Kapitel 2
Harry POV
Louis war satt, das war ja schon mal eine tolle Sache und nachdem ich ihn dann in einen Pyjama mit kurzen Hosen gesteckt hatte, sein Gesicht noch einmal sauber gemacht, standen wir nun noch einmal im Bad und kämpften um das Thema Zähneputzen.
"Autsch. Das ist Autsch.", er zeigte auf die Zahnbürste, die ich zum Glück noch originalverpackt als Ersatz liegen gehabt hatte und hielt ihm diese entgegen.
"Nein Louis. Die macht nur die Zähne sauber. Das tut nicht weh.", ich redete schon eine gute Viertelstunde auf den jungen Hybriden ein, doch der schüttelte den Kopf, schwenkte immer wieder abwehrend den Schwanz hin und her.
"Komm her, ich zeig es dir.", brummte ich irgendwann, griff nach meiner eigenen Zahnbürste und begann mit ein bisschen Zahnpasta darauf, meine Zähne zu schrubben.
Erst beobachtete mich Louis noch aus einer Distanz, dann jedoch kam er immer näher, bis seine Nase direkt neben meiner Wange war.
Irritiert beobachtet ich die Aktion im Spiegel, sah wie seine Nasenflügel sich ganz schnell bewegten. War das vielleicht gerade "schnuppern"?
"Was, was machst du da?", fragte ich, nachdem er noch bestimmt eine halbe Minute so nah bei mir verharrte.
Das hatte den Effekt, dass er sich zu Tode erschreckte und direkt einen halben Meter nach hinten sprang.
"Hey.", ich schüttelte den Kopf, grinste und steckte die Zahnbürste nach dem Abwaschen zurück in den Becher.
"Ich wollte dich nicht erschrecken, ich fand es nur merkwürdig. Was hast du gemacht? An mir gerochen?", ich sah den Hybriden an, dessen Ohren sich unruhig bewegten.
"Hmh. Ja.", er nickte leicht, deutete dann auf die Tube Zahnpaste.
"Riecht... riecht...", er schien nach dem Wort zu suchen, doch scheinbar fehlte ihm die entsprechende Vokabel.
"Gut?", versuchte ich es einmal, doch sofort schüttelte sich sein Kopf. "Also schlecht?"
Wieder schüttelte sich der Kopf und seine Zähne kauten auf seiner Unterlippe.
"Ja, also dann... ich weiß nicht. Vielleicht solltest du sie einfach mal probieren, vielleicht fällt dir dann ein Wort ein. Du hast ja jetzt gesehen, dass Zähneputzen nicht weh tut. Haben das die im Labor nicht mit dir gemacht?", sofort erschien wieder die Panik in seinen Augen, als ich das Labor erwähnte und ich hätte mich selbst ohrfeigen könne, so dumm zu sein.
"Alles gut.", ich ging auf ihn zu, legte beruhigend eine Hand auf seine Schulter und ich merkte, wie er wieder langsamer schnaufte. "Zeig mir mal deine Zähne.", sagte ich, lächelte ihn freundlich an und er überlegte einen Moment, ehe er regelrecht die selbigen fletschte und sich zwei ziemlich lange Eckzähne auftaten. Eben solche, wie sie auch Hunde hatten. Das mir das nicht aufgefallen war, bisher.
"Die sehen ja echt gut aus. Nicht, als wären sie ungepflegt.", ich kratzte mir am Kopf, überlegte, wie die es dort geschafft hatten, dass sie so gut aussahen.
"Knochen.", Louis hob den Finger, nickte.
"Knochen?", ich sah ihn an, wusste nicht was er meinte.
"Für das hier.", er fletschte erneut und deutete auf seine Beisserchen. "Immer am Morgen."
In dem Moment ging mir ein Licht auf, als ich an Liams Hund dachte, der regelmässig Kauknochen bekam, damit sich kein Zahnstein bildete. Vermutlich war das, was er hatte sagen wollen.
"Ach du hast jeden Morgen einen Knochen zum Kauen bekommen, damit du deine Zähne schön sauber hältst?", fragte ich vorsichtshalber noch einmal nach und sofort strahlte er, nickte wie wild.
"Knochen lecker, Louis mag Knochen.", er leckte sich einmal über seine Lippen und ich machte mir eine innere Notiz, morgen beim Metzger vorbei zu schauen und dort für Louis, statt Zahnbürste, einen Knochen zu besorgen. Oder sollte ich lieber zu einem Tierladen gehen?
"Jetzt Bett?", er zupfte an meinem Ärmel, hüpfte hin und her und ich schmunzelte.
"Genau, jetzt gehen wir ins Bett. Du kannst schon mal ins Schlafzimmer gehen. Nur ins Bett gehen, nichts weiter anfassen, ja?"
Er nickte eifrig, drückte sich an mir vorbei, während ich seufzend die Zahnbürste von ihm wegräumte und dann in mein Büro ging, um den Laptop für meine Recherchen zu holen.
XXX
Als ich ins Schlafzimmer kam, saß Louis tatsächlich auf dem Bett. Er saß im Schneidersitz, hatte seinen Schwanz scheinbar entspannt hinter sich abgelegt, während er sich mit einer Hand hinter dem Ohr kratzte.
"Du musst unter die Decke.", ich begann die Tagesdecke wegzuziehen und er sprang erschrocken auf.
"Dann ist es auch wärmer. Kennst du keine Decken", erneut konnte ich nicht glauben, dass ich diese Frage stellen musste, aber er schüttelte tatsächlich den Kopf. "Nein."
"Gut. Das ist, damit man schön kuschelig warm liegt. Komm, leg dich bitte mal hin. Kopf dort hoch aufs Kissen und dann einfach bequem hinlegen.", es schien für ihn merkwürdig zu sein, so ausgestreckt zu liegen. Vermutlich hatte er nur einen kleinen Käfig gehabt, wo er sich zusammenrollen musste. Außerdem hatte er so vermutlich auch die Körpertemperatur halten können.
"Gut so. Pass auf, jetzt die Decke.", ich ging um das Bett zu seiner Seite, zog sie vorsichtig über ihn, bis auf die Brust.
Er lag dabei ganz still, beobachtete jede meine Bewegungen. "Siehst du. Da wirst du prima schlafen.", ich lächelte ihn an, überlegte, ob ich es wagen konnte, ihn auch ohne waschen einmal sanft zu streicheln.
"Louis bei Harry, warm und sicher.", seine blauen Augen wurden feucht und mein Herz raste. Auch mir schossen die Tränen in die Augen, als ich nickte.
"Ja, du bist bei mir sicher, Louis. Ich passe auf dich auf.", dann vergaß ich jegliche Vorsicht, zog ihn vorsichtig wieder in die sitzende Position und legte meine Arme um ihn. So, dass er noch hätte flüchten können, doch entgegen meiner Erwartung, drückte er sich dicht an mich, begann zu schluchzen und sich an mich zu klammern.
Ich ließ ihn weinen. Vermutlich war alles viel zu viel. Die Flucht, die Zeit, die er vermutlich auf der Straße verbracht hatte, dann ich, all die neuen Eindrücke. Er musste komplett überfordert sein.
"Alles ist gut. Ich bin jetzt da. Du bist nicht mehr allein und niemand wird dir mehr weh tun.", flüsterte ich leise, streichele immer wieder seinen Hinterkopf, gab ihm so Nähe.
"Louis Zuhause, Harry Familie?", fragte er, nachdem er sich ein wenig beruhigt hatte und sich etwas von mir drückte. In dem Moment schossen mir nun wirklich die Tränen in die Augen und ich konnte nicht anders, nickte und drückte ihn noch einmal fest an mich.
"Ja, ich bin jetzt deine Familie und das hier ist dein Zuhause."
XXX
Louis blieb noch so lange in meinen Armen, bis er eingeschlafen war und als ich ihn dann vorsichtig zurücklegte, noch einmal die Decke über ihn zog, war mir klar, dass ich diesen Kerl schon so sehr in mein Herz geschlossen hatte, dass eine Trennung mir nicht mehr möglich erschien.
Er würde bei mir bleiben, ich würde ihn mit allem was ich hatte beschützen, koste es was es wolle. Aber dafür galt es jetzt erstmal, so viel wie möglich über ihn und seine Art herauszufinden und deshalb krabbelte ich auf meine Seite, startete den Laptop und begann im Internet nach Hybridforschung zu suchen.
Es war schon Nachts um drei, als ich merkte, dass meine Augen schwer wurden. Verdammt, ich musste unbedingt schlafen, schließlich musste ich morgen arbeiten...
Der Gedanke machte mich wieder hellwach. Ich konnte morgen nicht arbeiten gehen. Louis hier allein zu lassen war unverantwortlich. Mein Kopf schwirrte und ich überlegte hin und her. Konnte ich morgen möglicherweise einfach von zu Hause aus arbeiten? Homeoffice?
Hatte ich irgendwelche Termine wahrzunehmen, bei denen meine Anwesenheit dringende Pflicht war?
Um das zu klären lief ich noch einmal schnell nach unten, schaute in meinen Handykalender und stellte erfreut fest, dass am morgigen Freitag keine Termine anstanden und somit einem Tag Heimarbeit nichts im Weg stand.
Entsprechend schrieb ich schnell meinem direkten Vorgesetzten eine Email, dass ich heute nicht ins Büro kommen würde und übers Handy erreichbar wäre. Als Grund nannte ich einfach einen familiären Zwischenfall, was ja nicht ganz falsch war. Schließlich hatte meine Familie spontan Zuwachs bekommen.
Man musste nur richtig argumentieren, dachte ich grinsend, klappte den Laptop zu. Morgen würde ich weitere Nachforschungen anstellen, aber bisher war meine Suche leider erfolglos gewesen, keine Uni diesen Landes hatte irgendwelche Versuche veröffentlicht, mit Hybriden. Scheinbar waren es geheime Forschungen, die irgendwo unter der Hand gemacht wurden.
Sofort dachte ich an Area 51, Aliens hielten sie ja auch schon seit Jahrzehnten geheim, wenn es sie denn gab.
Über diesen Gedanken schlummerte ich dann tatsächlich irgendwann ein und versank in wirren Träumen.
XXX
Der nächste Morgen wurde vom Wecker im wahrsten Sinne des Wortes eingeläutet und zu dem nervigen Geräusch fiepte ein vollkommen panischer Louis neben mir, der aus dem Bett sprang und sich unter dem Bett versteckte.
Müde rieb ich mir über die Augen, sah 7 Uhr auf der Anzeige und seufzte.
"Louis, alles gut. Das war doch nur der Wecker. Der sorgt dafür, dass ich nicht verschlafe, wenn ich arbeiten muss.", erklärte ich, robbte zum anderen Bettende und hing meinen Oberkörper über die Kante, sodass ich unter das Bett gucken konnte.
Zwei große blaue Augen sahen mich unsicher an, bis ich ihn anlächelte und meine Hand nach ihm ausstreckte.
"Komm schon. Du musst dich nicht fürchten. Komm, wir gehen jetzt ins Bad, machen uns fertig und dann gibt es ein schnelles Frühstück. Ich muss heute hier zu Hause ein bisschen arbeiten. Du musst dich dann ein wenig allein beschäftigen."
Wie das aussah, hätte ich mir so auch nicht vorgestellt. Louis hatte die Anweisung nichts kaputt zu machen oder herunter zu reißen. Er durfte aber alles anschauen und vorsichtig in die Hand nehmen.
Somit war er tatsächlich den gesamten Vormittag, nach dem Frühstück damit beschäftigt, jedes Teil im Wohnzimmer aufzuheben, es abzuschnuppern, hin und her zu drehen und dann wieder wegzustellen.
Manchmal, wenn ich sah was er in den Händen hielt, nannte ich ihm den Namen, beispielsweise Vase und was man damit machen konnte und er nickte jedesmal glücklich, wiederholte den Begriff und ging dann zum nächsten.
Auch wenn es mir schwer fiel, mich auf meine Arbeit zu konzentrieren schaffte ich so viel, dass ich gegen 13 Uhr beschloss, Feierabend zu machen. Ich hatte jetzt sowieso Wochenende und meinen Chef per Mail um eine Woche Spontanurlaub gebeten, den dieser netterweise ohne Murren genehmigt hatte.
Na ja, bei 300 Überstunden konnte er auch schlecht nein sagen, wenn ich dann doch mal nach ein wenig Freizeit verlangte.
"Was hältst du davon, wenn wir gleich mal einkaufen gehen. Wir schauen mal, nach ein paar passenden Kleidungsstücken und dann nach ein paar Knochen.", schlug ich vor und Louis Schwanz wedelte wie wild hin und her.
"Allerdings müssen wir deine Rute und deine Ohren verstecken.", sagte ich ernst und er nickte, biss sich auf die Lippe. "Komm, wir schauen mal, was dir am besten passt oben im Ankleidezimmer, dann bekommst du eine Mütze von mir und dann geht es los.
XXX
Im Auto war Louis wieder stocksteif und ich versuchte ihn mit ein paar beruhigenden Worte aus seiner Angst zu holen.
Als wir auf den Parkplatz vom Einkaufszentrum fuhren, klammerte er sich regelrecht an den Griff des Wagens und ich seufzte.
"Hab keine Angst, ich bin bei dir. Wir gehen da jetzt gleich in ein paar Geschäfte. Da suche ich dir ein paar Kleidungsstücke aus und bringe dich dort in eine kleine Kabine. Da wirst du die Sachen anprobieren. So wie vorhin in meinem Zimmer. Dann bezahlen wir und dann geht es weiter. In Ordnung?", ich sah in die blauen Augen, die zwar etwas unschlüssig wirkten, er aber nickte.
"Und Knochen?", er legte den Kopf schief, während er sich über die Lippen leckte und kurz sein Eckzahn zu sehen war.
"Die bekommst du auf dem Rückweg, wenn du jetzt ganz lieb bist und machst, was ich dir sage. Es ist nur zu deinem Schutz, in Ordnung?", er nickte, wartete dann wieder, bis ich ihn aus dem Auto holte und griff nach meiner Hand.
Ich sah hinunter, lächelte. Er vertraute mir, er vertraute mir wirklich und das Gefühl war einfach nur berauschend.
"Gehen, Anziehen, dann lecker Knochen.", er nickte in Richtung Tür und schon stürzten wir uns ins Getümmel.
Louis war neugierig, schaute hier und da. Seine Finger schnellten immer mal vor und einmal musste ich aufpassen, dass er nicht ein Kind betatschte, was an uns vorbei lief.
"Auch klein.", sagte er nur, sah sehnsüchtig dem Kind hinterher, das zum Glück, genau wie die Mutter nichts davon mitbekommen hatte.
"Ja, das ist ein Kind, Louis. Man wird klein geboren und wächst dann. Mit 18 Jahren ist man dann erwachsen. So wie du.", erklärte ich und er nickte, als hätte er verstanden. Ob es wirklich so war, stellte ich mal in Frage.
"Da, schau. Mein Lieblingsladen.", ich zog ihn ins Geschäft, wurde bereits von Rosa, der Verkäuferin durch ein Winken begrüßt.
"Ich schaue mich allein um. Wenn ich Hilfe brauche, melde ich mich.", rief ich ihr zu und sie machte ein Daumenhochzeichen. Gut, so stellte sie wenigstens keine Fragen.
XXX
Nachdem wir drei passende Hosen, mehrere Shirts, Pullis, Schuhe und Unterwäsche inklusive Socken erworben hatten, alles zum Auto brachten, fiepte Louis einmal mehr sehnsüchtig. "Knochen?"
Ich nickte, müde von dem kleinen Marathon. "Ja, jetzt gibt es Knochen für dich. Wir fahren jetzt in den Tiersupermarkt. Da schauen wir, ob wir was passendes finden."
Das das keine gute Idee war, merkte ich spätestens in dem Moment, als Louis dort erstmals einen Hund sah, der mit wedelndem Schwanz auf uns zu lief.
Sofort hörte ich ein merkwürdiges Geräusch aus seinem Mund und ich konnte sehen, wie er sich anspannte.
"Louis. Aus.", sagte ich nur und er wendete den Blick ab, sah mich irritiert an.
"Das war ein Hund. So etwas wie du, nur ganz als Hund.", versuchte ich zu erklären und wieder legte er den Kopf schief.
"Nicht anknurren. Sei bitte leise und komm einfach mit. Wir dürfen nicht auffallen, denk dran."
Tja, das das ein Unterfangen war, was schier unmöglich wurde, wusste ich in dem Moment zum Glück noch nicht, sonst wäre ich vermutlich direkt wieder umgedreht.
Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro