5.
Die Kammer ist anders, als die in denen ich bisher gelebt habe. Nicht nur die Kammer. Der ganze Ort. Ich bin die einzige hier. Ein einsamer Schatten in einem Meer von weißen Häusern. Die Wand meiner Kammer ist massiv und grau. Das weiß ich, weil ich dagegen geklopft habe. Hier bräuchte ich nicht zu flüsterten. Die Tür ist aus Metall. Auf Kopfhöhe ist ein Gitter angebracht. Ich kann den Wagen, in dem ich hergebracht wurde darin sehen. Und eine Ecke vom großen Tor. Hier drinnen habe ich ein Bett. Es kommt mir nicht besonders Stabil vor und es wackelt, aber es wird mich halten. Ich wiege nicht viel. Durch ein kleines, dreckiges Fenster dicht unter der Decke fällt Tageslicht auf einen zusammenklappbaren Tisch. Zwischen Tisch und Bett ist nicht viel Platz. Ich trage immer noch die Bühnenkleidung. Vorsichtig streife ich die Schärpe ab. Etwas steht darauf, aber ich weiß nicht was. Diese Zeichen haben für die Verschwender Bedeutung. Für mich nicht. Die Schrift scheint mich auszulachen. Wir verraten dir nicht, was sie über dich sagen, Valetta, Spotten sie, es geht dich nichts an. Wütend Knüller ich sie zusammen und werfe sie in die Ecke. Aber auch von dort grinst sie mich an. Also packe ich sie unter mein Bett und hoffe, dass die mich in Ruhe lässt.
Der Schlüssel, der sich im Schloss dreht, hallt wie ein Pistolenschuss durch meine Träume. Schlagartig bin ich wach und beobachte, wie die Tür sich aufschiebt. Dahinter steht die Tochter der glücklichen Frau, neben ihr jemand anders. Eine junge Frau. Sie reden. Sie reden über mich, das sehe ich an der Art, wie sie zu mir herüber sehen. Als wäre ich ein Kleidungsstück. Das Mädchen ruft mir etwas zu und winkt mich heran, also stehe ich auf. Sie verzieht das Gesicht und zupft an meinen Haaren. Ich kann nur knapp den Impuls unterdrücken, sie ihr aus den Finger zu winden. Das Mädchen vermisst die Schlangen, dass weiß ich. Ich habe sie losgeht. Ich schlafe nur ungern mit Schlangen im selben Bett. Ich befürchte, sie könnte sie wieder rein machen, aber die junge Frau scheint es eilig zuhaben.
Der Raum, in den wir gehen, ist wie der Spiegelsaal, nur in klein. Es ist nicht schwer zu erraten, was von mir verlangt wird, zumal das Mädchen bereits das gepolsterte Ende des Seils um die Hand trägt. Sie ist meine neue Partnerin. Die junge Frau ist die, die in der Mitte steht und Anweisungen gibt. Wir sind alleine.
Die Stunde gestaltet sich anfangs schwierig. Ich laufe nicht gut mit den Schritten des Mädchens mit. Sie passen nicht auf mein Bewegungsmuster. Aber ich gebe mir Mühe, und sie ist zufrieden. Die junge Frau auch. Nur ich fühle mich wie in einem Labyrinth, denn aus diesem endlosen Moment gibt es keinen Ausweg. Ich muss das hier durchstehen. Die junge Frau legt das nächste Lied an. Ich schließe für einen Moment die Augen, um die leisen Töne in mein Herz zu lassen, als die Tür sich quitschend öffnet. Gleich darauf quietscht auch dass Mädchen, und dass werde ich nie vergessen. Sie quietscht laut und falsch, sodass man sich die Ohren zuhalten möchte. Aber dass lässt sie nicht zu. Stattdessen quietscht sie nochmal in genau derselben Tonlage. "Robbiiiieee!"
Dann geht alles ganz schnell.
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