle Meduseld ist beklemmend. Jeglicher goldene Glanz scheint ihr genommen, wie verblichen, denn grau wie Nebelschwaden schwebt die überbrachte Botschaft zwischen den Dachsparren. Die Luft ist stickig und zu warm, erfüllt von dunstgedämpft murmelnden Stimmen. Nur mühevoll atmen kann ich. Indes der Verstand ist klar.
„Majestät, wir müssen die Bevölkerung nach Helms Klamm bringen."
„Nein, dafür bleibt keine Zeit."
„Die Orks könnten uns auf dem Weg dahin überfallen."
„Lasst uns sie hier bekämpfen. Die Stadtmauern sind stark und können besetz werden."
„Aber nicht genügend Krieger haben wir, um einem Angriff abzuwehrend."
Alte Männer mit grauen Bärten, deren zitternde Hände vermutlich schon lange keine Waffe mehr hielten, reden unablässig auf Königin Háhild ein, die aufrecht und herrschaftlich gefasst wirkend auf ihrem Thron sitzt. Viel des Gesagten weiß sie wohl selbst. Bereits bei Einbruch der Dämmerung könnten die Orks hier sein. Langsam marschieren sie bei Tage, denn die verabscheute Sonne schwächt dunkles Fleisch und Blut, aber grollend zieht wolkenfinster gerade jetzt ein Sommergewitter von Norden herauf.
Ich sehe mich um. Wahrlich wenige Krieger zogen nicht mit König und Prinz. Zu jung oder zu alt sind sie, zwar (noch immer) kampffähig, aber eindeutig nicht genug, um einer Horde Orks entgegenzustehen. Unsere einzige Chance wird es sein, sie außerhalb der Stadt zu halten und von der Ferne zu bekämpfen. Verheißend schwer ziehen Bogen ebenso wie Pfeilköcher während der Überlegung an meiner Schulter.
„Ruft die Bauern von den Feldern. Kontrolliert die Mauer, verstärkt sie, wenn nötig, und versperrt das Tor." Háhilds Befehle sind unerschütterlich fest ausgesprochen. Keine Angst, kein Verzagen zeigt sie. Vorherige Angriffe überdauerte die Stadt und sollte es uns gelingen sie auch weiterhin zu schützen, wahrlich nicht der letzte wird es sein. „Bringt die Frauen und Kinder und so viel an Lebensmitteln wie ihr tragen könnt in die Halle und verbarrikadiert diese." Bei dieser ihrer Anweisung beäuge ich aufmerksam Balin, der bislang nüchtern zuhörend neben mir stand. Er bemerkt es. Wahrscheinlich wissend um die Befürchtung, mustert mich sein Blick, erfasst mit ihm Waffen und Rüstung, die ich bereits trage. Zu überlegen scheint er. Die Gefahr abzuwägen. Die Gewalt der Strafpredigt Thorins, wenn er mich nicht für die Verteidigung der Halle einsetzt, sondern an der Schlacht teilnehmen lässt. Oder doch nicht, denn einen Wimpernschlag später, nickt er kaum merklich für die Umstehenden, um die Besorgnis zu zerstreuen.
Bei den Gedanken an den bevorstehenden Kampf schwelen jedoch plötzlich widersprüchliche Empfindungen im schnellklopfenden Herzen. Heiße Vorfreude – kalte Furcht ... gleichermaßen mächtig – gleichermaßen wirksam. „Bemannt die Türme und den Wehrgang mit Bogenschützen", veranlasst Háhild und gewahr wird mir ihr sich bei den Worten auf mich richtender Blick. Ich senke den meinen, um ihr zu verdeutlichen, dass ich ebenfalls für sie und ihr Volk kämpfen werde.
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Die Steine unter meinen Füßen erzittern, sooft der Donner rumpelnd am schwarz-verhangenen Horizont entlang grollt. Hoch sind die in die mit Pferden verzierte Brustwehr eingelassenen Schießscharten des Wächterganges, sodass ich ohne Anstrengung genügend sehen und hoffentlich auch treffen kann. Viele zusätzliche Pfeile fand man für meinen kurzen Bogen, deren ich wahrlich sehr dankbar bin. Im Kampf mit dem Schwert errang ich nun schon einiges an Erfahrungen, aber weit entfernt bin ich davon, diese mit dem Bogen auch nur ansatzweise und keinesfalls ausreichend mein Eigen zu nennen. Das Herz schlägt wie wild und ich hoffe, dass keiner der Umstehenden das aufgeregte Zittern der Hände bemerkt. Auf einen unausweichlichen Kampf zu warten, erweist sich als durchaus schlimmer wie dieser selbst.
Der Wind frischt auf, trägt die Schwüle des Tages hinfort und das Gewitter immer näher heran. Die ersten zackigen Blitze kerben den geschlossenen Wolkenhimmel und erfüllen die Luft mit dieser eigenartigen Energie, die bei manchen bedrückende Angst, bei anderen geradezu freudige Begeisterung heraufbeschwört. Und dann sehe ich sie mit den scharfen Zwergenaugen. Eine schwarze Linie, bestehend aus vielen, vielen stürmisch näherkommenden Punkten, die über die baumleere Kuppe des Hügels hinter dem Fluss anrückt.
„Sie kommen", murmle ich und die Warnung untermahlend, grollt Donner unheilbringend laut direkt über unsere Köpfe hinweg. Der stärker werdende Wind rauscht durch die Felder, knickt viele der schwer an erntereifen Früchten tragenden Halme um. Immer näher kommen die Orks. Immer deutlicher kann ich sie sehen. Hunderte sind es. Rostige, glanzlose Rüstungen tragen sie. Die Schilde und Helme mit spitzten Eisendornen besetzt. Bereit zum Angriff gezogen die krummen Schwerter, an denen das getrocknete Blut ihrer Opfer noch immer dunkelrot haftet. Etliche auf allen vieren hastend wie abscheuliches Getier. Andere reitend auf diesen widerwärtigen Wargen.
Nun bereits den Fluss überquerten sie. Dunklen, nährstoffreichen Schlamm wühlen sie dabei mit ihren patschenden Füßen auf. Wie eine durch stürmischen Wind auseinandertreibende Wolke hoch oben am Himmel spült die Strömung das verschmutzte Wasser mit sich flussabwärts. Gnadenlos wird Gras und Getreide von ihnen niedergetrampelt und das ausgestoßene dämonische Jaulen und Heulen und Fauchen erhebt sich über das Brausen des Unwetters.
Ich nehme meinen Bogen und spanne ihm zum Schuss. Ferias Worte kommen mir in den Sinn. Analysiere den Feind. Suche in Ruhe nach Schwachpunkten, solange du es kannst. Ungeschützte Stellen, Lücken, gebrauche das zwergische Wissen, um zu erkennen, wo Metall dünn oder schlampig verarbeitet wurde und leicht durchdrungen werden kann. Viele finde ich. Unter den Armen. Am Hals. Zwischen den Beinen. Nur mit Leder gearbeitete Verbindungen der Brust- und Rückenplatten. Rostgesäumte Löcher in den Helmen. Lächerlich zu kurze Harnische. Mitunter sogar Vereinzelte ganz ohne Rüstung erkenne ich in den hintersten Reihen.
Kein überlegt für einen Kampf ausgerüstetes und vermutlich auch kaum dazu befähigtes Heer ist dies. Ein loser Haufen, allzu leicht brechbar zusammengehalten womöglich nur von Befehlshabern, deren schmerzende Peitschenhiebe, harsche Kommandos und angedrohte Bestrafungen für ein Mindestmaß an Ordnung sorgen. Als ich den Blick schweifen lasse, kann ich sogar einen von ihnen identifizieren. Ekelhafter entstellter noch denn die anderen ist er und trägt eine deutlich zu erkennende blutrote Groteske ihrer Rasse wie eine Art von Wappen auf dem Brustpanzer. Über all dies informiere ich die umstehenden Bogenschützen und nachdem sie endlich in Schussweite kommen, trifft der erste abgeschossene Pfeil genau jenen.
Sofort kommt die ganze Kohorte zum Stillstand. Fassungslos starren einige auf den Kadaver zu ihren Füßen und den weißgefiederten Pfeil, der gründlich in den Hals eindrang und das schwarze Blut sprudelnd herausschießen lässt. Ideale Voraussetzungen. Surrend fliegen weitere. Treffen zielgenau und tödlich. Auch erstaunlich viele von mir. Aber allzu rasch besinnen sich die anderen Anführer wieder und treiben ihr Fußvolk zum Angriff. Schwieriger wird es nun für mich, denn ungeordnet rennen sie hin und her wie Hasen auf der Flucht. Zahlreiche Pfeile verschieße ich und immer unanständiger wird mein Fluchen nach jedem Einzelnen. „Zielt nicht dorthin wo er ist, sondern wohin er laufen wird!", ruft der neben mir stehende Schütze und als ich ihn beachte, fällt mir auf, dass er trotzdem er nur noch ein Auge besitzt und lediglich kurz die Distanz zum Ziel abschätzt, jedes Mal tödlich trifft. Ich nehme mir seinen Ratschlag zu herzen, suche mir einen wenig gerüsteten Ork ... mutmaße über seinen Weg ... schieße ... und man glaubt es kaum, treffe sogar ... zwar nicht ideal, aber dennoch sterbend sinkt er zu Boden.
Mit Mühe diesen schnellen Erfolg fassend, lächle ich meinen neuen Lehrmeister dankend an. Viele weitere Ratschläge gibt er mir daher und je öfter ich die Sehne spanne, Pfeile fliegen lasse, treffe, umso gedankenloser suche ich mir ein Ziel, schätze seinen Weg, wäge ab, korrigiere leicht nach. Fast fühlt es sich an, als würden die Finger, der Arm, ja mein ganzer Körper, mit dem Holz des Bogens verschmelzen. Er ein Teil von mir werden. Denn stattdessen höre ich das Knarzen der nachgebenden Wurfarme, das Singen der Elbenhaarsehne, das Rascheln der Befiederung, wenn sie an dem Handstück entlanggleiten. Und dann ... habe ich plötzlich keine Pfeile mehr.
Ein Fluchwort, wohl einst von Dwalin aufgegriffen, das ich, wenn wir Zuhause sind, schnell wieder aus meinem Vokabularium verbannen sollte, entkommt mir. Aber dadurch bemerke ich etwas anderes, was anscheinend bislang niemanden auffiel. Eine kleine Horde Orks macht sich an den vor den Toren gelegenen Grabhügeln der Könige Rohans zu schaffen. Mit Äxten und Rammbögen versuchen diese Unholde, die sie verschließenden Steinplatten entzweizuschlagen. Welch Barbarei. Doch dass diese verachtenswerten Kreaturen die Totenruhe nicht wahren, zeigte sich bereits an den Gräbern im Schattenbachtal. Was nur kann ich tun?! Weit ab der Schussweite treiben sie das Unwesen. Überlege Astâ, überlege. Wohl nur eine Möglichkeit gibt es.
Nicht lange über die mit ihr verbundene Gefahr nachdenkend, haste ich den Wehrgang entlang und eine auf der zum östlichen Tor führenden Straßen endenden Treppen hinunter. Beengt ist dieser Ausgang und liegt noch dazu verborgen hinter zwei sich überschneidenden Erdwällen. Auf den Weg dorthin, informiere ich bislang auf ihren Einsatz wartende Schwert- und Speerkämpfer. Kaum fassen können sie meinen Bericht, aber ohne Argwohn Glauben schenken.
Unverzüglich eilen wir gemeinsam zum Tor und entfernen die Barrikaden. Vorsicht spähe ich durch einen kleinen Spalt, den wir es zuerst öffneten. Still ist es, denn glücklicherweise keinem Ork scheint dieser Durchgang bekannt. Mit mutig gezogenen Schwertern treten daher an die dreißig Mann und eine Zwergenfrau hinaus auf die Ebene vor der Stadt. Dennoch Beklemmung ergreift mein Herz, als die schweren Riegel hinter uns zuschnappend einen sofortigen Rückzug verhindern. Aber nur kurz, denn Angst und Skrupel erlauben mir das Kriegersein nicht.
Wir schleichen am Fuß des äußeren Erdwalls entlang, immer auf einen plötzlichen Angriff gefasst. An seinem Ende bleibe ich stehen, äuge herum und erkenne, wie genau dort sich einige wenige Orks abmühen, ihn zu erklimmen. Wenn ich nun einer Schar Zwerge dies mitteilen müsste, so würde ich mich der Zeichensprache Iglishmek bedienen. So aber versuche ich, mit einer hoffentlich allgemeinverständlicheren Form den Männern hinter mir zu verdeutlichen, dass es nicht viele sind und wir sie so geräuschlos wie möglich angreifen müssen. Sie verstehen zum Glück. Fester umfasse ich den Griff des Schwertes, atme tief und mich beruhigend ein und aus, spanne jeden Muskel, jeden Gedanken ... und stürme dann vor. Schnell und unbemerkt von den anderen werden sie besiegt, noch nicht einmal Anstrengung bedurfte es, denn verständlicherweise nicht im Geringsten rechneten sie mit einem Gegenangriff.
Wie schwarze Wellen branden die Orks gegen den Wall. Die, die es hinüber schafften, versuchen die Mauer zu erklimmen, scheitern aber an glatten Stein und dornigen Ranken oder werden von Pfeilen getroffen, mitunter sogar von solchen, die in Pech getunkt heiß brennen. Kurz muss ich mit aufsteigender Übelkeit ringen, als der Wind den abscheulichen Gestank ihres verkohlenden Fleisches hinüber trägt.
Wie durch ein Wunder ungesehen dringen wir Deckung hinter anderen Erdhügeln, den Feldern oder hochstehenden Gras findend, bis zu der Grabstätte Eorls vor. Grässlich ist das Geräusch der immer wieder an der zum Glück bislang standhaltenden Steinplatte abprallenden Axtschneiden. Wüste Beschimpfungen die wohl anspornen sollen, werden geknurrt und höhnisches Gelächter grollt, nachdem sich ausgemalt wurde, wie das Grab des ersten Königs der Mark geschändet und geplündert wird. Ich spüre den aufkommenden Zorn der Männer um mich herum. Heiß prickelt er auf der Haut und wütender ist er als das Gewitter, das noch immer am Himmel tobt und nun schließlich seinen bislang zurückgehaltenen Regensturm auf uns herniedergehen lässt. Dicke, schwere, kalte Tropfen die schnell fallen, innerhalb von Minuten alles was man am Leibe trägt klamm bis auf die Haut durchnässen und einen dichten, grauen Vorhang weben. Unmöglich wird es nun den Bogenschützen sein, weiterhin Ziele zu finden. Besorgnis darüber ergreift mich, denn noch immer viel zu viele Feinde überlaufen die Ebene.
Ich (ver-)zweifle jäh. Von ihnen entdeckt und in einen aussichtslosen Kampf verwickelt zu werden riskieren wir bei einem Angriff. Habe ich diese Männer womöglich in den sicheren Tod geführt? Sollten wir nicht lieber zurückgehen? Aber die Entscheidung wird mir abgenommen, denn auf einmal zerbirst das Gestein des Grabtores mit lautem Rumpeln und keinen Moment länger hält es die Männer im Angesicht der drohenden Entehrung. Oh Mahal steht mir bei, denke ich und stürme ihnen zum Beistand.
Schnell werden die Schänder blutig niedergeschlagen, bevor sie überhaupt nur einen verkrüppelten Fuß in die Grabkammer setzen konnten. Allerdings jaulen und fauchen diese Kreaturen in abstoßender Lautstärke sogar noch im Sterben und so verendet mit ihnen auch die Hoffnung, weiterhin unentdeckt zu bleiben. Schemenhaft bemerke ich, wie sich andere alarmiert von dem Spektakel rasch durch den Regenguss nähern. Fragend, denn Bedenken packen mich erneut, sehe ich die Männer um mich herum an. Sehe in ihre dagegen durch Entschluss erhärteten Gesichter. Sehe die zum Angriff hoch erhobenen Schwerter, Äxte und Speere. Werde geblendet von diesem hell in der Dunkelheit glänzenden Heldenmut und der altruistischen Bereitschaft zu sterben, über die ich bislang nur hörte und las. Ehrfurcht durchdringt mich heiß, glüht in den Adern, vermag es sogar die knochentiefe Kälte des Regens entschwinden zu lassen. Der Griff um das Schwertheft wird wieder fester. Die Haltung durch neu gefassten Mut gespannt zum bevorstehenden Angriff. Im Kreis tapferer Männer, die für eine ehrenwerte Sache ihr Leben geben. Nichts ist schön an einer Schlacht, außer dieses herzbebende Gefühl.
„Oh bei Mahal, bist du hässlich!", bringe ich heraus, als mir ein Ork entgegentritt, dessen Gesicht scheinbar nur noch durch wulstig aufgeworfene oder tiefe Krater furchende Narben zusammengehalten wird. Eine besonders große, kaum verheilte, zieht sich bogenförmig von seinem Mundwinkel über die Wange bis hinauf zur Stirn, halbiert dabei sogar den Augapfel, der nurmehr womöglich allmählich verfaulend schwarz wurde und matschig in der Höhle klebt. Aber dennoch weiterhin geschickt kann er mit seiner zweihändigen Streitaxt umgehen. Mühe habe ich, ihn zu bekämpfen, nur der für ihn unvorhergesehenen weiblichen Schnelligkeit wegen, finden die wuchtigen Schläge nie ihr Ziel.
Aber dann rutsche ich plötzlich im regenfeuchten Gras aus und stürze.
Der Ork kommt näher ... nicht sofort gelingt es mir, mich wieder aufzurappeln.
Er hebt seine Axt ... ich meinen Schwertarm zur Abwehr.
Zu einem gewaltigen Hieb holt er haus ... kaum etwas werde ich ihm entgegenbringen können.
Hören kann ich das Pfeifen der im Niedersausen die Luft zerreißenden Schneide ... bereits spüren den Schmerz.
Aber stattdessen unerwartet, wie der Boden erzittert, als er von einem Schwertstreich getroffen auf ihn herabstürzt.
Ich blicke auf und erkenne einen der rohirrimschen Krieger. Jung ist er noch. Stärke, Können und Mut bewies er gleichwohl bereits im Kampf. Hilfsbereit hält er mir seine Hand hin und zieht mich wieder auf die Beine. Einzig mit einem wohlwollenden Lächeln nimmt er das Dankeschön für die Rettung in allerletzter Sekunde an.
Aber weiterhin nicht gewonnen ist die Schlacht und von den anfänglich dreißig tapferen Männern, leben nurmehr die hälfe, die nun ausweglos umstellt sind. Noch immer prasselt der Gewitterregen schwer auf uns hinab. Ein beständiges Rauschen, unterbrochen von tiefgrollendem oder rasselndem Donner, der einen in der Ferne einschlagenden Blitz begleitet. Der sichere Sieg bleckt in den Fratzen der Orks. Aber dennoch nicht kampflos werden wir ihnen diesen schenken. Wenn nicht noch ein Wunder geschieht, ist uns der Tod gewiss.
Mandos der ihn flankiert, schreitet nah über die Ebene. Bereits mit seinem farblosen Mantel umhüllte er die Seelen der ehrenhaft Gefallenen, um sie mit sich zu nehmen, in das Totenreich. Grabeskalt dampft sein Atem von den blassen Lippen. Faszinierend schön und schrecklich zugleich die Dornenkrone, die das schwarze Haupt ziert. Lang und spindeldürr die haschenden Finger. Wie die eines Phantoms so verhalten die Schritte, die zwischen den Körpern mäandern. Dennoch tröstend die Anwesenheit des gerechtesten aller Valar, denn weder Stellung noch Macht noch Reichtum wirken auf sein Urteil. Einzig wahre, aufopferungsvolle Liebe vermochte dies einst vor langer, langer Zeit.
Keinerlei Furcht erfüllt mich, als ich das Schwert erneut hebe. Klamm und steif knarzt das Leder der Handschuhe. Wasser fließt mir von den klatschnassen Haaren in die Augen, kalt über die erhitzten Wangen, spritzt von den Lippen, als ich heftig ausatme. Thorin ... Dwalin ... die letzten Gedanken verweilen bei ihnen. Kraft schenken sie mir. Wehmütig stimmt es mich, sie nicht noch einmal sehen und weiter begleiten zu können. Aber die richtige Entscheidung traf ich, auch, wenn sie mich hierher und in den Tod führte.
„Igribî!", schreie ich, Attacke, und werde verstanden. Aber noch bevor unser letzter Vorstoß brandet und vergeht an den Linien der Orks, erhebt sich ein Ton über Ebene und Gewittersturm. Laut ist er und herrlich. Die tiefe Klangfülle eines Horns. Geblasen, um den gewaltigen Angriff einer Kriegsschar anzukündigen.
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