3. Kapitel - Depressiv?
Ich muss weinen. Doch ich will es nicht hier tun. Ich renne aus dem Raum.
Ich renne durch die Gänge, höre die Rufe der anderen hinter mir. Meine Füße tragen mich zu einem Abstellraum. Ich öffne dir Tür, trete ein, schließe die Tür wieder und setze mich auf einen umgedrehten Eimer.
Ich kann die Tränen nicht mehr zurückhalten. Sie Rinnen meine Wangen entlang, mein Hoodie wird nass und schließlich auch meine Haut, die Tränen haben den Hoodie durchnässt. Ich Stütze meine Ellebogen auf meine auf meinen Knien ab, lege den Kopf in meine Hände.
Durch die Schieflage meines Kopfes fallen die Tränen nun auch auf den Boden. Ein kleiner See aus Tränen bildet sich. Aus den Tränen versuche ich einen lächelnden Smiley zu malen, doch es gelingt mir nicht, er weint. Genau wie mein Herz. Genau wie ich.
Frustriert schreie ich auf, stehe auf und kicke den Eimer auf dem ich saß durch den kleinen Raum. Dann schmeiße ich noch ein paar Sachen, wie Besen und weitere Eimer, aus den Regalen, von den Wänden und falle schließlich erschöpft auf meine Knie. Und Weine. Weine und versinke in meinem Kummer.
Ich sitze hier schon lange, meine Tränendrüsen sind komplett entleert. Ich versuche es, aber keine Tränen wollen mehr hervor kommen.
Doch das hindert mich nicht daran, in meinem Kummer zu ertrinken. Ich weiß, mein Handeln ist falsch. Ich sollte Jin Gedenken, mich an schöne Zeiten mit ihm erinnern. Ich weiß es. Doch ich kann es nicht. Ich komme nicht mit so vielen Verlusten klar. Erst meine Eltern, dann meine Tante und jetzt auch noch Jin Hyung. Jetzt verstehe ich, warum Jimin nichts sagen wollte. Sie alle wissen, dass ich schon so viele Verluste auf diese Weise gemacht habe. Und sie wissen, dass ich damit nicht klarkomme. Ich höre Schritte auf die Tür zukommen und verhalte mich leise. Die Schritte kommen näher und ich drücke mich in eine Ecke, denn die Schritte und Stimmen kommen der Tür näher.
„Aigoo~" höre ich Namjoons Stimme. Sie klingt noch angeschlagen, als wäre seine Nase zu. So wie man normalerweise nach dem weinen klingt. Hat er nochmal geweint? Oder ist es von eben? „Hast du ja toll hinbekommen, Jimin!" „Warum gibst du mir jetzt die Schuld? Irgendwer musste es ihm doch sagen!", rechtfertigt sich dieser. „Du hättest es ihm auch sanfter beibringen können. Du hast doch gesehen, wie er drauf war", mischt sich jetzt auch Hoseok ein. „Gebt mir ruhig die Schuld, den Rest könnt ihr behalten", sagt Jimin, „und falls es euch beruhigt: es trifft auf keinen Fall den falschen!" „Yah!", sagt Hoseok. „Wer hat dir hier Schuld gegeben?", fragt Namjoon.
Mittlerweile stehen sie direkt vor der Tür. „Es ist doch klar, dass jetzt jeder einen Schuldigen Sucht! Aber könnt ihr vielleicht eure Streitereien auf nachher verlegen? Wir müssen Jeongguk finden!", erklingt nun Yoongis Stimme. Sie kommt näher und er steht jetzt anscheinend ebenfalls direkt neben der Tür. Jetzt müssten sie zu fünft sein. Nur Taes Stimme kann man nicht hören.
Als hätte Yoongi meine Gedanken gelesen fragt er: „Wo ist eigentlich Taehyung?" Also ist er garnicht da! Dann sind sie also nur zu viert. „Er meinte er sucht irgendwo anders", antwortet RapMon, „das sollten wir vielleicht auch machen." Jimin meint genervt: „Das haben wir ja auch gemacht bis eine Person beschlossen hatte, da zu suchen, wo ich auch suchen wollte." „Hey ich war zuerst da!", sagt Namjoon. „Was laberst du da, Namjoon? Ich war definitiv zuerst da! Du bist also mir nachge-", weiter kommt er nicht, man hört nur ein klatschen. Hat ihn grade jemand geschlagen? „Sei jetzt Still Jimin. Und du auch Namjoon!", sagt Yoongi, als RapMon leise kichert und gibt ihm ebenfalls eine Backpfeife. „Es gibt wichtigeres zu tun, als sich zu streiten. Also bewegt verdammt nochmal euren Hintern und sucht Jeongguk!"
Zum Ende hin wird er lauter. So ist Yoongi normalerweise nicht. Er ist kein Freund von lauten Worten, geschweige denn von Handgreiflichkeiten. Sollte es doch mal vorkommen ist das normalerweise ein Zeichen dafür, dass ihm etwas sehr ernst ist. Bin ich ihm so wichtig?
RapMon und Jimin bemerken dass anscheinend auch, denn sie Murmeln: „Mianhae, Yoongi Hyung." „Okay, so ist der Plan", sagt Yoongi, „Ihr beide geht dalang und verteilt euch in diesem Bereich, wir gehen hier lang. Und wenn irgendwer Taehyung sieht, sagt ihm, dass wir uns um 22:00 Uhr im Trainingsraum treffen. Und zwar alle sechs." „Aber was ist, wenn wir ihn bis dahin nicht gefunden haben?", fragt RapMon. „Denk nicht so negativ Hyung", meint Jimin. „Genau. Wir werden ihn finden und uns um 22:00 Uhr treffen", fügt Hoseok hinzu.
Ich kann zwar nichts sehen, aber ich stelle mir vor, dass sie alle nicken. „Okay, los gehts", sagt Yoongi. Wieder Stelle ich mir vor, dass alle nicken. Dann entfernen sich die Schritte in verschiedene Richtungen und ich lasse mich am der Wand hinuntergleiten und falle auf meine Knie.
Ich hole mein Handy raus und gucke auf die Uhrzeit: 20:53. Dann habe ich noch etwas Zeit zum alleine bleiben. Mein Plan ist es, um viertel vor zehn in den Trainingsraum zu gehen. Bis dahin sote ich mich beruhigt haben. Vorausgesetzt sie finden mich nicht vorher.
Ich lasse mein Handy wieder in meine Hosentasche gleiten und lasse meine Hand wie einen schweren Sack auf die Erde fallen. Die Innenseite meiner Hand trifft auf etwas spitzes. Ich zucke zusammen und hebe meine Hand vor mein Gesicht. Gleichzeitig setze ich mich in den Schneidersitz. Das Licht in dieser Abstellkammer ist nicht allzu gut, aber ich kann den Roten Strom sehen, der meine Hand entlang läuft. Mein Blut. Ich beobachte faziniert, wie es sich seinen Weg bahnt. Langsam läuft es mein Handgelenk hinab und fließt meinen Unterarm entlang. Als das Blut an meinem Ellebogen angekommen ist, tropft es langsam nach unten auf meine Schuhe, meine Hose und den Boden.
Obwohl es etwas sehr spitzes war, was mich getroffen hat, tut es nicht weh. Im Gegenteil: Es befreit mich von meinen inneren Schmerzen. Es fühlt sich so unendlich gut an. Als wäre ich frei wie ein Schmetterling. Als könnte ich mein Leben verlassen und überall hin fliegen.
Ich hebe mit meiner rechten, nicht blutenden Hand den Spitzen Gegenstand hoch und schaue ihn mir an. Er sieht aus wie ein kleiner Cutter. Ich will meinen Schmerz vergessen. Will das schlechte aus mir rausholen.
Ich betrachte das Messer immer noch. Soll ich es tun? Mittlerweile hat meine linke Hand aufgehört, zu bluten. Der Schmerz kehrt zurück. Diese Verletzung hat mich so schön abgelenkt. Mein Entschluss steht fest. Ich werde es tun.
Ich packe das Messer etwas fester mit meiner rechten Hand und überlege, wo ich die Klinge ansetzen soll. Sterben will ich nicht. Ich will nur meinen inneren Schmerzen entkommen. Und eine andere Möglichkeit fällt mir nicht ein. Ich habe so etwas noch nie gemacht und hatte es auch nicht vor. Wahrscheinlich ist es gefährlich, höchstwahrscheinlich sogar, doch mir ist alles Recht, um meinen Schmerzen zu entfliehen.
Langsam setze ich das Messer an. Meine Hand zittert, ich bin Nervös. Ich habe schon oft Bilder von aufgeschnittenen Armen gesehen, auch wenn ich es nicht wollte. Oft wurden Buchstaben eingeritzt, Wörter oder Sätze. Doch das will ich nicht. Ich will es nicht machen, damit ich später Bilder davon auf Twitter veröffentlichen kann. Es soll mein Geheimnis bleiben.
Die Klinge trifft auf meine Haut, nahe meiner Elle. Langsam drücke ich das Messer in meine Haut. Blut quillt heraus, kleine rote Tropfen. Es befreit. Doch es reicht mir nicht. Ich ziehe den Schnitt weiter, bis an mein Handgelenk. Passe auf, dass ich die Klinge nicht zu Tief in meine Haut drücke. Es tut so gut. Mir ist egal, dass der Schmerz wahrscheinlich bald eintreffen wird. Was zählt, ist der Moment der Befreiung. Also mache ich weiter und setze das Messer einige weitere Male an.
Mein Arm ist rot. Überall sind Ritz-Spuren. An manchen Stellen sind kleine Tropfen, an anderen lange Linien. Das Blut rinnt außerdem meinen Arm weiter hinunter und tropft auf meine Hose.
Ich lege den zerschundenen Arm mit dem Ellebogen nach unten und der aufgeschlitzten Seite nach oben, auf mein Knie und das Blut tropft weiter auf meine Schuhe. Eigentlich sieht es ganz gut aus. Rote Blutstropfen auf weißem Stoff. Dass die Flecken wahrscheinlich nie wieder rausgehen, ist mir egal. Ich habe nicht vor, sie nocheinmal anzuziehen, denn diese Schuhe hat mir Jin Hyung geschenkt. Ich würde zu viel an ihn denken. Und dass will ich nicht.
Ich sitze noch eine Weile so da. Und immer, wenn mein Arm aufhört zu bluten, schneide ich neue Schlitze hinein, denn ich habe Angst. Angst davor, der Realität wieder in die Augen sehen zu müssen.
Ich höre wieder Schritte auf dem Flur. Sei leise und mach keine Geräusche! Ich will nicht, dass die anderen mich so sehen. Als sie an der Tür vorbeigehen drücke ich mich einwenig in die Ecke.
Während dieser Bewegung kommt mein zerstörter Arm an mein Knie. Ich versuche es zu unterdrücken, doch es geht nicht. Ich schreie laut auf. Erschrocken halte ich mir den Mund zu. Die Schritte bleiben stehen. Ich höre Gemurmel, höre aber nicht wirklich zu, da ich zu sehr mit meinem Arm beschäftigt bin.
Das ist also der Schmerz, der nach dem Ritzen Eintritt. Ich fasse vorsichtig an meinen Arm und drücke ein wenig. Es tut nicht weh. Ich versuche es an einer anderen Stelle und kann nicht verhindern, dass ich wieder laut aufschreie. Verzweifelt beiße ich mir auf die Zunge und Schmecke Blut in meinem Mund.
In meinem Kopf dreht sich alles, ich bekomme Kopfschmerzen. Mein Arm fängt wieder an zu bluten. Ich ziehe mich vor Schmerzen zusammen und fange plötzlich an zu schreien. Ich schreie und kann nicht aufhören. Die Schritte kommen schnell auf die Tür zu. Mein Kopf sinkt gegen einen Stuhl links von mir. Die Tür geht auf. Verschwommen sehe ich eine Gestalt im Türrahmen, die das Licht anmacht.
Ich höre Taehyungs Stimme sagen: „Geht es dir gut? Kannst du mich hören? Lebst du noch?!" Alles was ich tun kann ist, mit dem Kopf zu schütteln. „Nein", Flüstert ich. Nicht mehr lange. Dann verschwimmt meine Sicht und schließlich wird alle schwarz.
~Die Depression (von lateinisch deprimere „niederdrücken") ist eine psychisch Störung. Ihre Zeichen sind negative Stimmungen und Gedanken sowie Verlust von Freude, Lustempfinden, Interesse, Antrieb, Selbstwertgefühl, Leistungsfähigkeit und Einfühlungsvermögen. Diese Symptome, die bei gesunden Menschen zeitweise auftreten, sind bei Depressionen schwerwiegender.~
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