Überraschende Wendungen
„Tyler!" entfuhr es mir überrascht. Der Prüfer hatte sich breitbeinig vor uns aufgebaut, die Arme vor der Brust verschränkt und starrte uns grimmig entgegen.
„Ich hoffe, ihr habt dafür eine gute Erklärung." sagte er schneidend. Der harte Klang seiner Stimme ließ mich den Kopf einziehen. Die blauen Augen funkelten vor Wut.
„Mr. Collins." Lens beruhigende Stimme ertönte neben mir. Er trat vor und schob sich so vor mich, dass er mich zur Hälfte mit seinem Rücken verdeckte.
"Ich übernehme die volle Verantwortung für-"
„Klappe!" würgte ich ihn ab.
Das kann doch wohl nicht wahr sein.
Ich schob mich energisch an Len vorbei und bedachte ihn mit einem säuerlichen Blick, der ihn aber in keinster Weise zu beeindrucken schien. Mein Versuch, ihn mit Hilfe von unauffälligen Handzeichen zum Rückzug aufzufordern, scheiterte ebenso kläglich.
Abrupt wandte ich mich ab und konzentrierte mich auf Tyler. Aufrichtig sah ich ihm in die Augen.
„Es war meine Idee." sagte ich fest "Wenn jemand bestraft wird, dann ich. Ich habe Len dazu überredet, Ruby zu befreien."
„Sarina!" zischte Len mir zu. Ich ignorierte ihn und fuhr ungerührt fort: "Ich habe dadurch nicht nur mein eigenes, sondern auch das Leben aller anderen beteiligten Personen in Gefahr gebracht."
„Was sagst du denn da?" unterbrach mich Len "Ich habe es darauf ankommen lassen, nicht du." Verärgert runzelte ich die Stirn. „Wir hatten das doch schon geklärt."
„Ich kann mich nicht daran erinnern, meine Zustimmung gegeben zu haben." giftete ich zurück und fuhr herum. "Also komm bloß nicht auf die Idee mich verteidigen zu wollen. Ich kann das allein regeln."
"Das hatte ich auch nicht vor! Meine Absicht war die Wahrheit zu erzählen."
Empört schnappte ich nach Luft.
"Dann haben wir beide wohl unterschiedliche Ansichten, was die Wahrheit betrifft!"
Böse funkelten wir uns an.
Mir fiel auf, dass alle um uns herum verdächtig still geworden waren. Entweder, sie sahen angestrengt zu Boden, oder in die Luft. Ich spürte das Unbehagen.
„Das ist ja alles schön und gut." unterbrach Tyler unsere Diskussion. „Ich bin mir sicher, dass Mrs. Roberts sich das liebend gern von euch anhören wird. Doch mir geht es jetzt hauptsächlich darum, so schnell wie möglich zu verschwinden, bevor uns jemand entdeckt."
Ich nickte kleinlaut und auch Len sah etwas betreten aus.
„Gut. Wo habt ihr die Autos abgestellt?" wechselte er das Thema er und sah uns abwartend an.
„Vor der alten Fabrik." gab Len heiser zur Antwort und ich musterte ihn argwöhnisch. Seine Gesichtsfarbe war wieder bleich, ein dünner Schweißfilm überzog seine Haut und die Hände zitterten leicht. Als hätte der Alpha meine Gedanken gelesen, schob er sie demonstrativ in die Hosentaschen. Der Blick, mit dem er mich bedachte sagte ausdrücklich: Mir geht es gut!
Misstrauisch kniff ich die Augen zusammen.
Tyler hatte sich an Cody gewandt, der mittlerweile wieder Ruby an sich genommen hatte. Besorgnis spiegelte sich in seinem Blick, als er meine Freundin, die mittlerweile eingeschlafen war, betrachtete.
„Kannst du sie weiter tragen?" fragte er den Muskelprotz leise.
Cody nickte.
„Wir bringen sie zu meinem Wagen." beschloss Tyler, während er sich wieder dem Rest zuwandte. "Ich stehe hier gleich um die Ecke."
Er lief voran und wir folgten ihm mit bedrücktem Schweigen.
Als wir an der Bank vorbeikamen, auf der die Jungs den Eiskönig abgelegt hatten, war sie leer.
Schade, ich hätte doch gern gewusst, ob es ihm gut ging.
Und eventuell hätte ich ihn nach seinem Namen gefragt.
◆◇◆◇◆◇◆◇◆◇◆
„Ich würde sagen, dass Cody, Ruby und Len mich begleiten. Der Rest kommt nach." schlug Tyler vor, doch ich protestierte.
„Was ist mit mir? Ruby ist meine beste Freundin!"
„Und ich ihre Schwester." fiel Scarlet ein.
„Das stimmt. Scarlet, du kommst noch mit." wandte der Prüfer ein und sein Ton duldete keinen Widerspruch. Entrüstet verschränkte ich die Arme vor der Brust.
„Könnten Sie nicht noch kurz warten? Die Geländewagen sind doch nicht so weit weg." sagte Emily vorsichtig. „Dann fahren wir alle zusammen und Sie müssten nicht dafür aufkommen, wenn etwas passieren sollte."
Ich merkte, dass das minimale Erpressung war und Tyler war sich dessen ebenfalls bewusst. Er presste die Lippen aufeinander, überlegte einen Moment und seufzte dann.
"Meinetwegen," gab er widerstrebend nach "aber macht schnell. Ich warte ein Stück hinter der Ausfahrt des Dorfs. Dann kann Len einen der Wagen fahren, und Sarina kann bei mir mit einsteigen."
Fragend sah ich meinen Artgenossen an. Er zuckte nur die Schultern.
„Okay." stimmte ich zu und öffnete die Beifahrertür, da die anderen drei die Rückbank belegten.
Es waren schon alle eingestiegen, als Len mich noch einmal an meinem Ärmel zurückhielt.
"Hey," sagte er sanft, bemüht um einen versöhnlichen Tonfall. Ich sah ihn abwartend an. "tut mir leid. Ich glaube, es ist das Beste, wenn wir das zusammen machen."
Ein warmes Kribbeln breitete sich in meiner Magengegend aus und unbewusst lächelte ich.
"Das ist der erste vernüftige Satz, den ich diese Nacht von dir gehört habe."
Okay, das war vielleicht ein bisschen geflunkert, aber ich kann ihm jetzt nicht die Genugtuung geben und ihm predigen, was er schon alles gut gemacht hatte (außerdem würden mir auch genauso viele Taten einfallen, die das Gegenteil erfüllen würden.)
Er sah mich empört an, wobei aber das belustigte Funkeln in seinen Augen dem Gesichtsausdruck Lügen straften, und ich boxte ihm spielerisch gegen den Oberarm.
"Na los, beeil dich. Ich habe nämlich nicht das Bedürfnis alleiniges Opfer einer wütenden Schuldirektorin zu werden." ermahnte ich ihn und stieg endlich ein.
Len grinste
Tyler startete den Wagen und das Auto rollte los in Richtung Stadtrand.
Das Schweigen, das sich zwischen uns ausbreitete, war mehr als nur unangenehm.
Ich merkte, dass Tyler kurz davor war eine Schimpftriade auf uns loszulassen, aber mit Rücksicht auf die schlafende Ruby den Mund hielt. Ab und zu warf er mir vorwurfsvolle Seitenblicke zu, doch ich tat verzweifelt so, als bemerkte ich sie nicht.
Nach einigen Minuten stellte er den Motor ab.
Wir waren aus dem kleinen Städtchen hinausgefahren und warteten nun darauf, dass der Rest zu uns aufschloss.
Vorsichtig beugte ich mich vor und spähte aus dem Fenster.
Links und rechts lagen kahle Felder, auf denen man wage die kurzen Stoppeln des abgeernteten Getreides in der Dunkelheit erkennen konnte.
Die Erntezeit war bereits vorbei.
Am Rand der Straße streckten zerbrechlich aussehende Bäume ihre dünnen Äste in den Himmel. Die Einsamkeit, die sie ausstrahlten, war kaum zu ertragen.
Fröstelnd ließ ich mich wieder tiefer in den Autositz sinken und schloss die Augen.
Wie durch einen Schleier hörte ich Scarlets Stimme, die den Prüfer neben mir aufforderte, die Heizung einzuschalten.
Sie klang wie bei einem Radio, das man abwechselnd lauter und leise stellte.
Wenig später strich ein Hauch warmer Luft über mein Gesicht und ich seufzte wohlig.
Dann war ich eingeschlafen.
Ich erwachte dadurch, dass der Wagen zum Stehen kam, und somit die gleitende Fahrt unterbrach, mit der wir uns stetig fortbewegt hatten.
Das Rascheln von Kleidung auf den Rücksitzen und ein kalter Luftzug, der plötzlich durch meine Haare fuhr, ließen mich wissen, dass meine Freunde sich bereits von der Wärme im Wagen losgerissen und nun in die Kälte gekämpft hatten.
Seufzend löste ich den Gurt und stieg aus.
Augenblicklich fingen meine Zähne an, aufeinanderzuschlagen und ich spürte, wie sich die feinen Härchen auf meiner Haut aufrichteten, als ich in die Nacht trat.
Für einen Augenblick schwankte ich, da mein Kreislauf erst einmal wieder in Schwung kommen musste. Haltsuchend stützte ich mich am Autodach ab.
Tyler hatte uns bis vor die Stufen des Hauptgebäudes gefahren. Der schneeweiße Mamor schimmerte kühl durch die Schwärze und die riesige Kuppel ragte beinahe bedrohlich vor uns auf.
Die Akademie war mir noch nie so fremd und abweisend vorgekommen, wie in diesem Augenblick.
Plötzlich öffnete sich die hohe Eingangstür und eine schlanke Silhouette machte sich eilig daran, die breiten Stufen der Treppen hinunterzusteigen.
Ich kniff die Augen zusammen.
Mrs. Roberts kam, in einem schwarzen, samtenen Morgenmantel gekleidet, am unteren Absatz zum Stehen.
Ein Teil der kastanienfarbenen Haare fiel ihr wirr ins Gesicht, während der andere bis zur Mitte ihres Rücken floss. Sie trug nur ein Paar beiger Pantoffeln und selbst auf die Entfernung konnte ich sehen, dass sie zitterte.
Ob vor Wut oder Kälte, konnte ich nicht genau sagen.
Hektisch warf ich den Kopf herum, um nach Len Ausschau zu halten, doch das war nicht nötig. Er tauchte nämlich gerade auf der gegenüberliegenden Seite des Wagens auf und umrundete nun das Fahrzeug.
Ich deutete mit dem Kinn auf die Schulleiterin, die sich gerade mit Tyler unterhielt.
Len sah mir kurz in die Augen und ich war überrascht, als ich leichte Unsicherheit in seinem Blick aufflackern sah.
Doch bevor ich mir sicher sein konnte, war seine Maske wieder undurchdringlich.
"Na los." seufzte ich und packte seine Hand.
Wir liefen nebeneinander in Richtung der Erwachsenen.
Als Mrs. Roberts uns erblickte, hob sie die Hand, um Tyler zum Schweigen zu bringen.
Für einen kurzen Moment musterte sie uns, wobei ihr Blick länger als nötig auf unseren verschränkten Händen ruhte (ich könnte schwören, dass sich ihre Augenbrauen wenige Millimeter zum Haaransatz hoben).
Dann stürmte sie auf uns zu.
Zuerst fiel sie ihrem Neffen um den Hals, wodurch wir gezwungen waren, den jeweils anderen loszulassen. Sie murmelte Len etwas ins Ohr, das ihn dazu veranlasste schuldbewusste Sätze, wie: 'Es tut mir leid' und 'Es kommt nicht wieder vor' hervorzuquetschen, da sie anscheinend seine Atemwege blockierte.
Ich stand unbeholfen daneben, nicht wissend, wohin mit meinen Händen.
Doch dann löste sich Mrs. Roberts von ihm, wandte sich an mich und streckte die Arme aus.
Ihre warmen Finger schlossen sich um meine Ellenbogen. Sie hielt mich für einen kurzen Augenblick von sich, um mich prüfend zu mustern, bevor sie mich ebenfalls in die Arme schloss.
Ich versteifte mich, doch das beachtete sie nicht weiter.
"Bin ich froh, dass euch nichts passiert ist." hauchte sie. "Was habt ihr euch bloß dabei gedacht?"
Ich schwieg, während eine Welle Schuldgefühle über mir einbrach.
Sie löste sich von mir.
"Es tut mir leid." murmelte ich und wich ihrem glühenden, gelben Blick aus. "Ich werde Ihnen alles erzählen, aber erst möchte ich wissen, wie es Ruby geht."
Ich sah die leichte Unzufriedenheit in ihrer Miene, doch Lens Tante nickte verständnisvoll.
"Natürlich. Deine Freundin ist bereits im Krankenflügel und schläft. Mr. Mason kümmert sich um sie."
Erleichtert atmete ich auf.
"Könnte ich zu ihr?"
Jetzt meldete sich auch Len, der bis jetzt schweigend daneben gestanden hatte, zu Wort.
"Ich denke, dass ist keine gute Idee. Wir sind bereits seit mehr als vier Stunden unterwegs und ich denke, es wäre besser, wenn wir uns erst einmal schlafen legen."
Er wandte sich an Mrs. Roberts.
"Wir könnten doch die Berichterstattung auch auf heute Mittag oder Nachmittag verschieben."
Fragend sahen wir sie an. Ihr Blick huschte misstrauisch zwischen unseren Gesichtern hin und her.
Dann seufzte sie.
"Also gut, ab ins Bett mit euch. Ich erwarte euch um fünfzehn Uhr in meinem Büro."
Damit drehte sie sich auf dem Absatz um.
Ich schaute ihr nach, bis ich Lens Blick auf mir spürte.
Ein verschwörerisches Grinsen hatte sich auf seinem Gesicht gebildet.
"Lass uns nach Hause gehen." sagte er sanft und hielt mir seine Hand hin.
Die Tatsache, dass er uns und nach Hause gesagt hatte, genauso, dass er mir seine Hand anbot, ließ mein Herz um einiges schneller schlagen und ein warmes Gefühl breitete sich in mir aus.
Zögernd betrachtete ich die schlanken Finger, bevor ich einen Schritt auf ihn zu machte und unsere Hände ineinander verschränkte.
"Ja," lächelte ich "nach Hause."
◆◇◆◇◆◇◆◇◆◇◆
Helles Licht blendete mich, als ich die Augen aufschlug.
Für einen kurzen Moment war alles wie immer. Ich würde gleich runtergehen, Frühstück machen und mit Len zusammen essen, bevor wir uns auf den Weg zum Unterricht machten.
Ich schaute hinüber zu meinem Wecker, der neben mir auf dem kleinen Nachttisch stand.
13:39
Okay, ich hatte noch.... moment!
Ich schaute noch einmal nach, doch die Zahlen blieb unverändert.
Das kann doch nicht sein.
Aber dann fiel mir alles wieder ein: Unser überstürzter Aufbruch, die silberne Spur, Blondi und ich in einem Team, der Kampf mit dem Werwolf, der Pub, Eisauge, Ruby und letztendlich Tyler, der, woher auch immer wusste, wo wir uns befanden.
Na ja, und der Kuss.
Bei dem Gedanken wurde mir ganz heiß.
Hektisch schlug ich die Decke zurück und schwang die Beine über die Bettkante.
Ein lautes Knacken ertönte und ich ächzte auf.
Mit steifen Gliedern zog ich mich am Bettgestell nach oben.
Ich war im Morgengrauen regelrecht ins Bett gefallen. Die Zeit reichte nicht einmal für eine Dusche. Ich hatte nur meine Hose ausgezogen und kaum, dass mein Kopf das Kissen berührte, war ich auch schon wie weggetreten.
Ich bückte mich, um den blauen Jeanshaufen am Fußende des Bettes aufzuheben.
Gefühlte zwanzig Wirbel knackten bei dieser Aktion und ich kam mir vor wie eine altersschwache Frau.
Mit zusammengebissenen Zähnen schleppte ich mich zu meiner Kommode und zog wahllos irgendwelche Kleidungsstücke hervor, bevor ich mich ins Bad begab.
Das Mädchen im Spiegel hatte keinerlei Ähnlichkeiten mit dem, das ich nach meiner Verwandlung gesehen hatte.
Die karamellfarbenen Haare hingen fettig und schlaff herunter, die Augen saßen tief in den Höhlen, während die Iris in einem dunklen Türkis matt schimmerte.
Die Bräune des Sommers war schon längst verflogen und ließ mich durch das grelle Licht an der Decke gespenstisch fahl erscheinen. Meine Lippen waren eingerissen und die Haut spannte sie gefährlich über meinen Wangenknochen.
Alles in einem: Ich sah absolut hinreißend aus.
Ich schnitt dem Gesicht im Spiegel eine Grimasse, was es natürlich sofort erwiderte, und wandte mich ab.
Vorsichtig schälte ich mich aus meinen verbliebenen Sachen und stieg in die Dusche.
Ich entdeckte Blutergüsse und Schrammen an Beinen und Armen, während ich mich fragte, wie Len wohl aussah. Er hatte ja viel mehr abgekriegt als ich.
Der warme Wasserstrahl riss mich aus meinen Gedanken. Langsam rann das Wasser über meine versteiften Muskeln und löste sie mit der Zeit.
Ich seufzte erleichtert.
Nachdem ich Schweiß und Dreck von mir gespült hatte, schäumte ich die Haare ein. Der Duft meines Apfelshampoos hing in der Luft und zauberte mir ein leises Lächeln auf's Gesicht.
Deutlich besser gelaunt stieg ich aus der Dusche, trocknete mich ab und hüllte mich in einen dunkelblauen Pullover und eine weite Jogginghose.
Barfuß tappte ich zurück in mein Zimmer, zog mir warme Socken über die Füße und schlüpfte in meine Hausschuhe.
Ich lief zu einem der Fenster und linste hinaus. Obwohl es die Mitte des Tages war, hing Nebel über den nassen Baumkronen. Anscheinend hatte es gegen Morgen geregnet.
Ich klappte die Scheibe an und sofort fuhr ein Luftzug in mein Zimmer. Der würzige Geruch von nassen Laubblättern stieg mir in die Nase und ließ mich für einen Moment an zu Hause denken. Im Herbst hatten Mum, Dad und ich immer einen Apfelkuchen aus unseren selbstgeernteten Äpfeln gebacken.
Ich schüttelte den Kopf, um die aufkeimende Erinnerung zu vertreiben.
Ich zog die Bettdecke gerade und machte mich auf den Weg nach unten in die Küche.
Im selben Augenblick, in dem ich meine Zimmertür aufstieß, öffnete sich auch die mir gegenüber.
Len stand mit feuchten Haaren vor mir. Er hatte nahezu bleiche Haut, Schatten unter den Augen und trockene Lippen (keine Ahnung warum ich auf seinen Mund achte). Die Wangenknochen stachen hervor, da er seinen Kiefer zusammenpresste.
Eine Schramme verlief quer über seine linke Wange und ich sah über dem Schlüsselbein, da, wo der graue Pullover, den er trug, verrutscht war, einen bläulichen Bluterguss.
"Hi." sagte er tonlos.
"Hi." erwiderte ich ebenso.
Es folgte eine kurze Stille.
"Wow, sei mir nicht böse, aber" Ich musterte ihn übertrieben beeindruckt "du siehst echt... beschissen aus."
Len schaute mich für ein paar Sekunden nur sprachlos an, bevor er unbekümmert meinte: "Keine Sorge, du bist gerade auch nicht die Schönheit in Person."
Für einen Moment sagte niemand etwas.
In mir blubberte es und ein Kichern brach über meine Lippen. Lens Gesicht verzog sich zu einem Grinsen, bevor wir beide in schallendes Gelächter ausbrachen.
"Das war," japste ich und strich mir eine vorwitzige Haarsträhne hinters Ohr "das war die beste Unterhaltung, die wir je geführt haben."
"Du sagst es." stimmte mir der Alpha schmunzelnd zu und zog seine Zimmertür hinter sich zu.
"Hunger?"
"Aber immer doch." sagte ich und folgte ihm die Treppe hinunter.
"Magst du eine heiße Schokolade?" erkundigte ich mich, als wir ein paar Minuten später die Schränke nach etwas Essbarem durchstöberten.
"Klar, wieso nicht." kam es gedämpft zurück, da Len seinen Kopf in den Kühlschrank streckte. "Wir haben nur noch vier Eier, ein paar Tomaten, eine halbe Packung Speck und in einem der Schränke sind noch zwei Toastscheiben. Ich werde nachher zur Küche rübergehen müssen, um Nachschub zu holen."
Sein Kopf erschien wieder und er sah mich an. Ich nickte.
"Ich komme mit. Am besten wir machen das, wenn wir zu Mrs. Roberts gehen."
Ich merkte, dass Len diese Wir-machen-das-zusammen-Sache immer noch nicht wirklich gefiel, aber er nickte brav.
Es blieben auch nur zwei Varianten: entweder, er ertrug es mit zusammengebissenen Zähnen, oder er diskutierte so lange mit mir, bis er nachgab (sprich: Er würde so oder so verlieren). Ich würde es nämlich nicht tun.
Eigentlich hatte ich diese Mission zu verantworten und ich hatte nicht vor, mich dabei rauszuhalten.
Es tat mir leid, aber Len musste wohl oder übel den Kürzeren ziehen.
Eine Stunde, eine Komödie und zwei volle Bäuche später, saßen wir beide schweigsam auf der Couch und starrten auf den flimmernden Fernseher.
Der Werbeslogan einer Waschmittelwerbung drang aus den Boxen und ich kämpfte damit, meinen hämmernden Herzschlag zu bändigen.
Was war denn auf einmal los?
Ich blinzelte vorsichtig, unter meinen Wimpern durch, hinüber zu Len. Sein Gesicht war ausdruckslos, die Augen blickten ins Leere, sein Körper verkrampft.
"Ist alles in Ordnung?" fragte ich nach.
"Hmm? Was?"
Er wandte den Kopf.
"Ob alles in Ordnung ist?"
"Jaja." haspelte er und erhob sich. "Wollen wir?"
Trotz meiner Skepsis nickte ich und tat es ihm gleich. Ich sammelte Teller und Besteck vom Tisch und stellte es in der Küche in die Spüle. Nach einem kurzen Umweg in mein Zimmer, wo ich meine Jogginghose gegen eine Jeans eintauschte, schlüpfte ich in meine Schuhe und schnappte mir die gefütterte Jacke vom Haken, die seit neustem dort hing. Man merkte, dass allmählich Winter wurde.
Len öffnete die Haustür und ich achtete sorgsam darauf, dass wenigstens einer von uns einen Hausschlüssel an sich nahm.
Dann zog ich die Tür mit einem Ruck hinter mir zu.
_____________________________
Hallo, ihr lieben Menschen da draußen (okay, ich denke, das mit der Anmoderation muss ich noch üben)
Nach Ewigkeiten wieder ein Update, jej ^^'
Ich war nur ständig unterwegs und in Bewegung, wodurch ich wenig Ruhe zum schreiben gefunden habe. Das Kapitel ist daher auch etwas kurz.
Ich hoffe, es hat euch gefallen
Kritik u.ä. ist immer erwünscht
Noch einen schönen Abend
LG Eure Cherry
PS: Leute, wir sind in Fantasy auf Platz 27 gelandet!!! Danke dafür :D
Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro