74. Von Sang und Klang
P.o.V.: Nagisa Hotaru
Ich saß in meiner Gasse und überlegte wo ich hin gehen sollte um an möglichst viel Geld zu kommen. Ich war zu sehr in Gedanken, als dass ich mit bekommen hätte wo her der Typ kam. Er hatte blonde Haare, grüne Augen und war weiß. Er lächelte mich offen an als er sich vor mich hockte. "Alles Gute zum Geburtstag Nagisa...", sagte er. Kein Vorstellen, kein erklären woher er mich kannte. Nichts! Dennoch war ich überrascht. Er sah nicht so aus, als würde er von hier kommen und doch sprach er in perfektem Japanisch, auch wenn es einwenig altmodisch klang. Sein Lächeln wurde breiter, was mich missmutig stimmte. "Wer bist du? Was willst du von mir?", fragte ich, als ich mir sicher war, dass er nichts mehr sagen wollte. Misstrauisch musterte ich ihn nochmal von oben bis unten. Er sah nicht so aus, als wolle er mir etwas Böses. "Ich bin ein Mann mit vielen Namen. Momentan heiße ich Louis, aber Namen sind nur Schall und Rauch, sie vergehen, was bleibt ist die Aufgabe. Und was ich von dir will? Nun ich kam um dich um deine Hilfe bei der Erfüllung meiner und deiner Aufgabe zu bitten.", sagte er unvermindert lächelnd. Was sollte dieses in Rätseln Reden?
"Okay, was ist denn meine Aufgabe?", fragte ich impulsiv. Doch er Antwortete nicht mit klaren Worten. Nein, das wäre ja zu einfach! Er sagte: "Deine Aufgabe sollte es sein andere vor dem zu bewahren, was wir beide hassen. Komm mit mir, dann gehe ich ins Detail." Ich verdrehte meine Augen. "Erkläre es mir doch hier!", meinte ich und spürte eine Wut in mir. Er lächelte.
"Hier haben die Wände Ohren." Er warf mir einen kleinen Beutel zu. "Dort ist ein Zahn drin, wenn du willst öffne einfach den Beutel und berühre den Zahn. Er bringt dich zu mir. Aber denk daran, berührst du den Zahn lässt du dieses Leben für immer hinter dir. Es wird kein Zurück mehr geben.", sagte er. Ich schielte auf den Beutel. Ich würde ihn jemandem geben, der älter ist, diese Leute würden Hilfe dringender brauchen als ich. Als könnte Louis meine Gedanken lesen ließ er ein belustigtes Geräusch hören. "Nur dir wird dieser Beutel etwas bringen, denn es ist deine Aufgabe. Den anderen wirst du dann schon noch helfen können. Versprochen!", meinte Louis und ging ins dunkel der Gasse. "Oh... und Nagisa... beeil dich mit deiner Entscheidung heute Nacht wird es sehr kalt werden!", sagte er noch, dann schien er von der Dunkelheit verschluckt zu werden. Ich kniff meine Augen zusammen um zu sehen wohin er ging, doch er war schon verschwunden und ich hielt seinen Beutel in den Händen. Ein hieb und stichfester Beweis, dass er keine Einbildung war.
Dieses Gespräch verwirrte mich so sehr, dass ich alles außer Acht ließ. Ich ging den Tag nicht mehr betteln, sondern saß die gesamte Zeit in meiner Gasse. Ich hatte nichts zu verlieren, aber ob ich damit anderen wirklich helfen könnte? Er war ein weißer Mann! Wer bitte konnte mir garantieren, dass er mich nicht anlog? Wer konnte mir garantieren, dass ich wirklich anderen helfen konnte? Verwirrt rollte ich mich auf meiner dünnen Decke zusammen und als es dunkler wurde hatte ich mich noch immer nicht entschieden.
Eine weitere Stunde später musste ich Louis recht geben. Es war arschkalt geworden! Ich zitterte und sah meine Atemwolken in der Luft verschwinden. Schließlich kapituliert ich. Alles schien besser zu sein als hier zu bleiben. Und Hoffnungen, bei meinen Eltern wieder aufgenommen zu werden, brauchte ich mir erst gar nicht machen.
Mit zitternden Fingern öffnete ich den Beutel und berührte den Zahn in seinem Innern. Ich spürte sofort einen Ruck an meinem Finger und spürte mich umher wirbeln. Im nächsten Augenblick spürte ich zwei Arme unter mir. Noch bevor ich mich an das Licht hier gewöhnt hatte war ich in eine Decke gewickelt worden. Ich spürte, wie mir jemand etwas zu trinken gab. Ohne mich wehren zu können schluckte ich das Zeug. Augenblicklich wurde mir warm und ich wurde schläfrig. Wenige Sekunden später war ich weg.
Als ich wieder zu mir kam lag ich in eine warme Decke gewickelt auf einer weichen Unterlage. Sie war weich, aber auch nicht zu weich... sie war perfekt für mich. Ich seufzte und schlug meine Augen auf. All das hier beweißte, dass ich mir den weißen nicht eingebildet hatte. Denn die drei Monate auf der Straße waren definitiv real gewesen! Ich gähnte laut und streckte mich. "Guten Morgen eknú Sa! Es ist acht Uhr am Morgen des Mittwochs den elften November im Jahr zweitausendundzwanzig christlicher Zeitrechnung.", sagte eine Stimme aus dem Nichts. Langsam erhellte sich der Raum, auf eine angenehme Art. Ich sah mich um, doch hier war keine Lampe noch irgend ein anderes Leuchtmittel. Woher kam das Licht? Als nächstes viel mir auf, dass der Raum aus Sandstein bestand. Das Bett auf welches man mich gelegt hatte war ebenso wie der Rest des Raumes aus dem Stein geschlagen nur hatte man hier eine Matratze hingelegt. Ich erhob mich.
Neben meinem Bett war eine Erhöhung, wie ein Nachtschrank, auf ihr lag eine Flöte, eine Flöte die aussah, als sei sie aus purem Gold. Kurz zählte ich nach. Warum hatte man vierundzwanzig Löcher hinein gebort? Da neben lag ein Zettel. Happy Birthday? Wieder fiel mir die Ansage ein. Wenn es Stimmte, was die Stimme gesagt hatte war mein Geburtstag bereits zwei Tage in der Vergangenheit! Ich hatte am Neunten! Ich beäugte die Flöte misstrauisch. Anscheinend würde hier niemand etwas gegen meine Versuche Musik zu machen unternehmen, beziehungsweise es mir generell verbieten. Allerdings... mit einer Gitarre wäre ich besser klar gekommen. Als ich die Flöte berührte gab es ein grellen Aufleuchten, so dass ich mir die Augen zu hielt. Als es wieder normal hell im Raum war sah ich zur Flöte, doch fand ich sie nicht. Jetzt lag da eine Gitarre. Auch sie schien aus purem Gold zu bestehen.
Ich legte meine Hände an die Saiten und zupfte vorsichtig daran. Trotzdessen, dass sie aus Metall bestand gab sie den Klang einer normalen Gitarre von sich. Jetzt griff ich sie richtig und machte mich bereit einen sehr schweren Gegenstand zu heben. Dann hob ich meine Arme. Sie schnellten in die Höhe, so dass ich sie von jetzt auf gleich über meinem Kopf hielt. Der Schwung ließ mich wenige Meter nach hinten taumeln. Begeistert nahm ich die Gitarre so in meine Hände, dass ich darauf spielen konnte, doch irgendwas war merkwürdig. Ich drehte die Gitarre um, dann verstand ich. Sie war für einen Linkshänder, wie ich einer war, gemacht worden! Ich ließ meinen Daumen langsam über die Saiten gleiten. Der Klang war einfach nur himmlisch!
In meiner Begeisterung über das Instrument zupft ich wahllos an den Saiten herum. Es dauerte bis mein Magen laut knurrte, dass ich dieses alberne Verhalten ließ und mich mit mir selbst beschäftigte. Ich sah an mir herunter. Noch immer trug ich das ausgefranste Shirt, meine alte, löchrige Hose. Allerdings vermisste ich meine Schuhe. Ich sah mich im Raum um, doch hier waren sie nicht. Nun gut meine Eltern hätten mich auch umgebracht, wenn ich mit meinen Straßenschuhen im Haus herumlaufen würde! Auch wenn es so aussah, der Boden war weder kalt noch staubig. Wieder sah ich mich im Raum um, doch fand ich nicht die Tür. Wie war ich hier rein gekommen, wenn es keine Tür gab? Mit meiner Rechten strich ich über die, scheinbar, massiven Steinwände. Wie hat man sie so glatt bekommen?
An der Seite des Kopfendes des Raumes stolperte ich und fiel zu Boden, als die Wand aufeinmal nach gab und sich öffnete. Ich rappelte mich auf und tappste hinaus in den Gang. Auch hier waren meine Schuhe nicht. Jetzt drehte ich mich erst nach Rechts, dann nach Links und wieder zurück. Der Gang sah in beide Richtungen absolut gleich aus. Ich zuckte mit meinen Schultern und lief nach Links los. Ich war kaum einen Meter gegangen, da hörte ich bereits wieder diese Komische Stimme. "Eknú Sa, du gehst gerade in die falsche Richtung!" Ich drehte also um. "Ich heiße Nagisa...", grummelte ich. Der Gang endete wieder mit einer Sandsteinmauer, doch diesmal war ich Schlauer! Kurz drückte ich gegen die vermeintliche Sackgasse und schon öffnete sich die Tür.
In dem Raum, der sich mir offenbarte saß dieser Louis am Tisch und nähte, schneller als jede Nähmaschine, die ich je in aktion gesehen hatte... MIT DER HAND! Ich lief durch den Raum und setzte mich genau gegen über von diesem Typen hin. Der war mir immer noch nicht wirklich geheuer! Wie könnte ich ein Gespräch mit ihm beginnen? Während ich darüber nachdachte übernahm mein Magen die Initiative und grummelte erneut. "P.I.X.A.L. du hast sie gehört. Verschaff der jungen Dame etwas zu Essen, sonst knurrt ihr Magen uns noch die Decke überm Kopf zusammen!", sagte Louis ohne auch nur einen einzigen hauch einer Reaktion. Wenige Sekunden später stand vor mir ein dampfender Teller. Schon viel zulange hatte ich kein richtiges Rahmen mehr gesehen. "Keine Sorge ist vegan.", meinte Louis, mal wieder ohne mir die Chance zulassen meine Frage auszusprechen. Wieso kannte er mich so gut? Stimmte es, was er gesagt hatte? Hatten wirklich die Wände Ohren? "Also eknú Sa, du isst jetzt erstmal was, danach können wir über all deine Fragen reden! Und keine Sorge ich esse nichts, tu einfach so, als wäre ich nicht mit im Raum.", sagte er noch zusätzlich. Der hatte gut reden! Er musste sich ja niemanden ansehen, der mit gefühlten Mach eins näht!
Als ich es geschafft hatte, trotz dieser Ablenkung aufzuessen fühlte ich mich noch immer nicht ganz satt, dieser Raum schien, ebenso wie Louis, Gedanken lesen zu können, denn schon stand eine Schale Pudding vor meiner Nase, auch diese vernichtete ich, nur ließ ich mir diesmal mehr Zeit. Nach dem ich die hundert Gramm Pudding ausgelöffelt hatte wollte ich nicht mehr! Der letzte Löffel war eigentlich schon zu viel. Ich stellte die beiden Schalen in einander, gerade wollte ich sie hoch heben und Louis fragen, wo ich sie hin bringen sollte, da fielen sie in den Tisch und waren verschwunden. "Also deine Fragen?", sagte Louis und legte Stoff wie Nadel nieder.
"Warum werde ich hier Dings-bums genannt?", fragte ich, "Mein Name ist Nagisa! Na-gi-sa!", fügte ich einwenig impulsiv hinzu. "Dein Bürgerlicher Name ist Nagisa, aber Namen nimmt man an und sie werden vergessen. Wie schon gesagt, es ist die Aufgabe, die bleibt!", sagte er, "Deine Aufgabe ist eknú Sa, der Schall, das Aussprechen!" Verwirrt sah ich ihn an. "Was soll das heißen?" Louis schmunzelte. "Das heißt, dass du die Person bist, die die Leute zum reden bringen wird. Du bist dazu bestimmt deinen Mund aufzumachen und du bist auch dazu bereit den Leuten Dinge ins Gesicht zu sagen, die sie auch mal nicht hören wollen.", erklärte er. Eigentlich hatte ich geplant ihn als nächstes nach seiner Aufgabe zu fragen, doch jetzt brannte eine andere Frage stärker. "Woher weißt du, dass ich eigentlich ein Mädchen bin?", fragte ich also. "Aus dem selben Grund, weshalb ich weiß, wer du bist, weshalb ich weiß, dass du Musik liebst. Ich bin ein Wesen älter als die Namen der Götter!", er machte eine Pause und lächelte mich an. "Ich bin in der Lage die Gedanken von Menschen zu lesen, zu beeinflussen und so weiter und sofort. Aber ich werde dir noch nicht sagen, was meine Aufgabe ist. Du bist noch nicht weit genug, als dass du es wirklich verstehen könntest!", wieder wurde er ruhig und ich nickte.
Eine Zeit lang blieb es ruhig, schließlich stand Louis auf und kam um den Tisch herum. Dann stupste er die Gitarre an. "Ich hoffe dir gefällt dein Geburtstagsgeschenk. Man wird schließlich nur einmal zwölf.", sagte er. Wie er das sagte, schien es eine besondere Bedeutung zu haben. Ich nickte. "Auch wenn ich mich schon ein kleines Bisschen erschrocken habe..." Louis nickte. "Spielst du mir etwas vor?", fragte er dann. "Öhm... na klar...", nuschelte ich und nahm unsicher die Gitarre auf. Ich hatte dummerweise keine Noten oder sonst etwas hilfreiches im Kopf, also begann ich irgendwas irgendwie zu spielen. Zu meiner eigenen Überraschung, klang es nicht einmal schlecht. "Ach und es tut mir leid. Mein Freund hat dir Vorgestern versehentlich etwas zu viel vom Schlaftrank gegeben." Als er das sagte stoppte ich schlagartig. "Keine Sorge ich wollte nur, dass du die Nacht vernünftig durch schläfst. Wenn du mich nicht darum bittest wirst du keinen mehr bekommen!", sagte er sofort. Ich nickte und sah runter auf die Gitarre, da fiel mir wieder etwas ein. "Danke, danke für diese Chance.", sagte ich, "Aber wo sind meine Schuhe?" Louis begann leise zu kichern. "Du brauchst sie hier nicht, wenn du aber welche haben willst, dann mach ich dir gerne welche. Und ich an deiner Stelle würde alles, was mit meinen Eltern zusammenhängt verschwinden lassen.", sagte er ich nickte und dachte über seine Worte nach. Es klang traurig und auch ein wenig schwerwiegend, wie er das sagte. "Was ist eigentlich mit deinen Eltern passiert?", fragte ich schließlich, nachdem ich eine innere Diskussion gehalten hatte, bei welcher das Argument, dass es anscheinend meine Aufgabe war den Mund auf zu machen, stark überwiegte. "Ich... rede nicht gerne darüber... heben wir uns diese Geschichte für ein andern Mal auf." entschied er nach einem doch recht langen schweigen.
"Nun denn es wird, denke ich, Zeit, dass du neue Klamotten bekommst.", sagte Louis schließlich und schnippste. Sofort rutschte der Stoff von ihm über den Tisch und er begann wieder zu nähen, gleichzeitig schleifte eine Wanne über den Boden, welche voll war mit Klamotten. schon warf Louis das Shirt, welches er noch zu ende genäht hatte in die Box. "Die gehören alle dir. Und du brauchst dich nicht zu bedanken, so was ist hier selbstverständlich!" Ich stand auf und wollte gerade meine Gitarre auf die Box mit der Wäsche legen, da hatte Louis sie schon angehoben und lief auf den Wand abschnitt zu, aus welchem ich ursprünglich gekommen war. Ich folgte ihm in mein Zimmer, welches er kurz darauf verließ. "Sag P.I.X.A.L. einfach, was mit deinen alten Klamotten passieren soll.", sagte er und ließ mich allein ich dachte nach. Dann begann ich in der Box zu wühlen und zog mir schließlich eine kurze Leggins an, darüber zog ich ein an sich weißes Sommerkleid. Es hatte allerdings einen Gürtel, welcher stark an ein Notenblatt erinnerte und mit vielen verschiedenen Noten bestickt war. Ich grinste. Es saß perfekt! Endlich fühlte ich mich mehr wie ich selbst, auch wenn da noch immer etwas war, dass mich störte...
"P.I.X.A.L.? Ich brauch mal was zum schreiben!", sagte ich, schon lag etwas Papier, eine Notiz und ein Stift auf meinem Nachtschrank. Grinsend schrieb ich einen kurzen und, ehrlich gesagt, auch gemeinen Text an meine Eltern. "P.I.X.A.L., schicke bitte meine alten Klamotten mit diesem Brief zusammen zu meinen Eltern!", kicherte ich. "Sehr wohl Madam.", sagte wieder die Stimme aus dem Nichts und eine Luke klappte aus der Wand. Ich legte Brief und Altkleider hinein, schon schloss sich die Luke wieder, dann sah ich mir die Notiz an. >Bring bitte den Kuli mit, wenn du wieder kommst.< Nickend schnappte ich mir den Stift und rannte wieder in den Raum, in dem ich eben noch gegessen hatte. Louis stand an der Tür und unterhielt sich leise mit einem Mann in einer Sprache, die ich nicht verstand, dann gab er dem Mann noch einen Kuss und im nächsten Moment ging er in Flammen auf. Schockiert starrte ich die Stelle an, wo eben noch ein Mann stand. "Keine Sorge, Steinar, mein Freund, bringt nur eben dein Packet zum Empfänger und muss dann wieder in die Schule. Ich muss dir allerdings noch einiges erklären...", sagte er und sah mich ernst über seine Brille schauend an. Ich schluckte zu erst dann begann ich zu nicken und setzte mich wieder auf meinen Stuhl.
[Einen schönen dritten Advent euch allen
Hoffe euch hat das Kapitel gefallen...
Immer schön funny bleiben, auch wenn das Kapitel vorbei ist. Ich habe keinen schlauen Spruch mehr, Aloha!]
-TBN
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