Kapitel 22: Gemeinsame Sache
Er tat es und kam langsam zurück. Ich beugte mich zu ihm herunter und nahm das Band samt Kapsel entgegen, um ihn davon zu erleichtern. Gekonnt schwang er sich am Rand hinauf zurück auf den sicheren Boden. Geschafft!
„Du hast es geschafft", sagte ich erfreut und half ihm hoch.
„Ja zum Glück."
„Wie soll es eigentlich weiter gehen?", fragte ich ihn.
Er setzte sich auf einen Stein und sah mich an.
„Hör zu. Wir können das hier gemeinsam machen. Die Level, die Aufgaben. Wir können uns gegenseitig unterstützen und haben vielleicht so einen kleinen Vorteil dadurch, dass wir nicht alles alleine schaffen müssen", erklärte er.
„Und was ist am Ende? Was wenn wir es schaffen sollten und gewinnen?", fragte ich unsicher.
„Was würdest du tun?", fragte er zurück.
„Wir sollten den Gewinn einfach teilen. Es ist genug für uns beide", sagte ich. Es war so. Der Gewinn würde locker fürs uns beide reichen und die Idee der Zusammenarbeit gefiel mir immer besser. Zusammen stiegen unsere Chancen, denn manche Aufgaben, so wie diese, würden ihm besser liegen und manche mir. Wir könnten es gemeinsam schaffen. Irgendetwas sagte mir, dass es richtig war.
„Finde ich auch", antwortete er.
„Wir sollten alles teilen was wir hier finden, wenn wir eh zusammen arbeiten", erläuterte ich weiter.
„Bin ich auch für."
„Doch was wenn einer es sich anders überlegt? Was wenn einer alleine weiter machen will und keine Lust mehr auf die Zusammenarbeit hat?", fragte ich nervös.
„Ich schätze wir müssen nun erst einmal darauf vertrauen, dass es nicht so sein wird. Wir können noch nicht wissen was in ein paar Wochen ist, oder morgen. Vielleicht überlegt es sich mal einer anders. Vielleicht aber auch nicht. Wir werden sehen Katy. Momentan ist alles was wir tun können, einander zu vertrauen. Ich jedenfalls vertraue dir. Ob du es mir gleich tust, ist dir überlassen. Aber ich bin bereit für ein gemeinsames Abenteuer und einen gemeinsamen Weg."
Seine Worte überraschten mich. Ich hätte mir nie träumen lassen, dass ich hier in Menactory tatsächlich einen Verbündeten finden würde und wenn ja dann hätte ich niemals auf Florian getippt. Er wäre der Letzte gewesen. Ok nein Bryen wäre vielleicht der Letzte gewesen. Florian kam aber gleich danach. Ausgerechnet Florian. Der Typ, der mich am Anfang mit seiner abwehrenden Art verletzt hatte, der Typ, der mit keinem etwas zu tun haben wollte, war nun mein Begleiter. Wir wollten gemeinsame Sache machen und den Weg zusammen bestreiten. Ob es klappen würde? Das wusste ich nicht, aber ich vertraute auf mein Gefühl, das mir sagte,es könnte klappen. Ich war zuversichtlich und ich glaubte, wir hätten eine gute Chance auf den Sieg. Gemeinsam könnten wir es wirklich schaffen und vor allem war ich nicht mehr allein. Gut das hatte ich schon einmal gedacht aber nun gab ich meinem Gefühl eine zweite Chance. Mit Florian wollte ich es noch einmal probieren.
Dann öffneten wir die Kapsel, um die erste Zahl für Level 2 zu erhalten.
1
Ich notierte die Zahl auf dem gefundenen Blatt, indem ich sie mit einem Lavabrocken darauf schrieb. Dann ging unsere Reise weiter.
Seite an Seite machten wir uns auf den Weg. Manchmal sprachen wir viel, manchmal redeten wir stundenlang kein Wort. Aber das störte mich nicht. Ich wahr sogar manchmal ganz froh über das Schweigen. Es war kein unangenehmes oder peinliches Schweigen sondern ein beruhigendes. Ich wusste jemand war da, wenn ich sprechen wollte aber ich musste es nicht dauerhaft. Im Gegensatz zu Level 1 war es einfach schön die Option zu haben.
Die Tunnel verliefen alle ähnlich. Auch in dem wo wir nun waren, war es dunkel, verwinkelt und unglaublich warm. Ich weiß nicht warum, aber immer wenn ich Florian ansah, fühlte ich mich gut. Eigentlich hatte er nicht viel dafür getan um dieses Gefühl in mir auszulösen aber irgendwas zog mich an. Immer wieder sah ich ihn mir an und manchmal erwischte ich ihn auch dabei wie er mich ansah. Wenn ich ihn daraufhin ansah und sich unsere Blicke trafen, dann sah er meistens schnell weg und ich tat es ihm gleich. Das ist nicht der richtige Ort für's flirten, sagte ich mir in Gedanken immer wieder.
Menactory würde noch viele Aufgaben bereit halten und viele Hindernisse uns in den Weg stellen. Wir mussten uns hundertprozentig auf diese Dinge konzentrieren und durften uns nicht ablenken lassen. Von nichts und niemandem. Hier geht es nur um das Spiel und vor allem um den Sieg. Nur das sollte nun wichtig für mich sein. Florian dachte sicher genauso. Wir sprachen nie über Gefühle. Alles was auf einen eventuellen Flirt hindeutete, waren Gesten. Er wollte sicher genauso wenig mit einem solchen Thema beginnen wie ich. Ich mein was hätte uns das auch gebracht? Was wenn ich seine Blicke falsch gedeutet hatte? Was wenn da gar nichts zwischen uns war? Ich habe mir vielleicht alles auch nur eingebildet! Peinlich, spräche ich ihn darauf an und er würde mir klar machen, dass er nichts in die Richtung fühlte. Aber was fühlte ich eigentlich? Erst jetzt fragte ich mich das. Irgendwie schien die Antwort klar, denn wenn ich meine letzten Gedanken noch einmal durchlaufen ließ, hatte ich ziemlich viel und ziemlich oft in meinen Gedanken das Wort Florian gesagt und dies immer in Verbindung mit Gefühlen und Blicken. War das meine Antwort? Ich wusste es nicht. Vielleicht brauchte ich das auch einfach nach der Sache mit Leon. Ich war so enttäuscht von ihm und hatte das Gefühl betrogen worden zu sein, obwohl wir nie mehr als Konkurrenten waren. Ja wir waren nur Konkurrenten. Nicht einmal Freunde! Nein so was wie Freundschaft konnte hier nicht bestehen. Freunde würden nicht gegeneinander kämpfen und sich nicht hintergehen. Normalerweise. Aber im Spiel war nichts sicher. Richtig vertrauen konnte man hier niemanden, denn jeder wollte den Sieg. Natürlich, denn dafür waren wir doch alle da. Also keine Freunde, keine Liebe. Gefühle gehörten hier einfach nicht hin. Ich glaubte auch nicht daran, dass Florian mir hier plötzlich seine Liebe gestehen würde und ich hätte auch nicht gewusst, was ich hätte antworten sollen. Meiner Gefühle war ich mir überhaupt nicht sicher. Also wollte ich das, was immer auch da war, schnell wieder los werden und einfach weiter machen auf einer völlig neutralen Ebene. Das war sicher der rechte Weg, der uns zum Ziel führen würde.
Hätten wir nach den Spielen eine Chance? Ich wusste es nicht und noch war es viel zu früh, um darüber nachzudenken. Ich wusste nicht, was mich hinter der nächsten Ecke erwarten würde und ich wusste auch nicht wie es mir Florian weiter gehen würde. Wer sagte mir denn, dass er mir wirklich als Begleiter hier treu bleiben würde. Er könnte mich genauso wie Leon einfach verlassen und eines Morgens nicht mehr da sein. Er könnte einen besseren Begleiter finden und mich fallen lassen oder einfach alleine weiter machen. Hatte Leon vielleicht jemand anderen gefunden? Jemand besseren? War das der Grund für sein verschwinden?
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Vertrauen. Ein großes Wort.
Würdet ihr hier jemadem vertrauen?
Und würdet ihr es lieber alleine versuchen oder ihm Team arbeiten?
Liebe Grüße
Pekoelinchen
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