Eine Katze bricht bei mir ein
Schweiß tropfte mir von der Stirn als ich mich dazu antrieb, kräftiger in die Pedale zu treten. Meine Beine schmerzten und mal wieder stellte ich mir die Frage, warum ich eigentlich immer mit dem Fahrrad zur Schule kam, wobei doch die dunkelgraue, alte Daisy in der Garage parkte und nur darauf wartete, von mir in den Sonnenschein gefahren zu werden.
Aber nein, Sarina musste natürlich unbedingt etwas für ihre sportliche Kondition tun.
Neben mir auf der Straße überholte mich ein rotes Cabrio, dessen Fahrer mir ein hämisches Grinsen zuwarf, auf's Gas trat und mich hustend in einer Staubwolke zurückließ.
So ein Angeber!
Ich biss die Zähne zusammen und bog endlich in meine Straße ein.
Plötzliche Stille umgab mich und ich hörte nur noch leise die fernen Motoren der Autos auf der Hauptstraße.
Ich seufzte erleichtert.
Links und rechts von mir standen jetzt die Grundstücke der reicheren Leute.
Gepflegte Vorgärten, in denen es von fein geschnittenen Hecken, Steinstatuen, Rosensträucher und symmetrisch angelegten Blumenbeeten nur so wimmelte. Ich habe mich nie wirklich als reich bezeichnet. Warum auch? Man erntet sowieso nur Neid und wenn einmal erst herauskam, dass ich mit meinen Eltern in einer Villa lebte, würden sich die falschen Freundschaftsanfragen mit den Vorschlägen, doch eine Party zu schmeißen, nur so türmen.
Und auf die Aufmerksamkeit konnte ich gut verzichten.
An Nummer 23 drosselte ich mein Tempo ein wenig und rief: "Tag Mr. Jenks!"
Mr. Jenks war eine Statue.
Ja, richtig gehört. Als ich dreizehn war, taufte ich ihn mit diesem Namen, weil er mich immer an meinen Sportlehrer in der Grundschule erinnert hatte. Der muskulöse Körperbau, die Wellen in den Haaren, die gerade Nase, die ausgeprägten Wangenknochen. . .
Nur, dass er nie mit einem Tuch, welches nur spärlich seinen Unterleib bedeckte, zum Unterricht gekommen war.
Ich musste mir bei dem Gedanken ein Lachen verkneifen.
Als ich grinsend weiterfuhr bemerkte ich nur aus dem Augenwinkel die schwarze Katze, die mir folgte.
Ein sanfter Wind wehte mir ins Gesicht und kühlte meine überhitzte Haut ein wenig ab. Ich nahm die Hände vom Lenker und breitete meine Arme wie Flügel aus, legte den Kopf in den Nacken, schloss meine Augen und überließ mich für einen Moment ganz dem Gefühl der Freiheit.
Immer noch freihändig dirigierte ich mein Fahrrad um die Linkskurve.
Ohne den Blick von der Straße zu wenden, griff ich mit der rechten Hand nach hinten und kramte nach meinem Schlüssel. Mit der anderen hielt ich mich wieder am Lenker fest.
Gerade noch rechtzeitig fischte ich ihn aus der Tasche, um meine Hand wieder auf den Lenker zu legen und die Bremse zu betätigen. Sonst wäre ich mit vollem Karacho in das schmiedeeiserne Tor gekracht, das das Grundstück unseres Anwesens markierte.
Im Gegensatz zu den Schnöseln von Nachbarn, sah unser Garten nicht so aus, als würde man sich darauf vorbereiten, dass jeden Moment eine Jury vom Gartenwettbewerb auftauchte, um den millimetergenauen Rasenschnitt und die blassrosa Blüten im Apfelbaum zu bewerten.
Er sah eher aus wie eine Mischung aus Dschungel und Oase.
Von duftenden Stockrosen, über pralle Himbeersträucher, bis zu den gelben Forsythien, fand man eigentlich alles in unserem Heiligtum.
Selbst der Springbrunnen, der zwischen den hohen Kirschbäumen hindurchblitzte, schien hierhin zu gehören.
Meine Mutter liebte die Gartenarbeit.
Sie konnte stundenlang in ihren Beeten sitzen und Unkraut jäten, ohne, dass es ihr langweilig wurde.
Es gab keine Stelle, an der man sagen könnte, dass Mum dort weniger Herzblut hineingesteckt hatte.
Ich schloss das Tor auf und es öffnete sich mit einem Quietschen.
Innerlich stöhnte ich auf.
Lauter geht's aber echt nicht mehr, oder?
Schon jetzt konnte ich die Stimme von Mrs. Wagner -unserer Nachbarin- hören, die immer an allem etwas auszusetzen hatte. Sie war diese typische Art von Mensch, die, sobald es eine Minute nach 22 Uhr war und man noch einen Piep von sich gab, wegen Ruhestörung sofort die Polizei alamierte.
Das gleiche galt natürlich auch für die Mittagsruhe.
Ich beschloss meinem Vater zu sagen, dass er das Tor mal wieder ölen sollte.
Erschöpft stieg ich vom Fahrrad. Die schwarze Katze, die sich durch die Streben des Tores schlängelte, bemerkte ich nicht.
Als die große Eingangstür hinter mir zufiel, umfing mich augenblickliche Kühle. Ich lehnte mich gegen sie und schloss die Augen.
Erst einmal duschen, Eis essen und dann mit einem Buch auf die Terrasse in die Sonne legen, vervollständigte ich meinen Plan für den ersten Feriennachmittag. "Ich bin daa!" rief ich und trat mir meine Schuhe von den Füßen.
Keine Antwort.
Ich runzelte die Stirn und lief weiter in die Eingangshalle. Auch hier war niemand. Normalerweise waren meine Eltern doch um diese Uhrzeit schon da.
Ich zuckte mit den Schultern und ging in die Küche. Dort knallte ich mein Zeugnis auf den Tisch -alles Einsen- und nahm mir ein Glas mit Wasser. In gierigen Zügen trank ich es aus.
Dann machte ich mich auf den Weg in mein Zimmer.
Oben pfefferte ich meine Tasche in eine Ecke und lief ins Bad, das an mein Zimmer grenzte. Ich entledigte mich meiner Klamotten und stieg unter die Dusche.
Dankbar nahm ich das kalte Wasser in Empfang.
Ich blieb einige Minuten so stehen, zu faul um mich zu bewegen. Als ich fertig mit Duschen war, lief ich in ein Handtuch gewickelt wieder zurück in mein Zimmer.
Ich entschied mich für eine bequeme, kurze Hose und ein Trägertop. Plötzlich hörte ich ein Quietschen von unten und erstarrte. Ein Einbrecher?
Oh nein, oh nein, oh nein.
Warum muss mir das immer passieren?
Ich zog mir Socken an und schlich auf die Treppe zu. Ich war schon immer ein Meister im Leise sein.
Langsam näherte ich mich jetzt der letzten Treppenstufe.
Ich hörte einen dumpfen Knall und ein Fauchen.
Eine Katze?
Es schien aus dem Wohnzimmer zu kommen. Ich machte einen Umweg in die Küche und schnappte mir eine Eisenpfanne vom Tresen. Dann lief ich weiter ins Wohnzimmer.
Oh Gott, was mache ich hier?
Ich fühle mich grad wie Rapunzel mit ihrer Bratpfanne. Fehlt nur noch das Chamäleon.
Mein Herz hämmerte wie wild, als ich mich leise dem Wohnzimmer näherte. Ich spähte um die Ecke und hätte schon fast laut aufgelacht, was dann aber doch in einem Wimmern endete. In dem Augenblick, als ich um die Ecke sah, war noch fast alles normal. Das Wohnzimmer sah aus wie immer, abgesehen von der schwarzen Katze, die mitten im Zimmer zwischen Couch und Beistelltisch stand, und dass eines der Fenster offen war.
Doch zwei Sekunden später änderte sich die Szenerie. Die Katze wuchs.
Ich hätte jetzt kein Problem gehabt eine riesige Katze zu versorgen, aber anstatt, dass dort jetzt eine überdimensionale Riesenkatze stand, hockte da jetzt ein Mensch.
Ein Mann um genau zu sein.
Ein großer Mann.
Mir war klar, dass ich gegen ihn keine Chance hatte. Zweifelnd sah ich die Bratpfanne in meiner Hand an. So wie der Typ aussah, würde nur die Pfanne einen Schaden bekommen, wenn ich mit ihr auf ihn losging. Er war schwarz gekleidet.
Schwarzer Pullover (wer trägt bitte im Sommer einen Pullover?), schwarze Hose, schwarze Schuhe. Ich ging mal davon aus, dass er selbst schwarze Socken und eine schwarze Unterhose trug. Er hatte gebräunte Haut und einen Körperbau wie ein Schrank, dazu schwarze (Überraschung ) Haare, die ihm wild vom Kopf abstanden.
Der Mann kam auf die Füße und klopfte sich nicht vorhandenen Staub von der Hose. Dann entdeckte er mich mit der Pfanne in der Hand.
Er lächelte und um seine Augen kamen Lachfältchen zum Vorschein, die zeigten, dass er trotz seines Bodyguardauftretens gerne lachte. Wenn seine Augen auch schwarz gewesen wären, hätte es mich nicht gewundert.
Aber die Iris war in einem merkwürdigem Blau. Nicht eisblau, die jeden in Grund und Boden starren können, sodass man sich wünscht, nie geboren worden zu sein. Nein, seine Augen strahlten eine ungeheuere Kraft und Weisheit aus, obwohl ich ihn erst Anfang dreißig schätzte.
Mit weit geöffneten Augen stolperte ich einen Schritt zurück. "Wer sind sie?" fragte ich mit zittriger Stimme.
Ich versuchte mich geräuschlos zu räuspern, was mir aber nicht gelang und die Situation etwas peinlich machte.
Echt jetzt, peinlich? Ich habe gerade gesehen wie sich eine verdammt süße Katze in einen verdammt großen Möchtegernbodyguard verwandelt hat! Und mir fällt nur ein, dass die Situation peinlich ist?
"Hallo, ich bin Mr. Collins, aber du kannst mich ruhig Tyler nennen." sagte er mit tiefer Stimme und streckte mir seine Hand entgegen.
Ich glotzte ihn nur idiotisch (übrigens mit offenem Mund) an und ignorierte die Hand.
Er ließ sie wieder sinken und setzte sich auf unser Sofa. "Schöne Bude habt ihr hier." sagte er fröhlich und grinste.
Ich kam langsam näher und war mir der Bratpfanne in meiner Hand nur allzu gut bewusst.
Als hätte er meine Gedanken gelesen, sagte der Tyler-Schrank: "Das würde ich lieber lassen." und deutete mit dem Kinn auf die Pfanne.
"Was machen Sie hier?" fragte ich und klammerte mich an mein einziges Verteidigungsobjekt. Tyler zog eine Augenbraue hoch.
"Haben dir das deine Eltern nicht gesagt?"
Blöde Frage. Nein, natürlich nicht! Sehe ich vielleicht so aus?!
"Nein." sagte ich langsam und bemühte mich, meine Wut zu beherrschen.
Plötzlich hörte ich wie in der Eingangshalle die Tür aufgeschlossen wurde.
"Sarina?" rief meine Mutter.
"Im Wohnzimmer, Mum." rief ich zurück und ließ Tyler dabei nicht aus den Augen, der gerade dabei war die Gewebsstruktur unseres Sofakissens zu studieren.
"Oh, wieder alles Einsen, Sarina?" hörte ich sie nun in der Küche. Anscheinend hatte sie mein Zeugnis gefunden.
"Mum, komm bitte sofort her!" rief ich jetzt etwas lauter, weil mein Geduldsfaden zu reißen drohte.
"Ist ja gut. Was gibt es denn so wichtiges?" sagte meine Mutter lachend und kam um die Ecke.
Ihr Lachen erstarb auf der Stelle, als sie Tyler (der übrigens gerade prüfend mit dem Finger über den Beistelltisch fuhr und etwas über Blumen murmelte) sah. "Guten Tag, Celine." sagte er.
Ich drehte mich zu Mum um, die aussah, als hätte sie ein Gespenst gesehen und sagte: "Ich glaube, du musst mir etwas erklären."
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Hey Leute!!!♡♡
So, das war das erste Kapitel. Ich hoffe es gefällt euch. :D Das ist mein erstes Buch auf Wattpad und ja...
Mehr fällt mir jetzt auch grad nicht ein. Ich bin immer offen für Verbesserungsvorschläge, Meinungen, Wünsche etc.
Bild: Tyler in Katzengestalt
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