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Kapitel 33: Abenddämmerung

»Frau DeVries!«

Lohmann kommt mit langen Schritten auf uns zu.

Nur mit Mühe unterdrücke ich den Impuls, mich hinter Dimitrij zu verstecken.

»Was machen Sie hier?«, fragt Lohmann, als sie uns erreicht.

Wie bei unserer letzten Begegnung sind ihre Haare zu einem beinahe hüftlangen Zopf geflochten. Sie trägt ein blaues Hemd, eine enge Jeans und flache Stiefel, die an Cowboy-Boots erinnern. Offenbar lag ich mit meiner ersten Einschätzung richtig. Sie ist eindeutig ein Pferdemädchen, keine Ballerina.

»Ich mache ein Praktikum.«

Lohmann deutet über ihre Schulter zum verglasten Klinikseingang, der sich eigenartig modern gegen die schicke Jugendstil-Fassade abhebt. »Hier?«

»J...ja«, antworte ich zögerlich und komme mir vor, als wäre ich sechzehn Jahre alt und müsste meiner Mutter beichten, dass ich den Unterricht geschwänzt habe. Nicht, dass ich jemals auch nur darüber nachgedacht hätte. Im Gegensatz zu Leslie bin ich immer brav gewesen. Vielleicht, weil in meiner Kindheit so viel Trubel geherrscht hat, dass ich dachte, ich dürfte meinen Eltern nicht auch noch zusätzlich zur Last fallen.

Lohmann stemmt die Hände in die Taille und scheint genau dasselbe zu denken wie ich: Das darf ja wohl nicht wahr sein!

»Ist etwas passiert?«, frage ich vorsichtig.

Von Lohmann kommt ein gereiztes Schnauben. »So kann man das sagen ...« Nach einem kurzen Zögern ergänzt sie: »Sie kennen doch Mael Bonetti, oder?«

Mein Herz begibt sich auf Talfahrt. »Ist ihm was passiert?«

»Er ist tot.«

Es macht leise »Plumm«, als mein Herz im Magen ankommt.

Die Welt scheint einen Satz nach vorne zu machen.

Mir wird schwindelig.

Instinktiv strecke ich die Hand aus, um mich festzuhalten. Ich denke, ich erwische einen Baumstamm, aber es ist Dimitrijs Arm.

»Wie?«, hauche ich. »Hat er sich ... suizidiert?«

»Nein, aber-« Lohmann hält inne. Ihre Augen verengen sich zu Schlitzen. »Wissen Sie was, Frau DeVries? Kommen Sie mit.«

Ich blinzele. »Bitte, was?«

»Kommen Sie mit«, wiederholt Lohmann mit einem knappen Winken. »Und Sie auch, Herr Sorokin.«

Dimitrij zeigt mit dem Finger auf seine Brust und zieht fragend die Augenbrauen hoch. Seine Lippen formen ein stummes »Ich?«.

»Ja, genau Sie«, sagt Lohmann. »Sie sind doch der Türsteher aus dem PHOBIA, oder?«

Dimitrij zuckt mit den Schultern. Es ist offensichtlich, dass er keine große Lust hat, Lohmanns Anweisung zu folgen.

Mir geht es ähnlich, aber wir würden uns wohl verdächtig machen, wenn wir uns weigern würden.

Also gehorchen wir.

Lohmann führt uns zum Eingang, vorbei an Prof. Wehrheim und Dr. Kramer, die uns abzufangen versuchen, aber von zwei uniformierten Beamten zurückgehalten werden.

»Na?«, ruft Kramer uns nach. »Werden Sie jetzt verhaftet?«

Ich habe keine Ahnung, ob er Witze macht oder es ernst meint. Natürlich weiß ich, dass ich Mael nichts getan habe. Trotzdem fühle ich mich schuldig. Wenn Anselm ihn getötet hat, ist es am Ende irgendwie doch meine Schuld. Und wenn er sich selbst getötet hat, hätte ich ihn vielleicht retten können. Wenn ich gestern nur die richtigen Worte gefunden hätte.

Dimitrij und ich folgen Lohmann den breiten Korridor hinunter, bis zur Schleuse, die auf die geschlossene Station führt.

Ein Beamter öffnet uns die erste Tür. Ein Kliniksmitarbeiter die zweite. Dahinter liegen das Stationszimmer und der Flur, in dem ich gestern mit Mael gesprochen habe.

Die sonnengelben Wände scheinen einen eiterigen Ton angenommen zu haben. Mir ist mehr als nur mulmig zumute. Fast scheint es mir, als würde ich eine Handbreit über dem Boden schweben. Nicht das kribbelige Auf-Wolke-Sieben-Schweben, das man empfindet, wenn man verliebt ist, eher ein Ich-spüre-meine-Beine-nicht-mehr-Gefühl.

Zu allem Überfluss meldet sich auch noch mein Sense of Impending Doom wieder zu Wort. Ich weiß, dass schon bald etwas Furchtbares passieren wird. Irgendetwas ist auf dem Weg zu uns. Unaufhaltsam wie das Schicksal rast es uns entgegen.

Es fällt mir zunehmend schwer, zu atmen. Die Luft ist zäh wie dickflüssiger Schleim. Ich fasse meine Handtasche fester und stakse weiter. Immer einen Fuß vor den anderen. Babyschritte.

»Frau DeVries!«

Der Ausruf kommt von Inge, der Stationsschwester von Station Drei. Sie ist der Typ schottische Schafzüchterin, mit einem robusten Körperbau, wirren, grauen Locken und einem Kasernen-Ton, bei dem Chuck Norris die Knie zittern würden.

»Sie waren doch gestern auch schon hier, obwohl Sie hier nichts zu suchen hatten!«, ruft sie mir zu.

Bevor ich darauf antworten kann, lässt sie eine ganze Schimpftirade darüber los, dass Studenten in einer Psychiatrie nichts verloren hätten. Schon gar nicht Psychologie-Studenten, die – ihrer Meinung nach – von Tuten und Blasen noch keine Ahnung hätten. Das ist auch ungefähr die Einstellung, mit der sie mich in den letzten Tagen und Wochen behandelt hat. Wenigstens weiß ich jetzt, woran ich bin.

»Sie waren hier, als Herr Bonetti seine Mitpatientin angegriffen hat?«, fragt Lohmann, während wir Inge und die anderen Mitarbeiter der Klinik links liegen lassen und dem Flur folgen.

»Ja, schon«, gebe ich zu. »Aber nur zufällig.«

Die Lüge geht mir erstaunlich leicht über die Lippen.

Ich weiß gar nicht, wieso ich Lohmann anlüge. Aber irgendwie habe ich das Gefühl, es wäre besser so.

»Haben Sie bei diesem Vorfall irgendetwas Ungewöhnliches beobachtet?«

»Na ja ... das hier ist eine Psychiatrie«, erwidere ich ausweichend.

»Frau Kommissarin«, meint Dimitrij.

»Kriminalhauptkommissarin«, korrigiert Lohmann ihn.

Dimitrij geht nicht darauf ein. »Was soll das hier werden?«

»Ich will Ihnen etwas zeigen.« Lohmann dirigiert uns zu einer offen stehenden Tür, vorbei an einem Beamten, einer Pflegekraft und zwei Männern in weißen Ganzkörperanzügen. »Kommen Sie«, sagt sie auffordernd.

Alles in mir sträubt sich dagegen, diesen Raum, bei dem es sich um den Tatort handeln muss, zu betreten. Ich will nicht sehen, was sich dort abgespielt hat. Bilder zucken durch meinen Kopf. Konstantin Gisser, den ich zerhackt in einem alten Lokschuppen gefunden habe. Charly, der wie ein makaberes Windspiel von meiner Deckenlampe gehangen hat. Bleiches, weißes Fleisch. Die Organe ordentlich drapiert. Blutiges Fell. Verdrehte Glieder.

Wer oder was auch immer Konstantin und Charly getötet hat, es ist sowohl zu einem sorgfältigen, methodischen Vorgehen in der Lage, als auch zu einem brutalen Ausbruch von Gewalt. Und ich will wirklich nicht wissen, welche dieser beiden Seiten Mael zu spüren bekommen hat. Doch es sieht ganz so aus, als würde Lohmann mir keine Wahl lassen.

Dimitrij scheint zum selben Schluss gekommen zu sein, denn er geht voraus. Ich folge ihm zögerlich und mit gesenktem Blick.

Der Boden in dem Patientenzimmer sieht sauber aus. Keine Spuren von Exkrementen oder Blut, wie ich erwartet habe. Es riecht muffig, säuerlich und leicht süßlich, aber nicht halb so schlimm, wie vor ein paar Tagen an den Gleisen.

»Die Spurensicherung war zwar schon hier, aber fassen Sie trotzdem nichts an«, sagt Lohmann.

»Dürfen Sie uns das denn zeigen?«, frage ich. »Was, wenn wir davon traumatisiert werden?«

Und mit wir meine ich mich. Dimitrij sieht nicht aus, als könnte ihn irgendetwas traumatisieren.

»Frau DeVries, ich muss eine Mordserie aufklären«, erwidert Lohmann. »Das Risiko gehe ich ein.«

Dimitrij nähert sich dem Bett, das an der linken Seite des Patientenzimmers steht. Es sieht eigentlich ganz normal aus, bis darauf, dass es Rollen hat. Bettdecke, Laken und Matratze sind entfernt worden. Vermutlich von der Spurensicherung.

Von Mael fehlt ebenfalls jede Spur. Anscheinend ist seine Leiche bereits abtransportiert worden. Erleichterung wäscht wie eine Welle über mich hinweg. Wenigstens das bleibt mir erspart.

»Sehen Sie, was ich meine?«, höre ich Lohmann fragen.

»Ja«, antwortet Dimitrij.

Ich folge seinem Blick zur Decke über dem Bett hinauf. Dort sieht es aus wie in einer skurrilen Tropfsteinhöhle. Von oben hängen zahlreiche dünne, weiße Stäbe herab, die nach dreißig oder vierzig Zentimetern abrupt enden, als wären sie von einem scharfen Gegenstand zerschnitten worden. Der Anblick ist bizarr.

»Was ist das?«, hauche ich.

»Ich hatte gehofft, Sie könnten mir das sagen«, erwidert Lohmann. »Oder zumindest, ob Sie so etwas schon einmal gesehen haben.«

Reflexhaft will ich ihre Frage verneinen, aber die Worte bleiben mir im Hals stecken. Einem inneren Impuls folgend, trete ich näher heran und betrachte die Konstruktion genauer. Die Stäbe sind glatt und glänzend, als bestünden sie aus Porzellan.

»Sie scheinen aus einem organischen Material zu bestehen, sind aber ausgesprochen hart«, erklärt Lohmann. »Wir haben eine Betonsäge gebraucht, um sie zu durchtrennen.« Sie winkt einem Mann von der Spurensicherung und lässt sich von ihm eine Digitalkamera reichen. »Hier ... sehen Sie sich das an«, murmelt sie, während sie durch die gespeicherten Aufnahmen klickt. Als sie das gesuchte Bild gefunden hat, hält sie Dimitrij die Kamera hin, ohne sie jedoch aus der Hand zu geben. Vielleicht befürchtet sie, er könnte das Gerät zerstören oder einfach auf Löschen klicken, um Beweise zu vernichten.

Dimitrij betrachtet die Aufnahme mit hochgezogenen Brauen. Davon abgesehen zeigt seine Miene keine Regung.

»Kommt Ihnen irgendetwas davon bekannt vor?«

»Njet.«

»Wie bitte?«

»Nö.«

»Sie haben so etwas also noch nie gesehen? Auch nicht im PHOBIA?«

Mir kriecht es heißkalt den Nacken hinauf. Ich habe dieses weiße Material tatsächlich schon einmal gesehen. Bei mir Zuhause. Der Stab, den Roman unter der Tür gefunden hat.

Aber das ist es nicht, was mir den Schweiß aus allen Poren treten lässt. Was, wenn Melodys Statuen ...? Damals habe ich gedacht, sie würden aus Marmor oder Travertin bestehen, aber was, wenn sie in Wirklichkeit ...?

»Ne, kommt mir nich' bekannt vor, aber ich hab' gerade meine Kontaktlinsen nich' drinne, also-« Dimitrij stopft die Hände in die Hosentaschen und zuckt mit den Schultern. »Wer weiß ...?«

Lohmann runzelt missbilligend die Stirn und wendet sich an mich. »Hier. Sehen Sie sich das an«, sagt sie und hält mir die Kamera unter die Nase.

Widerwillig werfe ich einen Blick auf das Display.

Auf dem präsentierten Foto ist das Zimmer zu sehen, in dem wir uns derzeit befinden. Ich erkenne die gelben Wände und das Krankenbett. Doch darüber, etwa einen halben Meter über dem Bett, schwebt Mael, eingesponnen in ein Netz aus weißen Fäden.

Der Anblick ist unheimlich, aber nicht so schlimm, wie ich es mir vorgestellt habe.

»Wie ... wie ist er gestorben?«, flüstere ich.

»Offiziell steht die Todesursache noch nicht fest«, antwortet Lohmann. »Aber wir denken, dass er erstickt ist.«

»Erstickt?«

»Sein Mund und seine Nase waren voll mit diesem weißen Zeug«, erwidert Lohmann, ohne mich aus den Augen zu lassen. »Wir gehen davon aus, dass es irgendwann einmal weich, vielleicht sogar flüssig, gewesen und dann ausgehärtet ist.«

Ich denke an die Tentakel, die sich unter meiner Tür hindurchgewunden haben, als Anselm bei mir eingebrochen ist.

»Fällt Ihnen dazu irgendetwas ein?«, will Lohmann wissen. Ihr Tonfall ist scharf, ihr Blick stechend. Vielleicht ahnt sie, dass ich etwas verheimliche.

Ich versuche, meine Gedanken zu ordnen, um herauszufinden, was ich ihr sagen kann und was nicht, aber in meinem Kopf ist alles durcheinander. Weich und hart. Marmor und Porzellan. Die Statuen im PHOBIA. Totenmasken. Tentakel, die sich durch den Türspalt winden, wie weiße Würmer. Krabbeltiere. Spinnen. Spinnennetze. Insektizide. Ein Schmetterlingstattoo. Blasse Haut. Melody, die sich in den Finger schneidet, ohne zu bluten. Und wozu brauchst du meine Zellen?, höre ich mich selbst fragen. Melody lacht. Na, um diesen Körper zu erhalten.

Metamorphose.

Das Wort blinkt vor meinem inneren Auge auf wie eine Leuchtreklame. Wo habe ich es zuletzt gehört?

»Ich glaub', ihr ist nich' gut«, bemerkt Dimitrij. »Sie braucht frische Luft.«

Beinahe hätte ich ihm widersprochen, aber dann wird mir klar, dass er nur einen Vorwand sucht, um mich ins Freie zu begeiten.

Ich setze eine Leidensmiene auf und fasse mir an die Stirn. »Ja, ich ... ich sollte wohl besser nach draußen gehen. Ich hab's mit dem Kreislauf und die Luft hier drin ist ... ganz furchtbar.«

»Na schön«, grunzt Lohmann. »Aber Sie bleiben in der Nähe. Ich will, dass Sie noch mit aufs Kommissariat kommen.«

»Wieso das?«, frage ich erschrocken.

»Weil ich noch Fragen an Sie beide habe.«

»Ich denke nich', dass-«, setzt Dimitrij an.

»Wir können uns auch gerne zuerst Ihr Vorstrafenregister ansehen«, schneidet Lohmann ihm das Wort ab. »Dann sind wir bis heute Abend beschäftigt.«

Dimitrij presst die Lippen aufeinander und schweigt.


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