Und schon der Tag der Vermählung naht,

die Geliebten sich sehen zum ersten Mal.

Ein Blick genügt, es war gescheh'n,

sie beide wollten vor Feuer vergeh'n.

Die Türen schwangen auf und die Mittagssonne flutete das Schloss.

Ich blinzelte die Lichtstrahlen weg und atmete die Frühlingsbrise ein. Die Steintreppen führten hinunter zum Garten. Ein Meer aus Gästen in allen Farben drängten sich auf dem Rasen wie eine Blumenwiese im Wind. Einzig die Wachen in Silber hielten sie in Schach.

„Hast du etwa das ganze Königreich eingeladen?", fragte ich, als wir die Stufen hinunterschritten. Es mussten hunderte Gäste sein, vielleicht sogar tausend.

„Aber, aber. Kein Königreich wollte sich dieses Spektakel entgehen lassen", sagte Vater und plusterte seine Brust auf.

Das bunte Treiben verstummte mit dem Blasen der Trompete.

„Ihre Königliche Majestät, Reinhold von Glücksstein, und Ihre Majestät, die Kronprinzessin Eveline Florentine von Glücksstein!"

Die Masse verneigte sich, als wir sie auf dem Weg zum marmornen Torbogen passierten. Alle bis auf einen: Ritter Tristram.

Er stand unter dem Torbogen, an dem sich die Rosen hochrankten. Ich hob mein Kinn und kniff die Augen zusammen. Mit jedem Schritt konnte ich mehr von ihm erkennen, zuerst schwarzen und roten Stoff, dann schwarze Haare, die ihm über die Ohren fielen. Seine Hände waren hinter dem Rücken verschränkt und er überragte den Priester neben ihm. Tristrams Augen ruhten auf mir und ich nahm das Blickduell an.

„Und? Habe ich dir zu viel versprochen?", raunte Vater mit einem Lächeln in der Stimme.

„Der äußere Schein kann trügen."

In meinem Leben war ich schon unzähligen Rittern begegnet in allen Formen und Lebenslagen: jung, alt, reich, arm, schlau, dumm, hübsch und hässlich. Hochmütig waren sie alle.

„In der Schlacht von Silingen hat er mit nur zwanzig Mann die ganze Stadt verteidigt ..."

„Vielleicht solltest du ihn dann heiraten", sagte ich und klimperte mit den Wimpern, als könnte das mein Herzklopfen übertönen.

„Benimm dich", sagte Vater, als wir uns dem Torbogen näherten. „Er muss ja nicht gleich sehen, was – Ritter Tristram!"

Vater setzte sein königliches Lächeln auf und Tristram neigte den Kopf.

„König Reinhold, es ist mir eine wahre Freude Euch wiederzusehen", sagte er und seine Augen fielen zurück auf mich. „Prinzessin Eveline."

Er nahm meine Hand und hauchte einen Kuss auf den Rücken. Ein Prickeln kitzelte meinen Arm hinauf. Als er seine Augen wieder hob, lag ein verschmitztes Grinsen auf seinen Lippen. Ich lächelte unschuldig zurück.

„Ritter Tristram, wie schön Euch endlich kennenzulernen. Ich habe gehört, Ihr seid ein außerordentlicher Kämpfer", sagte ich. „Das ist schön. In Eurer Gegenwart fühle ich mich direkt gebildet."

Vater verschluckte sich vor Schreck.

„Die Gerüchte stimmen wohl", sagte Tristram. „Eure unbeschreibliche Schönheit ist wahrlich Eure größte Tugend."

Verzeihung? Ein eiskaltes Grinsen erhob sich auf meinen Lippen. Mein Herz pumpte Feuer durch die Venen.

„Für Euer Alter habt Ihr Euch auch recht gut gehalten", antwortete ich.

Ein tiefes Lachen brummte aus Tristrams Kehle.

„Für Eure Körpergröße seid Ihr wirklich mutig", sagte er.

„Für Eure Körpergröße seid Ihr erstaunlich schnell im Kopf."

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Es kommt bald noch ein kleiner Teaser :D