Der Schwur
Die nächsten Tage vergehen trotz des auferlegten Müßiggangs viel zu schnell. Thorin leistet mir so oft es seine Verpflichtungen erlauben Gesellschaft. Berichtet mir von den neusten Entscheidungen, die während der Ratssitzungen an denen ich nicht teilnehmen kann, getroffen wurden. Bringt mir Bücher, Mahlzeiten, Näschereien. Versorgt weiterhin meine Wunde mit einer solchen Hingabe, dass es mir zuweilen Gewissensbisse bereitet. Die Nächte verbringt er trotzdem ich dagegen protestierte und jeden Morgen mit Besorgnis die Schmerzen in seinem Rücken, die er erfolglos vor mir zu verheimlichen versucht, bedaure, zusammengekauert in einem dem Feuer nahen Sessel. Jeden gehegten Wunsch liest er mir von den Augen ab. Oft sprach ich ihn von seiner Sünde frei, bat darum ihm nicht länger zur Last fallen zu müssen, aber jedes Mal verneinte er und es scheint, als begleiche er mit allem nicht nur eine Schuld an mir.
Oins Erstaunen über die unkomplizierte und vor allem schnelle Heilung meiner Wunde ist groß. Jeden zweiten Tag sieht er nach mir, lobt Thorins Pflege und die Beharrlichkeit, mit der er mir jegliche Anstrengung verbietet. Und ich glaube, er verzieh ihm dadurch den Eidbruch. Die Herrin Dís konnte ich allerdings nur unter tränenreichem Flehen davon abhalten ihren Bruder erneut durch Gusseisen hervorgebrachte Dellen einzuschlagen. Auch Balin ließ es sich nicht nehmen mich fortlaufend über die aktuellen Ereignisse innerhalb des Berges zu informieren und trotzdem ihn Thorin mahnte, dass ein oder andere Dokument mit mir durchzuarbeiten. Doch gerade das lindert die Langeweile und stille Einsamkeit, die ich trotz alledem gelegentlich verspüre und nicht ertragen kann. Beides ist todbringend für uns Zwerge.
Dwalin hingegen besuchte mich bislang nicht ein einziges Mal, obwohl Thorin ihn darüber informierte wo und aus welchem Grund ich gerade dort genese. Sorgen bereitet mir sein Stillschweigen, befürchte ich doch, dass er mir die versicherte Anständigkeit der Beziehung zu Thorin nicht glaubte. Ich vermisse ihn schrecklich. Seine Stimme, die süße Wärme seiner Augen, die verstohlenen Berührungen und vertrauten Gespräche. Wenn er sich nun von mir abwendet, wie leidend würde ich vergehen. Keine Wunde schmerzt quälender und ist lebenszerstörend als sein Verlust.
„Was bekümmert dich, Kindchen?" Balins Stimme ist sanft wie die braunen Augen, die mich fragend über den Rand eines Pergaments hinweg mustern, als ich erschrocken von dem meinem aufschaue. „Was bringt Euch zu der Annahme, etwas würde mich betrüben, Meister?", versuche ich schnell in berechnend freudigem Tonfall die wahre Tatsache abzuweisen. Mit wenig Aussicht auf Erfolg, denn seine Beobachtungsgabe ist scharf und die Zwergenkenntnis hervorragend. „Nun, das Kornblumenblau deiner Augen ist verblüht und viele Minuten hast du die in den Händen gehaltene Feder schon nicht mehr bewegt. Überlegungen blockieren deinen Geist und schon zu lange kenne ich dich nun, um zu wissen, dass es sorgenvolle sind."
Resignierend einen vom Dwalin erlernten Fluch vor mich hin murmelnd wende ich mich ab. „Es ist wegen Eures Bruder, Herr", beginne ich schließlich schwer seufzend zu beichten, "ein Streit mit ihm ging meiner Einkehr in Thorins Gemächern voraus und seitdem habe ich ihn nicht mehr gesehen. Ich fürchte mich nun davor seiner abtrünnig geworden zu sein." Schwer fällt es mir, nun, da ich es aussprach, die Tränen zurückzuhalten, die diesen Umstand beweinen und Zeugen des Schmerzes sind, den ich tief in mir dabei empfinde. Sie brennen in den Augen, wollen gesehen werden, Trost erwirken. Und wer, wenn nicht Balin, könnte ihn schenken.
„Er berichtete mir davon, mit dem gleichen Kummer im Herzen, den du verspürst", sagt er sanft und fasst beruhigend nach meiner Hand. „Dwalin war noch nie ein Zwerg, der Gefühlen ein Mitspracherecht in seinem Handeln erlaubte. Und, du wirst es nicht glauben, so unerschrocken er jedweder Gefahr ins hässliche Angesicht blickt, so feige stellt er sich diesen, sollten sie dennoch aufkommen. Er liebt dich, mehr noch als die Schwester, die er nie hatte, er würde alles für dich tun, dich beschützen, selbst wenn es ihm das Leben kostet. Kein Wagnis wäre ihm zu groß, kein Kampf zu gefährlich, kein Feind zu schrecklich. Aber, genauso wie dich, liebt er Thorin. Auch für ihn würde er, ohne zu zögern nicht allein aus Pflichtgefühl, durch Feuer und Leid gehen. Thorin ist ein ehrenvoller Mann, das weiß er wie du und ich es wissen. Aber sollte er dir dennoch etwas antun, dann müsste Dwalin sich zwischen der Liebe du dir und ihm entscheiden. Als er dich verletzte, wurde ihm das klar und die Angst vor dieser Erkenntnis ist schrecklicher als die vor jedem Feind."
Traurig schließe ich die Augen. „Niemals würde ich verlangen, dass er zwischen ihm und mir wählt. Thorin ist sein König und Freund, ich nur eine Dienerin, ein Mündel ihres Wohlwollens, welches Recht hätte ich also dazu." Balin seufzt und drück meine Hand fester. „Du bist für beide sehr viel mehr als nur das."
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„Astâ, oh wie bin ich glücklich dich endlich wiederzusehen!" Jassin stürmt mit unschicklich weit hinauf gerafften Rockstößen auf mich zu und schmeißt sich mir fröhlich lachend in die weit geöffneten Arme. „Ich war doch lediglich zwei Wochen verhindert", keuche ich, denn gefühlt jegliche Luft presst sie in Überschwang der Wiedersehensfreude aus meinen Lungen. „Es kam mir vor wie eine kleine Ewigkeit, denn wir hörten nur, dass du im Training verletzt wurdest, aber nicht wie schwer und was überhaupt passierte", erklärt sie und die ausgestandene Sorge um mich überschattet noch immer die Helligkeit der plappernden Stimme. Sanft schiebe ich meine Freundin von mir, um ihr diese zu nehmen, „ich war unvorsichtig, sodass Thorin mich verletzten konnte, aber sei unbesorgt, die Wunde ist gut und ohne Nachwirkungen verheilt, auch, weil er sich um sie kümmerte."
Groß werden die erstaunten Winterhimmelaugen und ein kindlich-begeistertes Leuchten glimmt in ihnen auf. „Also sind die Gerüchte wahr, dass du in seinen Gemächern verweilen durftest, um zu genesen." Ich nicke zur Bestätigung, wenig begeistert darüber, dass dieser Umstand wispernd innerhalb der Dienerschaft und vielleicht sogar darüber hinaus Verbreitung fand. Jassin allerdings schnappt verzückt nach Luft. „Bei Durins struppigen Bart, erzähl, wie war das ... habt ihr euch ein Bett geteilt ... hat er dich berührt ... warst du allein in seinen Gemächern?" Ihre schwärmerische Aufgeregtheit kann ich nachvollziehen, wann erhält frau schon die Gelegenheit, solch Informationen aus erster Hand zu erfahren, frei von allen ausschmückenden Gerüchten. Aber ihre Erkundigungen beantworten, will ich dennoch nicht. „Jassin, du weißt, dass ich dir das nicht sagen darf. Verschwiegenheit gelobte ich über alles, was Thorin privat betrifft." Sie verdreht die Augen, schnaubt resignierend und umarmt mich dennoch erneut lächelnd. „Das weiß ich doch, aber neugierige Fragen darüber musst du mir dennoch gestatten."
Auch ich lächle nun. An welchem Glück ergötze ich mich nur sie als Freundin zu wissen. So angenehm die Gesellschaft von Dís, Thorin, Dwalin, Balin und den anderen auch ist, der Umgang mit ihnen ist den Verhältnissen entsprechend reservierter und in die engen Korsagen von Höflichkeit und Dienstwille gezwängt. In Jassin Nähe fühle ich mich ungezwungen, fröhlich, leichtherzig, entlastet von Sorgen, Zeremoniell und Formalitäten. So, wie es meinem Alter entsprechen sollte.
„Komm mit, ich will dir unseren neuen Kochlehrling vorstellen. Er ist zwar, wie Fenna es ausdrückte, sein bester Esser, aber dennoch hübsch anzusehen", greift sie sofort ein neues ihr kleines Herz bewegendes Thema auf und zieht mich an der Hand mit sich. Wir sind allerdings noch nicht einmal in die Nähe der Küche gelangt, da tritt uns aus einer Tür kommend ein Mitglied der Herrschaft entgegen ... Dwalin ... Wie erzittere ich bei seinem Anblick. Vor übermäßiger Freude, ihn wiederzusehen, und unbändiger Angst gleichermaßen.
Untergeben verbeugen wir uns vor ihm und ich bin froh dem bohrend-eisernen Blick eines Kriegers der seiner Waffen gleichwertig ist ausweichen zu können. Noch nicht so früh hoffte ich mich ihn stellen zu müssen. Demnach unvorbereitet bin ich auf seinen Anblick und die Gefühle, die er heraufbeschwört. Schnellen Schrittes schreitet er an uns vorbei und für ein erleichtertes Ausatmen hole ich gerade Luft, da ertönt plötzlich seine brummige Stimme und lässt sie in der Brust stocken: „Astâ, folge mir!" Kurz ist der Befehl. Grimmig, barsch, wenig enthält er von dem Wohlwollen, das er mir sonst entgegenbringt. Ich schließe die Augen, versuche die aufkommende, beklemmende Furcht vor der unausweichlichen Konfrontation von meinem schnellschlagenden Herzen zu verbannen. Mit geringer Aussicht auf Erfolg.
„Astâ?" Jassin klingt ängstlich, bemerkte doch auch sie den heraufbeschworenen, dunklen, abgrundtief-hässlichen Alb, der droht sich auf jedermanns Brust zu setzen, um ihm die Luft zum Atmen zu nehmen. Ich lächle sie beruhigend an, versuche ihn mit aller Macht von ihrer unbeschwerten Seele fernzuhalten. „Geh schon einmal vor, ich komme gleich nach", flüstere ich ihr zu und folge mit nervös-zaudernden Gang meinem Kampfausbilder, bevor sie besorgte Fragen stellen kann.
Bislang wenige Male forderte er ein unseren Rangunterschied verdeutlichendes Hintereinandergehen. Und trotzdem in dieser Situation der Angst unangemessen, genieße ich den Anblick des breiten Rückens vor mir, der so viele Sorgen und Bürden mit Leichtigkeit zu (er)tragen scheint. Die sich unter dem fließenden Stoff bewegenden Muskeln, den stolzen, unbeirrbaren Gang eines Kriegers. Wahrscheinlich würde er mit der gleichen Würde und Zielstrebigkeit in eine Schlacht ziehen. Nur, dass er herannahend den grässlichen Dämonen seiner Gefühle zu mir und nicht einem minder erschreckenden und dennoch leichter zu besiegenden Feind entgegentreten muss.
Schließlich gelangen wir zu einer gläsernen Türe, die auf eines der im Frühling und Sommer üppig begrünten und nun im Winterschlaf befindlichen Plateaus hinausführt. Die âfgalab-Sonne, heute ungetrübt von schweren Wolken oder nebligen Schleiern, blendet strahlend hell, als ich noch immer unsteten Schrittes hinaustrete. Die Schneedecke, die das Land vor uns geschlossen bedeckt, glitzert wunderschön unter ihrem Einfluss. Als bettete Yavanna, die große Herrin über alles Grüne und Blühende und die es beherrschenden Jahreszeiten, Abermillionen geschliffene Glasstücke und winzig kleine Diamantsplitter, die ihr Gemahl und unser Vater erschuf in sie. Schwer lastet das reine Weiß auf den immergrünen Ästen der Tannen und Fichten, während Eiszapfen von denen der kahlen Bäume herabhängen. Zusätzliche Lichtbrechungen zaubern sie. Schillernde Regenbögen, die gefangen werden in vom Wind aufgewirbelten Gestöbern. Die Luft ist kalt und trocken, sodass unser Atem wabernd aufsteigende Nebelschwaden bildet. Aber der nagende Frost quält kaum die freiliegende Haut, denn unempfindlich auf gewisse Zeit sind wir Zwerge ihm gegenüber. Wie erstarrt scheint die weite Welt. Ohne Leben, dennoch auf ihre ganz besonders-betörende Art lebendig.
„Ich freue mich, dass deine Genesung so schnell und unkompliziert voranschritt." Dwalins Stimme trennt mich schließlich von der schwärmerischen Bezauberung. Ihr gefühlsleerer Tonfall schmerzt umso quälender. „Wärst du mich besuchen gekommen, schon eher hättest du dich daran erfreuen können." Ich weiß, dass der implizierte Vorwurf an ihn unangemessen ist. Er klingt bockig wie der eines kleinen Kindes und auch wenn wir uns näherstehen als es dem Standesunterschied entsprechend angebracht wäre, zu viel nehme ich mir ihm gegenüber heraus. Welch Recht habe ich etwas von ihm zu verlangen. Sei es nur ein lapidarer Besuch, oder eine schwerwiegende Entscheidung, die sein Leben verändern könnte.
Dwalin wendet sich mir zu. Die braunen, so geliebten Augen voller Trauer und Gewissensqualen. Nur an ihnen sieht man unverhüllt von ernstem Stolz, was er wahrlich fühlt und denkt. „Ich hätte es nicht ertragen, dich in seinem Bett liegend zu sehen." Entrüstet von solch einer dramatisierten Rechtfertigung, schnaube ich aus. „Warum vertraust du uns nicht einfach? Denkst du wirklich, Thorin würde Hand an mich legen, unmündig wie ich bin und ohne meine Erlaubnis!?" Dwalin schiebt mit dem Fuß einen Haufen Schnee vor sich zusammen.
Verlegenheit kleidet ihn nicht.
„Nein ... aber in ein paar Jahren und mit dieser", schnauft er. „Zu intim vertraut scheint ihr mir bereits jetzt miteinander, als dass dies abwegig wäre. Die Ausführung von ominösen Pflichten zu später Stunde, das Verweilen in seinen Gemächern, die Blicke, mit denen er dir begegnet, die Demonstration und Ausspielung seiner Macht über dich. Anstatt Fürsorge von mir anzunehmen, begibst du dich in seine Hände, ungeachtet dessen, was er dir antat."
Eifersucht noch sehr viel weniger.
Mit einer Hand verberge ich die auch meine Gefühle nur allzu leicht verratenden Augen. Sehen soll er nicht, wie sehr diese Vermutungen enttäuschen und kränken. „Das ist absurd ...", stoße ich dabei aus, spöttisch lachend, um zudem zu unterstreichen wie sehr. Wie kommt er nur auf solch eine Idee? Warum beschäftigt er sich überhaupt mit derlei Hirngespinsten?
„Wieso? Du bist intelligent, stark, hübsch, folgst Idealen, die die einer gerechten Königin entsprechen, weshalb also sollte er dich nicht zu seiner erwählen, wenn die Zeit gekommen ist." Nun mehr zu tiefst fassungslos sehe ich mit erschrocken großen Augen auf, aber kein übler Scherz scheint diese Aussage von ihm gewesen zu sein. Beharrlich ist sein Blick auf mich gerichtet, die sich gegen alle vernünftigen Argumente stellende Überzeugung, dass diese Verrücktheit irgendwann einmal Wahrheit werden könnte, nur allzu gut darin zu erkennen.
„DAS ist noch viel absurder!" Ungewohnt wütend klingt meine Stimme und genauso stapfe ich durch den zentimeterhohen Schnee auf ihn zu. Ungeachtet der Tatsache, dass er den Saum des Kleides tränkt und kalt in die kaum dafür geeigneten Schuhe rieselt. „Bei all dem Blendwerk das ich trage und spiele, vergisst du anscheinend, wer ich tatsächlich bin. Ein Mädchen aus der untersten Schicht, dem Schmutz der Minen und Elendsvierteln entstammend, in denen stinkende Kloaken über die Straßen fließen und wenig Edles existiert."
Hart treffen die in Rage geballten Fäuste auf die lediglich durch Samt verhüllte Brust. Sie vermögen ihn nicht zu verletzten, zumindest körperlich, aber in seinen Augen sehe ich, wie etwas unter ihrer Bedeutung vergeht. Noch nie begegnete ich ihm mit Groll. Hatte bislang nie einen Grund dazu. Aber diese unverschämte Behauptung, sie erzürnt mich, führt sie mir doch vor Augen, das ich niemals zu ihnen gehören werde. Etwas, das ich die letzten Monate nur zu gerne verdrängte. All dieser Prunk und Protz in den ich mich kleide, es ist nur eine Illusion. Das Wandeln inmitten ihres reinen Glanzes, eine geduldete Posse. Die Vertrautheit, die sie mir schenken, Mittel zum Zweck, um ihnen hörig zu sein, mich gefügig zu machen, in Sicherheit zu wiegen. Und ich befürchte, irgendwann einmal, werden sie mich fallen lassen. Zurück in all das Elend schicken, aus dem ich kam. Wie ängstige ich mich davor. Was würde ich alles erdulden und bewältigen, um dies zu verhindern, solange es ihnen keinen Schaden zufügt, denn trotz all diesem Wissen, liebe ich sie.
„Und dennoch bist du hier. Trägst edle Kleider und Titel mit Stolz und beeinflusst die Geschicke des Berges mit deiner Klugheit und dem Vertrauen, dass man in dich setzt. Das Thorin, Dís, Víli, mein Bruder und ich in dich setzen." Nicht einen Funkenschlag mildert diese Aussage den Zorn. All dies ist wahr, aber genauso vergänglich. „Dennoch ist es vernunftwidrig und sogar gefährlich zu glauben, Thorin würde auch nur einen Gedanken daran verschwenden mich zu erwählen. Eine Prinzessin, wunderhübsch, gebildet, gerecht, seiner erhabenen Stellung würdig, das ist die Frau, die irgendwann einmal an seiner Seite stehen wird ... nicht so etwas wie ich." Traurig stimmt mich die Aussage, löscht die Hitze endlich mit ihren heraufbeschworenen Tränen, die ob der Kälte auf den Wangen brennen, nimmt sie doch alle Hoffnung, auch Dwalins vergleichbar hohem Ansehen gerecht zu sein. Seiner Freundschaft und was auch immer sich daraus entwickeln könnte nicht wert, so unwahrscheinlich wie dies auch sein mag.
Sanft schließen sich große, warme Finger um die zitternden Handgelenke. „So etwas ...", echot er betrübt, „... warum bist du so hart zu dir? Was besagt schon ein Titel? Was bedeutet schon Herkunft? Es sind nur Worte, nicht mehr." Verzweiflung breitet sich in dem schnell schlagenden Herz aus. Schwermut darüber, dass er nicht versteht, wie sehr er unrecht hat und was sie wirklich bedeuten. „Vielleicht für dich, der dies gerechtfertigt nicht allein ob seiner hochwohlgeborenen Ahnherren trägt und vorweisen kann. Für mich und viele andere, entscheiden diese Worte über Leben und Tod. Du weißt nichts darüber, wie es ist über Monate hinweg hungrig einschlafen zu müssen. Kennst nicht den Schmerz, Freunde und Familie selbst an einfachen Leiden dahinsiechen zu sehen, weil man den Kupferpfennig den der Heiler verlangt nicht aufbringen kann, der ihnen leicht helfen könnte. Deine Hände waren nie klebrig von deinem eigenen Blut, da du die ganze Nacht hindurcharbeiten musstest, um dir dennoch am nächsten Tag nur ein paar Kartoffeln leisten zu können."
Fest krallen sich die Finger in den edlen, bordeauxroten Samt. Versuchen mich im Hier und Jetzt zu halten, während ich immer tiefer versinke in den bitter-kalten Erinnerungen an ein früheres Leben, das mir erneut und vermutlich noch sehr viel schrecklicher droht, sollte ich der Sympathie meiner Herren abtrünnig werden. Ein Verweigern, ein falsches Wort ... jede Art von Frevel könnte der Auslöser sein um mich von ihrer Seite zu reißen. Dwalin betrachtet mich schockiert. Das Elend, das in diesem als so reich geltenden Berg herrscht, es versteckt sich vor den Seinen ... oder eher, sie verstecken sich vor ihm.
Er löst die Umklammerung meiner Hände, nur um mich sofort in eine beruhigende Umarmung zu schließen, Geist und Körper davor bewahrend, ihm gänzlich zu entgleiten. Warm fühlt sie sich an. Sanft. Trostreich. Sie erinnert mich daran, wie sehr ich ihn doch vermisste. Erschaudernd sehr. Auch ihm müsste ich entsagen. Und oh wie quält allein die Vorstellung das Herz. Wie elendig würde ich zugrunde gehen an der Sehnsucht. „Fürwahr, du hast recht, all das kenne ich nicht ... niemand sollte dies. Dennoch, all diese Erlebnisse haben dich zu der gemacht, die du nun bist. Aber ich verstehe nun endlich. Diese Angst, die Befürchtung, zurückkehren zu müssen, sie beeinflusst dein Handeln, lässt dich vorsichtig werden und die Schuld lieber bei dir suchen." Ich schniefe. Wie froh bin ich, dass er endlich begreift.
„Ich will mich nicht mit dir streiten ... jedes Wort in Zorn ausgesprochen schmerzt einem feinen Nadelstich im Herzen gleich. Also glaube mir bitte, all das, was ich für Thorin tue, jeden Befehl, den ich ohne Widerspruch ausführe, es soll mir seine Gewogenheit sichern, nicht mehr. Ich begehre weder Macht noch Ansehen noch Reichtümer noch ihn, einzig Sicherheit und die Gesellschaft von euch, den Freunden, die ihr mir alle geworden seid. Aber sollte Thorin die Dinge verlangen, die du fürchtest, so werde ich diesen nicht zustimmen, auch, um ihn zu schützen. Das verspreche ich dir und Mahal soll mich strafen, sollte ich dieses brechen."
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âfgalab – Monat zwischen dem 20. Dezember und 21.Januar unseres Kalenders. Er bedeutet "Sprechender Mond", in Bezug auf die Zeit, als die Zwergenväter erwecktwurden.
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