Kapitel 21
Harry POV
Louis Augen waren riesig. In seiner Hand hielt er noch immer die Beinscheibe, aber seine Finger zitterten sichtbar. Vermutlich hatte selbst das kurze eingesperrt sein, die Dunkelheit ihn an frühere Traumata erinnert, die jetzt wieder zu Tage kamen.
"Alles ist gut. Alles ist gut.", flüsterte ich beruhigend, half ihm vorsichtig aus dem Karton heraus und hatte sofort seinen kompletten Körper an mir hängen, sodass ich rückwärts gegen die Wagenwand fiel und mit ihm zu Boden sackte.
"Angst. Lou Angst.", sagte er und die Stimme war erstickt.
"Ich weiß, aber ich bin doch bei dir. Und guck, Liam auch. Wir passen auf dich auf. Wir bringen dich an einen Ort, an dem uns nicht passiert, weißt du. Da finden uns keine bösen Menschen.", ich streichelte ihm über die Haare, versuchte die Ohren zu kraulen, weil ich wusste, dass ihn das normalerweise beruhigte.
"Ich hoffe wirklich, dass sie einen guten Platz für uns gefunden haben.", Liam leuchte einmal mit der Taschenlampe durch den Wagen, lächelte dann aber zuversichtlich. "Werden sie schon. Ich schätze die Leute, die das hier heute organisiert haben schon als fähig ein."
Automatisch nickte ich. Das war genau auch meine Hoffnung. Die Regierung würde Lou nicht wieder in die Finger bekommen. Niemand von diesen dreckigen Mistkerlen würde je wieder Hand an dieses arme verstörte Lebewesen legen, was genau wie wir menschlich war, Liebe empfand und vor allem Angst.
XXX
Die Fahrt dauerte gefühlt ewig und langsam spürte ich, dass ein menschliches Bedürfnis ihren Tribut forderte.
"Wie lange sind wir schon unterwegs?", fragte ich, sah Liams Uhr aufleuchten.
"Gute drei Stunden.", Louis hatte sich inzwischen ein wenig beruhigt und mit ein bisschen Kraulen und Knabbern lag er nun halb auf und halb neben mir.
"Hoffentlich sind wir bald da. Meine Blase wird langsam ungeduldig.", sagte ich und Liam lachte.
"Geht mir ähnlich. Wenn wir wenigstens ein Handy hätten, womit wir eine Nachricht schicken könnten. Aber es war ja schon sinnig, uns ohne loszuschicken. So hätte man ja im Zweifelsfall eine Spur verfolgen können.", mein Freund seufzte, versuchte sich bequemer hinzusetzen, wurde aber durch die nächste Kurve umgeschubst.
"Maan.", brummte er und schlug einmal genervt gegen die Wand zum Fahrerhäusschen.
Plötzlich wurde es holprig. Nicht nur ein bisschen, sondern sehr. Lou wachte auf, klammerte sich wieder wie ein kleines Äffchen an mich, während Liam und ich uns versuchten aufrecht zu halten.
"Ich würde sagen, wir sind jetzt off-road.", stellte er fest und ich nickte. Eigentlich war mein Magen ja recht stabil, aber da wir hier ohne Fenster waren, das rappeln sogar noch zunahm merkte ich mehr und mehr, dass mir immer schlechter wurde.
"Wenn die nicht bald anhalten, kann ich für nicht mehr garantieren.", murmelte ich, versuchte ruhig zu atmen, mich darauf zu konzentrieren, die Übelkeit zurückzudrängen.
Kurz bevor ich es tatsächlich nicht mehr aushielt, stoppten wir abrupt und nachdem wir ein paar Schritte gehört hatten, öffneten sich endlich die Türen.
"Wir sind da.", sagte die Stimme belustigt, während wir blinzelnd, gegen das Sonnenlicht versuchten die ersten Blicke auf die neue Umgebung zu erhaschen.
Louis mit seinen Hundegenen schaffte es wesentlich schneller und bevor ich mich versehen konnte, war er aus dem Wagen gehüpft und stand mit großen Augen davor.
"Ein See. Harry, See!", rief er und auch wenn ich noch so sehr hinterher brüllte, ertönte Sekunden später ein lautes "Platsch".
"Das hat er jetzt nicht gemacht, oder?", fragte Liam, rieb sich nochmal die Augen und sah dann mit mir zu dem kleinen Tümpel, in dem nun Louis mit einem glücklichen Grinsen hockte.
"Ich fürchte schon.", kopfschüttelnd kam der Fahrer zu mir, deutete auf eine Hütte.
"Schaut mal. Da ist euer zu Hause für die nächsten Tage. Roman wird mit euch Kontakt aufnehmen. Dort befindet sich ein Satellitentelefon. Nahrungsmittel, Wasser ist alles reichlich vorhanden. Strom bekommt ihr über die kleine PV Anlage auf dem Dach. Eine Anleitung liegt drin. Wir melden uns bei euch, nehmt zu niemanden Kontakt auf! Bis bald."
Er nickte uns noch einmal zu, sprang wieder in den Wagen und Sekunden später war nur noch eine Staubwolke auf der Schotterpiste zu sehen, über die wir gekommen waren.
Kopfschüttelnd drehte ich mich wieder zu dem kleinem Tümpel um, in dem gerade eine Ente um ihr Leben zu schwimmen schien und gerade dazu ansetzte, die Flügel auszubreiten und wegzufliegen bevor...
"Lou aus! Lass die Ente in Ruhe!", rief ich zu dem süßesten aller süßen Hybriden hinüber, der inzwischen nicht nur nass war, sondern auch überall mit Seegras behangen war.
"Aber Lou wollte Essen fangen.", er runzelte die Stirn, sah dann nach Beifall heischend zu Liam, der nur auflachte.
"Ich denke, wir haben drinnen genug, Louis. Komm raus, du erkältest dich noch.", er deutete auf den Tümpelrand und tatsächlich hörte er auf meinen Freund, krabbelte aus dem Wasser.
"Wage es dich nicht, zu schütteln.", drohte ich mit erhobenem Zeigefinger und Lou ließ die Ohren zur Seite hängen, trat extra noch einen Schritt von mir weg.
"Schuldigen.", sagte er und wirkte nun doch reichlich zerknirscht. "Lou wollte nicht böse sein."
Sofort erweichte wieder mein Herz. Wer konnte auch schon diesen großen blauen Hundeaugen widerstehen?
"Du warst nicht böse, nur wieder viel zu voreilig. Komm mit rein. Wir schauen gleich mal, dass du was frisches zum Anziehen bekommst und vielleicht kannst du darin auch duschen."
XXX
Die Hütte hatte tatsächlich alles was wir brauchten und war voll ausgestattet. Das einzige was fehlte und für Louis eine absolute Katastrophe war, war der fehlende Fernseher.
Immer wieder lief er durch das kleine Haus, suchte nach dem Ding, dass er zu Hause so liebte, doch auch nach der zwanzigsten Runde war keiner an einer der Wände aufgetaucht.
"Langweilig ist Lou. Will Tiere sehen.", sagte er und ließ sich auf den Boden fallen, schmollte vor sich hin, während Liam grinsend auf einem der Sessel saß und in einem Buch blätterte, was er aus dem Regal genommen hatte.
"Wenn du Tiere sehen willst, setzt dich doch da in die Fensterbank, Louis. Da draußen ist alles voll Tiere. Wir sind hier im Wald.", erklärte er ruhig, deutete auf die Fensterbank, die extra so breit gebaut war, dass man bequem auf Sitzkissen darin sitzen und hinausschauen konnte.
"Welche denn?", fragte er und ich war froh, dass Liam wirklich eine Engelsgeduld aufwies und nicht genervt reagierte.
"Rehe, Hirsche, Hasen, Kaninchen, Vögel, Füchse, Schlangen...", zählte er auf und die Augen des Hybriden wurden immer größer.
"Jagen?", fragte er nun, leckte sich einmal über die Eckzähne, die dabei sichtbar wurden.
"Nein. Wir jagen nicht. Wir haben den Kühlschrank voll.", sagte ich schnell, um ihn gleich von der Idee abzubringen. Nachher rannte er noch einem der Viecher hinterher und verlief sich anschließend im Wald. Wir waren ohne Karte, ohne Kompass hier und ehrlich gesagt wäre ich verloren, wenn ich von hier irgendwie rausfinden sollte.
Liam war da schon eher fit, aber drauf ankommen lassen wollte ich es lieber auch nicht.
"Schade... Aber spielen mit Füchsen.", er legte den Kopf schief. "Halbe Hunde.", er nickte sich selbst zu.
"Ball hier?", fragte er nun und stand wieder auf, begann erneut herumzurennen, öffnete alle Schränke und fand nach ein paar Minuten tatsächlich in der Speisekammer einen Ball, der auch schon bessere Tage gesehen hatte.
"Füchse spielen mit. Louis bringt Ball raus.", ich sah zu Liam, der nur mit den Schultern zuckte.
"Du bleibst hier am Haus. Du läufst nicht weg, Louis. Ansonsten schläfst du heute nicht bei mir, kein Kuscheln, verstanden?", warnte ich ihn und sah, wie es in seinem Kopf zu arbeiten schien.
"Louis lieb.", er nickte, raste auf mich zu, drückte mir einen feuchten Schmatzer auf die Lippen, bevor er in Sekunden schnelle das Haus verließ.
"Hoffentlich hält er sich dran.", Liam legte sein Buch weg, drehte sich so, dass er wie ich auch durch das Fenster Louis beim Herumtoben draußen beobachten konnte.
"Da braucht nur ein Schmetterling zu kommen und er hüpft ihm hinterher, blind für alles um ihn herum.", brummte ich und machte mich schon drauf gefasst, hinaus zu rennen, sollte er sich mehr als ein paar Schritte aus meinem Blickfeld entfernen.
"Vielleicht solltest du ihm eine Leine anlegen.", scherzte Liam jetzt. "Und falls jemand mal ne doofe Frage stellt warum, kannst du einfach sagen, ihr liebt BDSM.", er zwinkerte mir zu und ich schlug ihm selbst aber auch schon lachend gegen die Schulter.
"Du bist ein Blödmann. Aber ja, manchmal wäre eine Leine sicher nicht falsch. Diesen Wildfang im Griff zu behalten."
Mein Blick liebevoll auf Louis gerichtet, der inzwischen im Gras saß, scheinbar einzelne Halme auszupfte, wurde ich wieder ernst.
"Meinst du wir müssen uns hier lange verstecken?", fragte ich und mein bester Freund seufzte.
"Keine Ahnung Harry. Ich hoffe es nicht. Roman und die Anderen werden sicher alles tun, damit das hier schnell ein Ende hat.", ich nickte, sah auf den Boden.
"Meine Mom wird sich Sorgen machen, wenn ich mich nicht regelmässig melde.", Louis hatte scheinbar die Ameisen oder Käfer entdeckt, die es auf dem Boden zu sehen gab, denn nun hockte er auf Knien auf dem Boden, den Po in die Luft gestreckt und besah fasziniert, wie irgendwas vor ihm herumkrabbelte.
"Niall kümmert sich doch, hat er gesagt. Bitte, du musst jetzt Vertrauen haben. Vertrauen in die Menschen, die euch helfen. Du konzentrierst dich jetzt einfach darauf, dich zu entspannen, die Zeit hier zu genießen und wenn ihr wollt, kann ich mich auch gern mal eine Weile ausserhalb des Hauses aufhalten.", er wackelte mit den Augenbrauen und ich sah ihn entsetzt an.
"Liam.", er kicherte und streckte mir die Zunge raus.
"Harry, das da ist ein Hybrid. Der hat tierische Instinkte und eines davon ist, sich fortzupflanzen. Dazu gehört Sex. Also... wird er zwangsläufig früher oder später Bedarf anmelden.", ich merkte wie ich rot wurde.
"Hat er doch schon.", Liams Grinsen wurde breiter.
"Und?", fragte er nun und ich hatte das Gefühl einem Feuermelder oder auch einer Tomate zu gleichen.
"Nichts und... Das...Ich, ich will nicht drüber reden.", sagte ich und drehte mich weg, hörte Liam lachen.
"Das muss dir nicht peinlich sein, Harry. Das ist Natur und jeder liebt sie. Außerdem gehört es doch dazu, wenn man sich liebt. Also nur zu, keine falsche Scheu."
Xxx
Hey Ihr Lieben,
ich wollte nur noch einmal darauf hinweisen, dass die Geschichte weitergeht, es aber weiterhin Slowupdates sein werden.
Natürlich würde ich mich sehr freuen, wenn Ihr der Story trotzdem treu bleibt, aber aktuell schaffe ich leider nur tägliche Updates beim Fünfteiler.
Ganz liebe Grüße
Eure Schäfchenbetreuerin
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