Patient
Kapitel 18: Patient
Der Blauhaarige zieht seinen weißen Kittel aus. Ein flüchtiger Blick sagt ihm, dass es bereits neun Uhr ist. Kaum zu glauben, dass er bereits drei Stunden auf der Arbeit ist. Andererseits ist er direkt nach einbrechen in eine Notfalloperation verwickelt worden und er hatte Probleme seinen Patienten am Leben zu erhalten. Die Arterien des Patienten waren verkalkt und dies hatte einen Herzinfarkt ausgelöst.
Mit seinem Arm wischt er sich Schweiß von der Stirn und nippt an seinem kalten Kaffee. Leicht angewidert versucht er das Getränk herunterzuwürgen, da er nicht die Zeit hat sich einen neuen Kaffee zu holen. Er ist zwar Chirurg, aber heute hat er Notfalldienst. Jeder Arzt muss sich der stressigen Prozedur einmal aussetzen und bei ihm war es wohl überfällig. Grade weil er sich die letzten Male erfolgreich davor drücken konnte.
Ein Assistenzarzt mit braunem Haar kommt in den Gemeinschaftsraum und holt sich selber aus dem Kühlschrank einen Energiedrink. „Ist der nicht schon kalt?" fragt er und deutet mit der Hand auf Laws Kaffee.
„Erinnere mich nicht dran." murrt der Tätowierte und nippt weiter.
„Ich hab noch einen." bietet der Braunhaarige Law an, der jedoch verneinend den Kopf schüttelt. „Da sind so viele Dinge drin, die ich freiwillig nie in meinen Körper lassen würde..." merkt er ebenfalls an.
Der Kollege zuckt mit der Schulter und murmelt „Man lebt nur einmal" ehe er die Dose öffnet und einen großen Schluck aus dieser nimmt.
Ein weiterer Mann mit weißem Haar und bleicher Haut betritt das Zimmer. „Doktor Trafalgar?"
Ohne den Kaffee von den Lippen zu nehmen wandert Laws Blick zu Bepo, dessen Verhältnis zu ihm sich seit dem Unfall verbessert hat. Seine Sympathie für den Weißhaarigen hat sich deutlich vergrößert, seitdem er ihm einige Dinge aus der Wohnung gebracht hatte, als er im Krankenhaus ans Bett gefesselt war. Vor allem hat er dieses Ereignis für sich behalten. Da Law sehr darauf bedacht ist sein Privatleben vom beruflichen zu trennen, ist er auf seine eigene spezielle Art sehr dankbar dafür.
„Ein Patient ist mit starken Hämatomen um das rechte Auge herum in die Notaufnahme gekommen und er verlangt speziell nach Ihnen."
„Ich bin in der Pause" murmelt Law desinteressiert und leert den kalten Kaffee. Mit einem gezielten Wurf schmeißt er den leeren Pappbecher in den offenen Eimer und wendet sich der Tageszeitung zu, die auf dem Tisch vor ihm herum liegt.
„Entschuldigung." murmelt Bepo. „Aber er lässt sich von niemand anderen Untersuchen."
„Dann soll er nicht in die Notaufnahme gehen sondern zu Hause bleiben und sich ein TK Steak ans Auge halten. Ich habe besseres zu tun, als auf Sonderwünsche einzugehen." Mit dem Thema abgeschlossen breitet sich der Arzt die Zeitung vor sich aus und beginnt den Hauptartikel auf der ersten Seite zu lesen.
Etwas schüchtern redet Bepo weiter. „Das Hämatom sieht wirklich schlimm aus. Verdacht auf eine mittelschwere Gehirnerschütterung."
Law verdreht genervt die Augen, legt die Zeitung mäßig geordnet zurück und folgt dem Arzthelfer lustlos. Die Gänge entlang laufend verflucht der Chirurg innerlich den quängeligen Patienten, der unbedingt von ihm untersucht werden musste. Wieso dieser allerdings weiß, dass er Notfalldienst hat, ist dem Gelbäugigen ein Rätsel.
Dieses Rätsel wird jedoch schnell gelöst, als Law das Behandlungszimmer betritt. Die feuerroten Haare stechen unmittelbar in Laws Augen, dass er sich den restlichen Körper nicht einmal ansehen muss, um zu wissen, wer vor ihm sitzt. „Bepo?" sagt Law in einer nun gelasseneren Stimmung. „Lass mich bitte mit dem Patienten allein."
„Sind sie sich sicher?" fragt dieser unsicher, neigt aber schon dazu aus der Tür zu gehen.
„Ja, ich komme klar. Wenn mich jemand sucht, dann bin ich nicht zu sprechen, so lange ich den Patienten versorge."
„In Ordnung." und mit wenigen Schritten hat der Arzthelfer das Zimmer verlassen.
Schmunzelnd fixieren die gelben Augen die Roten, welche versuchen den Arzt zu durchdringen. „So schnell sieht man sich also wieder?" fragt der Tätowierte amüsiert und zieht sich Einmalhandschuhe über.
„Du hast dich ja gestern nicht mehr um mich gekümmert." murrt der Rothaarige. Das rechte Auge ist stark geschwollen und hat eine stark dunkelviolette Färbung.
Law geht auf seinen Patienten zu und fängt an sanft das Auge abzutasten. „Du hast gestern noch einen guten Eindruck gemacht. Deine Pupillen waren isokor und du hattest ein gutes Gleichgewichtssystem. Da gab es keinen Grund dich ins Krankenhaus einzuweisen."
Irritiert hebt Kid die Augenbraue des gesunden Auges. „Das hast du gestern noch bemerkt?"
„Nein, ich war gestern etwas neben der Spur." gibt Law schmunzelnd zu und hebt eine kleine Taschenlampe. „Schau bitte rechts an mir vorbei."
Kid tut wie ihm geheißen, lässt sich aber ein Grinsen nicht nehmen. „So ehrlich? Was ist los mit dir? Du bist so zutraulich, dass ich fast Angst vor deinem Verhalten kriege."
Kurz entweicht Law ein amüsierter Ton, ehe er die Taschenlampe wieder senkt. „Die Pupillen sind wirklich isokor. Also kein allzu großer Schaden am Gehirn."
„Ignorierst du mich?" fragt der Rothaarige neutral und beobachtet das Verhalten seines Gegenübers kritisch.
„Es kann sein, dass du mir imponiert hast." erzählt Law nebenbei, als sei es keine große Sache. Stattdessen packt er Kid seitlich am Kopf und tastet den Nacken vorsichtig ab. „Irgendwelche Schmerzen? Schwindel? Übelkeit?"
„Ach imponiert habe ich dir. Kein Wunder, ich bin schließlich auch ein imponierender Kerl."
Leicht vergnügt rollt Law mit den Augen, lässt aber ein leichtes Lächeln auf seinen Lippen schimmern.
„Womit imponiert?".
Nun entlockt Kid dem Arzt ein leises Ausstoßen von Luft, welches mit viel Fantasie einem Kichern ähnelt. „Erst beantwortest du meine Frage, dann kriegst du vielleicht eine Antwort."
Noch verwirrter sieht Kid zu dem Arzt hoch. „Wer bist du und was hast du mit meinem Honeydoc gemacht?"
Als Law diesen Spitznamen hört, versteift sich seine Miene in die übliche, kalte Art zurück, die Kid mit Mühe und ein wenig Unwissenheit zum Bröckeln gebracht hatte. Es ist der eiskalte Blick, der wieder versucht Kid das Gefühl zu vermitteln, dass er unerwünscht ist, auch wenn der Rothaarige die Maskerade bisher relativ gut durchschaut hat.
Ein zufriedenes Grinsen umspielt Kids Lippen. „Mir ist leicht schwindelig, leichte Übelkeit und Schmerzen nur am Auge du unsensibler Holzklotz."
Spielerisch die Augen verdrehend tastet Law weiter den Hals ab. „Ich würde gerne deine Rückenwirbel röntgen. Bist du gestern auf den Kopf gefallen?"
„Du bist zuerst dran." fordert Kid wirsch.
„Es geht hier um deine Gesundheit, Puffmutti."
Plötzlich erhellt sich Kids Gesicht und ein breites Grinsen umspielt seine Lippen. „Du bist ziemlich eingerostet mein Lieber..."
„Aha?" gibt Law von sich, während er sich die Handschuhe von den Händen streift.
In seiner typisch überheblichen Art grinst Kid den Arzt weiter an. „Komm mal her."
„Wieso?" vorsichtig mustert Law sein Gegenüber.
„Sei keine kleine Zicke und komm her. Ich werde dich schon nicht fressen."
„Und wer verspricht mir, dass du meinen Hintern in Ruhe lässt?"
Genervt rollt Kid mit den Augen. „Wie oft denn noch?!"
Doch bevor er weiter sprechen kann, liegt einer von Laws tätowierten Fingern auf dessen Mund. Erst jetzt bemerkt der Rothaarige, dass der Arzt sich nur einen Spaß gemacht hat. Etwas ruckartiger zieht Kid ihn auf seinen Schoß. „Flirten ist nicht so deine Stärke oder?" fragt Kid grinsend.
Sanft streicht Law über Kids Haare. „So lange es funktioniert..."
„Meinem Kopf geht es gut. Ich hab mich nur mit der Faust deines Vaters gestoßen."
Laws Gesicht nähert sich langsam dem von Kid. Die Augenlider schließen sich zur Hälfte und genießerisch atmet der Blauhaarige den Duft seines Gegenübers ein. „Du hast es aber auch provoziert..."
„Ich hab gar nichts getan..." erwidert Kid spielerisch trotzig und deutet wieder sein schelmisches Grinsen an.
Law löst sich von dem Rothaarigen, während er diesen aus seiner Nacherzählung zitiert. „Wenn dein Sohn von mir gefickt werden will, dann besorg ich es ihm auch..."
„Ich war wenigstens ehrlich." rechtfertigt sich Kid als sei es das natürlichste der Welt so mit seinen Schwiegereltern in Spee zu reden.
Mit einem Lächeln angedeutet schüttelt Law den Kopf. „Wir müssen deinen Dickschädel immer noch röntgen, also würdest du bitte dein Hinterteil heben und mir folgen?"
„Unter einer Bedingung..."
Eine Augenbraue hebend sieht Law zu Kid rüber.
„Samstag 14 Uhr bei mir?"
„So hältst du also deine Versprechen..."
Sofort steht Kid auf und drückt den Arzt gegen die nächstbeste Wand. „Ich gebe es zu... Ich heiße Kid und ich bin süchtig nach dem Aussehen, den Geruch und dem Geräusch der Stimme von Doktor Trafalgar."
Nüchtern sieht Law zu dem Rothaarigen hoch. „Da empfehle ich eine Suchtklinik."
„Ich bleibe bei dem Versprechen dich nicht auf eine erotische Weise anzufassen..."
„Gilt das auch für deinen steifen Freund, der mich durch deine Hose piekst?"
„Ich lasse ihn zumindest nicht raus..."
Kopfschüttelnd lacht Law leise auf. „Samstag muss ich arbeiten, aber ich melde mich. Zum Röntgen geht es in die sechste Etage."
„Alles klar, Doc." Sofort lässt der Rothaarige von ihm ab und ist dabei die Tür aus dem Behandlungszimmer zu öffnen.
„Was hast du nur an dir..."
Irritiert sieht der Rothaarige zu Law rüber. „Was meinst du?"
„Ich verstehe nicht, was es an dir ist, dass ich unbewusst immer deine Nähe gesucht habe."
Kid zuckt mit den Schultern. „Ob es dir gefällt oder nicht, ich verstehe dich. Besser als du gedacht hättest. Auf den ersten Blick sind wir sehr unterschiedlich, aber wir leben unser erlebtes nur unterschiedlich aus. Ich sehr extrovertiert und du eben introvertiert. Aber was wirklich zählt ist, dass ich dich verstehen und unterstützen kann, wenn du mich nur lässt."
Stille kehrt ein. Aus dieser Sicht hat Law es nie gesehen. Er hat nie darüber nachgedacht, dass Kid ihn verstehen würde anstatt dass er ihn nur zur Weißglut treiben möchte.
„Und jetzt lass uns gehen, bevor ich anfange Regenbogen zu kotzen."
Lachend folgt Law dem Rothaarigen. „Du bist wirklich etwas ganz Besonderes."
„Und das gefällt dir so sehr an mir." erwidert Kid selbstbewusst grinsend.
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