IV
Rau fühlten sich die Schuppen unter meinen Fingern an, als ich sanft über diese strich. Xamir gab ein Geräusch von sich, was ich nach einiger Zeit als ein wohliges Brummen erkannte. Langsam lehnte ich mich zurück, an den Bauch von Xamir, den ich aber immernoch weiterhin streichelte.
Kannst du dich mittlerweile an mehr erinnern?, fragte Xamir erneut. Dies war zu seiner Standartfrage geworden, wann immer wir uns trafen.
»Nein«, antwortete ich, genau wie die letzten Male auch. »Seit dem Tag, an dem ich hier ankam, kann ich mich an nichts neues Erinnern. Es ist so, als wollten meine Erinnerungen nicht, dass ich sie zu fassen bekam.«
Hm..., machte Xamir und legte seinen Kopf ab.
Erneut herrschte zwischen uns Stille, die wir aber beide genossen. Jeder hing seinen eigenen Gedanken nach.
»Weißt du eigentlich, wie lange ich hier bleiben werde?«, stellte ich dann eine Frage, die mir schon lange auf dem Herzen lag, die zu stellen ich mich aber nie wirklich getraut hatte, aus Angst vor der Antwort.
Das weiß ich gar nicht, antwortete mir Xamir.
»Schade«, murmelte ich und wieder kehrte die Stille zurück.
Möchtest du fliegen?, durchbrach Xamir plötzlich die Stille und sah mich hoffnungsvoll an.
»Kannst du mich überhaupt tragen? Du bist ja noch nicht richtig ausgewachsen«, gab ich zu Bedenken, doch Xamir schnaubte nur empört.
Soll das heißen, ich sei schwach?
»Nein, nein«, versuchte ich mich raus zu reden, doch Xamir schüttelte nur den Kopf.
Ausreden, alles nur Ausreden!, unterbrach er mich und bedeutete mir mit seinem Kopf, dass ich aufsteigen sollte.
Noch immer unsicher, ob Xamir mich tragen könnte, zog ich mich an einem Stachel nach oben und ließ mich zwischen zwei weiteren Stacheln nieder.
»Geht das so?«, fragte ich Xamir dann.
Ja, alles in Ordnung. Halt dich gut fest!
Mit diesen Worten sprang Xamir in die Luft, die grünen Flügel schlugen kräftig auf und ab. Es dauerte einen Moment, in dem wir hin und her schwankten, doch dann fing sich Xamir. Ich hatte mich währenddessen in die Stacheln gekrallt und meine Beine drückte sich eng an Xamirs Körper. Mein Herz pochte heftig in meinem Brustkorb.
Langsam hob ich den Kopf von meinen Händen weg, hin zum Horizont. Die Lichtung, in der sowohl unsere Burg, wie ich sie schon länger nannte, als auch die anderen Burgen waren, erstreckte sich mehrere Kilometer, fast bis zum Horizont. Wenn ich meine Augen zusammenkniff, konnte ich die Wipfel der ersten Bäume erkennen und ich machte Xamir darauf aufmerksam.
Dort hinten willst du hin? Geht klar, meinte er dann und schlug mehrfach heftig mit seinen Flügeln, um von der Stelle zu kommen.
Der Flugwind peitschte mir die Haare aus meinem Gesicht und ließ mich frösteln. Hoch über den Boden war es doch um einiges kälter. Tränen traten in meine Augen, als ich sie wider aller Vernunft offen hielt und der Wind sie austrocknete.
Immer schneller zogen die Burgen unter uns vorbei, verwischten zu grauen Schlieren, als immer mehr Tränen aus meinen Augen traten und mir die Sicht nahmen.
Schützend vergrub ich mein Gesicht in Xamirs Schuppen und schloss meine Augen. So lauschte ich dem Schlagen der Flügel und dem Wind, der um meine Ohren pfiff.
Schneller als gedacht, erreichten wir den Rand der Lichtung und Xamir schwebte auf der Stelle.
Was wolltest du eigentlich hier?
»Sehen, was hinter dieser Lichtung liegt«, antwortete ich wahrheitsgemäß.
Doch dahinter waren nur Bäume zu entdecken und es ging von dort eine Hitze aus, die nicht normal sein konnte.
»Spürst du die Hitze auch?«, sprach ich Xamir darauf an.
Ja, das ist ungewöhnlich, antwortete er mir.
»Was meinst du, woher das kommt?«
Ich weiß es nicht. Möchtest du nach der Quelle suchen?, fragte er mich dann und ich nickte.
»Ja, lass uns nachsehen was da ist.«
Xamir flog langsam auf den Rand der Lichtung zu, bis er plötzlich auf der Stelle schweben blieb, fast so, als wäre er gegen eine unsichtbare Mauer gefolgen.
Autsch, fluchte er. Das tat weh.
»Ab hier endet die Zwischenwelt, wer das Gelände dahinter betritt, kommt direkt in die Hölle!«, ertönte plötzlich eine Stimme aus dem Nichts.
Ich zuckte zusammen und suchte nach dem Verursacher dieser Stimme, doch weit und breit war niemand zu sehen.
»H... Hast d... du das auch gehört?«, stotterte ich ängstlich. »Und was meinte er mit ›wer das Gelände betritt, kommt direkt in die Hölle‹?«, meine Stimme überschlug sich panisch.
Ich weiß es auch nicht, aber wir sollten hier ganz schnell verschwinden, bevor irgendetwas da nachher rauskommt und uns holt, meinte Xamir und ich stimmte ihm eilig zu, doch bevor er sich umdrehen konnte, um zurück zu fliegen, tauchte plötzlich eine Gestalt auf. Sie erschien direkt vor uns und schwebte in der Luft. Die Haut schimmerte rot und auch die Augen wirkten so, als würde in ihnen ein Feuer brennen. Hörner durchbrachen die Schädeldecke.
»Da sieh sich einer dieses Duo an. Erst wollen sie mein Reich betreten und dann bekommen sie plötzlich Angst und wollen fliehen. Doch nicht mit mir! Ihr gehört jetzt mir und kommt schön mit.«
Sobald der Teufel, er musste es sein, anfing zu sprechen, bekam ich überall eine Gänsehaut und das Bedürfnis abzuhauen und nie wieder zurückzusehen.
»Flieg!«, brüllte ich Xamir zu.
Ich kann nicht. Irgendetwas hält mich an Ort und Stelle!, Xamirs Stimme klang genauso panisch, wie ich mich fühlte.
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