Kapitel 35
Gegenwart
Stille.
Ich hatte seit fünf Minuten nichts gesagt. Meine Gedanken gingen im Kreis und wollten sich einfach nicht ordnen. Mein Magen drehte sich und ich zuckte kurz zusammen. Aber ich schob dieses Gefühl beiseite und versuchte mich auf Noah zu konzentrieren. Er hatte die ganze Zeit über aus der Scheibe gesehen und wartete geduldig auf meine Entscheidung. Normalerweise musste ich Pro und Kontra durchgehen, eine Liste erstellen, aber diesmal konnte ich einfach nicht klar denken. Egal wie oft ich es versuchte. Ich hatte das Gefühl mein Kopf rauchte schon, weshalb ich es einfach bei meinen verwirrten Gedanken beließ.
Ich liebte Noah. Er hatte eine zweite Chance verdient. Immerhin hatte er mir auch eine gegeben und das nach alldem was ich getan habe.
„Kannst du mir was versprechen?"
Sein Blick schwankte zu mir, ein weicher Ausdruck auf den Gesichtszügen. „Alles."
Ich zögerte kurz. „Reparier mich."
Noah's Augen senkten sich, direkter Blickkontakt. „Wie soll ich etwas reparieren, was perfekt ist so wie es ist?"
Mein Herz wurde ganz warm, setzte einen Schlag aus. Noah war ein Charmeur, eine der vielen Eigenschaften die ich so an ihm mochte. Er schaffte es immer wieder aufs Neue mein Herz ins Stolpern zu bringen und die Worte zu finden, die ich brauchte. Egal wie ich mich fühlte, Noah wusste was in mir vorging und fand die richtigen Worte, um mich besser fühlen zu lassen und das schon bevor wir überhaupt ein Paar waren. Seitdem er und Edward befreundet waren, waren wir es auch. Ich war froh, dass Edward ihn damals zum Basketballspielen mit nachhause gebracht hatte. Sonst hätten wir uns nie kennengelernt.
Noah streichelte meine Wange und berührte mit seinen Fingern meine Lippen. Ich bekam Gänsehaut. Sein Gesicht kam meinem immer näher. Wie von selbst schloss ich die Augen.
Seine Nähe war wie ein Rausch. Besser als jede Droge, die ich jemals genommen habe. Noah's Berührungen waren wie ein zarter Sommerregen, leicht, sanft und wunderschön. Selbst mit geschlossenen Augen nahm ich ihn war. Sah ihn vor mir. Roch ihn. Spürte ihn.
Und dann als er mich küsste war es als wäre es das erste mal. Atemberaubend schön. Seine weichen Lippen, der leichte Geschmack von Schokolade. Seine Zunge suchte den Weg in meinen Mund und ich gewährte ihr Einlass. Unsere Zungen vollführten einen Tanz mit liebevollen Neckereien. Sie rangen um den oberen Platz, doch am Ende ließ ich jeglichen Widerstand und überließ Noah den Vortritt.
Seine rechte Hand legte sich um meine Hüfte und zog mich näher zu sich, seufz. Die Liebkosungen seiner Zunge wurden drängelnder, fordernder. Ich gab mich ihm vollkommen hin, genoss sein Verlangen.
„Du bist wunderschön," hauchte er gegen meine Lippen. „Und schmeckst so verdammt gut."
Ein Lächeln bildete sich auf meinen Lippen. Er war alles was ich brauchte. Wie konnte ein Mensch nur so unwiderstehlich sein wie dieser gutaussehende junge Mann?
Noah legte seine Stirn gegen meine. „Ich will dich, Mary."
„Dann bekommst du mich," flüsterte ich außer Atem und vereinte unsere Lippen erneut. Diesmal war er derjenige der wohlig aufseufze. Seine Hand wanderte zu meinem Bein und streichelte auf und ab. Ein wohliger Schauer fuhr mir durch Mark und Knochen. Ein Schmetterlingsschwarm flatterte durch meinen Bauch und hinterließ ein schönes Gefühl der Sehnsucht.
„Ich hab dich vermisst."
Ich biss mir auf die Unterlippe. „Ging mir genauso. Also nicht das ich mich vermisst habe. Du weist schon."
Er lachte, tief und perfekt. „Ich dachte schon, dass du dir dieses Geplapper abgewöhnt hast. Ich bin froh, dass du es nicht hast."
Wir sahen uns einen Moment an, bevor er seine Hand von meinem Bein nahm und den Motor startete. „Lass uns zu diesem Italiener an der Wall Street gehen. Den neben Woodland Inn."
Ich nickte. „Meinetwegen."
Ein wenig bekam ich Gewissensbisse. Was wenn ich wieder alles versauen würde? Er hatte mich so lieb gebeten ihm noch eine Chance zu geben. Wahrscheinlich würde ich ihn enttäuschen, bevor er seine Chance nutzen konnte. So wie ich mich kannte fand ich irgendwas womit ich alles kaputt machen würde. Es war jedes Mal das gleiche! Mittlerweile fragte ich mich, ob mir mein Gehirn sagen wollte, ich hätte kein Glück verdient. Momentan ist doch alles gut. Wieso fing ich aufeinmal wieder an zu zweifeln. Noah würde mich nie verlassen. Das wusste ich, aber was wenn er ohne mich besser dran wäre? Immerhin ging es ihm gut als ich weg war. Unbewusst fing ich an an meinem Arm zu kratzen. Die Wunden waren so gut wie verheilt. Ich hatte es seit ein paar Wochen nicht mehr gemacht, der Stress hatte mich abgelenkt. Mir hatte diese Erleichterung gefehlt.
Plötzlich packte mich jemand grob am Arm und ich wurde zurück in die reale Welt gerissen. „Lass das."
„Tut mir leid." Meine Stimme war nur ein heißeres Flüstern. Wir standen an einer Ampel und Noah hatte sich zu mir gedreht.
Seine Augenbrauen waren zusammengezogen und seine Lippe bebte. Er sah nicht mehr so glücklich und lieb aus wie vor zehn Minuten. „Ich versteh dich nicht! Was ist denn aufeinmal los, dass du dir das wieder antust? Es war doch alles gut, oder etwa nicht?"
Mir war zu weinen zu Mute, aber ich schluckte den Kloß in meinem Hals runter. Weinen war etwas für Schwächlinge. Nichtmal zehn Minuten und ich machte ihn wieder unglücklich. Was für eine Meisterleistung...
„Es ist alles gut."
„Sag das mal zu deinem Arm. Rede bitte mit mir! Was geht in dir vor?" Diesmal war er traurig, beinahe verzweifelt und leise. Aua.
Ich wendete meinen Blick von ihm ab. Wie lange ist die Ampel denn noch rot? „Ich weis nicht, ob ich dir das zumuten kann."
„Ob du mir was zumuten kannst?"
„Na, mich! Ich werde sterben, Noah!"
over and out.
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