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Trancengleichheit

Lens POV

Es brauchte einen Moment, bis ich realisierte, dass dieses markerschütternde Geräusch von mir gekommen war. Ich merkte gar nicht, wie ich mich vom Fenstersims abstieß und noch im Flug in den Löwen verwandelte. Erst als meine Tatzen lautlos auf dem kalten Boden aufkamen und ich wütend den Gang herunterstürmen wollte, um dem Typ die Kehle aufzureißen, verstand ich, was ich getan hatte. Meine Reaktion auf die Worte war wie ein Reflex über mich gekommen, vollkommen voreilig und ohne vorher darüber nachzudenken. Und ganz offensichtlich hatte ich damit die Chance verbaut, unser Vorhaben unbemerkt durchzuführen.

„Verdammt, was war das?", hörte ich die dumpfe Stimme des Mannes durch den Korridor schallen, an dessen Ende er mit Nevis bereits angelangt war. 

Scheiße!

Ich zog den Kopf ein und beeilte mich, vom Eingang des Korridors wegzutreten, vor dem ich glücklicherweise noch zum Stehen gekommen war. Ich musste mich schnellstmöglich aus dem Sichtfeld bringen.

„I-ich weiß nicht.", stotterte der Austauschschüler und ich wunderte mich plötzlich, dass er seine stets vorherrschende Ruhe verlor. War er nicht sonst immer so gut im Lügen?

„S-sicher, dass alle von den Biestern tot sind?", fragte er kleinlaut und augenblicklich sträubte sich mir bei diesem Tonfall das Fell. Allerdings nicht aus Angst, sondern vielmehr aus stiller Anerkennung und der mitschwingenden Aussicht, dass dies wirklich funktionieren könnte.

Natürlich, eine Ablenkung!

Erleichterung erfasste meinen Körper. Noch besser als lügen, konnte er wohl improvisieren.

Mein Argwohn bringt mich irgendwann noch um. Ich sollte wirklich anfangen, in Nevis etwas mehr, als nur einen potenziellen Verräter zu sehen.

„Ja, zu neunundneunzig Prozent" Das Misstrauen in der Stimme des Mannes war kaum zu überhören. „Obwohl ich vor ein paar Stunden eines der Viecher in den Käfigen nahe des Ganges hier habe zucken sehen. Also vielleicht so um die neunundachtzig?"

Er gab diese Antwort als Frage aus und ich vernahm ein ausgezeichnet geschauspielertes Wimmern von Nevis. Der Typ hatte echt was drauf, das muss man ihm lassen. Er boxte uns wirklich hervorragend aus dieser heiklen Situation heraus, die ganz und gar meine Schuld war.

Er steckte voll ungeahnter Qualitäten.

Während ich mit diesen stummen Lobpreisungen beschäftigt war, versuchte ich das schlechte Gewissen zu ignorieren, welches in meiner Magengrube nagte. Ich wusste ganz genau, dass es meiner eigenen Sturheit zu verdanken war, dass er sich meine Anerkennung durch solche Taten regelrecht erkämpfen musste. Doch mir war es so lieber, als unvoreingenommen einem völlig Fremden zu vertrauen (auch wenn Sarina das ein wenig differenzierter sah als ich).

Wenigstens war allerspätestens jetzt zu diesem Zeitpunkt klar, dass er mich deckte und ich würde dasselbe zurückgeben.

Lautlos wagte ich mich nun also wieder in den Gang vor.

Wenn meine Mutter hier noch irgendwo war, musste ich sie bald finden und in Sicherheit bringen. Wie genau ich das jedoch anstellen sollte, war mir noch ein Rätsel.

Deswegen beschwor ich erneut den Raben herauf. Die Verwandlung verlief reibungslos, sodass ich mich sanft vom Boden abstoßen konnte, um leise den dunklen Korridor hinunter zu schweben, an dessen Ende mich steriles, weißes Licht erwartete. Gedämpfte, tiefe Stimmen waren in der Ferne zu hören und ich bereitete mich auf das Schlimmste vor. Der Mann hatte vorhin zwei Namen erwähnt, deren Träger sich anscheinend mit meiner Mutter befassten, doch das hieß nicht, dass sie die einzigen hier waren.

Mit etwas Pech mussten wir kämpfen, bevor auch nur der Hauch einer Chance bestünde, sich dem Serum unbeobachtet zu nähern, um es auszutauschen. Bei dem Gedanken überkam mich ein unwohles Gefühl und ich bemühte mich, schneller zu fliegen.

Doch nur ein paar Augenblicke später, ich war fast am Ende angelangt, fuhr eine verdutzte Stimme auf.

„Hey, was ist das in deinem Rucksack?"

Das Blut gefror mir in den Adern. Jemand hatte unseren Rucksack geöffnet, den Nevis über der Schulter trug. Hatte er ihn nachlässigerweise abgesetzt?

Es war kurz still, bevor Nevis' lässige Stimme ertönte:

„Oh- Das? Das geht dich nichts an."

Ein Klatschen von Haut auf Haut, ein überraschtes Stöhnen und ein dumpfes Geräusch, als ein schwerer Körper zu Boden fiel.

Ich schoss aus dem Gang hervor, direkt in das blendende Licht.

Das Erste, was ich erblickte, war der Körper des Mannes auf dem Boden und Nevis mit einer ausgestreckten Hand neben ihm.

„Hm, dieser Schlag ist wirklich effektiv. Kein Wunder, dass ich dadurch mein Gedächtnis verloren habe." , sagte er mehr zu sich selbst und zuckte dann mit den Schultern. Ich hatte mich in meinem Leben noch nie so schnell zurückverwandelt wie in diesem Augenblick.

„Bist du verrückt?", zischte ich panisch und richtete mich auf. „Du kannst ihn doch nicht einfach k.o. schlagen!"

Mein Blick scannte hastig die Umgebung.

„Was ist mit den anderen? Ich habe doch noch andere Stimmen gehört!"

„Die sind im Lagerraum nebenan." Nevis bückte sich und umfasste die haarigen Beine des Mannes. „Um das in Flaschen abgefüllte Serum zu holen. Hilfst du mir mal?"

Er verdrehte die Augen und ich eilte an seine Seite.

„Wohin mit ihm?"

„Dahinten ist ein Vorhang. Wir schaffen ihn darüber und ziehen den Stoff davor."

„Sehr unauffällig.", brummte ich.

„Hast du eine bessere Idee?", kam es gereizt zurück, doch mir blieb nichts Anderes übrig, als nur eine undeutliche Antwort zu murmeln.

Halb tragend, halb schleifend bugsierten wir den schweren Mann in die rechte vordere Ecke des Raums, die sich als eine Art Dusche herausstellte. Der Boden war gefliest und ein Vorhang trennte die Ecke von neugierigen Blicken. Ich wusste nicht, ob es wirklich eine Dusche war oder doch etwas vollkommen anderes, als ich die verkrusteten Blutspuren auf dem Boden entdeckte. An der Wand hingen dieselben eisernen Ketten, die ich schon in den notdürftigen Räumen auf der Laborhälfte der Halle entdeckt hatte.

„Gib mir seine Handgelenke. Wir können ihn hier anketten."

Nevis rückte näher und hielt die Arme des Mannes so hoch, dass sich das Metall um seine Gelenke schließen konnte. „Das wird ihn hoffentlich für eine kurze Zeit aufhalten, wenn er aufwacht."

„Definiere kurz." Der Austauschschüler wischte mit einem angeekelten Gesichtsausdruck die Hände an seinem eigenen Pullover ab.

„Kann ich nicht. Es bleibt nur zu hoffen, dass er, wenn er versuchen sollte uns nachzukommen, bei seinem Vorhaben ausreichend lang aufgehalten wird, dass es uns einen Vorteil verschafft."

„Unser Plan ist aber ganz schön viel auf Hoffnungen aufgebaut."

„Was du nicht sagst.", brummte ich.

Mein Blick wanderte durch den Raum. Er sah nicht so improvisiert aus wie die Labore in der Halle, was mich schließen ließ, dass dies hier einst das ursprüngliche Labor der Fabrik gewesen war. Lange weiße Tische waren in der Mitte und an den Wänden des Raums aufgestellt. Darauf alle möglichen Utensilien, die ich auch aus dem Labor der Akademie kannte, wie Mikroskope, Erlenmeyerkolben, Bechergläser, Pipetten, Reagenzgläser und sogar ein paar Zentrifugen. Hier und da hingen auch noch ein paar verschrumpelte, blaue Handschuhe auf den verstaubten Tischplatten oder den umgekippten Hockern.

Verschlossene Regale, die sich über die gesamte rechte Seite des Raumes an der Wand entlangzogen, beherbergten neben durchsichtigen Behältern mit denselben bräunlichen Substanzen wie in den Laboren zuvor, jedoch ohne den besorgniserregenden Inhalt darin, hinter ihren Scheiben außerdem noch eine ganze Reihe an neumodischen Pillen und Tabletten. Diese wiederum standen dicht neben beschrifteten, bauchigen Glasflaschen mit getrockneten (oder vertrockneten) Kräutern, Pilzen, Blütenknospen- und Blättern und Behältern mit feinem verschiedenfarbigen Pulver und glatt geschliffenen Steinen, die wohl einst nach Farbe und Größe sortiert, doch heute nur noch wahllos zuammengemischt waren. Das dazugehörige Werkzeug, oder eher das, was davon übriggeblieben war, wie Mörser und Stößel, verrostete Waagschalen und halb zerbrochene Teller, war hingegen in einer seperaten, aufgebrochenen Vitrine zu finden. Dabei schien hier einiges zu fehlen. 

Nachdem ich alles eindrücklich betrachtet hatte, fiel mir auf, dass vor allem die gesamte technische Ausstattung schon ziemlich mitgenommen und veraltet aussah. Vermutlich war außer der Vitrine für das Hilfszubehör nichts hiervon seit der Schließung der Fabrik auch nur berührt worden.

Das Serum herzustellen, war wohl auch auf die alte Art ohne menschliches Zutun erfolgreich gelungen. Das einzige, was sich wohl hier als praktisch erwiesen hatte, war die große Halle als Quartier für ihre Testobjekte und der Lagerraum für die Unmengen an Serum, das die beiden Männer, auf die ich noch keinen Blick hatte werfen können, gerade holten.

„Wie lautet der Plan eigentlich?", fragte mich Nevis, der meinen Gang durch das alte Labor mit unruhigen Augen verfolgt hatte.

„Irgendwie an die Flaschen herankommen, das Zeug wegkippen und mit unserer Variante ersetzen."

„Und was machen wir mit den beiden anderen? Sie müssen mir beim Tragen helfen. Ich kann da nicht allein aufkreuzen."

Dann fügte er noch hinzu: „Wo auch immer da ist. Ich habe ihr Lager noch gar nicht gesehen. Das letzte Mal habe ich mich nur mit einem Boten nahe Lutumy getroffen."

„Okay, ganz ruhig. Wir haben das doch überdacht, oder? Wie war denn der genaue Plan dazu?"

„Keine Ahnung, wir haben keinen.", antwortete Nevis und riss plötzlich seine Augen auf, als ihm die Bedeutung dieser Worte langsam ins Bewusstsein sickerte. „Die Details haben wir irgendwie nicht richtig bedacht."

Ich hielt in meiner Bewegung inne.

Er hatte recht.

Für mich hieß es immer nur: das Serum austauschen und zurück an die Front, während Nevis das Gegenmittel zu den Hybriden liefern würde.

Wie dieser Austausch jedoch unbehelligt stattfinden sollte, ohne die Aufmerksamkeit der Begleitpersonen zu erwecken, darüber hatten wir nie wirklich nachgedacht.

Panik stieg in mir auf.

Die Zeit rannte uns davon und wir wussten weder, was der Plan war, noch wie wir ihn umsetzen sollten.

Meine Mutter war auch noch hier irgendwo. Um sie musste ich mich auch noch kümmern.

„Der Austausch muss hier stattfinden. Sobald wir uns auf den Weg machen, haben wir keine Gelegenheit mehr, ihn, ohne dabei Aufmerksamkeit zu erregen, durchzuführen.", überlegte Nevis laut. „Einer von drei ist bereits ausgeschaltet. Bleiben zwei."

„Bist du sicher? Hat der Typ gesagt, dass sie hier allein sind?", hakte ich nach.

„Ja, ich habe ihn gefragt, als du damit beschäftigt warst, dich nach deinem unheimlich auffälligen Gebrüll, wieder unauffällig zu verhalten." Er warf mir einen bösen Blick zu und ich hob nur abwehrend die Hände.

„Es tut mir ja leid. Danke, dass du das so gut geregelt hast. Deine Schauspielkünste sind wirklich herausragend."

„Das klang sehr sarkastisch."

„War es aber nicht." Ich blinzelte langsam und konnte mir selbst kaum glauben. Aber ich meinte es wirklich so.

Nevis seufzte.

„Na gut. Glücklicherweise hat er das ja den halbtoten Hybriden in ihren Käfigen zugeschoben."

Ich lächelte gequält.

„Es tut mir leid."

„Ja, mir auch. Diese armen Dinger. Ich hatte schon Angst, ich würde jemandem aus meinem ehemaligen Rudel erkennen." Er schüttelte den Kopf und schien mit Absicht nicht auf meine Entschuldigung eingehen zu wollen. Stattdessen wurden seine Augen mit einem Mal ganz glasig. Er schien in einer Erinnerung zu schwelgen.

„Es war gruselig, sie so zu erleben. Ferngesteuert und vollkommen wehrlos wie Marionetten . . ." Seine Stimme wurde ganz dünn, bis er schließlich ganz verstummte. Ich horchte jedoch interessiert auf.

Ferngesteuert? Willenlos?

Das erinnerte mich an etwas.

Mit einem Mal durchflutete eine Welle Adrenalin meinen Körper und ich drehte mich ruckartig zu Nevis herum. Ein Plan nahm langsam, aber sicher in meinem Kopf Gestalt an. Wenn ich mich auf mich und die Ausbildung in der Akademie verlassen konnte, so bestand vielleicht die Chance, den Spieß einfach umzudrehen.

„Ich habe eine Idee. Aber dabei brauche ich deine Hilfe."

◆◇◆◇◆◇◆◇◆◇◆

"So Junge, hier ist die erste Ladung der Prachtstücke.", ertönte das Grollen einer tiefen Stimme fünf Minuten später. Ein riesiger Rollwagen wurde in den Raum geschoben, auf dem sich dutzende Gefäße aneinanderreihten, die erstaunliche Ähnlichkeit zu herkömmlichen Flachmannflaschen aufwiesen. Der Mann, der diesen Wagen bewegte, war hinter dem sperrigen Gefährt kaum zu sehen, da es eine beachtliche Größe besaß und ihn somit verdeckte.

Ich beobachtete das Geschehen währenddessen wieder in Rabengestalt von einem der Schränke aus. Die Anzahl der Flaschen ließ sich nur grob schätzen, aber ich ging von etwa dreißig Flaschen pro Etage aus. Insgesamt würde das rund hundertzwanzig Flaschen pro Wagen ausmachen und Nevis zufolge gab es drei davon. Es würde im Endeffekt bedeuten, dass mindestens zwei Drittel der Wervampire eine neue Flasche bekommen würden, was, wenn alles gutliefe, ein enormer Vorteil für uns bedeutete (falls es uns wirklich gelingen sollte, all diese Flaschen innerhalb kürzester Zeit auch neu zu befüllen).

Der Fremde war mittlerweile hinter dem Wagen hervorgetreten und es überraschte mich nicht, dass er ähnlich aussah wie der Mann, der Nevis empfangen hatte. Riesig, muskelbepackt, haarig, bärtig und nach Blut, Schweiß und einem unnatürlich säuerlichen Geruch stinkend. Seine gelben Augen waren blutunterlaufen und blickten müde in Nevis' Richtung, ohne ihn jedoch dabei richtig anzusehen. Ich wollte gar nicht wissen, wie viel von seinem eigentlichen Wesen noch übriggeblieben war.

"Es gab ein paar Probleme im Lagerraum.", fuhr er mit monotoner Stimme fort. "Die kleine Blonde hat Willas und mich ganz schön auf Trapp gehalten. Wir sind deswegen ein wenig im Verzug mit dem Serum. Du musst uns helfen, das Serum in die Flaschen zu gießen."

Beinahe wäre mir ein überraschter Laut entwichen.

Meinte es das Schicksal wirklich gut mit uns? So viel Glück konnte man doch gar nicht haben! Es könnte uns enorm Zeit sparen, wenn wir nicht erst alle Flaschen entleeren müssten, bevor wir sie mit unserem Trank füllen.

"Wo ist denn Gareth hin?" Ein weiterer Wagen erschien hinter dem ersten Typen, der wohl dann Ronnet war. Im Gegensatz zu den beiden anderen war er ein wenig kleiner. Sein Körper war dünn und schlaksig, die Arme und Beine schienen viel zu lang für seinen Rumpf. Die blasse Haut wirkte in dem sterilen Licht des Raums ungesund gräulich und als er aufgrund der Helligkeit sein Gesicht verzog, bildeten sich tiefe Falten, die seinem eigentlich jungen Auftreten Lügen straften.

"Ach, der ist kurz raus auf den Hof. Autos überprüfen oder so.", antwortete Nevis auf Willas' Frage hin und ich warf kurz einen Blick hinüber zum nun zugezogenen Vorhang. Hoffentlich blieb Gareth solange bewusstlos, dass wir ungestört unsere Arbeit machen konnten.

"Na gut, dann hole ich jetzt noch den letzten Wagen und Ronnet, du kannst schon mal den Kessel aus dem hinteren Labor holen. Die Kleine lässt du einfach da. Die kann meinetwegen dort verrotten.", er spuckte die letzten Worte regelrecht aus und obwohl er physikalisch gesehen von den dreien am unbedrohlichsten wirkte, hatte ich am meisten Respekt vor ihm. Seine Augen waren ungewöhnlich klar und wachsam, als er sich auf dem Weg zurück in den Lagerraum noch einmal umdrehte, um den Raum gründlich zu scannen. Instinktiv duckte ich mich tiefer und versuchte so gut es ging, mit den Schatten zu verschmelzen, die sich glücklicherweise in der Nische zwischen Schrank und Decke bildeten.

Seinen Geist zu vernebeln würde eine größere Herausforderung werden.

Es dauerte nicht allzu lang, bis der dritte und somit auch der letzte Wagen von Willas in den Raum geschoben wurde. Auf diesem war sogar nur die Hälfte der Etagen mit Flaschen vollgestellt, was mir Sorgen bereitete. Bedeutete das, dass einige Hybriden schon über das Serum verfügten? Oder war ihnen einfach nur der Trank ausgegangen?

Wenn ich darüber nachdachte, wussten wir nicht mit SIcherheit, aus wieviel Mann die Armee der Vampirin letztendlich bestehen würde. Sarina zufolge waren es jedoch einige Dutzend mehr als unsere Soldaten. Nevis schien denselben Gedanken gehabt zu haben.

"Was ist mit dem Rest?", fragte er eher nebensächlich, während er den letzten Wagen inspizierte. "Reichen die hier alle für die Nacht?"
"Es gab gestern noch eine Auslese.", grinste der Dünne hämisch. "Die, die den Einführungstest nicht bestanden haben, wurden gestern verbrannt."

"Was für ein Test?"

Willas erzählte ihm von dem Ritual, was Sarina damals gesehen hatte, als sie in Nevis' Kopf nach Hinweisen gesucht hatte. Er schien sich im Laufe des Berichts auch daran zu erinnern und wurde noch blasser, als er ohnehin schon war.

"Und das heißt, jede Flasche hier repräsentiert nun einen Krieger?", hakte Nevis noch einmal schwach nach.

"Oh nein!" Sein Gesprächspartner lachte auf, wobei das verfranste Haar ihm in sein zerfurchtes Gesicht fiel. "Zwei Köpfe, eine Flasche. Wir teilen natürlich. Nach gestern sind wir noch knapp sechshundertzwanzig Mann. Aber das sollte trotzdem reichen. Einige, die nur noch am Leben sind, weil sie die gestrige Drecksarbeit übernommen haben, werden ohnehin nicht lange durchhalten. Wir verfügen um einen robusten Stamm von etwa fünfhundertdreißig Leuten."

Ein gewisser Stolz leuchtete in seinen Augen auf.

"Du solltest sie sehen. Killermaschinen, die ohne Widerspruch gehorchen. Miss Akaya hat ganze Arbeit geleistet."

Mir ging langsam auf, dass dieser Willas hier weder Hybrid noch ein Werwolf war. Die bleiche Haut, die viel zu langen Glieder und unnatürlich langen, klauenartigen Finger, das junge Gesicht, das jedoch bei der kleinsten Bewegung viel zu alt wirkte und so das darunterliegende, wahre Wesen des Mannes offenlegte . . . Er war ein Halbvampir.

Wahrscheinlich ein missglücktes Experiment der Vampirin. Normalerweise überlebte man eine natürliche Verwandlung nicht als Halbwesen. Sie musste wohl mit dem Toxin herumexperimentiert haben, bevor sie es ihm injeziert hatte. Anders konnte ich mir sein ungewöhnliches Auftreten nicht erklären.

In einer Unterrichtsstunde mit Sylvia hatten wir uns einmal mit Traditionen der Vampirclans beschäftigt. Oft verfügten Oberhäupter über halbblütige Handlanger, weil diese nie gefährlich für sie werden konnten, da sie nicht die Fähigkeiten eines richtigen Vampirs besaßen, doch trotzdem loyal, treu und unterwürfig gegenüber ihrem Herrn waren.

Ich vermutete stark, dass Akaya Willas als Aufseher hier zurückgelassen hatte, um sicherzustellen, dass alles nach Plan und nach rechten Dingen laufen würde. Da hatte sie nur nicht mit uns gerechnet.

In diesem Augenblick erschien Ronnet in der Tür. Seine Hände umfassten einen schwarzen, rauchenden Kessel, der sogar in diesem schon recht antiquarischen Raum sehr altmodisch wirkte.

Es konnte losgehen. Ich wartete noch, bis der Kessel sicher auf einem der Tische abgestellt wurde, ehe ich mich leise vom Regal gleiten ließ.

"Also los, Erbe. Ran an die Arbeit.", grinste Willas und rieb sich vorfreudig die trockenen Hände, sodass ein unangenehm nach Papier klingendes Rascheln entstand.

Beide Männer standen mit dem Rücken zu mir und ich nutzte die Gunst der Stunde, um mich lautlos zurückzuverwandeln. Ich brauchte meine menschliche Form, um unser Vorhaben in die Tat umzusetzen.

"Hier, Handschuhe." Nevis wurde ein Paar der alten, blauen Gummihandschuhe zugeworfen, die überall verstreut im Labor herumlagen. "Wehe, du verseuchst uns unser Mittel zum Sieg."

Noch immer aus ihrem Sichtfeld, versuchte ich ihr angeberisches Gebrabbel auszublenden und konzentrierte mich ganz auf meinen Körper.

Die Bereiche unter meinen Schlüsselbeinen erfasste eine altbekannte Wärme, die sich immer weiter in meinem Oberkörper ausbreitete, bis sie sich über meinem Brustbein zu einem Gefühl heißer, prickelnder Energie ballte. Geübt entließ ich sie nach und nach in meinen Körper, um sicherzugehen, dass jeder Teil von mir in dem Prozess involviert war. Ungewollte Energieausbrüche könnten nämlich rapide Folgen haben und nicht nur unserem Plan, sondern auch meiner eigenen Gesundheit schaden. Mit dem Geist Anderer zu spielen, egal, ob sie nun mein Feind waren oder nicht, war viel zu gefährlich, als dass ich ein Risiko eingehen wollte.

Vorsichtig, um nicht meine Anwesenheit als Alpha preiszugeben, durchfluteten kleine Wellen der Macht prüfend meine Adern, bis das gewaltige Prickeln all meine Gliedmaßen erreicht hatte. Als sich nichts an der Verteilung änderte, war dies für mich das Zeichen, die Schleuse des Energieballs weiter zu öffnen, und ich war froh, dass die Männer bereits zu sehr mit dem Befüllen der ersten Flaschen beschäftigt waren. Sonst hätten sie sofort bemerkt, dass das Autoritätsverhältnis im Raum plötzlich gekippt war. 

Meine Macht strömte nun mit solch einer Kraft durch meinen Körper, dass ich am liebsten geknurrt hätte, doch ich hielt sie verbissen unter Verschluss. Sylvias Worte aus den Unterrichtseinheiten hallten so klar in meinem Kopf, als stünde sie direkt neben mir. Ich musste warten, bis das Glühen so stark war, dass es sich fast von selbst aus meinem Bewusstsein und meiner Kontrolle drängte. Dann, und erst dann, hatte ich alles Notwendige, was ich für eine Besitznahme fremder Intellekten benötigte. Also hielt ich dagegen, versuchte mit jeder Welle einen Atemzug zu tun, um die Kontrolle über meinen eigenen Körper beizubehalten.

Dann war es soweit.

Nach einigen endlosen Zehntelsekunden spürte ich, wie sich meine Sinne ausbreiteten. Wie lange hauchdünne, unsichtbare Fäden griffen sie in die Umgebung. Es war, als würden sie jeden Bestandteil der Luft, jeden auch noch so kleinen Staubpartikel, jedes Atom in ihren Besitz nehmen wollen, nur um über ihn hinwegzurollen und als Sprungbrett zu nutzen, um sich den nächsten anzueignen. Ich erlaubte ihnen dieses Verlangen und der heiße Druck um meine Brust verringerte sich.

Während sich meine Macht durch den Raum zielstrebig auf die beiden Männer zubewegte, tastete ich jeweils nach ihrem Geist. Ronnet, der Hybrid, war wie ich es vermutet hatte: einfältig, begriffsstutzig und naiv. Sein Geist hatte die natürliche Schutzbarriere, die jeder Mensch in unterschiedlich starken Ausprägungen bereits nach den ersten drei bis vier Lebensjahren bildete, gänzlich heruntergefahren. Seine Gedanken, Gefühle, Sehnsüchte und Ängste waren für mich so einfach zu lesen, wie ein aufgeschlagenes Buch. Über ihnen hing nur ein gräulicher Schleier vom Trank der Vampirin, den er wohl in regelmäßigen Abständen verabreicht bekam. Mit ihm würde ich keine Schwierigkeiten bekommen.

Ein wenig anders sah es da bei Willas aus.

Seine mentale Barriere war zwar fast genauso leicht zu durchbrechen wie Ronnets, aber in seinem Kopf herrschte ein wirres Treiben. Ich spürte einen unheimlichen Scharfsinn in seinen Gedanken. Er war klug und raffiniert, wusste genau, wie die Befehle seiner Herrin, in seinen Augen eher ehrwürdige Aufgaben, lauteten und was er tun musste, um sie zu erreichen. Die Schwierigkeit bei ihm bestand vielmehr darin, herauszufinden, wo ich mit meiner betäubenden Kontrolle am besten bei ihm andocken konnte. Es wäre vermutlich hilfreich, nach dem menschlichen Teil seines Geistes zu suchen, da dieser meist am ungeschütztesten war. Immerhin war er nur halb Mensch, halb Vampir. Wenn nicht sogar nur ein Viertel Vampir. Da blieb eine Menge übrig, was ich für meine Spielchen nutzen konnte.

Ich forschte also weiter und als ich im hinteren Teil seines Bewusstseins eine dunkle Ecke vermachte, fühlte ich mich schon fast euphorisch. Doch je weiter ich mich ihr näherte, desto bekannter wurde das Gefühl, das sich mir in den Weg stellte. Was war plötzlich los?

Hatte er bemerkt, dass ich in seinen Kopf eingedrungen war?

Prüfend schnellte mein Blick zu dem Mann, der immer noch emsig seine zweite Flasche füllte. Aber er schien nichts zu bemerken.

Was zur- ?

Die erste Welle traf sie von hinten.

Ich hatte bei beiden gefunden, was ich gesucht hatte und genau an der Stelle angesetzt, wo sie am verwundbarsten waren. Mit einem unruhigen Blick auf Willas, trat ich einen Schritt näher. Was ich in seinem Geist gesehen hatte, war für mich so unvorstellbar, dass ich nicht anders konnte.

Vielleicht würde uns das einige Geschehnisse der letzten Monate erklären.

Doch im Moment blieb mir keine Zeit, um weiter darüber nachzudenken, denn Ronnet und Willas hatten beide mit ihrer Arbeit aufgehört und Nevis warf mir einen Blick zu.

Ich nickte langsam und er trat einen Schritt zurück.

"Guten Abend, meine Herren.", raunte ich leise. Meine Stimme war dabei so schmeichelnd und sanft, dass sich beide wie von selbst schwerfällig zu mir umdrehten. Eine zarte Ranke aus Energie streifte daraufhin wie zur Belohnung zärtlich ihre Gesichter, fuhr an den Wangen hoch über die Stirn, durch die Haare hinunter bis zu ihren Nacken. Ich forderte einen weiteren Stoß und das Band wurde breiter, legte sich wie ein Tuch über ihre Köpfte und drang letztendlich jeweils in ihr Bewusstsein ein.

"Wie ich sehe, treffen Sie bedeutsame Vorbereitungen." Ich hob eine Augenbraue und achtete bei dem folgenden, anerkennenden Lächeln darauf, nicht meine Zähne zu zeigen.

"Wer- . . . sind  . . . S-Sie?" Es fiel Willas schwer, einen anständigen Satz zu bilden. Sein Partner hingegen konnte mich nur noch dümmlich anstarren.

"Ach, wer ich bin und wie ich heiße ist im Gegensatz zu Ihrem Vorhaben so unbedeutend, dass es Sie nur langweilen würde.", erwiderte ich und fing seinen Blick mit glühenden Augen auf. Nebenher sandte ich vorsichtshalber noch eine dritte Machtwelle Richtung Ronnet, der eigentlich jetzt schon so gut wie erledigt war. Aber ich wollte sichergehen, dass ich nichts übersah.

Der Hybrid stieß ein wohliges Seufzen aus. Sein Geist klappte so schnell zusammen wie ein Kartenhaus, das von einem Windstoß erfasst wurde, und nun suhlte er sich in der Wärme, die nicht nur sein Bewusstsein, sondern auch das Unbewusstsein fest umschloss. Eigentlich viel zu fest, hätte er es hinterfragt. Doch der einfältige Wervampir hatte anscheinend nichts daran auszusetzen, gänzliche Kontrolle über sein Handeln und Sein einem Fremden zu überlassen.

"Wie ich höre, haben Sie heute Nacht viel vor.", säuselte ich und trat noch einen Schritt nach vorn auf Willas zu. Normalerweise wäre er zurückgewichen, doch ich hatte den Abschnitt, der in seinem Gehirn für die Motorik zuständig war, mit meinen unsichtbaren Ranken blockiert.

"Sagen Sie, wollen Sie das wirklich jetzt noch erledigen?" Meine Stimme war ein einziger weicher Strom von Liebkosungen, der sich um die Hörorgane des Halbwesens legte und ihn somit in meinen unausweichlichen Bann zog.

"I-ich . . . ich muss . . ." Wie ein Fisch bewegte er dümmlich den Mund auf und zu, schnappte nach Luft, während er versuchte, sich aus meiner mentalen Umklammerung zu lösen, um seinen Körper wieder kontrollieren zu können. "Die- . . . Herrin hat . . . Befehle."

"Aah" Der Vokal vibrierte tief in meiner Brust und ich bereitete meine Stimme auf den Doppelklang vor. Wenn ich mich vorhin nicht getäuscht hatte, konnte dies der entscheidende Punkt sein, der mir mit ihm den Durchbruch ermöglichte. Denn dann blieb ihm keine andere Wahl mehr, als mir zu gehorchen. Selbst ohne den ganzen Tranceakt.

 "Weißt du was, Willas?" Ein charmantes Lächeln spielte um meine Mundwinkel. "Ich habe eine viel bessere Idee für dich. Warum hilfst du mir nicht erst, bevor du zurück zu deiner Herrin gehst, um ihr weiter so ehrwürdig und aufrichtig zu dienen, wie du es schon seit Monaten tust?"

Eine weitere Welle der Macht brach über ihm ein, doch diesmal von einer anderen Art.

"Deinen Alpha würde es so unheimlich freuen, wenn du ihm deine kostbare Zeit schenken würdest."

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Heyho Leute,

ich wünsche euch einen wunderschönen Abend mit diesem neuen Kapitel! Ratet mal, wer schon wieder ihren Schreibplan erweitert hat . . . ME!

Ich frage mich immer, ob es euch lieber wäre, wenn ich immer ganz lange Kapitel posten würde (Durchschnitt 8.500+ Wörter) oder eher kürzere (Durchschnitt 3.500/ 4.000 Wörter)

Aktuell hatte ich für diesen Handlungsstrang hier (also Lens Sicht) nur ein einziges Kapitel eingeplant, doch letztendlich hatte ich so viel Input, dass man wahrscheinlich dabei das Gesamtgeschehen aus den Augen verloren hätte. Jetzt werden es deswegen 3. Mir stellt sich halt immer die Frage, ob euch das stört oder eigentlich relativ egal ist?

Anyway.

Was haltet ihr von dem Kapitel?

Endlich gibt es mal einen nähere Beschreibung zu Lens Fähigkeiten. Ich habe dazu lang überlegen müssen, wie ich mir seine Gabe eigentlich vorstelle und dann ein wenig an Sarinas denken müssen. Sie kann ja auch in den Kopf eindringen, sieht die Dinge dort jedoch auf eine ganz andere Weise. Lens Spezialität war ja schon immer das Beeinflussen von Gefühle gewesen (was natürlich jeder von euch bereits weiß). Deswegen spielt das so ein bisschen damit rein.

Nevis. Len scheint ihm wohl nun besser gesinnt. Was haltet ihr davon?

Der Plan. Denkt ihr, die beiden werden es schaffen, alles rechtzeitig zu erledigen? Da wurde ja ziemlich schnell improvisiert ;)

Ansonsten sind konstruktive Kritik, Meinungen, Wünsche und Verbesserungsvorschläge etc. immer willkommen! 

Bleibt gesund,

Eure Cherry <3

PS: Ich kann schon mit Freuden ankündigen, dass das nächste Kapitel sehr bald kommen wird. Die Hälfte ist schon fertig ;)

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