Meine Lehrer kleben an den Fenster.
Es ist Prüfungszeit. Ich sitze an meinem Tisch, neben mir meine Nebensitzerin, die Französisch abgewählt hat. Komisch, denn wir schreiben jetzt Französisch.
Ich bekomme mein Blatt. Nur eine Frage. Ich jubele beinahe laut.
Meine Nebensitzerin seufzt. "Ich habe auch so eine blöde Frage bekommen", jammert sie. Wieso sie redet, weiß ich nicht.
Ich schaue nach hinten. Der Saal ist voll. Ich will kotzen.
Alle reden, jammern oder heulen, nur meine Konkurrentin schreibt eifrig. Weshalb sie pausenlos schreibt, weiß ich nicht, denn es ist nur eine Frage.
Endlich schaue ich mir die Frage genauer an. "Wie sagst du auf Französisch, welche Farbe dein Haustier hat?"
Jetzt weiß ich, weshalb alle heulen ... Ich heule nun auch. Ich habe kein Haustier, geschweige denn eine Farbe! (Nachtrag: Und vermutlich auch keinen Verstand.)
Ich versuche mich an Haustiernamen zu erinnern. Auf Französisch, ist klar, ich spreche es ja schließlich relativ gut und kann problemlos Romane darin lesen. Nur Haustiere fallen mir keine an ...
Une Hundie?
La Katzie?
Le Spinniér?
Egal, hilft alles nicht, mach ich später.
Nun will ich auf Farben kommen.
Le Blau? Le Blou? Le Balou?
Le Rotte? La Rotte? La Rottie? La Rotterieré?
Ich heule noch stärker.
Plötzlich kommen Kinder herein. "Herzlichen Glückwunsch zur Abiprüfung!"
Abi? Ich war doch grade in der elften! Hilfe!
Die Kleinen werfen Bonbons, die auf mich einschießen, dann gehen sie.
Jetzt heule ich richtig laut.
Wir reden miteinander, aber niemand außer meiner Konkurrentin kann Französisch und ich sehe offenbar so verzweifelt aus, dass sie mich als Französischwunderkind nicht einmal fragen. Nur meine Nebensitzerin leiert irgendetwas herunter, wobei ich kein Wort verstehe.
Plötzlich kommt ein einziges Kind herein. "Hier, ein Wörterbuch, haben die da gesagt, ich soll's dir bringen." Es zeigt zu meiner Französischlehrerin und meiner Lieblingslehrerin, die beide winkend an dem Fenster neben mir kleben.
"Aua! Ihr seid gemein!", kreische ich, wobei ich drei Tonleitern hochklettere und auf dem höchsten Ton allen die Ohren zerquetsche. Die kriegt ein Wörterbuch und ich kriege keins!
"Nicht so laut, wer hier schimpft, der schummelt!", schreit plötzlich eine junge Frau, die vorher die Blätter ausgeteilt hat.
Verzweifelt schaue ich zum Fenster und schreie erneut. Nicht nur meine zwei Lehrerinnen kleben dort, sondern alle Lehrer der Schule, plus Frau Holle, meine Schulleiterin!
Ich klettere mit dem Blatt unter den Tisch.
"Marlène, du hast deinen Stift vergessen!", schreien sie im Chor.
Heulend klettere ich hoch, lege das Blatt ab und nehme meinen Stift. Dann klettere ich wieder unter den Tisch.
"Marlène, du hast dein Blatt vergessen!"
Nein! Nicht mit mir! Ich nehme meinen Stift, strecke die Hand über den Kopf, bis der Stift das Blatt berührt und schreibe einfach so.
Ich klettere hier nie wieder heraus.
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Ja, sie sind verstörend.
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