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I

Der Nachtgänger

Schuldgefühle können die Vergangenheit nicht ändern.

Er kippte den letzten Schluck hinunter. Die Murmel fühlte sich kühl in seiner Handfläche an, während er imaginäre Bahnen auf den Tisch rollte. Weder die gewohnte Bewegung noch die bittere Flüssigkeit vermochte es, seinem Verstand Klarheit zu verschaffen.

Hinter der matten Scheibe hatte das Mondlicht die Aufgabe der Laternen übernommen. Gelegentlich erinnerten ihn die Lichtkegel eines Autoscheinwerfers daran, dass die Außenwelt nicht völlig stehengeblieben war.

Die Nacht war sein Element. Er bezeichnete sich selbst gerne als 'Nachtgänger'. In dieser dunklen Hälfte des Tages konnte er seine Anspannung wie ein Kleid abstreifen und seine Gedanken verstummen lassen. In dieser bestimmten Zeit war er frei von jeglicher Verpflichtung oder von jeglicher Schuld. Die Dunkelheit der Nacht verschluckte die Namen, die er in seinem Notizbuch aufgelistet hatte; die klagenden Schreie, die starren Körper, die seelenlosen Augen.

In der Nacht spielte es keine Rolle, wie viele Menschen er umgebracht hatte.

In der Nacht konnte er der Realität entschwinden und sich einreden, dass das Universum ihm seine Sünden vergeben würde.

Aber seit einigen Tagen gelang ihm das nicht. Heute war es besonders schlimm. An diesem Abend übertönten seine Gedanken alles, sodass er seine gesamte Konzentration in das Rollen der Murmel steckte.

"Wir schliessen bald", bemerkte die Bedienung mit aufgesetzter Höflichkeit. Ihre Finger nestelten unruhig an ihrer Arbeitsschürze, unter ihren erschöpften Augen zeichneten sich die langen Nachtschichten ab. Wortlos bezahlte er, schnappte seinen Mantel und verliess die Raststätte.

Fahles Mondlicht begleitete ihn zum Parkplatz. Ein leises Klicken signalisierte, dass die Autotür entsperrt war. Er hielt inne. Für einige Sekunden starrte er in den Seitenspiegel und betrachtete sein Spiegelbild. Er grinste. Das verzerrte Lächeln eines Mörders blickte ihm entgegen. Er wandte den Blick ab.

Ein Rascheln.

Aufmerksam suchte er die Umgebung ab, insbesondere die Baumgruppe neben dem Restaurant. Es blieb still. Verächtlich schnaubte er. Jetzt fing er schon in der Nacht an, Verfolger zu sehen. Er startete den Motor und steuerte die Ausfahrt an, als plötzlich eine schemenhafte Gestalt vor seinem Wagen auftauchte.


Fluchend bremste er, der Wagen kam mit quietschenden Reifen zum Stehen. Rasch stieg er aus, um nachzusehen. Die Polizei konnte er jetzt am wenigsten gebrauchen. Er bückte sich und atmete überrascht auf.

Ein kleines Bündel lag zusammengekauert im Licht seiner Scheinwerfer. Der Junge, kaum älter als zehn, war nur in Shirt und Shorts gekleidet, viel zu leicht für die kühle Nachtluft. In seinen Locken hingen Blätter und kleine Äste, als hätte er sich durch Gestrüpp durchgeschlagen. "Habe ich dich angefahren? Tut dir irgendetwas weh?"

Der Junge schüttelte erschöpft den Kopf. Bei genauerem Betrachten fiel dem Mann auf, dass der Junge keine Schuhe trug und seine Füße wund waren. So wie es aussah, musste der Kleine eine beträchtliche Strecke barfuß zurückgelegt haben. "Von wo kommst du?", fragte er eindringlich, während er dem Jungen half, auf die Beine zu kommen. Stumm blickten ihm ein Paar Rehaugen entgegen. "Na, sag schon! Ich muss die Poli-"

"Keine Polizei. Bitte, keine Polizei", flehte der Junge und seine Stimme war kaum mehr als ein Flüstern. "Bitte, keine Polizei", wiederholte er und Tränen sammelten sich in seinen Augen.

Überfordert betrachtete der Nachtgänger den weinenden Jungen. Er sollte wirklich die Polizei rufen. Er konnte ihn nicht einfach auf dem Parkplatz einer Raststätte zurück lassen. "Wieso nicht?", fragte er schlussendlich.

Der Junge mied seinen Blick. "Sie... Sie stecken mich wieder ins Waisenhaus. Ich möchte nicht dorthin zurück. Das ist für diejenigen, für die keine Hoffnung mehr besteht", murmelte er und rieb sich vorsichtig die Füße. "Was ist mit deinen Eltern passiert?", warf der Nachtgänger ein.

Zu spät bemerkte er, dass er diese Frage nicht hätte stellen sollen. Der Junge versteifte sich und schien sich plötzlich abzukapseln. "Tut mir leid, ich wollte wirklich nicht- Ich-" Seufzend unterbrach er sein hoffnungsloses Rettungsmanöver. "Ich muss jetzt wirklich die Polizei rufen." Das ist ein Risiko. Lass den Jungen einfach hier. Niemand wird ihn vermissen., flüsterte eine bittere Stimme in seinem Kopf. Nein. Dieses eine Mal würde er das Richtige tun.

"Böse Menschen machen Fehler", murmelte der Junge. Erst jetzt wurde dem Nachtgänger bewusst, dass er diesen Gedanken laut ausgesprochen hatte. Auf diese Aussage wusste er nichts zu erwidern. Daher seufzte er und wählte die Notrufnummer der Polizei. Der Junge bedachte ihn mit einem undefinierbaren Blick. "Sie...Sie sehen genauso aus wie die. Nur viel netter."

Es klingelte zum zweiten Mal. "Wer...'die'?"

"Die Mörder meiner Eltern."

Ein Knacksen in der Leitung. "Hier ist die Notrufzentrale, wie kann ich Ihn-" Er drückte den Anruf weg. Einige Sekunden lang starrten sie sich im Licht der Scheinwerfer an. Verheulte Rehaugen erwiderten seinen Blick. Ihm wurde es übel, wie, als hätte man den Knoten in seinen Eingeweiden fester angezogen. War das möglich? Die Welt schien für einen Sekundenbruchteil stillzustehen, während eine Flut von Bildern über ihn hereinbrach. Sein verzerrtes Lächeln im Seitenspiegel. Das Lächeln eines Mörders. Er musste sich anstrengen, die folgenden Worte auszusprechen: "Wie heißen deine Eltern?"

"Shelbie und Dalton Rosales", erwiderte der Junge kleinlaut. Der Nachtgänger bemerkte nicht, dass er auf die Knie gesunken war. Rosales. Ihre Namen standen nicht im Notizbuch. Er hatte die Eltern des Jungen nicht umgebracht. Erleichterung durchströmte seinen Körper, bevor sich sein Verstand wieder auf die Realität konzentrierte. Wie, als hätte ihm diese Antwort seine ganze Energie abverlangt, sackte er kraftlos gegen die Stoßstange.

Der Junge beäugte ihn aufmerksam. "Aber sie werden mir helfen, oder? Sie werden die Mörder meiner Eltern ausfindig machen und sie töten. Sie sind ein Rächer, wie Batman.", sagte er zaghaft und mit einem hoffnungsvollen Unterton. "Nein!", sagte der Mann barsch und erhob sich abrupt. Erschrocken wich der Junge zurück. Noch nie hatte der Nachtgänger sich so miserabel gefühlt. Er wusste nicht, was in ihn gefahren war. Doch in diesem Moment schienen all seine aufgestauten Emotionen herauszubrechen. Hast du schon vergessen, was vorgefallen ist?, säuselte die Stimme in seinem Kopf. Er meinte, ein schadenfreudiges Kichern zu hören.

"Stopp. Ich kann nicht. Unmöglich." Sein Atem beschleunigte sich. "Und jetzt verschwinde endlich von hier!", sagte er und erschrak selbst über die Härte in seiner Stimme. Hast du vergessen, in welchem Metier du arbeitest?, höhnte die Stimme. Hast du vergessen, wie man dich nennt, Nachtgänger? Mit zitternden Fingern tastete er nach der Murmel in seiner Manteltasche und umschloss sie fest. "Sie müssen mir helfen!", bat der Junge verzweifelt und klammerte sich an seinem Arm fest. Perplex ließ er die Murmel fallen, die über den Parkplatz kullerte und in einem Schlagloch landete.

Mit einer flinken Bewegung, die der Nachtgänger dem Jungen nicht zugetraut hätte, sprintete dieser los und hielt die Murmel mit einem wissenden Blick hoch. "Versprechen Sie es mir." Wut ergriff den Nachtgänger, während die Stimme triumphierte. Na los. sag's ihm. Er atmete angespannt aus. "Du hast den Falschen ausgesucht, Junge. Ich-" Er stockte. Die Worte schienen in seinem Hals steckengeblieben zu sein. "Ich bin nicht Batman. Ich töte. Ich bin ein Kopfgeldjäger. Ich bringe Menschen um. Genau wie die Mörder deiner Eltern." Er wandte den Blick nicht ab, während er weitersprach:

"Du hast Recht, böse Menschen machen Fehler. Es gibt Fehler, die sind unverzeihlich. Und das Universum bestraft einen dafür. Ich kann nicht formulieren, wie leid mir das mit deinen Eltern tut." Langsam näherte er sich dem Jungen. "Vor einigen Tagen habe ich zum ersten Mal eine unschuldige Person umgebracht. Ich habe angefangen, mein Handeln zu hinterfragen. Die Menschen, die ich umgebracht habe, haben schlimme Taten begangen. Aber es sind immer noch Menschenleben. Ich töte nicht für Geld. Ich dachte, ich würde die Welt zu einem besseren Ort machen. Doch im Prinzip war ich schlimmer als sie alle, weil ich Gott spielte. Und das Universum hielt Einspruch. Denn wer kann schon zwischen Gut und Böse unterscheiden?" Der Junge schwieg.

"Man sagt, dass Schuldgefühle die Vergangenheit nicht ändern kann, aber für eine Person wie mich gibt wird es in der Zukunft auch keine Vergebung geben. Dafür ist es zu spät. Und ich kann es auf keinerlei Art und Weise wiedergutmachen. Deshalb habe ich mir das Töten abgeschworen. Endgültig." Der Nachtgänger legte seine ganze Überzeugung in den nächsten Satz, doch seine Stimme zitterte: "Ich kann dir nicht helfen. Ich werde mein Versprechen nicht brechen. Sonst bin ich kein My besser als die Menschen, die es verdient hätten, zu sterben."

Der Blick des Jungens brach ihm förmlich sein Herz, obwohl er sich bisher sicher gewesen war, keines zu besitzen. Der Junge würde es nicht verstehen. Verloren stand er einige Schritte von ihm entfernt, die Murmel immer noch zwischen Daumen und Zeigefinger. "Behalte die Murmel." Und zum zweiten Mal an diesem Abend rief er die Polizei an.

Als von Weitem die Lichtkegel des Polizeiautos den Parkplatz erfasste, stand der Junge immer noch regungslos dort. Zwei Polizisten stiegen aus und eilten sofort zu ihm und bestürmten ihn mit fragen. Er antwortete nicht. Einer führte ihn zurück zum Polizeiauto.

Alles fühlte sich so unwillkürlich an. Die Stimme in seinem Kopf schrie ihm zu, er solle endlich abhauen, doch er wehrte sich haarsträubend dagegen. Heute nicht. Heute Abend würde er nicht von seinen Taten wegrennen, so wie er es immer getan hatte. Heute würde war der Zeitpunkt gekommen, sich ihnen zu stellen.

Der andere Polizist kam auf ihn zu. In diesem absurden Moment fragte er sich, ob das Schicksal den Jungen und ihn aus Absicht zusammengeführt hatte. Ob das eine Prüfung war, die es zu bestehen gilt. Doch als er in den Nachthimmel starrte, war da nur die altbekannte Dunkelheit.

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