Akt V - Soldiers
»Mijoo«
"Na los, süße. Nicht so schüchtern!", feuerte mich ein schmieriger Kerl an, der neben mir saß.
"Nee, danke.", wunk ich ab. "Ich bin Alkohol nicht gewohnt.."
Ich fragte mich wirklich, wieso ich eigentlich hergekommen war..
"Ach, jetzt sei keine Spaßbremse!", rief ein blondes Mädchen über den Tisch, ehe sie ein weiteres Bier in sich hineinkippte.
"Ein Drink bringt dich schon nicht um, Kleines.", raunte der Fremde neben mir und legte mir seine siffige Hand aufs Knie, weshalb mich ein unangenehmer Schauer durchzuckte.
Ich wollte einfach nach Hause.
Auf meinem Platz schrumpfe ich vor Unbehagen zusammen, setzte meine Lippen an das gefüllte Glas und trank einen Schluck. Es war schon Ewigkeiten her, dass ich Alkohol getrunken hatte.
Es schmeckte nicht besonders, doch das brauchte es auch nicht. Ich würde seine Wirkung viel mehr benötigen, um das hier zu überleben. Dieses Treffen war absolut gar nicht mein Fall. Es ging mir gegen den Strich hier zwischen blöden Tussen zu sitzen und unter'm Tisch befummelt zu werden.
Wieso hatte ich mich überhaupt darauf eingelassen?!
Als ich von der Gruppe Mädchen vorhin angesprochen wurde, war ich so überrumpelt, dass ich mich mitschleifen hatte lassen.
Wohin war mein großes Mundwerk bloß verschollen...
"Hey, Gyuri-sunbae. Hast du schon gehört, dass Namjoon einen IQ von 148 haben soll? Ist das nicht unglaublich?!", schwärmte das blonde Mädchen, welche sich gleich darauf noch einen weiteren Drink genehmigte.
Als ich den genannten Namen hörte, spitzten sich gleich meine Ohren.
"Ach, was?", lachte Gyuri gekünstelt. "Ist mir doch egal, solange er genug Geld hat."
Ich runzelte meine Stirn. Wie war diese Trulla denn bitte drauf?
"Mijoo, du kennst ihn doch, nicht wahr? Du wirst doch bestimmt wissen aus was für einer Familie er kommt.", wurde ich von ihr mit falscher Freundlichkeit gefragt.
"Nicht wirklich.", antwortete ich trocken. "Ich interessiere mich nicht wirklich für ihn."
"Ist das so?", mit schmalen Augen blitzte sie mich so extren an, dass es mich schüttelte.
Sie wollte gerade auf mich zukommen, als eine laute Stimme sie davon abhielt.
"Lass bloß deine Finger von ihr!"
Die Köpfe flogen allesamt zur Tür herum, wo eine aufgebrachte Horang stand. Und hinter ihr sofort Taehyung und... Namjoon.
"Oh, was für eine Überraschung!", flötete Gyuri und wandt sich den drei'n zu.
"Wollt ihr mit uns trinken?", wollte sie süßlich wissen, weshalb ich meine Augen rollen ließ.
"Wir wollen nur Mijoo abholen, nicht wahr?", meinte Taehyung an mich gewandt.
Ahnungslos hoben sich meine Augenbrauen. Waren die drei tatsächlich wegen mir hergekommen?
"Kennst du die etwa?", ich wich erschrocken ein Stück von dem Typen neben mir zurück, als er mir dies ins Ohr geflüstert hatte.
Namjoon, der noch nichts gesagt hatte, kam plötzlich auf mich zu und ich entdeckte dabei, dass seine Augen wieder so scharf wie Messerklingen wirkten. Dieses Phänomen durfte ich gestern erst kennengelernen.
Ziemlich gruselig...
Ich schluckte schwer, als der große junge Mann vor mir stand.
"Komm mit.", alleine schon sein Ton verriet mir, dass er ein Nein nicht akzeptieren würde.
Wohingegen ich nichts einzuwenden hatte. Ich wollte einfach so schnell wie möglich von hier verschwinden, weshalb ich ihm aufs Wort gehorchte und mich erhob.
"Das kann doch nicht dein ernst sein?! Was finden nur alle an diesem Mädchen?", beschwerte sich der Golden Retriever am anderen Ende.
Ein spöttisches Lachen von Gyuri folgte darauf, welche jetzt hinter mir stand.
"Hat sie überhaupt ein Herz? Sie benimmt sich wie ein Roboter."
Ein kalter Schauer lief mir den Rücken hinunter. Ich tat zwar immer so als würden mich die Worte anderer nicht verletzen, aber das taten sie. Sehr sogar.
"Halt den Mund.", zischte Namjoon.
Meine Augen wurden groß, da er seinen Arm um meine Schulter legte.
"Sie ein viel besserer Mensch, als ihr alle es jemals sein werdet, verstanden? Also labert nicht so 'nen scheiß. Vor allem nicht so, als wäre sie nicht anwesend.", brummte er.
Noch bevor ich irgendwas tun oder äußern konnte, wurde ich von dem größeren hinausgezogen, sah anschließend dabei zu wie Horang an uns vorbeistürmte und Gyuri eine saftige Ohrfeige verpasste.
Mein Kiefer gab bei diesem Anblick nach, wobei ich nicht die einzige war. In Taehyungs Gesicht lag eine Mischung aus Schock und Begeisterung.
"Das ist mein Mädchen!", hörte ich nur noch laut rufen, bevor die Tür der Bar zufiel.
"Sie haben dir nichts getan, oder?"
Ich erkannte im gedimmten Licht wie er mich sorgenvoll beäugte, ehe ihm auffiel, dass sein Arm noch auf mir lag.
"Sorry...", eilig zog er diesen Weg und trat einen Schritt beiseite.
Rührseligkeit stieg in mir auf, da sich noch nie jemand so für mich eingesetzt hat, wie er es soeben getan hattte.
"Hast du das gerade ernst gemeint?", wollte ich von ihm wissen.
"Was glaubst du denn?", er wirkte noch immer ein wenig angespannt. Es musste ihm anscheinend wirklich zugesetzt haben... Nicht, dass ich das vorhin angezweifelt hätte.
"Ich weiß nicht. Sag du es mir.".
Aber das tat er nicht, stattdessen ging er voraus und ich folgte ihm stillschweigend in die pechschwarze Dunkelheit.
"Um ehrlich zu sein, war ich ein bisschen enttäuscht. Du bist mit solchen Leuten mitgegangen, aber mit mir wolltest du nichtmals zur Universität gehen.", es war absonderlich ihn so besonnen und ruhig zu erleben.
Zum ersten Mal benahm er sich wie... ein Mensch.
"Das ist was ander-"
"Ich meine ja nur, dass du dich jetzt wahrscheinlich nach diesem Erlebnis gänzlich zurückziehen wirst. Du hast mit den falschen Leuten Erfahrungen gemacht und nun wirst du dich weigern, es mit den richtigen zu versuchen, oder?", fiel er mir plötzlich ins Wort, woraufhin ich mir ein Schmunzeln verkneifen musste.
Seltsam, er kannte mich ziemlich gut für unsere kurze Bekanntschaft.
"Und wer sind deiner Meinung diese 'richtigen' Leute?", neckte ich ihn bewusst.
"Ach komm, stell dich nicht so blöd!", entrüstet schnaufte Namjoon und versteckte seine Hände in seiner schwarzen Lederjacke.
"Ich verstehe dich nicht, Namjoon.", sprach ich meinen Gedanken endlich laut aus und hielt inne.
"Weshalb macht es dir etwas aus?"
Er blieb ein paar Schritte vor mir stehen und drehte sich anschließend wieder zu mir.
"Ich weiß es selbst nicht. Es nervt mich einfach dich so zu sehen.", gab er zu und zuckte mit den Schultern.
"Es gibt so vieles was du verpasst, wenn du dich weiterhin vor den schlechten Dingen schützen möchtest."
"Das stört mich nicht sonderlich. So lebe ich eben.", beharrte ich weiterhin und verschränkte trotzig die Arme vor der Brust.
Zwar konnte ich nur die Umrisse seines Gesichts sehen, dennoch wusste ich, dass er ganz schön finster aussehen musste.
"Gott, du bist störrischer als eine ganze Eselshorde.", erwiderte er ausgelaugt.
Namjoon kam mir ein wenig entgegen, ehe er weitersprach.
"Du solltest nicht vergessen, dass du auch nur ein Mensch bist. Du bist sterblich. Irgendwann liegst du als alte Frau in deinem Sessel, ganz allein. Keiner der sich an dich erinnern. Und du wirst bereuen so ein leeres Leben gelebt zu haben, dass du deine Zeit so verschwendet hast!", klagte er weiter.
"Versteh mich nicht falsch. Ich weiß genau wie hart das Leben zuschlagen kann. Keine Ahnung, wieso du so geworden bist, wie du heute bist. Aber das ist auch nicht wichtig, Mijoo. Du musst anfangen auszuteilen. Zeig dieser verdorbenen Welt, dass du dich nicht vor ihr fürchtest. Und vor allem... fang an zu lächeln."
Überrascht von seinem Vortrag, kräuselte sich meine Stirn. Wow, er sprach wie ein alter Weiser Mann. Seltsamerweise musste ich direkt an Rafiki von König der Löwen denken.
"Wieso studierst du Angelistik? Du solltest Selbsthilfe Bücher schreiben! Lebe und denke nicht an Morgen... Ach ne... Das gibt es ja schon."
Er seuftzte nur noch.
"Du nimmst mich nicht ernst.", sofort machte auf Absatz kehrt und ging weiter.
Doch, das tat ich. Jedoch wollte ich ihm meine schwache Seite nicht offenbaren. Seine Worte hatten einen tiefen Eindruck bei mir hinterlasssen, denn er hatte recht. Es wird der Tag kommen an dem ich mir wünschen werde die Zeit wieder zurückzudrehen. Doch es würde für alles zu spät sein. Jetzt hatte ich die Chance mein Schicksal zu ändern.
...und die nutzte ich...
"Namjoon, warte!", ich lief dem großen Kerl hinterher, baute mich vor ihm auf und setzte einen selbstsicheren Blick auf.
Ahnungslos legte er seinen Kopf schief und wartete auf meinen Einsatz.
Er war die Erste Person, die jemals gewagt hat mir die Stirn zu bieten. Kim Namjoon hatte sich in die Höhle des Löwen getraut. Wie gesagt: Rafiki. Ich musste ein Grunzen unterdrücken.
Von mir selbst felsenfest überzeugt streckte ich meinen Arm vor mir aus und sah dem Jungen in seine schmalen Augen.
"Bitte lass uns Freunde sein!"
Von all meinen impulsiven Entscheidungen, war dies meine beste gewesen.
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