Kapitel 5
"Und das soll ich dir glauben?", fragte Johanna, die Augenbrauen hochgezogen. "Ich weiß ja, dass Riddle zum Teil bereits zauberstablose Magie beherrscht, aber das ist nochmal etwas komplett anderes!"
Ich musste lachen. Dass ich aus der Zukunft kam hatte sie mir sofort abgenommen. Meine Fähigkeit, die Elemente zu beeinflussen, schien sie mir aber nicht zu glauben. "Wieso kannst du das?"
Das brachte mich zum Nachdenken. "Ich weiß es nicht", antwortete ich schließlich. "Weißt du, mein Vater ist gestorben, als ich noch ganz klein war... Er hat sich mit einigen von... du weißt schon, seinen Leuten duelliert und dabei sind er und sein Bruder ums Leben gekommen"
"Oh!" Johanna machte ein betroffenes Gesicht. "Das tut mir leid! Aber- was ist denn mit deiner Mutter?"
"Molly hat mir erzählt, sie hat ihn verlassen, kurz nachdem ich geboren war. Anscheinend hat Voldemort in dieser Zeit sehr genau nach den Weasleys suchen lassen und sie hat die ständige Gefahr nicht ausgehalten. Jedenfalls gibt es auch bei uns nicht viele, die Bescheid wissen. Ich selbst habe es erst nach ein paar Jahren erfahren. Der Orden des Phönix wollte in den Kampf eingreifen, aber es war schon zu spät. Remus Lupin, der mich gefunden hat, hat mir später erzählt, als ich meinen Vater tot auf dem Boden liegen sah, hätte ich angefangen zu schreien und meine Hände seien in Flammen aufgegangen. Er dachte erst, vielleicht habe mich einer der Todesser doch noch mit einem Fluch belegt, aber dann ist ihm klar geworden, dass die Flammen von mir ausgingen."
Meine Zuhörerin bekam große Augen. "Wow. Und... und dann?"
"Na ja, als ich das gehört habe, fing ich natürlich an zu experimentieren. Dumbledore wusste natürlich auch Bescheid und half mir, so weit er konnte, das in den Griff zu bekommen. Das ist nämlich nicht immer ein Segen, so toll es auch klingen mag..."
"Was ist denn das Problem?"
"Die ganze Sache wird größtenteils von Gefühlen gesteuert. Wie damals eben, als es zum ersten Mal passiert ist. Inzwischen kann ich meine Kräfte einsetzen, wann immer ich will, aber wenn ich sehr wütend werde, kann sehr leicht etwas passieren.", gab ich zerknischt zu.
"Was denn zum Beispiel?", fragte meine neue Freundin neugierig. Ich überlegte kurz und begann dann zu grinsen.
"Wir hatten im fünften Schuljahr diese Ministeriumshexe in Verteidigung. Niemand konnte sie leiden, und sie uns erst recht nicht. Wenn man bei ihr nachsitzen musste, hat sie einen Sätze schreiben lassen. Mit einer Feder, die die Worte mit deinem eigenen Blut geschrieben hat."
Sie sah mich entsetzt an, wartete aber darauf, dass ich fortfuhr. "Als sei das nicht schlimm genug, hat sie irgendwann zu reden angefangen. Sie wüsste, was mit meinem Vater und meinem Onkel geschehen sei, und ich sollte doch nicht jetzt schon in ihre Fußstapfen treten, sonst käme ich sehr viel schneller in Schwierigkeiten, als mir lieb ist. Sie hat so getan, als sei es ihre eigene Schuld gewesen, dass sie gestorben sind, einfach weil sie zu dumm waren, sich im Hintergrund zu halten. Das war dann der Moment, in dem ich ausgerastet bin."
Grinsend wartete Johanna darauf, dass ich weitererzählte. "Was hast du denn gemacht?"
"Sie hatte da überall diese Kätzchenteller an den Wänden hängen... es war wirklich keine Absicht, aber die Luft ist kurz erzittert und die Teller sind allesamt auf dem Boden gelandet. Ich dachte schon, jetzt ist es aus, die verkauft dich als Versuchskaninchen ans Ministerium, aber sie hat meine Cousins Fred und George dafür verantwortlich gemacht. Die wussten auch, was passiert ist. Sie haben mich aber gedeckt, als sie zur Rede gestellt wurden. Die Zwillinge haben dafür riesigen Ärger bekommen, aber sie meinten, das sei alles besser, als das Ministerium herausfinden zu lassen, was ich kann. Ich hab heute noch ein unglaublich schlechtes Gewissen deswegen, aber ich bin ihnen auch richtig dankbar."
"Und deine Cousins machen so etwas öfter?", fragte Johanna neugierig. "Wenn sie sie sofort im Verdacht hatte?"
Ich musste lachen. "Oh ja..." Wir verstrickten uns in Erzählungen über Fred und George und die ganze Traurigkeit, die sich vorhin über mich gelegt hatte, war wieder verschwunden. Vielleicht war es wirklich kein Fehler gewesen, ihr davon zu erzählen...
Irgendwann bequemten sich die beiden anderen auch aus dem Bad und wir machten uns fertig. Erst als ich schon im Bett lag merkte ich, wie erschöpft ich war. Und der morgige Tag würde auf keinen Fall besser werden. Auf der einen Seite war mir klar, dass ich mich von Riddle fernhalten musste. Ich machte mir nichts vor, er war mir, jedenfalls soweit Johanna mir erzählt hatte, Zaubereitechnisch weit überlegen. Ich hatte keine Ahnung was er tun würde, wenn er von meinen Kräften erfuhr. Andererseits war ich ja hier, um Harry zu helfen. Sollte ich tatsächlich so nicht an genügend nützliche Infos kommen, müsste ich mir etwas anderes einfallen lassen.
Ich verbrachte mindestens eine Stunde damit, mir Sorgen zu machen, bis ich endlich einschlief.
***
"Ihre Stundenpläne. Miss Broadmoor, Miss Weasley" Ich sah auf. Hinter mir stand Professor Dumbledore mit den Stundenplänen in der Hand. Ich nahm den Stundenplan, den er mir reichte, und sah ihn genau an. Verdammt, in den ersten beiden Stunden Zaubertränke! UND mit den Slytherins! Ich überlegte kurz, wer denn vor Snape Zaubertränke unterrichtet hatte. Die Antwort ließ meine Laune noch tiefer sinken, nur ein Blick auf Johannas Stundenplan konnte sie heben.
"Hey, wir haben ja fast die gleichen Fächer zusammen!" Tatsächlich waren bei uns nur Zaubertränke und Astronomie am Donnerstag vertauscht. Vielleicht würde es ja doch nicht so schlimm werden.
"Zaubertränke in der ersten Stunde, womit haben wir das verdient?", seufzte Johanna, als wir uns auf den Weg in den Kerker machten. Die Slytherins waren bereits vollständig, ich konnte allerdings auch Amelia und Griselda erkennen. Wir stellten uns zu ihnen und warteten.
"Kommt der immer so spät?", fragte ich Johanna, als Slughorn auch nach zehn Minuten noch nicht in Sicht war. Ich fand das ja nicht schlecht, ich war eine Niete in Zaubertränke.
"Meistens" Johanna grinste. "Die Slytherins nervt es..." Ich hatte während unserer Wartezeit immer wieder ein paar Blicke zu ihnen geworfen. Selbst wenn ich nicht gewusst hätte dass Riddle ihr 'Anführer' war, es war zu auffällig. Untereinander lachten und scherzten die Jungs, wenn er einen Kommentar abgab, hörten ihm alle zu. Wenn jemand etwas zu ihm sagte, brachte er ihn bestenfalls zu einem kurzen Lächeln. Er war der Ruhigste und gleichzeitig der Auffälligste unter ihnen. Sie kreisten um ihn wie Monde um einen Planeten: Immer war er der Mittelpunkt, ohne ihn wären die anderen zwar da, aber sie hätten keine Bestimmung, kein Ziel. Ich wusste nicht, wie ich es sonst beschreiben sollte.
Als Johanna mich kurz anstupste wurde mir klar, dass ich schon wieder zu viel gestarrt hatte. Wenn ich nicht aufpasste, würde er es noch irgendwann merken. Ich schüttelte den Kopf und wandte mich um. Kurz danach tauchte auch unser Lehrer endlich auf und wir betraten das Klassenzimmer.
Wir vier beeilten uns, Plätze möglichst weit hinten und möglichst weit von Riddle und Gefolgschaft entfernt zu bekommen. Professor Slughorn stellte währenddessen vorne auf dem Pult ein paar Tränke auf. Vermutlich sollten wir sie erkennen oder nachbrauen oder etwas in der Art.
"Ich wünsche Ihnen allen einen guten Morgen!", begrüßte uns der Professor freudig. "Wir kennen uns ja schon vom letzten Jahr. Na gut, bis auf..." Sein Blick wanderte zu mir. Seine Pause dauerte so lange dass ich versucht war, ihm meinen Namen zu nennen. Dann ging mir auf, dass er das Ganze nur dramatischer gestalten wollte.
"...Miss Weasley. Ja. Würden Sie uns die Ehre erweisen und sich kurz vorstellen?" 'Bitte, bitte sag das nicht weil du darüber nachdenkst, deinen blöden Slug-Club zu erweitern!', dachte ich. Ich seufzte und setzte ein Lächeln auf.
"Na ja... Ich bin Lilith Weasley, sechzehn Jahre alt. Ich schreibe gerne Geschichten, lese unglaublich gerne und mag alle Tiere außer Spinnen. Ähm..."
"Was sind denn Ihre Lieblingsfächer?", fragte der Professor interessiert. War ja klar.
"Verteidigung und Astronomie, Professor." Der Lehrer runzelte enttäuscht die Stirn.
"Und Zaubertränke?"
"Ich fürchte, das ist keines meiner besseren Fächer, Sir.", gab ich zu. Die Slytherins lachten verächtlich. Ich gab mir Mühe, sie zu ignorieren.
Der Blick des Lehrers wanderte zu Johanna neben mir. "Oh, dann ist es aber nicht gut, wenn sie beide nebeneinander sitzen. Nehmen Sie es mir nicht übel, Miss Broadmoor aber ich fürchte, Sie würden unseren Neuzugang etwas ablenken!"
"Ablenken? Wie meint der das?", fragte ich sie leise.
"Er hat mich letztes Jahr einmal erwischt als ich während dem Unterricht etwas gezeichnet habe und hält mich seitdem für total unaufmerksam!", zischelte Johanna wütend zurück.
"Wir wollen doch, dass sich Miss Weasley ganz dem Unterricht widmen kann, oder? Und für den Fall, dass Sie in Ihrer alten Schule nicht ganz auf unserem Level waren, werde ich Sie neben meinen besten Schüler setzen!", verkündete er stolz und das Herz rutschte mir in die Hose. Ich wusste genau, wer das war.
"Bitte tauschen Sie mit Miss Carrow den Platz, Miss Weasley." In dem Moment wusste ich nicht, wer von uns beiden mir mehr leid tun sollte. Ich hatte schon viel von den beiden Carrows gehört. Demzufolge wäre die einzige schlimmere Person ihr Bruder gewesen.
Vielleicht sollte ich mich freuen, dass mir Dumbledores Auftrag dadurch erleichtert werden könnte. Aber mir wurde mit jeder Sekunde klarer, dass sogar er den Einfluss und die Macht unterschätzt hatte, die Voldemort jetzt schon ausübte. Lieber hätte ich mir Zeit gelassen und sorgfältig überlegt, wie ich es anstellen konnte.
Dann schüttelte ich den Kopf und stand auf. Ich musste einfach vorsichtig sein. Mir ging auf, dass Dumbledore weniger als 'Lockvogel' auf meine Kräfte gesetzt hatte, sondern als Verteidigungsmaßnahme. Selbst wenn es einmal brenzlig werden sollte, hatte ich eine letzte Chance, mich zur Wehr zu setzen.
'Hätten Sie mir das nicht gleich sagen können?', fragte ich ihn wütend in Gedanken. Riddles Gesicht war ausdruckslos und er starrte mich an, als ich mich setzte. Als ich nach einigem Zurückstarren genervt "Was denn?" fauchte, grinste er. Dann drehte er sich, (natürlich) ohne eine Antwort zu geben, wieder nach vorne. Ich verdrehte die Augen und tat es ihm gleich.
"Sie hat mich ständig getreten, ist schon ein Wunder, dass Slughorn das nicht gemerkt hat!", beklagte sich Johanna. Die Doppelstunde war um, wir waren so schnell wir konnten aus dem Zimmer gestürmt. Wir sollten den Trank der lebenden Toten brauen, von dem ich zwar schon gehört hatte, ihn zu brauen war aber etwas ganz anderes. Obwohl die Anleitung im Buch stand hatte ich einige Probleme. Riddle sah sich das Fiasko einige Zeit an, seufzte dann und erklärte mir, was ich tun sollte. Ich vermutete dass er weniger Geduld vorgetäuscht hatte als er tatsächlich hatte. Obwohl er mir die ganze Stunde lang keine einzige Frage gestellt hatte, war es wohl so etwas wie ein Test gewesen.
"Aber ich habe mitbekommen, wie du ihn so angefahren hast, Lilith!", fuhr Johanna fort. "Es ist ein Wunder, dass er dich nicht gleich nach der Stunde in die Schranken gewiesen hat. Ich vermute, er hat gemerkt, dass etwas an dir seltsam ist..."
"Hören die alle schon seit der ersten Klasse auf ihn?", fragte ich leise. Meine neue Freundin antwortete in der selben Lautstärke.
"Ja, aber da waren es nur die Slytherins. Inzwischen demonstrieren auch die anderen 'Todesser' gerne mal ihre Macht, wenn ihnen jemand frech kommt. Egal aus welchem Haus. Jeder weiß dass er Schwierigkeiten bekommt, wenn er sich mit einem von ihnen anlegt. Es gibt immer noch einige, die sich weigern sich etwas von ihnen sagen zu lassen, aber denen wird regelmäßig klar gemacht, dass das ein Fehler ist." Sie strich die kurzen Haare auf die Seite und ich erkannte eine feine, lange Narbe an ihrer Schläfe.
"Du hast dich gegen sie gewehrt?", fragte ich ungläubig. Sie schüttelte den Kopf und grinste mich an.
"Du bist nicht die Einzige, die gleich am Anfang etwas zu viel gewagt hat. Wie gesagt, sei lieber vorsichtig."
Wir betraten das Klassenzimmer für Verwandlung, in dem Professor Dumbledore bereits auf uns wartete. Sein Unterricht war wesentlich entspannender als der von Slughorn. Er machte weder extra auf mich aufmerksam noch schenkte er Riddle mehr Aufmerksamkeit als den anderen. Ich konnte mich in diesen beiden Stunden deutlich besser beweisen als in denen davor.
Die Klingel zum Mittagessen war dennoch wie ein Befreiungsschlag. Erleichtert, nicht mehr die Blicke der Slytherins im Rücken zu spüren, machten wir uns auf den Weg zum Mittagessen.
Und da bin ich wieder! ^^
Ich weiß, dass Zaubertränke ziemlich klischeehaft war, aber ich glaube, dass es tatsächlich größtenteil so abgelaufen wäre. Und wer Jo und mich kennt weiß, dass es der Aufmerksamkeit wahrscheinlich zuträglicher ist, wenn wir nicht zusammen sitzen xD
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