inferno
Jungkook pov
„Und so sieht man sich wieder."
Irgendwie kommt mir der Mann bekannt vor. „Wer sind sie?", frage ich, vorsichtig einige Schritte zurückweichend. Tae hat bisher noch keinen Ton von sich gegeben.
„Wer ich bin?! Sag mal willst du mich verarschen?!" Der Mann wirkt nicht so ruhig wie Tae. Für einen Moment entgleisen ihm die Gesichtszüge. Er kommt bedrohlich näher und packt mich am Kragen. Sein Gesicht kommt meinem so nahe, dass ich seinen Atem spüre und angewidert das Gesicht verziehe.
„Dante, lass den Mist, er weiss es wirklich nicht." Zischt Taehyung mit zusammengebissenen Zähnen und zieht an den Seilen, die ihn an den Stuhl fesseln. Dante lässt von mir ab und dreht sich fragend zu Tae um. „Amnesie. Er hat Amnesie.", murmelt dieser niedergeschlagen und starrt auf den Boden.
Dantes höhnisches Gelächter lässt mich erschrocken zusammenzucken. „Junge, habe ich dich damals nicht gewarnt, dass dir der Dämon nur Ärger einbringen würde?", wendet er sich wieder mir zu. Ich schüttle ungläubig den Kopf. „Ein Dämon?! Du spinnst doch." Doch da fällt mir wieder ein, was Taehyung zuvor gesagt hatte, bevor ich Hals über Kopf aus dem Haus gestürmt bin.
„Lass mich dir zeigen, was für ein Monster dein Freund ist." Geschäftig beginnt Dante in seiner Tasche zu kramen und zückt eine Flasche und einen zierlich aussehenden Dolch mit filigranem Holzgriff. Mit einem ekelhaften Grinsen widmete er sich Taehyung.
Er klammerte sich an seiner Fassade fest, jedoch begann sie bereits zu bröckeln, als Dante ihm das Shirt vom Leib schneidet und mit der Spitze des Dolchs in die weiche Haut über seinem Herzen bohrte. „Jungkook. Ich hatte nie vor dich zu verletzen. Na, ja. Anfangs schon, aber das hat sich sehr bald geändert. Bitte, du musst mir glauben. Ich wollte das alles nicht." Taehyungs Stimme bricht und Tränen bilden sich in seinen Augen. „Hab keine Angst. Dieses Mal werde ich dir nichts tun, versprochen."
Zögernd erwidere ich den drängenden Blick des Älteren. Wie könnte ich einem Dämon helfen? Einer Kreatur der Finsternis, des Bösen. Doch ich habe es schon einmal getan, nicht? Taehyung war für mich da gewesen, als es sonst keiner war, wie konnte ich da so lange zögern. Wütend werfe ich mich gegen Dante und versuche ihm den Dolch zu entwenden, jedoch bin ich erfolglos. Er schubst mich einfach beiseite, als hätte er noch nie etwas anderes gemacht und ich lande auf dem Boden zu seinen Füssen.
„Schenk diesen Lügen, die da über seine dreckigen Lippen kommen keine Beachtung, Junge. Er ist ein Dämon, wie könnte er etwas anderes wollen als Schaden und Chaos. Es entspricht nicht seiner Natur." Die Spitze des Dolches gräbt sich langsam seinen Weg durch das weiche Fleisch, ein dünnes Rinnsal läuft über Taehyungs Brust, hinab zu seinem Nabel.
Mein Innerstes zieht sich zusammen, als ich den Älteren so sehe, so hilflos. „Bitte. Hören sie auf. Er hat ihnen doch nichts getan." Meine Stimme zittert verräterisch.
Doch Dante grinst nur. Er packt den blonden Dämon grob an der Schulter und rammt ihm den Dolch bis zum Anschlag in die Brust. „Nein!" Taehyungs Augen weiten sich überrascht, den Mund zu einem stillen Schrei geöffnet tropft dunkles Blut von seinen Lippen. Schluchzend krieche ich auf allen vieren zu ihm rüber, ziehe, ohne nachzudenken den Dolch aus seiner Brust. Sein Oberkörper kippt nach vorne, er wäre vom Stuhl gefallen, währe er nicht daran festgebunden. Tränen verschleiern mir die Sicht, als ich die Fesseln aufschneide und ihn endlich von diesem verdammten Stuhl runter bekomme. Ich ziehe den Älteren weinend in meine Arme. Sein Atem geht immer flacher, das Blut fliesst unaufhörlich. Hektisch streife ich ihm die Überreste seines Shirts von den Schultern und presse es auf die Wunde. Ein mildes Lächeln schleicht sich auf seine Lippen.
„Hör auf zu lachen, du Idiot! Das ist nicht lustig!" Ich unterdrücke erneut ein Schluchzen und presse mein verheultes Gesicht an Taes Halskuhle und atme seinen vertrauten Geruch ein. „Kookie. Nimm das Shirt wieder weg.", fordert der Ältere mich auf. Ich komme der Bitte verwirrt nach und werfe den blutdurchnässten Stoff unbeachtet zur Seite.
Doch entgegen meinen Erwartungen ist dort nicht länger die Einstichstelle des Dolchs zu sehen, sondern makellose, heile Haut. Als währe nie etwas gewesen. Ich reibe mir vehement die Augen, doch auch das ändert nichts. Vor Erleichterung fange ich noch mehr an zu weinen.
„Siehst du! Er ist ein Monster!" Dante scheint sich seines Sieges bereits so sicher, dass ich kotzen könnte. „Wie kannst du es wagen?! Taehyung ein Monster zu nennen, wo du es doch bist. Du bist das Monster, Dante, und du warst es von Anfang an."
Dantes siegessichere Miene schlägt in unzähmbare Wut um, verzerrt sein Gesicht zu einer hässlichen Fratze. Mit grossen Schritten kommt er näher, packt Taehyung grob bei den Haaren und zerrt ihn zum Waschbecken. Mit seiner freien Hand dreht er den Abfluss zu, zieht eine Flasche nach der anderen aus seiner Tasche und kippt sie alle ins Becken.
Dante schmeisst die letzte Flasche achtlos zu Boden, sie zerspringt in tausend kleine Glassplitter, und schiebt den blonden Dämon unsanft vor das Spülbecken. Er drückt dessen Kopf, ohne zu zögern unter Wasser. Taehyung versteht erst, was Dante vorhat, als sein Kopf in die klare Flüssigkeit gedrückt wird, nicht mal mehr Zeit zum Lufthohlen hat er.
Wild beginnt er um sich zu treten und zu schlagen, doch seine Gegenwehr ist zu unkoordiniert, zu panisch, als dass sie Dante hätte treffen, geschweige denn schaden können. Halt suchend greift er nach der Kante der Küchenablage und versuchte sich hochzustemmen, doch Taehyungs Bewegungen wurden immer kraftloser, bis er einige Male heftig zusammenzuckte. Alarmiert hechte ich zu ihm rüber, doch Dante zieht bereits Taes Kopf wieder aus dem Wasser.
Ein gurgelndes Keuchen, ein gequältes nach Luft schnappen ist zu hören. Taehyung sackt kraftlos in sich zusammen, würgt und spuckt Wasser. Vorsichtig setze ich mich neben ihn und streiche ihm die nassen Haare aus der Stirn, doch er dreht den Kopf weg und schiebt mich sanft, aber bestimmt von sich. „Sieh mich nicht an.", keucht er rau und hustet. Bevor ich nachhaken kann, was los ist, beginnt der Ältere heftig zu niesen. Dante kichert leise und kramt weiter unheilvoll in seiner Tasche.
Taehyung zuckt immer wieder zusammen, sein Rücken krümmt sich, während er schmerzerfüllt wimmert. Lautes Knacken von Knochen, das reissen von Fleisch und Haut, schwarze Schwingen, wie sie sich ihren Weg nach draussen bahnen und sich in voller Grösse entfalten. Erschrocken zucke ich zurück, krabble rückwärts weg von ihm und verstecke mich unter dem kleinen Tischchen.
Der blonde Dämon öffnet seinen Mund zu einem ohrenbetäubenden Schrei, welcher mir das Blut in den Adern gefrieren lässt. Den Kopf in den Nacken gelegt, die Flügel zitternd wie Espenlaub, sammeln sich rote Tränen in seinen Augen, hinterlassen ihre dunklen Spuren auf seinen blassen Wangen und tropfen auf seine nackte Brust.
Und da fällt es mir wieder ein. Er war es gewesen, er hatte mich verletzt. Die Rage hatte Besitz von ihm ergriffen, er hat die Kontrolle verloren. Vielleicht hätte Taehyung mich in jener Nacht sogar umgebracht, er hätte nur etwas härter zuschlagen müssen, dann währe es aus gewesen. Weinend krieche ich in eine Ecke, mache mich möglichst klein und lege meinen Kopf auf den Knieen ab. Ich will dass alles nicht, sie sollen einfach wieder gehen, alle beide. Es soll aufhören, ich wollte nie hier mit reingezogen werden. Taehyungs Schreie hallen mir weiter in den Ohren.
Irgendwann brechen Taes Schreie abrupt ab und werden durch Dantes ersetzt. Es rumpelt und scheppert, glas splittert und etwas reisst in zwei. Ob es Stoff ist, oder Haut, will ich gar nicht wissen. Wimmernd drücke ich mich weiter in die Ecke, will am liebsten unsichtbar werden. Ein letztes hässliches Knacken ist zu hören und dann ist es endlich still.
Hände legen sich auf meine Schultern. Erschrocken zucke ich zurück, fange erneut an haltlos zu schluchzen. „Jungkook, ich bin es. Es ist vorbei." Taehyungs dunkle, warme Stimme hüllt mich ein. „Kookie, sieh mich an." Behutsam nimmt er mein Gesicht in beide Hände und hebt meinen Kopf an, als ich nicht reagiere. Die wabernde Dunkelheit in seinen Augen ist verschwunden. Scheint als hätte er auch das Blut halbherzig weggewischt. Nur die dunklen Flügel liegen zusammengefaltet an seinem Rücken.
„T-Tae", schluchze ich und werfe mich in seine Arme. „Tae, i-ich bih-in böse" Der Ältere schüttelt ungläubig den Kopf. „Aber nein, Keks. Wie kommst du denn darauf?!" Seine Finger fahren sanft durch mein Haar. „Hyung, du hast diese Dinge getan. Und ich mag dich trotzdem." Ich richte mich auf und will mich umdrehen, in die Richtung, in der ich das Gemetzel vermute, doch Taehyung zieht mich zurück an seine Brust. „Sieh nicht dahin, Keks, das willst du nicht sehen." Mir ist auf einmal schlecht und ich greife nach Taehyungs Shirt, halte mich daran fest. „Du hast all diese schrecklichen Dinge getan, du bist ein Dämon. Und trotzdem mag ich dich so unglaublich sehr. Das ist krank."
Der Ältere seufzt und schiebt mich ein Stück von sich. „Jungkook, es tut mir leid. Ich habe dich verdorben." Mit diesen Worten presst er seine Lippen auf meine. Mein Inneres beginnt zu brodeln, als hätte jemand kochendes Wasser in mir ausgekippt. Es fühlt sich falsch an und doch richtiger, als alles zuvor. „Jetzt gehörst du für immer mir.", flüstert er gegen meine Lippen. Der Dämon schlingt seine Flügel um uns beide, drückt mich noch näher an sich heran. Der Boden um uns beginnt zu glühen und zu bröckeln, bis wir schliesslich fallen. In ein Tiefes Loch. In die Hölle.
Na, wer hätte mit so nem Ende gerechnet?
Ich bin nicht wirklich zufrieden mit dem Ende, aber was solls.
Ich hoffe sehr, es hat euch gefallen, lasst gerne Kritik da.
Habt noch ein schönes Wochenende.
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