»Carla, ich bitte Sie retten Sie mich!«, stöhnend knallte Perry eine Akte auf die Schwesternstation.
»Was ist los?«, wollte Sie wissen, griff nach der Akte und sortierte Sie weg.
»Die Assistenten machen mich fertig. Sie nutzen jede Gelegenheit, um meine Patienten zu töten und wenn ich Sie freundlich bitte dies zu unterlassen, fangen Sie an zu heulen«, sagte Cox und lehnte sich lässig gegen den Tresen. Im selben Moment kam einer der jungen Assistenzärzte vorbei und ergriff panisch die Flucht, sobald er Perry erblickte.
»Freundlich bitten, also?«, sagte Carla und sah dem jungen Mann hinterher. Entschuldigend hob Cox die Schultern.
»Was denn?«, wollte er wissen.
»Also wie ...«, setzte Carla an, aber in diesem Moment klingelte Perrys Handy. Genervt zog er es aus seiner Kitteltasche.
»Jordan, was gibt es?«, fragte er und blieb dann still. Carla sah ihn besorgt an. Schlagartig hatte sich der Ausdruck auf Perrys Gesicht verändert. Er schien besorgt, mehr als besorgt.
»Ganz ruhig! Wo ist er? Ich komme!«, sagte Cox, steckte das Handy in seine Hosentasche und zog seinen Kittel aus.
»Carla, ich muss gehen. Lassen Sie Barbie meine Patienten übernehmen!«
»Sicher, aber was ist denn passiert? Ist was mit J.D.?«
»Später. I-ich melde mich!«, sagte Cox fahrig und rannte los. Im Ärztezimmer griff er nach seinen Sachen und der Notfalltasche, die er immer dabei hatte, falls er spontan auf dem Rettungswagen mitfahren musste.
Er lief zum Ausgang und hinaus auf den Parkplatz. Dort stand der Hausmeister und warf gerade einen Sack Müll in einen der Container. Perry rannte auf ihn zu.
»Hausmeister können Sie Türen knacken?«
»Wer will das wissen?«, sagte dieser vorsichtig.
»Ich! Also ja oder nein?«
»Ja, schon mit dem hie r...«, er zog einen großen Schraubenzieher aus der Hosentasche. »...schaff ich jede Tür!«
»Mitkommen!«, sagte Cox schnell und zog einen perplexen Hausmeister mit sich.
Jordan stand noch immer vor der verschlossenen Badezimmertür und redete beruhigend auf J.D. ein, aber von diesem kam keine Reaktion.
»Mach schon Perry«, sagte sie zu sich selbst, als im selben Moment die Tür aufgerissen wurde.
»Perry! Gott sei Dank!«, sagte Jordan und trat zur Seite.
»Flachzange? Hör zu, niemand ist mehr da, du kannst rauskommen, hörst du?«, sagte Cox und legte ein Ohr an die Tür. Keine Reaktion.
»Verdammt!«, fluchte er.
»Lassen Sie mich das machen«, der Hausmeister, der bislang ruhig an der Tür gestanden hatte, kam nun näher. Er wusste nicht, was genau los war, aber er ahnte, dass hinter der Tür J.D. war und offenbar Hilfe brauchte. Er nahm den Schraubenzieher und hebelte zweimal, dann war die Tür offen. Cox stürzte sofort in den Raum. J.D. lag auf dem Boden, vollkommen starr und schwer atmend. Er war kaltschweißig und blass. Perry kniete sich zu ihm.
»J.D. komm schon. Ich bin da, niemand kann dir etwas antun«, sagte er so sanft, dass selbst Jordan irritiert zum Hausmeister sah.
»Jordan gib mir die Tasche, schnell!«, sagte Cox, nachdem J.D. auch nach mehreren Versuchen nicht reagierte. Jordan reichte ihm die Notfalltasche. Perry holte eine Kanüle und legte J.D. einen Zugang. Dann spritzte er ihm ein Medikament. Es dauerte keine Minute, da entspannte sich der junge Arzt sichtlich, sein Körper sank in sich zusammen und er atmete ruhig.
»Was ist mit ihm?«, wollte Jordan wissen.
»Er schläft, ich habe ihm ein sehr starkes Beruhigungsmittel gespritzt. Wir müssen ihn ins Bett schaffen«, sagte Cox und ehe er etwas tun konnte, hatte der Hausmeister J.D. bereits hochgehoben und in das Schlafzimmer gebracht.
»Danke!«, sagte Perry knapp.
»Schon gut. Er wird wieder, oder?«, fragend sah der Hausmeister auf den blassen jungen Arzt.
»Mhmm...«, machte Cox und wandte den Blick nicht von J.D.
»Okay, ähm, kommen Sie, ich fahre Sie zurück zur Klinik«, sagte Jordan und der Hausmeister folgte ihr hinaus aus der Wohnung.
Als sie zurückkam, saß Perry mit einem Glas Scotch auf der Couch und starrte ins Leere. Die Tür zum Schlafzimmer war offen.
»Willst du auch einen?«, fragte er, nachdem sich Jordan zu ihm gesetzt hatte.
»Warum nicht«, sagte sie und nahm ihm das Glas ab.
»Ist alles in Ordnung mit ihm?«, Perrys Blick huschte kurz zur offenen Tür, durch die man J.D. im Bett liegen sah. Er nickte knapp.
»Ja, er wird sicher noch eine etwas schlafen. Was genau ist passiert?«, wollte er wissen und sah Jordan an. Diese seufzte und erzählte alles, was am Abend geschehen war.
»Konntest du das Nummernschild erkennen?«
»Nein, es ging zu schnell. Es war eine New Yorker Nummer, aber mehr hab ich nicht gesehen. Was ist mit J.D. passiert? War das eine Panikattacke?«
»Ja, eine heftige obendrein. Ich musste ihm Lorazepam spritzen, damit er sich beruhigt. Es war gut, dass du mich angerufen hast«, nachdenklich sah Jordan ihren Ex-Mann an. So kannte sie ihn nicht. Noch nie hatte sie ihn so besorgt gesehen.
»Da ist noch was anderes, oder?«, mutmaßte Sie. Perry sah sie eine Weile regungslos an, dann nickte er.
»Als ich ihn das erst mal untersucht habe, da war sein Oberkörper übersät mit Hämatomen. Er hat abgewunken und gemeint, es seien Verletzungen von kleineren Rangeleien im Obdachlosenasyl, aber ich bin mir nicht mehr so sicher, ob das der Wahrheit entspricht.«
»Du meinst, diese Typen waren das?«
»Ich denke, sie wollten ihn einschüchtern und haben ihn verprügelt, ja genau das denke ich. Das würde auch diese Panik erklären!«
»Was willst du tun?«, Perry rieb sich die Nase und schüttelte den Kopf.
»Keine Ahnung. Ich weiß es wirklich nicht, aber vielleicht hast du recht, ich werde ihm das Geld anbieten«, Jordan nickte.
»Ja, tu das, dann ist das vielleicht alles bald vorbei«, sagte sie, stand auf und gab Perry einen Kuss auf die Wange.
»Soll ich morgen wiederkommen?«
»Nein, ich hab mir freigenommen und Jordan ich hoffe diese DVDs dort auf den Tisch, haben meinen Player nie berührt!«
»Natürlich nicht!«, sagte sie grinsend und verließ die Wohnung.
Als Perry ins Schlafzimmer trat, wachte J.D. gerade auf. Verwirrt setzte er sich im Bett auf, während Cox daneben stehenblieb.
»Wie fühlst du dich?«
»Müde und keine Ahnung irgendwie erschlagen. W-was ist passiert?«
»Du hattest eine Panikattacke. Ich musste dir Lorazepam spritzen. Was weißt du noch?«, Perry trat näher und sah auf den jungen Arzt hinab, der sich nun die Augen rieb.
»I-ich weiß nicht. Diese Typen waren da und Jordan sagte, ich soll mich einschließen und dann, dann ist alles verschwommen. Oh mein Gott, Panikattacken haben mir noch gefehlt«, stöhnte J.D. und vergrub das Gesicht in den Händen. Cox schüttelte den Kopf und setzte sich an das andere Ende des Bettes.
»Nicht so dramatisch Gloria. Das Ganze kann auch eine einmalige Sache gewesen sein. Aber ich möchte etwas wissen und ich hasse es, wenn man mich anlügt! Hast du das verstanden?«, zögernd sah J.D. auf und nickte.
»Die Verletzungen an deinem Oberkörper und den Beinen, die sind nicht von Rangeleien im Obdachlosenasyl, nicht wahr?«, J.D. schwieg und starrte auf einen Punkt an der Wand.
»J.D., rede mit mir!«, fast hätte Cox gegrinst. Noch immer amüsierte ihn Flachzanges Reaktion, wenn er ihn mit seinem richtigen Namen ansprach. Der junge Arzt sah ihm nun in die Augen und schüttelte leicht den Kopf.
»S-Sie wollten mir Angst machen. Ich sagte ihnen, dass ich das Geld nicht so schnell beschaffen könne und na ja sie lauerten mir ab dann auf und ... und unterstrichen ihre Forderungen«, Perry schwieg, er hatte sich so etwas gedacht und noch schlimmer war, dass er in diesem Moment am liebsten aus der Wohnung gerannt wäre, um auf eignen Faust nach den Typen zu suchen, um ihnen den Arsch aufzureißen.
»Ich habe das Geld und ich gebe es dir«, sagte er unvermittelt.
»W-was?«
»Ich sagte, ich habe das Geld, das dir fehlt, und du kannst es nehmen. I-ich brauche es nicht!«
»N-nein das will ich nicht. Ich kann nicht, aber danke!«
»Hör mal gut zu, Flachzange! Ich habe keine Lust, irgendwann deine entstellte Leiche identifizieren zu müssen, weil du zu stolz bist, Hilfe anzunehmen«, knurrte Cox.
»Nein, Sie verstehen das nicht. Ich bin nicht zu stolz, a-aber ich kann es nicht zurückzahlen und ich will keine Schulden bei Ihnen haben!«
»Ich will es nicht zurück. Sieh es als Geschenk.«
»Warum sollten Sie das tun. Sie mögen mich nicht mal, ertragen mich höchstens«, sagte J.D. und Perry sah, wie sehr er zitterte. Es waren Nachwirkungen des Lorazepam. J.D. musste sich ausruhen.
»Okay Stella, lassen wir das Thema für heute. Du musst schlafen und ich auch.«
»A-aber!«
»Kein ‚aber' Flachzange! Schlaf jetzt, wir reden morgen«, sagte Cox, verließ das Schlafzimmer, räumte die Gläser ab und ging ins Bad.
Als er wieder ins Schlafzimmer trat, schlief J.D. tatsächlich wieder. Perry legte sich auf seine Seite und löschte das Licht.
Er wusste nicht, wie lange er geschlafen hatte, aber plötzlich schreckte er auf und sah neben sich. J.D. stöhnte und schlug um sich. Perry kniete sich neben ihn und berührte ihn an der Schulter.
»Flachzange aufwachen! Du träumst nur«, sagte er und rüttelte an J.D., aber dieser reagierte nicht. Er war wieder in seiner Panik gefangen. Cox überlegte, er wollte ihm nicht schon wieder etwas spritzen, es musste so gehen. Noch einmal versuchte er es damit, ihn wachzurütteln, er setzte schon zu einer Ohrfeige an, aber dann machte Perry Cox etwas, dass wohl niemand von ihm erwartet hatte, er am wenigsten von allen. Er kniete sich über J.D. und hielt dessen Arme fest, dann senkte er seine Lippen auf die des jungen Arztes und küsste ihn.
Es dauerte nur Sekunden, dann riss J.D. die Augen auf, aber statt Cox wegzuschieben, küsste er ihn zurück. Plötzlich sprang dieser auf und sah schwer atmend auf den jungen Mann hinab, der ihn irritiert ansah. Cox schüttelte den Kopf, fuhr sich durch die Locken und verließ das Zimmer fluchtartig. Er griff nach seinem Sweatshirt, seiner Jacke und den Schuhen, steckte den Autoschlüssel ein und ließ die Wohnungstür hinter sich ins Schloss fallen.
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