Ärztliche Verordnung
Kapitel 19: Ärztliche Verordnung
„Jetzt hör auf zu motzen.", ermahnte der Blauhaarige seinen Patienten, als er Kid den Gang entlang in die Richtung der Radiologie schob.
„Du hast leicht reden. Du wirst ja auch nicht genötigt, dich in einem Rollstuhl umherschieben zu lassen.", murrte Kid, der genervt seinen Kopf auf die rechte Handfläche abgelegt hatte, während er mit der linken Hand auf der Polsterung der Armlehne klopfte, ganz als würde er ungeduldig auf etwas warten. Bis grade eben hatte er wirklich gute Laune gehabt. Law schien sich ihm langsam zu öffnen und sich auf ihn einzulassen. Er sah langsam ein, dass Kid eben nicht nur nach seinem Hintern her war, sondern ernsthaft versuchte ihn kennen zu lernen. Doch als der Arzt ihm ernsthaft angewiesen hatte, sich in dieses wackelige Rentnergefährt zu setzen, war ihm die Freude schlagartig aus dem Gesicht gewichen.
„Wir haben einen Verdacht auf eine Commotio cerebri und auf eine otobasale Fraktur. Ich bezweifle, dass es bei dir Lebensgefährlich ist, doch solltest du nicht durch die Gänge spazieren, als sei nichts gewesen. Langzeitschäden sind noch immer nicht auszuschließen.", erklärte Law ruhig, wobei Kid den Kopf nach hinten legte und den Gelbäugigen anvisierte.
„Kann es sein, dass du dir Sorgen machst?", fragte er neckend. Law erwiderte den Blick nicht, doch ein schmales Lächeln schummelte sich auf seine Mundwinkel.
„Ich sorge mich um all meine Patienten.", antwortete er lediglich. Kid seufzte leise, hatte er sich von der Antwort etwas mehr erhofft. Law war etwas ganz Besonderes, da gab es keinen Zweifel. Doch hätte er nie gedacht, dass er es so schwer haben würde, ihn von sich zu überzeugen. Doch seine Geduld wurde ein kleines Stück belohnt, als der Arzt hinzufügte: „Aber um dich vielleicht ein Fünkchen mehr." Das ließ Kid ein breites Grinsen auf das Gesicht zaubern und zufriedener als zuvor ließ er sich in den Aufzug schieben, um von der Notaufnahme im Erdgeschoss in den neunten Stock hoch gefahren zu werden.
„Was bekomme ich eigentlich?", fragte er, nachdem sich die Aufzugtür geschlossen hatte, dass Law skeptisch die linke Augenbraue hob. Dies konnte Kid durch die verspiegelten Wände des Aufzugs gut erkennen. Tatsächlich hielten sie in diesem über den Spiegel Augenkontakt, war es für Kid viel zu anstrengend die ganze Zeit nach oben zu schauen. Zumal er es gewohnt war, dass die Menschen um ihn herum tendenziell kleiner waren als er.
„Was sollst du bekommen?", fragte Law sichtlich irritiert.
„Du wolltest doch, dass unser Date bei dir zu Hause stattfindet, richtig? Bei dir daheim ist dein Vater ausgerastet und hat mir ein blaues Auge verpasst. Ergo sitze ich deinetwegen grade im Krankenhaus fest und muss meine wertvolle Freizeit damit verbringen mich verarzten zu lassen. Da muss doch irgendwas für mich herausspringen.", beendete er seine Schlussfolgerungen. Dass diese Inkonsistent waren und Fehlinterpretationen der eigentlichen Ereignisse beinhalteten, zumal Kid auch Doflamingo geschlagen hatte, schien der Rotäugige schlichtweg zu ignorieren. Kurz überlegte Law, ob er eine Diskussion starten sollte, entschied sich aber dagegen. Kid konnte manchmal stur wie ein Bock sein. Und er musste zugeben, dass dieser sich bei ihrem gestrigen Treffen wirklich Mühe gegeben hatte. Mehr als Law ihm zugetraut hatte. Daher verkniff Law sich eine sarkastische Antwort. Auch wenn er es ungern vor sich selbst zugab, zog er meistens ohnehin den Kürzeren bei Diskussionen, da Kid ein Meister darin war Law aus dem Konzept zu bringen.
„Was würdest du denn wollen?", stellte er daher schlicht die Gegenfrage, auch wenn er sich noch nicht sicher war, ob er darauf eingehen würde.
„Dass du mir etwas Vorschlägst." Law rollte die Augen, was Kid ein Schmunzeln auf die Lippen zauberte. „Was denn? Wenn ich mir einen Kuss wünsche, heißt es am Ende nur wieder ich hätte dich zu etwas genötigt.", warf Kid dem Arzt vor, wobei seine Stimmlage gegen Ende des Satzes immer alberner klang, versuchte er die dunkle Stimme Laws zu imitieren. Amüsiert über die Antwort schüttelte Law den Kopf.
„Wie lange werde ich mir den Vorwurf anhören dürfen?", fragte er belustigt. Kid grinste ihn durch den Spiegel an. Die Atmosphäre zwischen ihnen hatte sich geändert. Es war wahrscheinlich das erste Mal, dass beide sich aufeinander einließen. Keine Gegenwehr, keine patzigen Antworten und auch kein vorgespieltes Desinteresse. Und Kid genoss es einfach die ersten Früchte seiner Arbeit zu ernten.
„Laaaaaaaange.", betonte der Rothaarige, der anschließend ein kurzes, lautes Lachen ertönen ließ. „Außerdem habe ich versprochen nichts in irgendeiner Weise Körperliches zu machen oder zu verlangen, was du mir nicht explizit erlaubt hast. Wenn du mich aber nach meinen Wünschen fragst, könnte ich das Versprechen nicht einhalten.", erklärte er weiter. Doch die Antwort schien dem Arzt nicht zu gefallen. Das Lächeln verschwand von seinem Mund und auch wenn sich die Gesichtszüge nur minimal änderten, konnte Kid eine gewisse Enttäuschung herauslesen. Ganz als würde er diese Ernüchterung zum Ausdruck bringen wollen, seufzte Law leise in sich hinein, ehe er wieder das Wort ergriff.
„Du willst mir also sagen, dass du zwar auf Sex verzichtest, dir aber grade nichts sehnlicher wünschst, als mich flachzulegen?", fragte er skeptisch.
Nun war es Kid, der theatralisch die Augen verdrehte, als er hörte, wo das Problem lag. „Du willst mich auch falsch verstehen.", brummte er missmutig. „Nein, tatsächlich nicht. Was ich mir wünschen würde, wäre ein unschuldiger Kuss. Keine Hintergedanken, keinen Sex. Einfach nur ein Kuss. Aber ein ernst gemeinter und nicht so ein ‚ok, bringen wir es hinter uns'-Ding. Was ich im Übrigen grade schon erwähnt habe, wenn du mir ordentlich zugehört hättest. So einen Kuss müssen eben beide wollen und er muss was bedeuten. Das kann man nicht auf Knopfdruck erzwingen. Also will ich, dass du mich überraschst.", erklärte Kid ausführlich mit einem leicht vorwurfsvollen Unterton. Schließlich tat er grade alles dafür, um Law final davon überzeugen zu können, dass er eben kein Penisgesteuertes Monstrum war. Sicher ihr erstes Treffen als Akt der Liebe zu betiteln wäre falsch und da waren auch keinerlei ernsthafte Gefühle im Spiel. Es war reiner Spaß auf beiden Seiten, auch wenn Law die Tatsachen gerne verdrehte. Doch von Anfang an hatte Kid ein gewisses Interesse in Law gehabt. Und wer wusste schon, ob er den Chirurgen je wieder gesehen hätte, wenn er ihn nur höflich angesprochen und ein wenig mit ihm geflirtet hätte?
Law nickte verstehend. „In Ordnung. Wie wäre es dann damit. Ich opfre grade freiwillig meine Pause für dich, um dich auf eine andere Station zu schieben, was normal die Aufgabe eines Krankenpflegers wäre."
„Nicht schlecht, aber für eine eventuelle Fraktur des was weiß ich noch ein bisschen wenig, oder?", fragte er, wobei Law abermals lachen den Kopf schüttelte. Ein Anblick, den Kid wirklich genoss. So ein ernsthaftes Lachen hatte er wohl noch nie von dem Chirurgen gehört. Und wenn er ehrlich war, klang es einfach nur schön. Er genoss die Zeit mit dem Chirurgen sehr, auch wenn er selbst wusste, dass sie nicht ewig dauern konnte.
Die Aufzugtür öffnete sich schließlich und Law schob den Rothaarigen hinaus in den um die Ecke befindlichen Wartebereich der Radiologie, wo er sich kurz von Kid entfernte, um diesen zum Röntgen anzumelden. Keine fünf Minuten später kam er zurück und drückte seinem Patienten die eigene Akte in die Hand. „Ich überlege mir was. Warte hier, wir sehen uns gleich wieder.", erklärte er in einem säuselnden Tonfall, wenn auch leise genug, dass kaum ein anderer es hätte mitbekommen können. Normal hätte sich Kid wohl beschwert, dass Law ihn nun allein lassen würde. Doch konnte er sich denken, dass dieser noch etwas Essen oder Trinken wollte, wenn Kid ihn aus seiner Mittagspause gerissen hatte. So hob er nur kurz die Hand und sah zu wie der Arzt elegant den Gang hinunterlief, um wieder ums Eck zu den Aufzügen zu verschwinden.
Leise seufzte Kid für sich und legte den Kopf in den Nacken. Nie hätte er gedacht, dass seine Gefühle für Law so intensiv werden würden. Bei dem Versuch den Arzt für sich zu gewinnen, hatte er sich selbst, schneller als er gucken konnte, Hals über Kopf in ihn verliebt. Selbst wenn der Tätowierte weiter verbissen darauf beharrt hätte, dass er kein Interesse an Kid gehabt hätte. So lange auch nur ein Funken zurück käme, würde Kid nicht aufgeben. Sein herz würde es gar nicht erst zulassen. Viel zu lange hatte Law schon seine Gedankenwelt völlig eingenommen und dominierte sie. Doch würde er ihm das so sagen, würde der Arzt ihm vielleicht nur wieder vorwerfen an Sex zu denken. Dabei dachte er vielmehr über Dinge nach, die er mit dem Arzt unternehmen wollte. Selbst wenn es nur auf der Couch liegen und Serien anschauen wäre. Allein wegen seiner Gefühle war er froh, dass der Gelbäugige langsam auftaute.
Es dauerte insgesamt eine Dreiviertelstunde, bis Kid von einem Pfleger zurück in die Notaufnahme gebracht wurde. Dort stand Law zufällig im Gang und notierte etwas in einer Akte, die er einem Pfleger in die Hand drückte, ehe er zu Kid sah und lächelte. Wahrscheinlich hatte man ihm von der Radiologie aus Bescheid gegeben. Law nahm ihn direkt mit ins Patientenzimmer, ehe er die Tür zu diesem schloss und sich an den Computer setzte, der ausnahmsweise nicht aussah, als sei er im letzten Jahrhundert angeschafft worden. Dort rief er sich das Röntgenbild digital auf und betrachtete die Aufnahmen akribisch. „Keine Schädelfraktur zu sehen.", stellte er schließlich fest. Dabei drehte er den Bildschirm und zeigte Kid die Aufnahmen seines Schädels, wo er die Knochenstruktur des Auges mit einem eingezogenen Kugelschreiber nachfuhr, die die intakte Augenhöhle abbildete.
„Was hätte denn genau passieren können?", fragte Kid neugierig.
„Was am Ehesten bei einem Schlag hätte passieren können ist, dass das Auge selbst verletzt worden wäre. Das ist nicht der Fall, denn du hast dich nicht über Sehprobleme beschwert. Was auch mal passieren kann, bei einem einfachen Faustschlag aber seltener vorkommt, ist eine Schädelfraktur. Entweder ein kleiner Knochen splittert aus dem Schädel und liegt lose im Gewebe, was gefährlich werden kann, wenn er anfängt zu wandern, zum Beispiel in dein Auge und du dann doch dein Augenlicht verlierst oder es hätte sich ein Riss bilden können rund um die Augenhöhle und die Nase. Da der Schädelknochen aber sehr dick ist, hätte ich eher mit einem Splitter als einer richtigen Fraktur gerechnet.", beendete er die kurze Erklärung. „Man könnte noch einen Ultraschall machen, um eventuelle Blutungen auszuschließen, aber ich bin ehrlich: Dafür geht es dir zu gut. Ich habe keine Annahme, dass dein Gehirn großartigen Schaden genommen hat. Dennoch verordne ich dir Bettruhe für die nächsten zwei Tage. Solltest du in denen merken, dass dir schlecht wird, Schwindel aufkommt, du ein Pochen im Auge spürst, welches sich für dich anders anfühlt als jetzt oder irgendwelche anderen Symptome, dann komm bitte, ohne zu zögern, zurück. Nur dann verlangst du auch bitte nicht speziell nach diesem einen Arzt, der dich behandelt." Ermahnend sah Law zu dem Rothaarigen, der die Sache wohl nicht so ernst nahm wie er selbst. Viel mehr glaubte Law, dass das Hämatom um die Augenpartie ein Vorwand sein sollte, um hier im Krankenhaus aufzutauchen.
Theatralisch seufzte der Rothaarige. „Ich bin dann aber ganz allein. Niemand ist da, der sich um mich kümmern kann."
Kurz irritiert von der Antwort, hatte Law eher mit einer Beschwerde über die Arztwahl gerechnet, schmunzelte der Chirurg amüsiert. Er stand von seinem Drehstuhl auf und näherte sich seinem Patienten. Eine Hand legte er auf Kids Schulter, ehe er sich nach vorne beugte, sodass er dem Rothaarigen nah genug kam, dass ihre beiden Nasenspitzen sich nahezu hätten berühren können. Kid musste zwar etwas nach oben dafür schauen, doch dafür ergatterte er auch einen Blick auf dieses wunderschöne Gesicht mit dem anzüglichen Blick in den Augen. „Du kannst ja deinen Freund aus der Werkstatt fragen. Du hast ihm schließlich so selbstlos ausgeholfen, als du mir mein Auto gebracht hast.", antwortete Law allerdings entgegen jeglicher Erwartung, was Kid schmollen ließ.
„Ernsthaft?", fragte er empört.
„Ich muss arbeiten. Ich kann mich nicht um dich kümmern, selbst wenn ich wollte." Dabei betonte der Tätowierte besonders das Wort „wollen".
„Ist ja gut, ich hab's verstanden.", murmelte Kid fast schon genervt, hatte er sich einfach mehr erhofft. Sicher wäre es zu viel verlangt gewesen, dass Law sich gleich die kompletten zwei Tage um Kid kümmerte und das war ihm auch bewusst, aber das so wenig von dem Chirurgen kam, frustrierte ihn dann doch. Er stand auf und wollte grade in Richtung Ausgang gehen, als er stockte, kaum, dass er Laws Stimme vernahm.
„Einen Abend. Dann sind wir quitt."
Kid verharrte kurz in seiner Körperhaltung, Law den Rücken zugedreht. Erleichterung breitete sich in ihm aus genau wie die Freude, dass doch noch etwas kam. Er atmete kurz kaum hörbar durch, bevor er sich schmunzelnd umdrehte. „Ein Abend? Was soll das denn bedeuten?", fragte er vermeintlich ahnungslos nach. Beide wussten, dass Kid sich ziemlich genau vorstellen konnte, was Law gemeint hatte. Doch schien dieser den Moment vollends auskosten zu wollen.
Law ging auf das Spiel ein, ging auf den Rothaarigen zu und strich diesem über die muskulöse Brust, die er durch das T-Shirt gut ertasten konnte. „Ein Abend kümmre ich mich um dich, als seist du mein Privatpatient. Dann ist meine Schuld beglichen. Es liegt in meinem vermessen, was ich mache, also denk ja nicht, dass unsere Regelungen aufgehoben sind."
Kid musste allein bei der Vorstellung Grinsen und nickte. „In Ordnung." Er griff nach einem Kugelschreiber in Laws Kitteltaschte und nahm ungefragt den Arm des Chirurgen, um darauf seine Nummer zu notieren. „Dann denkst du an mich, wenn du dir die Hände wäschst."
Amüsiert schüttelte Law ein weiteres Mal den Kopf. „Ab nach Hause mit dir.", verordnete der Arzt.
„Ich warte auf deinen Anruf, Honeydoc." Mit dem Satz verließ Kid das Patientenzimmer und ließ Law mit einem angenehmen Kribbeln im Bauch zurück. Ein Teil von ihm wäre am liebsten direkt mit Kid mitgegangen, doch war seine Arbeit noch lange nicht getan. Bevor er zu sehr in Gedanken abschweifen konnte, riss ihn sein Handy aus den Gedanken, dass in seiner Kitteltasche vibrierte. Er holte es hervor, nur um den nächsten Notfall angekündigt zu sehen. Sofort verließ er den Behandlungsraum und machte sich fertig für den OP.
Hi^^'
lang ists her... Kleines NAchwort von mir. Ich hab mir die ganzen unglaublich lieben Kommentare durchgelesen, die zum Teil Jahre alt sind. Shame on me. Ich hab grade ein wirklich schlechtes Gewissen und bin mir bewusst, dass mit Sicherheit nicht jeder von euch weiterlesen wird.
Aber an diejenigen, die das hier lesen, egal ob sie aktiv Kommentare geschrieben haben oder nur passiv lesen und die Geschichte gut finden: Danke.
Ich verspreche nichts was Uploadtermine angeht. Ich weiß nicht wann ich das nächste Mal Zeit und Motivation finde. Kann in einer Woche sein, kann in wieder 4 Jahren passieren. Ich weiß es nicht.
Liebe Grüße,
Mini
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