3. Kapitel - Vertrauen
Manuel lächelt, als er meinen erstaunten Blick sieht. "Das ist deiner.", sagt er schließlich, als die Stille fast unangenehm wird und deutet auf den zweiten Bildschirm. Dann drückt er mir eine Tastatur in die Hand und zeigt mir, wie ich die anschließen muss. Er selbst setzt sich, sagt, dass ich mir einen Stuhl aus der Küche besorgen soll, während er Michael und Maurice über den TS anschreibt. Irgendwie bin ich aufgeregt. Schließlich kenne ich die beiden nicht, Manuel schon. Scheinbar sehr gut sogar.
Das nächste Mal sehe ich Manuel zwei Tage später, dann spielen wir wieder. Minecraft und GTA und einen Haufen anderer Spiele- Manuel hat offensichtlich nicht wenige. Dabei reden wir mit Michael und Fabian. Es macht mir Spaß, auf eine merkwürdige Art und Weise. Und dann sehen wir uns eine Woche fast jeden Tag, manchmal habe ich keine Zeit, wegen der Uni, aber sonst bin ich erschreckend lange bei ihm. Ich lerne viele andere 'Freunde' von Manuel kennen, abends telefoniere ich meistens mit Nick oder Sara, oder ich mache etwas für die Uni. Manuel ist besonders. Das merke ich schnell. Darum wundert es mich fast etwas, als er irgendwann abends bei mir klingelt und wortlos in meine Wohnung kommt. "Hey.", begrüße ich ihn. Er lächelt nur. "Ich muss dir etwas sagen.", meint er dann schließlich, nachdem wir uns bestimmt mehrere Minuten wortlos im Flur gegenüberstanden. "Ok. Schieß los." Was soll das denn? Etwas nervös warte ich auf Manuel's Antwort. Er starrt den Boden im Flur an, den Gefühlstornado, der in ihm tobt, sehe ich sozusagen. Ich weiß nicht, was Manuel mir jetzt sagen will, aber es scheint ihm eindeutig schwerzufallen es auszusprechen. Was mich noch neugieriger macht. "Wollen wir uns... ins Wohnzimmer setzen?", frage ich irgendwann. Manuel hat noch nichts gesagt. Er scheint einen Kampf gegen sich selbst auszutragen. So nach dem Motto 'Sagen oder nicht, das ist hier die Frage', oder so. "Ja. Ja, gerne." Wir gehen ins Wohnzimmer, ich lasse mich auf das Sofa fallen. "Lana, hast du deinen Laptop hier?" Ich schaue ihn fragend an, natürlich, der liegt, wie immer, im Schlafzimmer, aber wozu braucht er den jetzt? Trotzdem stehe ich komplett verwirrt auf und laufe ins Wohnzimmer, wo mein Laptop noch liegt. Damit gehe ich wieder zu Manuel. "Ich bin YouTuber." YouTuber? Ich erstarre. "Du bist ein YouTuber?!", entfährt es mir. Das ist ungefähr, das Letzte, was ich in diesem Moment erwartet hätte. Manuel soll ein YouTuber sein. Ich kenne mich mit der Platform nicht wirklich aus, aber irgendwie erklärt das ziemlich viel. Warum Manuel's Freunde so merkwürdige Kosenamen haben und er so viel technisches Zeug. Aber es ist unvorstellbar. Wie in einem Traum. "Kannst du deinen Laptop an machen?" "Mmh?", mache ich nur und befolge seine Anweisung. Ich gebe meinen Code ein und reiche Manuel den Laptop. Dieser dreht diesen so von mir weg, dass ich nicht sehe, was er macht, klickt mehrmals und tippt etwas ein. Dann zeigt er mir den Bildschirm. "Das bin ich.", sagt er leise, vorsichtig. Es ist ein YouTube Kanal. GermanLetsPlay. Manuel ist GermanLetsPlay. Wie kann das sein? GLP. Davon habe ich bestimmt schon mal gehört, vielleicht hat Nick mir von ihm erzählt. Von Manuel, der gerade neben mir sitzt. "Wirklich?", frage ich zaghaft nach. Manuel, GLP, mein Nachbar, klickt auf das erste Video, in Sekundenschnelle lädt es. Ich halte unwillkürlich die Luft an. Die Stimme, die aus dem Laptop kommt, ist Manuel's. Ich stoppe das Video. Ich muss nachdenken. "Deine Freunde.", sage ich langsam. "Sie sind auch YouTuber." Manuel bejaht. "Du kannst googeln, wenn du willst." Und das mache ich auch. Ich suche Zombey, so haben die anderen Michael ständig genannt und gehe auf den YouTube Kanal. 900.000 Abonnenten. Wow. Das ist eine Menge. Ich finde sogar ein paar Fotos von Michael. Während ich Maudado und Osaft suche, ist Manuel still. Als ich fertig bin, frage ich: "Warum sagst du mir das alles?" "Weil ich dich nicht anlügen will." "Danke. Danke, dass du mir das gesagt hast.", sage ich und meine es ehrlich. Es bedeutet mir wirklich etwas. Dann fällt mir noch eine wichtige Sache ein. "Manuel, du zeigst du nicht im Internet, oder?" Dieser schüttelt hektisch den Kopf. "Nein, auf keinen Fall. Du darfst keinen ein Foto von mir schicken, oder so. Ich will, dass das zwischen uns bleibt, ja?" Manuel legt meine Hand zwischen seine und lächelt mich an. "Ok. Das bleibt zwischen und.", wiederhole ich seine Worte. "Versprochen." Mein Herz macht einen kleinen Hüpfer. Vertrauen ist wichtig. Und Manuel vertraut mir. Ausgerechnet mir. Als er später geht, schaue ich mir Videos von ihm an. Bedwars.
Ich muss wohl eingeschlafen sein, denn ich wache auf. Na gut, das klingt jetzt vielleicht ein bisschen komisch, aber woran soll man sonst merken, das man eingeschlafen ist? Ich erinnere mich an Manuel's Besuch gestern. Wer er 'wirklich' ist. Und ich weiß, dass niemand, der GLP kennt, meinen Namen mit ihm im Zusammenhang hören wird. Auf seinen Kanal werde ich wahrscheinlich nie existieren. Das ist mir auch egal, das zählt schließlich nicht. Ich ziehe mich an, esse etwas und gehe danach zu Manu. Keiner öffnet mir. Er schläft scheinbar noch. Seufzend wende ich mich ab. Schade. Aber da ich heute nicht zur Uni muss, werde ich wohl versuchen mit Michael oder Taddeus zu reden. Etwas besseres zu tun, habe ich ja nicht. In meiner Wohnung angekommen, schalte ich meinen Laptop an und gehe in unseren TS Channel. Keiner on. Ich schreibe Sara schnell eine WhatsApp, in der ich erwähne, dass 'der Junge' doch ein Idiot ist- damit ich ihr kein Foto schicken muss-, dann fällt mir auf, dass doch jemand im TS ist. Jemand namens Dner. Und da ich mich mittlerweile was die Welt der LetsPlayer betrifft schon etwas besser auskenne, weiß ich, das Dner, so wie Taddeus, im YouTuber-Haus wohnt und Felix heißt. Ich verkneife mir ein Grinsen, zucke mit den Schultern und betrete kurzerhand den TS. "Hallo Dner!", sage ich. "Hallo! Du bist Lana, nicht wahr?" Cool, er kennt sogar meinen Namen! "Ja, die bin ich. Hast du Lust, kurz zu reden?"
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