III.
Um mich herum wurde es immer heller und heller. Ich war noch nie so weit oben gewesen, so nah an der Oberfläche.
Noch traute ich mich nicht über das Ende meiner Welt hinaus. Laut den Geschichten hörte das Wasser einfach auf und über dem Wasser befand sich Luft. Würde ich sie atmen können oder daran ersticken?
Ich war mir nicht sicher. Es war uns verboten worden, nur das wusste ich.
Unbemerkt schlich ich mich immer öfter davon, kam der Oberfläche dabei immer näher.
Eines Tages wagte ich es, einen Finger, dann einer Hand aus dem Wasser zu strecken. Es fühlte sich merkwürdig an, doch es tat nicht weh.
Als ich es schließlich wagte, mit dem Kopf die Oberfläche zu durchdringen und einen Blick auf die Wellen warf, war ich fasziniert. So sah meine Welt also von oben aus.
Über mir spannte sich wie ein zweites unendliches Meer der Himmel, weiße merkwürdig aussehende Quallen trieben vorbei und eine leuchtende Kugel wie von einem riesigen Anglerfisch brannte sich in meine Augen. Wolken. Sonne.
Ich hatte das Verbotene getan, hatte die Oberfläche durchdrungen, ohne dass jemand es bemerkt hatte und mir war nichts passiert.
Meine Faszination wuchs. Ich wollte mehr sehen.
Die Warnungen meiner Mutte im Kopf hielt ich mich von allem fern, das sich auf der Oberfläche bewegte, doch meine Neugier war zu groß.
Aus der Ferne beobachtete ich sie, Menschen. Sie sahen ganz anders aus, als ich sie mir vorgestellt hatte. Sie ähnelten uns sehr, bis auf die fehlende Schwanzflosse. Sie wirkten nicht gefährlich.
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"Leyra, warst du an der Oberfläche?" Ich wollte die Frage meiner Mutter verneinen, doch bevor ich etwas sagen konnte, fügte sie hinzu: "Callista hat dich gesehen, also wage es nicht, mich anzulügen. Halte dich fern von der Oberfläche."
Warum fragte sie mich überhaupt, wenn sie die Wahrheit bereits wusste? Anscheinend war ich doch nicht so vorsichtig gewesen, wie gedacht.
"Aber-", wollte ich protestieren, doch wurde sogleich unterbrochen.
"Es ist gefährlich. Bitte." Es klangt beinahe so, als würde mich meine Mutter anflehen. Sie bat sonst nie um etwas, eher befahl sie und ich könnte schwören, dass ihre Stimme dabei leicht zitterte. Hatte sie etwa Angst? Um mich?
Ich versprach ihr, nicht mehr nach oben zu schwimmen und ich wollte dieses Versprechen auch halten, doch...
Das Meer wirkte finsterer als sonst, selbst so weit vom Meeresgrund entfernt war es dunkel, doch anders als dort unten war es hier oben nicht ruhig, sondern aufgewühlt.
Entgegen meines Verprechens wollte ich ein letztes Mal an die Oberfläche, um etwas zu sehen, das ich noch nie gesehen hatte. Regen.
Wasser in der Luft. Wasser, das vom Himmel fiel und eins mit dem Meer wurde.
Etwas in mir versuchte die Oberhand zu gewinnen, die Vernunft, die mir sagte, dass es zu gefährlich war. Jedoch wollte ich nicht auf sie hören, denn etwas anderes zog mich nach oben, wie eine starke Strömung.
Das Meer war aufgewühlt, der Himmel grau, Wassertropfen prasselten hart auf meinen Kopf. Mein Herz raste.
Kaum wahrnehmbar zwischen den tosenden Wellen kam etwas auf mich zu. Ein Schiff. Ich hatte es zu spät bemerkt.
Ich versuchte, auszuweichen, darunter zu tauchen, doch sein Sog zog mich mit, ließ mich herumwirbeln, für einen Moment verlor ich die Orientierung.
Mit aller Kraft versuchte ich, davon wegzukommen, schaffte es jedoch nicht. Etwas hinderte mich daran, wegzuschwimmen, etwas hielt meine Schwanzflosse weg.
Dann war es auf einmal überall um mich herum. Ein Netz. Ich war gefangen.
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