Nächtlicher Besuch
Recht zeitnah kommt die Schwester wieder ins Zimmer und nimmt Law in seinem Bett mit. Dieser ist wieder komplett bei klarem Verstand und kocht innerlich vor Wut, was jedoch nur der Rothaarige zu sehen scheint. Dieser hat nach der Aktion kein weiteres Wort mehr mit dem Chirurgen gewechselt, jedoch hat er dieses wissentliche Grinsen im Gesicht, was Law verrät, dass der Rothaarige genauestens Bescheid weiß. Je länger der Arzt Zeit hat darüber nachzudenken, umso wütender wird er.
Zum einen ist er wütend auf Kid, da er die Unverschämtheit besessen hat sich an den Tätowierten ranzumachen. Nein, noch schlimmer. Der Hüne hat die Frechheit besessen jegliche Wohlfühlzonen Laws zu überwinden und ihn ohne zu Fragen zu berühren. Hätte er nicht die Schwester gerufen, so ist sich Law sicher, wäre Kid viel weiter gegangen.
Zum anderen ist er wütend auf sich selbst. Er kann die Situation in seinem Kopf biegen und dehnen wie er will, er kommt immer auf dasselbe Ergebnis: Er hat sich nicht ernstzunehmend gewehrt. Sicher, er hat den Notfallknopf gedrückt, damit das Krankenhauspersonal ihn aus seiner misslichen Lage befreit, jedoch ärgert es ihn, dass er sich nur passiv gewehrt hat. Er hätte aktiv gegen Kid vorgehen müssen. Er hätte den Großen mit einem gezielten Schlag in die Magengegend von sich fern halten sollen, denn eine freie Hand hätte er noch zur Verfügung gehabt. Egal ob er eine längere Durststrecke hinter sich hat oder nicht, das ist kein Grund Kid freie Hand gewähren zu lassen und ihn ungehindert seine Nötigungen vollstrecken zu lassen.
Am meisten quält ihn jedoch die Frage: Wieso? Wieso hat er es soweit kommen lassen? Wieso hat er sich nicht gewehrt? Wieso hat sein Körper dieses aktive Wehren schon beinahe verhindert?
Natürlich kann Law nicht abstreiten, dass der Rothaarige, so nervig er auch ist, äußerlich attraktiv ist. Aber allein sein Charakter hätte ihn trotz seiner animalischen Instinkte abschrecken müssen. Es will dem Arzt einfach nicht in den Kopf. Er ist der beste Chirurg, den man in Amerika finden kann. Er ist ein Meister in seinem Gebiet. Nur das Verständnis für die Verhaltenspsychologie hat er nicht. Er versteht sich selber, kann sich aber nur schwer in andere hineinversetzen. Es liegt an keiner Krankheit wie Autismus sondern schlicht und ergreifend an Desinteresse. Er will die Menschen, die er operiert, nicht verstehen, er will verstehen, was bei jedem einzelnen Menschen auf seinem OP-Tisch defekt ist und die defekte Stelle reparieren. Für ihn war der menschliche Körper bisher immer wie eine Art biologische Maschine. Alle Menschen sind vom selben Typ und manche sind bereits in der Produktion fehlerhaft zusammengebaut worden oder nutzen sich schlicht und ergreifend mit der Zeit ab. Je besser man den Körper wartet, umso weniger Defekte treten auf. Ernährt man sich immer gesund und ausgewogen, hat man keinen hohen Cholesterinspiegel. Raucht und trinkt man sein Leben lang, dann sind Leberversagen und Lungenkrebs quasi vorprogrammiert.
Und jetzt das. Es ist das erste Mal in seinem gesamten Leben, dass Law das Bedürfnis bekommt die menschliche Psyche besser verstehen zu wollen. Nein, ihn besser verstehen zu wollen. Was war seine Intention? Welche Beweggründe hatte er für sein verhalten? Was ging in seinem Kopf vor? Welche Gefühle hat er dabei empfunden? Und die Frage, die ihn mehr als alles andere beschäftigt: Wieso interessiert ihn der Rothaarige plötzlich so sehr?
Ein kleiner Teil von ihm scheint es sogar zu bereuen, dass er das Krankenhauspersonal alarmiert hat. Ein kleiner Teil in ihm ist neugierig, wie es weiter gegangen wäre. Wie sich die schmalen Lippen des Rothaarigen angefühlt hätten? Sind sie rau oder weich? Hätte er die Lippen sanft oder fordernd bewegt? Wäre es ein unschuldiger Kuss gewesen, der sich langsam zu einem intensiveren entwickelt oder wäre er von Anfang an forsch an die Sache herangegangen?
Law weiß nicht mehr, was er denken soll. Er ist verwirrt, wütend und erschöpft zugleich. Die Krankenschwester scheint von seinem Zustand entweder nichts mitzubekommen oder stempelt es als Nachreaktion auf die Nötigung ab.
Sie öffnet ein Zimmer und fährt das Krankenbett Laws in ein kleineres Einzelzimmer. Verwundert sieht er sich um, da ihm zuvor gesagt wurde, dass es aus Platzmangel keine Einzelzimmer mehr gäbe. „Sie haben Glück." spricht die Schwester plötzlich mit ihm, sodass Law ihr seine Aufmerksamkeit schenkt, indem er seinen Blick zu ihr rüber wandern lässt. „Wir konnten heute einen unserer Patienten entlassen, der in diesem Zimmer untergekommen ist. Ich kann Ihnen versprechen, dass sie hier auch keinen Zimmergenossen mehr kriegen werden, allein aus Platzmangel."
Law nickt lediglich, um der Krankenschwester zu verstehen zu geben, dass er ihre Aussage wahrgenommen und verarbeitet hat.
„Wollen Sie Anzeige gegen Herrn Eustass erstatten? Soll ich die Polizei rufen?" fragt sie daraufhin und sieht Law besorgt an, nachdem sie die Bremsen an dem Krankenbett festgestellt hat.
Law sieht ihr mit seinem neutralen Blick entgegen und schüttelt den Kopf. „Das ist nicht nötig." antwortet er in einem ruhigen Ton und ist innerlich froh darüber, dass seine Stimme nicht versagt hat. Er hätte einem Fremden gegenüber nur ungern Schwäche gezeigt.
„In Ordnung. Wenn Sie es sich anders überlegen oder irgendwas ist, drücken Sie einfach den Knopf. Ansonsten gibt es in einer Stunde Abendessen, da können Sie uns auch noch ansprechen." informiert die Schwester ihren Patienten weiter, ehe sie noch einmal alles kontrolliert und daraufhin den Raum verlässt.
Wahrscheinlich hat sie nur so gründlich nachgefragt aus Angst, dass der Arzt das Krankenhaus verklagt, jedoch sieht Law juristisch gesehen keine Grundlage dazu. Da sie jedoch in Amerika, dem Land der unbegrenzten Möglichkeiten, leben, in der man eine Autofirma bereits verklagen kann, weil ein Getränk nicht wie in der Werbung versprochen Flügel verleiht, kann er die Fürsorge auf einer sachlichen Ebene nachvollziehen. Allerdings sollten sie froh sein, dass Law keine Anzeige erstatten will, denn so gelangt die Story nicht an die Öffentlichkeit und dem Krankenhaus droht keine schlechte Publicity.
Seufzend legt er seinen Kopf auf das Kissen ab. Jetzt, wo er allein ist, schwirren die Fragen noch präsenter in seinem Kopf herum, auch wenn er eigentlich nicht darüber nachdenken möchte. Er hätte besseres zu tun, als sich über sowas den Kopf zu zerbrechen, zumal sich die Sache nun erledigt hat.
Um seinen Gedanken ein Ende zu setzen, schnappt er sich die Fernbedienung des Fernsehers vom Beistelltisch und schaltet das Gerät ein. Es ist ihm egal, was im Fernsehen läuft, Hauptsache er kann sein Gehirn wenigstens für kurze Zeit abschalten. Zu seinem Bedauern läuft im Fernsehen grade der Sender RTL mit der Show Mitten im Leben. Der gleiche Schwachsinn, den sich Kid angesehen hat. Und ehe er sich versieht sind seine Gedanken präsenter denn je an diesem Tag bei dem rothaarigen Idioten. Was würde er dafür geben die letzten Stunden einfach aus seinen Gedanken löschen zu können.
Bis zum Abend hin, versucht er sich mit Hilfe des Fernsehers abzulenken, was minder gut funktioniert. Ständig schweifen die Gedanken zu dem Rothaarigen ab. Selbst als der Chirurg die Flimmerkiste abschaltet, um nach einem langen Tag schlafen zu gehen, spuckt Kid in seinem Kopf herum und hält ihn ungewollt wach. Law wälzt sich hin und her, liegt erst auf dem Bauch, dann auf dem Rücken und schlussendlich erst auf der linken und dann auf der rechten Seite. Er versucht medizinische Fachbegriffe in seinem Kopf durchzugehen, um jeglichen Gedanken an den Hünen zu vergessen, doch egal was er probiert, am Ende landet er in seinem Gedankenstrom immer wieder bei Kid. Und es nervt den Arzt. Es nervt ihn so sehr, dass Law mit dem Gedanken spielt sich selber k.o. zu schlagen, um endlich Schlafen zu können, entscheidet sich aber wegen Folgeschäden doch noch dagegen.
Am Ende schläft der Arzt nach drei Stunden hin und her Wälzens wegen Übermüdung schließlich ein.
Ein leises Geräusch lässt den Arzt aus seinem leichten Schlaf hoch schrecken. Verwirrt und mit kaum geöffneten Augenlidern sieht sich der Blauhaarige um und versucht die Geräuschquelle auszumachen. Zwischen seinen noch halb geschlossenen Augenlidern kann er einen Schatten entdecken, der sich in sein Zimmer huscht.
Noch ehe er realisiert, was in diesem Moment überhaupt passiert, spürt er einen kräftigen Druck auf seinem Mund, der ihn daran hindern soll nach Hilfe zu rufen. Sofort reißt er die Augenlider soweit er kann auseinander und sucht schockiert nach der Ursache.
Mit seinen gelben Iriden sieht er in seiner unmittelbaren Umgebung um, bis er die verräterischen roten Haare erblickt. Gefährlich knurrend starrt er mit einem Blick der hätte töten können Kid an und schreit die wüstesten Flüche in die Handfläche des Größeren, der ein breites Grinsen auf den Lippen hat.
„Ich lass deinen bezaubernden Mund los, aber erst, wenn du dich beruhigt hast und nicht los schreist." säuselt er ohne den Griff um Laws Mund zu lockern. Dieser umfasst den Arm Kids mit seinen tätowierten Händen und versucht diese von seinem Gesicht zu drücken.
Überlegen schüttelt Kid jedoch lediglich den Kopf. „Also wenn du so weiter machst, muss ich dir deinen Mund stopfen, damit ich meine Hand wiederbekomme." Frech schmunzelnd checkt der Rotäugige dabei Laws Körper unter der Decke ab.
Mit aller Kraft wehrt sich Law gegen den organischen Knebel, doch egal wie sehr er es probierte, Kid ist körperlich einfach zu überlegen und außerdem viel fitter, sodass Law gezwungener Maßen aufgeben muss. Jedoch starrt er Kid weiterhin mit seinem bösen Blick an und knurrt unter dessen Hand tief.
„Du bist richtig süß, wenn du versuchst mich einzuschüchtern." neckt Kid den Arzt weiter. Dieser hätte nun die Zähne gefletscht, wenn er es könnte. „Fast so süß wie Honig." ergänzt der Rothaarige daraufhin und lehnt sich zu dem Arzt vor, sodass sich ihre Gesichter beinahe berühren. Law kann den herben Geruch wahrnehmen, den der Hüne versprüht. Ohne es zu wollen, entspannt sich sein Körper unbemerkt. Sein Duft ist auf eine merkwürdige Art und Weise angenehm. Schon fast betörend. Dabei hat der Größere kein Parfum oder Aftershave. Law kann deutlich herausriechen, dass es der Eigengeruch Kids sein muss.
Erst als sich der Griff um seinen Mund lockert, wacht Law aus seiner Art Trance auf. Ein schneller Blick zu Kid verrät ihm, dass dieser selber leicht in Trance zu sein scheint. Law kann sich nicht erklären wieso, denn augenscheinlich ist er nur hinter den Arsch des Gelbäugigen her. Doch der Beweggrund für diesen Trance-artigen Zustand rückt für Law in den Hintergrund in diesem Moment. Das nutzt der Arzt sofort aus und schlägt Kids Hand weg. Überrascht sieht er zu Law herunter, lässt sich aber von der Reaktion nicht beirren. Sein Grinsen wird dadurch nur noch stärker.
„Was willst du hier?" zischt Law knurrend. Er hätte auch schreien können, doch dann würde Kid nur wieder seinen Mund zu halten und das gilt für ihn zu vermeiden. Nicht nur, weil er sich nicht gerne den Mund verbieten lässt, sondern auch weil er Antworten will. Und für Antworten muss man in der Lage sein Fragen zu können.
„Kannst du dir das nicht denken?" stellt Kid amüsiert die Gegenfrage und deutet wieder an die Decke herunterzuziehen. Dies wird jedoch von Law unterbunden, indem dieser die Decke wieder zu sich hoch zieht.
„Pfoten weg." knurrt er und sieht Kid mit seinen kalten Augen an.
„Warum bist du so prüde, Honey?" Kids Gesicht nähert sich dem des Arztes noch ein wenig, bis sich ihre Nasen beinahe berühren.
„Nenn mich nicht so!" faucht der Blauhaarige. „Und ich bin nicht prüde, du bist nur Schwanzgesteuert!"
Lachend beugt sich Kid noch weiter herunter, bis sein Mund beinahe Laws Ohrmuschel berührt. Der Arzt spürt Kids Atem gegen sein Ohr und bekommt eine Gänsehaut von der warmen, leicht feuchten Luft. Er unterdrückt jegliche Reaktion seines Körpers, der sich ansonsten aufgebäumt hätte, um Körperkontakt zu dem obigen Mann aufzubauen. „Bist du nicht?" fragt Kid und streichelt mit seiner Hand über der Decke an der Stelle, wo Laws Glied ungefähr sein müsste.
Der Tätowierte hält die Luft an. Er weiß nicht so recht, wie er reagieren soll, ohne sich wieder vor Kid die Blöße zu geben. Leise flüstert er „Nein.", sodass Kid es kaum hören kann. Doch es scheint diesem zu reichen, denn genüsslich leckt er Law über die Ohrmuschel. Dieser kann sich nicht mehr zurückhalten und stöhnt langgezogen.
Kid genießt den Laut der Lust, der über die Lippen des Chirurgen gleitet. Langsam zieht er sich zurück, um wieder in das Gesicht des Arztes blicken zu können. Ein leichter Rotschimmer breitet sich auf Laws Wangen aus. Wieso konnte er es auch nicht zurückhalten? Jetzt denkt der Idiot am Ende noch, dass ihm die Berührungen des Hünen gefallen würden. Aber dem ist nicht so! Definitiv nicht! Es könnte jeder andere, willkürliche Mann sein, der sich zu so einer Tat erdreistet und Law würde ganz genau so reagieren. Zumindest versucht dieser sich das obige einzureden.
Der Blick Kids wandert von Laws Gesicht hinab. Ein leichtes Schmunzeln breitet sich in seinem Gesicht aus, als er noch immer das OP-Hemd an dem Tätowierten erblickt. Seine Hände gleiten sogleich zu Laws Hals und greifen um diesen. Irritiert beobachtet Law die Handlung Kids, doch als er realisiert, was dieser vorhat, ist es bereits zu spät. Mit einem schnellen Griff öffnet Kid die Schleife, mit dem der Kittel um Laws Hals befestigt wurde und zieht diesen mit einem kräftigen Ruck unter der Bettdecke hervor. Achtlos lässt er das dünne Stück Stoff zu Boden fallen, ehe Laws es ihm wieder entreißen kann. Dieser hatte sich bereits aufgebäumt und danach gegriffen, doch erreicht seine Hand den Stoff nicht mehr rechtzeitig. Überlegen und zugleich zufrieden betrachtet der Rotäugige den Kleineren und hat dabei seine Siegessicherheit in seinem Gesichtsausdruck verankert.
Das gefällt Law keineswegs. Dunkel knurrt er Kid ein weiteres Mal an diesem Abend an und zieht die Decke schützend noch etwas höher, um seinen kompletten Körper Kids gaffendem Blick zu entziehen.
„Jetzt sei doch nicht so." murrt Kid gespielt schmollend und fängt an, an der Decke zu zupfen.
„Du sollst mich gefälligst in Ruhe lassen!" zischt Law stattdessen und denkt nicht im Traum daran Kid einfach so nachzugeben.
„Das wäre langweilig." murmelt Kid vor sich hin und lässt seinen Blick über die Bettdecke schweifen. Law ahnt bereits nichts Gutes, denn es sah so aus, als würde der Rothaarige etwas planen. Und als hätte er es geahnt, wirft Kid plötzlich die Decke zur Seite, sodass Laws bestes Stück Preis gegeben wird. Lediglich der Oberkörper bleibt weiter verdeckt, da Law die Decke um diesen umklammert hat. Schnell versucht Law die Decke wieder zurecht zu rücken, doch hat die Rechnung ohne Kid gemacht. Dieser packt die schmalen, tätowierten Armgelenke mit seinen beiden, im Vergleich dazu riesigen Pranken und umklammert diese fest. Ein leises, Schmerzerfülltes Keuchen verlässt dabei Laws Kehle. Seine Arme werden unter Zwang wieder nach oben gedrückt und von lediglich einer Riesenpranke des Hünen fixiert. Auch wenn Law es probiert, er kann sich aus diesem Griff wieder einmal nicht befreien. „Die Situation kommt mir bekannt vor." säuselt der Größere und lächelt den unter ihm liegenden überheblich an.
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