3. Kurzgeschichte
Mein Ende
So wird es also zu Ende gehen. Auch wenn ich mir ein anderes, ein, naja, würdigeres Ende gewünscht hätte, wenigstens werde ich gebraucht. Es könnte schlimmer sein. Ich könnte in einem Magazin verrotten und bei Überschreitung meines Verfallsdatums weckgeschmissen werden. So froh war ich, als sie mich in der Fabrik gemacht hatten, neben all meinen Brüdern und Schwestern. Uns gibt es in verschiedenen Farben: rot, blau, gelb, grün, einige sind auch weiß. Mich haben sie blau gemacht. Ich liebe meine Farbe. Es gibt uns auch in verschiedenen Formen, aber ich bin ganz normal. Die großen Menschen sind zwar nicht immer nett zu uns, sie schmeißen uns umher, behandeln uns grob, aber das ist nicht so schlimm. Wir spüren ja keinen Schmerz.
Sie haben uns dann alle in unsere vorübergehende Behausung, eine Art Plastiktüte, gepackt. Wir waren zu zwölft, eine bunte Mischung. Es gibt Packungen, wo alle gleich aussehen, alle die gleiche Farbe haben. Ich finde das langweilig. Ich meine, wir werden dafür gemacht, glücklichen Ereignissen beizuwohnen. Da braucht es einfach etwas Buntes! Danach wurden wir von der Fabrik direkt in ein Geschäft gebracht.
Fast wäre es mit uns so weit gewesen, dass wir im Geschäft vergessen worden wären. Ein paar von den kleinen Menschen hatten herumgetobt und waren mit ihren Fahrrädern an das Regal gestoßen. Es gab eine Erschütterung und wir fielen, mit ein paar anderen Behausungen, zwischen das Regal und die Mauer. Alles war schräg und wir lagen einer auf dem anderen. Es dauerte eine Ewigkeit, bis sie uns gefunden hatten, ja, erst gemerkt hatten, dass wir weg waren. Erst als sie einen Grundputz machten und das Regal verschoben, fanden sie uns.
Dann war er da. Der Moment, auf den wir unser ganzes Leben lang gewartet hatten, war gekommen. Ein Mensch kam an unser Regal, zu unserer Behausung und nahm uns mit! Ach, war das ein schöner Moment. Die Euphorie die mich, nein, uns alle durchdrungen hatte, war einfach fabelhaft gewesen. Dies war der beste Moment meines Lebens. Unsere Behausung landete in einem großen Korb. Weitere Dinge waren auch noch da. Flammenköpfe und etwas das so aussah wie eine Miniausgabe der menschlichen Decken. Nur auf denen waren irgendwelche Figuren abgebildet und alle ganz eng beisammen in eine fast ähnliche Behausung wie wir sie hatten, gepackt. Ich war so aufgeregt und konnte es nicht erwarten, endlich gebraucht zu werden. Nach einigen Tagen war es dann endlich soweit. Ich kam aus meiner Behausung heraus. Einer nach dem anderen wurde herausgenommen und konnte endlich seinen Zweck erfüllen. Dann war ich dran. Sie nahm mich in die Hand, führte mich zu ihrem Mund und blies endlich, endlich nach so langer Zeit Luft in mich hinein. Es war wie eine Befreiung. Sie setzte noch einmal an und blies noch fester und noch fester. Und endlich konnte ich mich zu ganzer Größe ausdehnen. Es war so herrlich. Ich wusste gar nicht, dass ich mich vorher eingequetscht und klein gefühlt hatte. Nun war ich groß! Das Zehnfache meiner ursprünglichen Größe. Und ich war so herrlich dünn, durchscheinend und ich quietschte als sie mit einem meiner Brüder an mir rieb. Der kleine Mensch, der gespannt zusah, lachte voller Genuss auf. Das war meine Bestimmung, die Bestimmung, die Menschen glücklich zu machen und an freudigen Ereignissen dabei zu sein. Ich hatte mir überlegt, ja gar den Kopf zerbrochen, was wohl das freudige Ereignis sein mochte. Vielleicht ein Heiratsantrag, oder doch ein Glückwunsch zu der Geburt eines kleinen Menschen? Aber ich wollte nicht zu lange darüber nachdenken und lieber noch meine letzte Zeit genießen. Der große Mensch hatte mich an einem Seil auf einen Baum gehängt. Neben mir und um mich herum hangen auch all meine Brüder und Schwestern. Ein herrliches buntes Bild ergaben wir.
Nun war ich hier und wartete bis sie kamen. Meine Tage waren gezählt, das wusste ich, aber das Grauen überkam mich, sobald ich die ganzen schreienden Kleinmenschen gehört hatte. Diese kleinen Menschen sind das Schlimmste was einem an seinem letzten Tag geschehen konnte. Eigentlich hatte ich gehofft, langsam dahin zu scheiden, meine geborgte Luft langsam entweichen zu lassen und dann entsorgt zu werden. Aber so ein Ende hatte ich zu vermeiden gehofft. Diese kleinen Menschen sind grob und zertreten uns bis wir platzen. Und so kam es dann auch. Anfangs, während der Feier, hatten die großen Menschen noch mit mir gespielt, sie hatten mich in die Luft geworfen und wie einen Ball hin und her geschmissen. Ah, das war wunderbar! Ich konnte fliegen. Das war auch ein Privileg, was nicht jedem gestattet war. Andere würden aufgehängt werden und dann bis zum Ende nicht einmal abgenommen werden, nur durch einer Nadel zerstört werden. Ja, vielleicht war mein Ende ja doch nicht so schlimm. Immerhin konnte ich gerade fliegen! Ich sollte es genießen, solange es noch möglich war. Und so ließ ich mich einfach treiben, bis ich auf dem Boden ankam. „Jetzt werden sie mich wieder holen kommen und nochmals in die herrlichen Lüfte schmeißen.", dachte ich mir. Doch dann:
Ein lauter Schrei, ein unsagbar hoher Druck und dann kam der Knall. Einen Siegeslaut vernahm ich noch, dann wurde es dunkel.
Und dies war mein Ende.
Hey ihr lieben,
Hoffe es hat euch gefallen.
Lg eure
Fantasy_Love92
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